Pro und Kontra: Potentielle Probleme

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M

Michl

Gast
Hallo!

Ich nahm gestern an einer für mich demotivierenden, desillusionierenden Teambesprechung teil.

Thematik:

"Welche Pflegeprobleme gehören in den Pflegeplan".

Meine einsame Meinung war, dass potentielle Probleme dazu gehören. Dass ich hiermit durch meine Professionalität mögliche Risiken für den Patienten aufdecke und interveniere, was sich in den Maßnahmen und der Evaluation niederschlägt.
Die Gegenargumente waren, dass
- jeder Patient für alles irgendwie gefährdet ist :schlafen:
- wir alle so professionell sind, dass wir die Prophylaxen ohne Pflegeplan durchführen :wut: (geschickt meine Argumentation umgedreht)
- dann gibt es zu viel zum Schreiben
- man muss schon froh sein, wenn alle aktuellen Probleme aufgeführt sind.

Es wurde nun Bedenkzeit bis zur nächsten Teambesprechung gegeben.
Die klare Ansage der Stationsleitung war aber schon mal, dass nur noch die aktuellen, individuellen Probleme, die der Patient auch selbst als Problem empfindet, aufgenommen werden sollen (dürfen?!).

Ich weiß auch nicht. Da hab ich mich in dem Bereich wirklich sicher gefühlt und habe auch eine Logik in der ganzen Sache entdeckt, wie man es Azubis weitergeben kann.

Ich kämpfe zwar gegen diese Unsicherheit an, bin aber je mehr ich drüber nachdenke, überhaupt nicht mehr sicher, ob ich jetzt komplett daneben liege.

Wäre schön, wenn mir jemand Argumente für die Aufnahme der potentiellen Probleme liefert - falls ich doch richtig liegen sollte

oder

nachvollziehbare Argumente dagegen liefert, damit ich meinen Denkfehler begreife.

In der Literatur finde ich zu diesem Thema nur, dass die potentiellen Probleme dazugehören, vielleicht interpretiere ich das aber auch komplett falsch. :weissnix:

Grüße
Michl
 
Hallo Michl!

Du hast vollkommen Recht! In jede Pflegeplanung gehören auch die potentiellen Probleme eines Patienten, denn die Planung wird von uns, aus unserem professionellem Blickwinkel, geschrieben. Und wir erkennen die individuellen Probleme im Dialog mit dem Patienten, erkennen darüber hinaus aber auch die potentiellen Probleme aufgrund unseres Fachwissens, von denen der Patient ggf. keine Ahnung hat. (Def.: Pflegeplanung ist ein Instrument professioneller Pflege.)
Natürlich sind wir professionell genug, die potentiellen Probleme zu erkennen, auch ohne Niederschrift in der Pflegeplanung.
Aber hier geht es einfach darum, was rein formell in die Pflegeplanung gehört (Sinnhaftigkeit lass ich jetzt auch mal dahingestellt:gruebel:).

Kein Schüler hätte je und würde in Zukunft durchs Examen kommen ohne die potentiellen Probleme in der Pflegeplanung.

Argumentationsgrundlage für das Aufnehmen der potentiellen Probleme sind ganz einfach die Gründe/Ziele der Pflegeplanung.
Hier nur einige:
-Element der Qualitätssicherung (was nicht dokumentiert ist, gilt als nicht durchgeführt)
-Kontinuität der Pflege (ist wirklich jeder so professionell, alle potentiellen Probleme zu erkennen?)
- Verbesserung der Kommunikation/Information untereinander und mit ANDEREN Berufsgruppen (für die wir die Pflegeplanung auch schreiben)

Hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.
Schönes Wochenende erstmal!
 
morphine schrieb:
Hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.
Schönes Wochenende erstmal!
Es lässt mich erstmal wieder durchschnaufen. Merci. :bussis:

Falls Du noch paar Argumente hast, dann bitte her damit. Kann man ja nicht genug haben :deal:
Ich möchte nicht, dass es hier zum Machtkampf wird - sondern, dass es die Leut´ verstehen (wollen).

