Reanimation im Alter

M!aren

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07.03.2010
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Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Mein Horror ist folgende Situation :
Patient (über 80, multimorbid, ohne Patientenverfügung) liegt tot in seiner Wohnung, ist aber noch nicht kalt. M u s s ich reanimieren ?
Hat jemand sowas schon erlebt ?
 
Patienten äussern ja manchmal im Gespräch, dass sie sterben wollen. Wenn ich das dokumentiert habe, ist es wahrscheinlich so trotzdem nicht wasserfest, falls mir nachher ein Angehöriger ans Leder will... ?
 
Vielleicht einfach noch einmal eine Runde um den Block gehen?
 
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Vielleicht einfach noch einmal eine Runde um den Block gehen?
Genau,

schließlich ist Frau Müller ja schon 81, hat Diabetes, Bluthochdruck UND vielleicht noch ne Hypothyreose. Da sollten wir unbedingt die entgültige Entscheidung treffen, dass das Leben nicht mehr lebenswert ist!
Klasse Einstellung!

An Autounfällen fahren wir dann zukünftig auch vorbei, wenn ein Wackeldackel auf dem Armaturenbrett zu sehen ist.
 
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wenn ein pat. im Gespräch äußert dass er sterben möchte, dann ist dies nichts anderes als eine Momentaufnahme und hat keinen belang für dich in bezug auf Unterlassung von reanimationsmaßnahmen. vllt. hatte er nur nen schlechten tag oder eine miese phase..

das mit der runde um den block drehen würde ich tunlichst unterlassen -> paragraph 323c StGB, da hast du ggf. danach ein richtiges problem an der backe, insbesondere als med. Fachpersonal.

mach deinen job und gut.
 
Vielleicht einfach noch einmal eine Runde um den Block gehen?
Das wurde uns so ähnlich auch schon gesagt (aber nicht im ambulanten, sondern im stationären Setting); also quasi "löst halt langsamer Alarm aus". :roll:
Finde das aber hoch bedenklich und schließe mich Flora an; Du bist in Deutschland verpflichtet, einen Notruf abzusetzen und mit der Reanimation zu beginnen. Soweit ich weiß, sogar dann, wenn eine Pat.-Verfügung vorliegt.
Auch dann muß der Notarzt gerufen werden, dem muß man dann die Pat-verfügung vorlegen und ER entscheidet.
Auch die Entscheidung zum Reanimationsabbruch obliegt dem Arzt.
 
so korrekt martin

solche Aussage wie langsamer alarm oder eine runde um den Block drehen halte ich für äußerst bedenklich.
 
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Ja, ich weiss schon... aber wenn ich das Elend sehe von meinem reanimierten Patienten, der mit über 80 auf dem Bänkle sass und den Herbsttag genossen hat, dabei einen Herzinfarkt bekam und gestorben ist. Er ist sehr gläubig und wollte in den Himmel. Aber er wurde mit aller Gewalt... und ihr wisst ja was das in dem Alter heißt... reanimiert. Dh an Maschinen am "Leben" erhalten. Auch wenn es nicht "korrekt" ist, ich wünschte für ihn, dass da jemand nochmal "um den Block gegangen" wäre !
 
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was für dich elend ist, muss nicht für den pat. elend sein.. es gibt viele pat. die aufgrund einer adäquaten "laienreanimation" ein gutes outcome haben und sich später wieder bester Gesundheit erfreuen. einen herzinfark kann man heutzutage glücklicherweise schnell und effektiv behandeln.
 
wenn ein pat. im Gespräch äußert dass er sterben möchte, dann ist dies nichts anderes als eine Momentaufnahme und hat keinen belang für dich in bezug auf Unterlassung von reanimationsmaßnahmen. vllt. hatte er nur nen schlechten tag oder eine miese phase..
Ich habe das anders gelernt: Wird dieser Wunsch unter Zeugen geäußert und schriftlich fixiert, ist er zu betrachten wie eine DNR-Verfügung des Patienten.

Du bist in Deutschland verpflichtet, einen Notruf abzusetzen und mit der Reanimation zu beginnen. Soweit ich weiß, sogar dann, wenn eine Pat.-Verfügung vorliegt.
Reanimation trotz DNR könnte genauso unangenehme Folgen haben wie vice versa. Bei gültiger Patientenverfügung, die eine Reanimation ablehnt, macht sich jeder, der dennoch reanimiert, strafbar.
Im Zweifelsfall, richtig, reanimieren; sobald aber eindeutig DNR vorliegt oder bekannt wird, ist die Reanimation abzubrechen.
 
wurde er aber nicht. ist zumindest dem thread so nicht zu entnehmen.

es ging im obigen fall auch nicht um eine DNR order. andere baustelle..
 
