Es stimmt schon - wenn du in eine Psychiatrie wechselst, hast du die laengste Eingewoehnungs- bzw. Lernphase überhaupt. V.a. wenn du in eine Allgemeinpsychiatrie kommst, wo du alle Krankheitsbilder auf einmal kennen lernst.
Das liegt ganz einfach daran, dass es für so gut wie alle Situationen dort keine Vorschriften bzw. festen Regeln gibt, wie du sie zu meistern hast.
Der Blutzucker muss zwischen 80 und 120 sein, alles darunter oder darüber muss behandelt werden. Sowas gibt es halt bei psychiatrischen Krankheiten nicht. Sicher gibt es Pflegeleitlinien, "Verhaltensregeln" und Grenzen, an die man sich auch unbedingt halten muss, aber den Zustand des Patienten kannst du halt nicht mehr am Display ablesen.
Am Anfang wirst du deine Kollegen wahrscheinlich kaum verstehen - du unterhaeltst dich mit einem Patienten, findest ihn eigentlich so ganz mitteilsam, und in der Übergabe wird gesagt "Hr. XY war heute mal wieder total manisch, ich denke hier besteht dringender Handlungsbedarf". Lass dich davon nicht verunsichern, die meisten arbeiten schon Jahre in dem Bereich und fühlen das einfach, bzw. haben die Erfahrung. Viele vergessen das. Aber so ist das ja mehr oder weniger in jedem Gebiet. Nur halt in der Psychiatrie am staerksten.... das Fühlen.
Wichtig ist, dass du die nötige Distanz bewahrst, gleichzeitig aber auch offen bist, nicht zuviel von dir Preis gibst, und trotzdem das Vertrauen des Patienten erlangst.
Ganz wichtig ist, dass du immer den Respekt gegenüber des Patienten bewahrst. Du wirst viele, "abgeschossene", Patienten erleben, chronifizierte, oberflächlich gesehen "faule" Patienten, und ich erlebe es täglich, wie Kollegen den Patienten ein bisschen wie Kinder behandeln, ihn "diskriminieren". Wenn du dich nicht ständig selbst reflektierst, kannst du da evtl. auch sehr schnell reinrutschen.
Mir ist das auch schon passiert - hab 5 Minuten später drüber nachgedacht und hätte mich selbst Ohrfeigen können - hab dann mit dem Patienten drüber geredet ob er das auch so empfunden hat. (Sich öffnen - zeigen, dass man selbst auch ein Mensch ist). Die Sprache des Patienten sprechen, also.
Wenn ein Patient unfreundlich zu dir ist - werde es nicht auch. Sei freundlich, aber bestimmt, sonst verhärten sich die Fronten nur.
Wichtig ist auch, nimm dem Patienten so wenig wie möglich ab. Lass dich nicht zu sehr ausnutzen (ist am Anfang unvermeidlich), wenn dich ein Patient um etwas bittet, mache es mit ihm zusammen, wenn du es siehst, er kann es allein, dann lass es ihn allein machen.
Das alles sind sehr allgemeine Tipps, mit denen du wohl durch die erste Runde kommen wirst, bedenke aber, dass jedes Krankheitsbild evtl. ganz unterschiedlich behandelt wird.
Ich gebe dir natürlich auch warme Worte auf den Weg - Hoffe, dass dir das Thema Psychiatrie gefällt und du einen gewissen Enthusiasmus entwickelst - aber sei Kritisch dir gegenüber, Psychiatrie ist nun wirklich nicht jedermanns Sache.