Aus dem Thema ergibt sich für mich dann eine weitere Frage:
Was tun, wenn ich die offizielle Anordnung erhalte, die Pflegeplanung anders zu machen? (auf Stationsebene)
Wie autonom bin ich da als Pflegefachkraft in einer großen Akutklinik?

Grüße
Michl, der nie wieder während seines Urlaubs auf eine Besprechung geht!
 
Könnten wir eventuell mit einem konkreten Beispiel arbeiten? Ich kann irgendwie der Sache nicht folgen.

Wer differenziert in der täglichen Arbeit aktuell und potentiell. Pflegeproblem ist vorhanden und gut ist. Die Maßnahme muss begründet sein.

Elisabeth
 
Na, dann werd ich´s mal kurz konkretisieren.
Die Formulierungen nach ICNP mögen für manchen etwas befremdlich klingen, ändern aber nichts am Pflegeprozess.


Konkrete Beispiele (fiktiv, aber realistisch):

z.B.
Problem:
Akutes, kontinuierliches hohes Risiko für Hypoventilation durch post-operative Schonatmung und Immobilität nach Laparatomie

Ziel:
Patient kann schmerzfrei durchatmen, kennt Maßnahmen zur Pneumonieprophylaxe, Sekretstau ist vermieden...

Maßnahmen:Anleitung und Kontrolle zum Atemtraining 6mal tägl., Schmerzen erfragen - Analgesie-Gabe, Atmung kontrollieren.


Nächstes Beispiel:
Problem:
Akute kontinuierliche mittelgradiges Risiko für Dekubialulcera an den exponierten Stellen post-op (z.B. Hüft-TEP)
Braden-Skale: 17 P.

Ziel:
Haut ist 2-stdl. druckentlastet, Hautschäden sind vermieden.

Maßnahmen:
schiefe Ebene 2stdl., Fersen frei lagern, "Bewegungsplan" (Protokoll), Hautverhältnisse 1mal pro Schicht kontrollieren

Laut "gestern" ist dies beides falsch, weil:
1. jeder operierte Patient pneumonie- und dekubitusgefährdet zu irgendeinem Grad ist.
2. dies für den Patienten kein Problem darstellt
3. ich nicht MEINE Probleme dahin schreiben soll (ist es denn mein´s?)
4. das alles in Standards steht (muss man dessen Anwendung nicht auch begründen können/sollen)
5. "wir" so professionell sind, dass wir das machen ohne es planen zu müssen
6. man dann alles mögliche hinschreiben könne, was passieren könnte, keine Zeit, kein Platz, Besinnung auf das Wesentliche...,
... ich weiß nicht, ob noch mehr kam. Irgendwann, zugegen, habe ich nicht mehr zugehört und nur noch Schlagworte aufgefangen...

Genauso falsch wäre übrigens:

Und noch eins, selber Patient:
Problem:
Akute, kontinuierliche hochgradige Beeinträchtigung der Selbstfürsorge Transfer des eigenen Körpers post-op (TEP)

Ziel: NZ1: läuft mit Gehbock und 1 Begleitperson 2 Zimmerlängen
NZ2: mobilisiert sich alleine an den Bettrand, läuft 2 Zimmerlängen mit 2 Unterarmgehstützen mit 1 Begleitperson
FZ: Selbstständigkeit in der Selbstfürsorge physische Aktivität

Weil, wenn´s den Patienten nicht stört... kein Pflegeproblem, zumindest keines, was man in einem Pflegeplan dokumentieren müsste... weil alle Patienten nach TEP sind eingeschränkt in der Mobilität.

Aber vorrangig war die Diskussion eben über die potentiellen Probleme.

Es ging dann noch darum, wann ich z.B. eine Dekubitus-Gefährdung aufnehmen "darf". Das darf ich nur, entweder wenn ein Patient stark adipös ist ODER
wenn der Patient Angst hat davor wundzuliegen.