Die Frage war: Muss ich reanimieren. Ein Wissen um eine eventuelle (DNR-)Verfügung und andere gesetzliche Vorschriften zur Reanimationspflicht sollten in der geschilderten Situation der TE von Hilfe sein.
 
steht doch dran: ohne pat. verfügung..

daraus lässt sich schließen dass die TE weiß wie es im falle einer verfügung läuft. frage war: wie isses ohne..
 
Überlesen. Tja. :cleanglasses:
 
es gibt viele pat. die aufgrund einer adäquaten "laienreanimation" ein gutes outcome haben und sich später wieder bester Gesundheit erfreuen. einen herzinfark kann man heutzutage glücklicherweise schnell und effektiv behandeln.
schon mal jemand multimorbides in dem Alter erlebt, der danach ein gutes outcome hatte und sich wieder bester Gesundheit erfreute ???!!!
Bitte sagt mir, dass das so ist und das öfters vorkommt !
 
was ist für dich den multimorbide?? ab wann ist man das?? was ist für dich lebensqualität?? wer definiert Lebensqualität??

das kann doch nur jeder für sich selber entscheiden. wenn mir das wichtig ist, dann muss ich mich damit befassen und das auch kommunizieren und ggf. auch fixieren was im worst case haben oder eben auch nicht haben möchte. ansonsten ist unser job dass wir mit Reanimationsmaßnahmen Beginnen. Prinzipiell sollten wir davon ausgehen dass jeder pat. leben möchte.

ich habe und erlebe es auch immer wieder das pat. ein gutes Outcome haben denen man bei aufnahme jegliche überlebenschancen abgesprochen hatte und die im nachhinein froh waren dass sie überlebt haben.
 
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Patient (über 80, multimorbid, ohne Patientenverfügung) liegt tot in seiner Wohnung, ist aber noch nicht kalt. M u s s ich reanimieren ?

Ja, Du bist gesetzlich dazu verpflichtet, umgehend den Notruf abzusetzen und unverzüglich mit der Reanimation zu beginnen, bis der Notarzt und das dazu gehörige Rettungsteam Dich ablöst.

(Schließlich liegt bei dem älter gewordenen Patienten, keine Patientenverfügung vor)


Hallo M!aren,

ich glaube, dass ich verstanden habe, was Du mit Deinem Beitrag ausdrücken möchtest.

Dein Horror vor der beschriebenen Situation ist nach vollziehbar. Es löst in mir auch ein Kopfkino aus:
"Ist es möglich, diesen Patienten zu reanimieren?"
"Was wird mit dem Patienten sein nach der Reanimation?"
"Wird er nach erfolgreicher Reanimation gesund sein oder landet er im "Wachkoma" - "Locked - In"

Und hier kämpft das Gefühl: "Lass ihn Tod sein" - "Er landet im Wachkoma" - "Das ist kein lebenswertes Leben mehr"

mit dem Verstand: "Sofortige Reanimation" in uns.

Übrig bleibt nur: Die Reanimation

[Wenn Du magst, rede mit anderen über Deine Gefühle, um so einen Gefühlschaos zu entgehen]

Es grüßt Dich,
pepita - sheep
 
es gibt noch die Möglichkeit mit dem Patienten über das Thema zu sprechen. Mit dem Ziel den Patientenwunsch schriftlich fixieren zu können (juristisch korrekt)
 
schon mal jemand multimorbides in dem Alter erlebt, der danach ein gutes outcome hatte und sich wieder bester Gesundheit erfreute ???!!!
Bitte sagt mir, dass das so ist und das öfters vorkommt !
Ja, das ist durchaus möglich.
Wir in der ambulanten Intensivpflege betreuen u. a. genau solche multimorbiden Pat.:
Intensivpflege
Mein derzeitiger Pat. ist ein älterer Herr, der körperlich wirklich schwer krank ist (zwar nicht beatmet, aber er hat sonst fast alles mitgenommen - Z. n. Schlaganfall, inkompletter Querschnitt, Stuhl- und harninkontinent etc.). Er ist "nur" tracheotomiert (Mindestvoraussetzung für amb. Intensivpflege). Ein absoluter Kämpfertyp, der aus seiner Situation noch das Beste macht, da er geistig noch - altersentsprechend - "gut beieinander" ist.
 

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