Hier argumentiere ich ja eigentlich so:

1. Adipositas ist ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung von Dekubialulcera und ich würde das Risiko nicht mehr als mittelgradig sondern hochgradig beschreiben. Wer´s braucht, wird vielleicht auch eine Veränderung in der Braden-Skala feststellen können (Scherkräfte?!)
Es ändert aber nichts daran, dass ich Druckentlastung (Lagerung, Mobilisation), Hautbeobachtung und ggf. Hautpflege durchführen muss. Es ändert sich vielleicht die Intensität oder Häufigkeit der Maßnahmen.

2. Wenn der Patient Angst hat vor dem Wundliegen, dann ist das ein ganz anderes Pflegeproblem (hier bei uns: Pflegephänomen). Dann müsste es heißen:
Problem (bei uns eigentlich Risiko):
Patient hat akut intermittierende Angst vor der Komplikation des Wundliegens
Ziel:
Patient fühlt sich ausreichend informiert und sicher. Kann über Ängste sprechen. Patient gibt an, dass sich Ängste reduziert haben....
Maßnahme: Zeit für Gespräche nehmen, Patienten informieren, Verständnis zeigen

Also,
Es würde m.E. nie mehr ein Pflegeproblem "Dekubitus" oder "Dekubitusgefährdung" geben! Weil die Planung IMMER von den Empfindungen ausgehen müsste, wenn ich nur plane, was der Patient als Problem EMPFINDET.
ERGO:
Alle meine dokumentierten Probleme müssten so anfangen:
Patient hat Angst..., weil
Patient verspürt Scham...., weil
Patient ist im Wohlbefinden eingeschränkt..., weil
Patient hat Schmerzen wegen...,
etc.


Hoppla, wurde etwas länger.
So, jetzt bin ich aber gespannt, ob hier jemand meinen Gedankengang versteht. Ich hab nämlich den Eindruck, dass dies bei mir auf der Arbeit keiner (zumindest öffentlich) tut. Komm mir langsam vor wie ein Alien...
Sogar unsere Frischexaminierte meint, dass man dies überhaupt nicht so lernt und man nur Probleme, die der Patient wahrnimmt, aufschreibt...

...oder ich bin echt nur zu doof :|
Auf Antwort bin ich gespannt und überlege mir schon, welche Konsequenzen ich für mich daraus ziehen werde.

Danke schonmal für´s lesen.

Grüße
Michl
 
Ab wann muß denn ein potentielles Pflegeproblem in die Planung einbezogen werden?

Potentiell heißt ja letztendlich, daß es ein mögliches Problem ist, nicht zwangsläufig ein tatsächliches. Nicht alles, was möglich ist, ist auch wahrscheinlich.

Vielleicht tun sich Deine Leut' deshalb etwas schwer damit.

Ich meine, sobald eine realistische Gefahr besteht dafür, daß das Problem eintritt, ist das kein potentielles, sondern ein tatsächliches.
 
catweazle schrieb:
Ab wann muß denn ein potentielles Pflegeproblem in die Planung einbezogen werden?

Potentiell heißt ja letztendlich, daß es ein mögliches Problem ist, nicht zwangsläufig ein tatsächliches. Nicht alles, was möglich ist, ist auch wahrscheinlich.

Vielleicht tun sich Deine Leut' deshalb etwas schwer damit.

Ich meine, sobald eine realistische Gefahr besteht dafür, daß das Problem eintritt, ist das kein potentielles, sondern ein tatsächliches.
Hallo.
Dein Posting ist mir jetzt nicht ganz klar - kann aber an mir liegen.
Eine realistische Gefahr ist ein tatsächliches (eigentl. aktuelles) Problem?
Für mich, wie oben schon in einem Beispiel erwähnt, gibt es Abstufungen des Risikos. Auch ein sehr hohes Risiko ist aber noch kein akutes Problem!
Ich kann sehr stark Dekubitus gefährdet sein (potentiell)
Ich habe einen Dekubitus (aktuell, "tatsächlich")

Findest Du, dass in meinem vorherigen Beitrag genannte Pflegeprobleme (Risiken) keine potentielle Probleme darstellen, sondern tatsächliche? Würdest Du dies mit Deinen Wissen über Pflegeplanung/Pflegeprozess dokumentieren oder weglassen?

Ich tu´s ungern, aber ich zitiere Wikipedia
potentielle Probleme:
- liegen vor, wenn es Risikofaktoren gibt, die nach pflegerischem Wissen ohne bestimmte Intervention zum Problem werden!
- können durch vorbeugende Maßnahmen (Prophylaxen) verhindert werden.
Ich würde behaupten, dass dies auf die 2 ersten formulierten Pflegeprobleme oben zutrifft.
Und ich habe immer noch keinen Schimmer, warum sich ein Team aus jungen Mitarbeiter mit so einer schlichten, verständlichen Definition "etwas" schwer tut.
Ich meine: wenn ich präventiv tätig werde - dann mache ich das auch mit Grund und Ziel. Warum darf ich das nicht auch dokumentieren in einem Pflegeplan - beim Patienten, den ICH betreue??? *seufz*
Ist das kein Teil des Pflegeprozesses?
Und gab es da nicht mal sowas wie eine Gesetzeslage,
Wo sind die Kontra-Argumente? Ich bin noch nicht überzeugt. ;)

Grüße
Michl
 
Michl schrieb:
Es würde m.E. nie mehr ein Pflegeproblem "Dekubitus" oder "Dekubitusgefährdung" geben! Weil die Planung IMMER von den Empfindungen ausgehen müsste, wenn ich nur plane, was der Patient als Problem EMPFINDET.
Genau, damit machen wir alle Prophylaxen unnötig. Der ein oder andere Patient empfindet noch nicht mal sein gebrochenes, noch unversorgtes Bein als "Problem" (z. B. weil dement und schon vergessen...). Also bleiben wir alle zu Hause:wut:

Alle meine dokumentierten Probleme müssten so anfangen:
Patient hat Angst..., weil
Patient verspürt Scham...., weil
Patient ist im Wohlbefinden eingeschränkt..., weil
Patient hat Schmerzen wegen...,
etc.
Versuchs doch mal andersrum (für Deine Kollegen). Alle Tätigkeiten die ausgeführt werden, müssen begründet werden. Wenn das nicht möglich ist, isses unnötig und Zeitverschwendung. Und dann muss ich mir halt überlegen, warum ich den Hautzustand kontrolliere und den Patienten lagere und mobilisiere:evil: :gruebel:


So, jetzt bin ich aber gespannt, ob hier jemand meinen Gedankengang versteht. Ich hab nämlich den Eindruck, dass dies bei mir auf der Arbeit keiner (zumindest öffentlich) tut. Komm mir langsam vor wie ein Alien...
Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Wahrscheinlich bin ich auch ein Alien...:rofl:

Ulrich
 
@Michl: Vielleicht hätte ich kurz und knackig sagen sollen: Gefahr ist ein Problem.
Und ich habe den Verdacht, daß Deine KollegInnen unter potentiell alles theoretisch mögliche verstehen, egal wie wahrscheinlich, und deshalb dagegen sind.

So verständlicher? Sorry, ich habe N8schicht, da ist die ATL Formulieren eingeschränkt ;-)
 
Versuchs doch mal andersrum (für Deine Kollegen). Alle Tätigkeiten die ausgeführt werden, müssen begründet werden. Wenn das nicht möglich ist, isses unnötig und Zeitverschwendung.

Hatte auf früheren Stationen bei älteren Mitarbeitern mit diesem Erklärungsansatz auch gute Erfolge gehabt.

Der Grund warum ich dieses Thema hier aufgemacht habe war, dass ich wirklich alles, was ich dachte zu wissen, ausgeschöpft habe. Da ich aber nur Kopfschütteln, Genervtheit und Unverständnis bis hin zum Belächeln ernte... begann ich tatsächlich an mir zu zweifeln. Kann ja durchaus sein, dass ich 15 Jahre lang Pflegeplanung falsch verstanden habe. Ist ja auch wahrscheinlicher, wenn ich der einzige bin mit dieser Meinung.

Ich muss noch die anderen Aliens suchen...

Grüße und Danke
Michl
 
@Michl: Vielleicht hätte ich kurz und knackig sagen sollen: Gefahr ist ein Problem.
Und ich habe den Verdacht, daß Deine KollegInnen unter potentiell alles theoretisch mögliche verstehen, egal wie wahrscheinlich, und deshalb dagegen sind.

So verständlicher? Sorry, ich habe N8schicht, da ist die ATL Formulieren eingeschränkt ;-)

Guten Morgen!
Ausgeschlafen? :-)

OK, ich hab Dich verstanden.
Wo genau das Problem begraben liegt, kann ich nichtmal sagen.
Ein Punkt ist sicherlich, dass wirklich alles theoretisch mögliche sonst aufgenommen werden müsste.
Ich kann es leider nicht begreiflich machen, dass die jeweilige Fachkraft mit ihrem Wissen die Risiken aufdeckt und Maßnahmen plant.
Und den Schritt hin zur Dokumentation dieses Gedankenganges krieg ich schon gar nicht in die Köpfe.

Aus den Reihen der Mitarbeiter kam jetzt wirklich der Vorschlag, eine stationsinterne Definition für Pflegeproblem zu schaffen. Wie gesagt, die Stationsleitung will nur noch Probleme, die der Patient wahrnimmt und selbst als Problem empfindet.

Herrje tun mir die Schüler leid. Kein Wunder, dass die´s nicht mehr blicken.

Grüße
Michl
 
Ich muss doch noch mal nachfragen, des besseren Verständnis willen: du bist als examinierte Fachkraft tätig und die Planung ist nicht eine von der Schule geforderte.

Ich kanns nach wie vor nicht nachvollziehen, dass man im Alltag aufdröselt welcher Natur das Problem ist. Es gibt Problem und die bedürfen einer Intervention. Und da nicht jeder OP-Patient die gleichen (aktuellen/ potentiellen) Probleme hat, gibts ne individuelle Pflegeplanung. Die Individualität wird nicht allein vom Fachwissen des Pflegenden bestimmt. Der Patient steht im Mittelpunkt der Bemühungen.

Elisabeth
 
Wie gesagt, die Stationsleitung will nur noch Probleme, die der Patient wahrnimmt und selbst als Problem empfindet.
Das ist jetzt nicht ernst gemeint, oder?

Beispiel: Ein Dekubitus kündigt sich ja bekanntlich durch ein brennendes Gefühl bzw. jucken der entsprechenden Hautstelle an. Problem nur: der Patient spürt dies nicht, weil er Medikamente gegen die postoperativen Schmerzen bekommt. Wie will sie das regeln?

Welche Ausbildung hat denn eure Öse? Und wie kommt es, dass man aktuell solche Veränderungen in der Planung vornehmen will? Personalmangel? Umsetzung des SGB5 §12 (Wirtschaftlichkeistgebot)???

Elisabeth
 
Ich muss doch noch mal nachfragen, des besseren Verständnis willen: du bist als examinierte Fachkraft tätig und die Planung ist nicht eine von der Schule geforderte.

Das verstehe ich nun nicht. Was meinst Du mit "von der Schule gefordert". Welche Anforderungen sind anders bei einer Pflegeplanung, die von der Schule verlangt wird? Ich meine das jetzt ernst, weil mir die Unterlagen, die die Schüler an die Hand bekommen, absolut schlüssig sind.

Ich kanns nach wie vor nicht nachvollziehen, dass man im Alltag aufdröselt welcher Natur das Problem ist. Es gibt Problem und die bedürfen einer Intervention. Und da nicht jeder OP-Patient die gleichen (aktuellen/ potentiellen) Probleme hat, gibts ne individuelle Pflegeplanung. Die Individualität wird nicht allein vom Fachwissen des Pflegenden bestimmt. Der Patient steht im Mittelpunkt der Bemühungen.

Elisabeth
Individuell ist das Stichwort schlechthin. Dieses Argument wird im Allgemeinen (bei uns) gegen die Aufnahme potentiellen Probleme (ich drösel es jetzt trotzdem auf) verwendet.
Wenn Du schreibst, dass individuelle Probleme nichts mit dem Fachwissen zu tun haben, dann erscheint mir das plausibel. Wie schaut es mit dem Erkennen von individuellen Problemen aus?

Ich habe Beispiele geliefert. Jeder laparatomierte, jeder TEP-Patient hat dieses Problem mit verschiedenem Risikograd. Ich behaupte, trotzdem individuell. Es betrifft ja diesen Menschen. Das sehen meine Diskussionspartner anders.

Wundschmerzen "dürfen" (wenigstens was) dagegen aufgenommen werden, weil der Patient dies ja wahrnimmt.

Faden weg...
 
Das ist jetzt nicht ernst gemeint, oder?

Beispiel: Ein Dekubitus kündigt sich ja bekanntlich durch ein brennendes Gefühl bzw. jucken der entsprechenden Hautstelle an. Problem nur: der Patient spürt dies nicht, weil er Medikamente gegen die postoperativen Schmerzen bekommt. Wie will sie das regeln?

Welche Ausbildung hat denn eure Öse? Und wie kommt es, dass man aktuell solche Veränderungen in der Planung vornehmen will? Personalmangel? Umsetzung des SGB5 §12 (Wirtschaftlichkeistgebot)???

Elisabeth

Toternst.

Zum Beispiel (nicht meine Argumentationslage folgt jetzt):
Du bist professionell und weißt, dass nur sehr wenige Patienten tatsächlich einen Dekubitus bekommen post-op, weil Du ihnen bei der Lagerung hilfst und mobilisierst. Für den Patienten ist das kein Problem, sondern nur für die Pflegekraft.

Meine Stationsleitung ist sehr gut qualifiziert und hat auch ihre Leitungsqualitäten.
Personalmangel gibt es überall. Für meine Station würde ich aber behaupten: Man könnte immer Pflegepläne aufstellen, wenn es jeder machen würde. Ich schaffe es und bin auch nicht Superman.

Warum die aktuelle Veränderung?
1. Wir sind ein komplett neues Team auf einer komplett neuen Station. Jetzt hat jeder 1 Jahr lang gemacht, wie er es wollte und meine furchtbar ausführlichen Pflegeplanungen missfielen scheinbar im Besonderen.
Mich hat zwar schon oft der Mut verlassen, aber meine Funktion als stell. Stationsleitung und Praxisanleiter zwang mich bisher meiner Überzeugung treu zu bleiben. Jetzt bin ich kurz davor zu kapitulieren, obwohl ich eher ein "sturer Hund" bin.
2. Primary Nursing vor der Tür. Das soll jetzt einheitlich laufen. Besonders im Hinblick auf Primary Nursing wären nur noch die wahrgenommenen Probleme des Patienten relevant, diese aber dann noch höher gewichtet. (Die Quelle dazu such ich noch.. wahrscheinlich sehr lange) Dass aktuelle Probleme eine andere Gewichtung haben, stellt ja ansich keiner in Frage.

*offtopic*
Im Bezug auf Primary Nursing finde ich dieses Planungsverbot, dessen Erlassung kurz vor der Verabschiedung steht, erst so richtig kontraproduktiv. Der Grundgedanke von Marie Manthey war eigentlich die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu fördern. Wo wird meine Kompetenz anerkannt, wenn ich meine Arbeit nicht nach meinem Wissen "richtig" machen darf?
*offtopic*

Wirtschaftlichkeit finde ich wichtig. Welche Pflegetätigkeit, die kein anderer übernehmen darf, lasse ich als nächstes weg? Vielleicht gleich - mich?

Grüße
Michl
 
Die Planung für Schüler ist mir einfach zu detailliert und ungeeignet für den Stationsalltag. Laut PPR (PPR ist die Grundlage der Berechnung der Personalkosten bei den DRGs) stehen mir pro Patient 3/5/7 Minuten pro Tag zu, da sind die Pflegeberichte bereits mit enthalten. Es erscheint mir nicht realisierbar in dieser kurzen Zeit eine Planung á la Schule zu schreiben.

Wir haben uns im Haus geeinigt, dass wir die PPR Abrechnung als Einteilung nehmen für die Pflegeplanung: Dabei ist raus gekommen, dass wir uns am Selbstpflegedefizit des Patienten orientieren. Umso größer dieses Selbstpflegedefizit, umso größer die Notwendigkeit das Pflegekraft ihr Fachwissen einsetzt (insofern Korrektur meiner Voraussage).

Da wir für mehrere Tage im voraus "detailliert" planen (Kürzelliste - vielleicht kann flexi die ja als Bilddatei anhängen?), stellt sich im Alltag die Frage nach aktuell und potentiell nur sekundär.

Ist ein Patient also in seinen Bewegungen eingeschränkt, so wird von der Fachkraft erwartet, dass sie die (potentiellen) Probleme (Risikogefährdung Deku, Pneumo, Thrombo, Kontrakt, Sturz) erkennt und diese in die Planung einfließen läßt.

Elisabeth

PS: wahrscheinlich reden wir vom selben und stehen nur auf unterschiedlichen Blickpositionen und verstehen uns deswegen nicht.


PSPS: Bei uns im Haus gibt es einheitliche Dokumentation (Stammblatt und Pflegeplanung) auf allen 20 Stationen der Erwachsenenpflege - egal welches Fachgebiet. In der Kinderklinik ist eine ähnliche Form auch für alle Stationen gleichermaßen gültig. Ausnahme bilden die Intensivbereiche. Aber die gehören nicht in mein Arbeitsfeld. *fg*
 
Hallo... ich hab mir auch mal Gedanken dazu gemacht :) Also, bei uns wird es so gehandhabt, daß wir auch "nur" Probleme aufzeigen, die der Kunde hat und keine potenziellen aus unserer Sicht. Unsere Begründung ist die, daß ein Kunde zum Beispiel mit einer Alkoholabhängigkeit kein Problem hat damit und wir es deshalb als gegeben hinnehmen müssen. Wenn wir für dieses "Problem" eine Planung schreiben müßten, würden da Dinge drin stehen, die man nie "behandeln" könnte. Vielleicht hilft dieser kleine Gedanke ja weiter!? Lg
 
Unsere Begründung ist die, daß ein Kunde zum Beispiel mit einer Alkoholabhängigkeit kein Problem hat...

Das halte ich für sehr spekulativ.
Welcher Alkoholiker erfährt keine probleme durch seinen Abusus?

Ich kenne ein paar privat und etliche aus dem krankenhaus - und ich wüsste keinen, der keine probleme dadurch hat.

Klar, wenn er gerade 4,5%° hat, ist alles toll, aber nüchtern betrachtet dürfte wohl kein Patient sorgenfrei diesbezüglich sein.
 
Sooo hab ich es ja auch nicht gemeint. Wenn einer aufgrund seiner Abhängigkeit ein Problem hat, wird es dann ja natürlich in die Planung mit aufgenommen. Ich meinte damit, daß wenn sich aus dem Abusus kein Problem für den Kunden ergibt, kommt es in unserer Pflegeplanung nicht vor. Wir dokumentieren dann "nur" im sog. Pflegebericht was aktuell für uns wichtig ist. Es sollte nicht falsch rüber kommen.
 
Durch den C2- Abusus ergeben sich doch nicht nur potentielle psychische Probleme, sondern auch ganz banale somatische Probleme... und da meine ich jetzt nicht die klassischen wie Leber- und Bauchspeicheldrüsenprobs.

Ergo: Fachkraft braucht Fachwissen um zu planen.

Elisabeth
 

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