Nachtdienst: Nutzung oder Missbrauch der Glocke

Nachtfreak

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Ruhrpott
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Krankenschwester
Akt. Einsatzbereich
Pflegeheim
Hallo,

folgendes Problem:

Man hat Nachtdienst, die Arbeit kennt keine Grenzen.

Nun benutzen mehrere verwirrte Bewohner die Rufanlage ohne Angabe von Gründen.
Oder: Ich habe nicht geläutet!
Oder: Fahr mich zur Bank! (02.00 Uhr nachts)
Oder: Mir ist langweilig!
Oder: Was is los?
Oder: ist schon morgen?

Die Glocke sollte doch nur im Notfall betätigt werden, udn nicht zum Terrorinstrument werden.

Man läuft oft mehrere Kilometer nachts ohne wirklichen Sinn durch die Gänge.

Nun gibt es die Möglichkeit bei betreffenden Personen schon mal prophyaktisch die Glocken zu entfernen, außer Reichweite zu deponieren.

Wie händelt ihr dies?
Es stellt ja eigentlich ein Vergehen dar!?

NF
 
"Eigentlich" ist gut - passiert was bist du dran...

Dann lieber auf Anordnung was zum Schlafen geben, hat der Doc den schwarzen peter ;)
 
also die glocke außer reichweite zu bringen halte ich für sehr gefährlich.. wie maniac schon sagte.. wenn was passiert bist du dran!
 
*zynischan*
Der Patient/ Bewohner steht im Mittelpunkt unseres Handelns... nur da steht er uns im Wege. Und unsere Arbeit wäre auf jeden Fall zu schaffen, wenn die permanenten Störungen unterbleiben würden.
*zynischaus*

Elisabeth
 
Na,

bei uns bekommen die Leute kaum Medikamente zum schlafen.
Und oft nutzt dies absolut nichts.

Wer läuft denn ca. 20 mal pro Nacht in ein Zimmer am Ende des Hauses?
Einfach ca. 3 Minuten?

Sollte die Glocke nicht nur für den Notfall vorgesehen sein?

Es wäre sehr interessant Vergleiche anzustellen für mich.
Ich kann mir kaum vorstellen daß dies nicht praktiziert wird, die Glocke öfters mal abzustellen.

NF
 
Hallo Nachtfreak, du wirst von einem verwirrten Bewohner wohl kaum verlangen können zwischen Notfall und "Schikanke" unterscheiden zu können

Klingel wegnehmen ist wohl der schlechteste Weg, bei allem Verständnis für deine Situation. Stelle mir nur gerade vor, selbst dieser Bewohner zu sein, mit Phasen zwischendurch, in denen ich nicht verwirrt bin. Da wär mir ein ordentliches Schlafmittel wesentlich lieber.
 
Hallo,

mag sein, aber sieht die Realität in großen Heimen nicht anders aus?

Ist es nicht ein Traum, ich kann individuell auf meine Bewohner eingehen?

Ist es nicht ein Traum, ich könnte mit den Menschen zu jeder Zeit über ihr Problem sprechen?

Was erkläre ich dem Frühdienst, ist die Arbeit nicht erledigt?

Der Mensch im Mittelpunkt meiner Arbeit?

Wisst ihr was mir der Frühdienst hustet, habe ich nicht meine EDV erledigt( ca. 2,5 Std.)
Meine Medis gerichtet?

All die tatsächlichen Problem(e Inkontinenz, Lagern, Medizinische Versorgung etc.) nicht angegangen?

Ist es nicht ein bisschen naiv und blanke Theorie alle 100 % versorgen zu können?
Praktisch so wie man gern möchte?

Wisst ihr was ich für Terror erleide, ist die Wäsche nicht aufgefüllt?

NF
 
Hi Nachtfreak,

ich kann verstehen, daß es schon eine sehr nervige Angelegenheit für Dich ist. Aber die Frage, die sich mr stellt, ist die, warum der Patient so oft klingelt.
Vielleicht hat er Angst in der Nacht?
Oder Angst vor der Ruhe in der Nacht. Oder er sucht Beschäftigung.
Alles dieses Dinge könnte man abmildern, durch Licht, das brennen gelassen wird, oder ein wenig leise Musik oder einen Fernseher oder......

Am wichtigsten fnde ich aber, daß Du das in Deinem Team mal ansprichst und die anderen fragst, wie Du Dich am besten verhalten sollst, um Deine Arbeit zu schaffen und dem Pat. gerecht zu werden. ICh denke, Du bist nicht alleine mit diesem Problem bei Dir auf Arbeit.
 
@nachtfreak Und als einzigste Lösung fällt dir nur ein, dem Bewohner seine letzte Möglichkeit sich bemerkbar zu machen, zu nehmen?

Ein recht einfacher Weg. Du hast die Macht zu entscheiden, wer die Klingel braucht und wer nicht. Der Bewohner wird kaum widersprechen können/ wollen.

Der andere, der steinige Weg: sich organisieren, auf die Mißstände öffentlich aufmerksam machen, deutlich machen das in der deutschen Altenpflege der Wurm drin ist in vielen Häusern (nicht in allen!!!)... das bedarf mehr als Macht ausleben. Die Frage die mir dann immer wieder einfällt: warum wird nur gejammert? Aber auch da habe ich hier im Forum ja schon Antworten bekommen: zu großes Risiko den Job zu verlieren.
Ergo bleibt nur stillhalten und aushalten.

Buchtipp: Prinzip Selbstverantwortung von Sprenger
Niemand kommt und wird etwas für dich ändern, außer du selbst. Und du kannst andere nicht ändern, nur dich selbst.

Elisabeth
 
hi @ll

nehmen wir mal an ein oder mehrere solche pat liegen auf einer station im kh, auf der es 3 bis 4 pat monitorisiert sind. und 3 oder mehr neuaufnahmen liegen die auch nicht ganz "koscher" sind. da hätt ich schon nach einer nacht durchfall.
 
Hallo,

garantiert fallen einem andere Lösungen ein.
Aber irgendwelche teilesoterische Bücher zu lesen und das ganze mit Theorie zu überziehen bringt in der Praxis auch nichts.

Wer die Praxis kennt weiß daß.

Fernseher, Radio, Gespräche, Licht: Alles schon angewandt.

Und: Es ist ja eben das Problem dass ich keine Zeit habe nachts um als Psychanalytiker zu fungieren.

Oft nehme ich unruhige Bewohner mit auf den Rundgang.
Können sie noch laufen etc.
Oder ich setze sie zu mir ins Staionszimmer.

Aber es gebt eben Situationen, man hat keine Chance mehr.

Die werden dann klugesoterisch mit Medikamenten vollgepumpt.
Das was in Büchern steht vergisst man dann.
Und die esotrischen Schwestern sind dann korrekte, tolle Schwestern.
Die glänzen.
Praxis.

Ausserdem unterstelle ich der absoluten Mehrheit in Altenheimen die gleichen Vorgänge.
Weil es oft nicht anders geht.
schön wenn sich einige noch die Hände in Unschuld waschen können.

NF

NF
 
Da deine Bewohner verwirrt sind, wissen sie vielleicht nicht das sie immer Klingeln. Manche Pat halten die Klingel im KH für ein lustiges Spielzeug auf dem man so schön rumdrücken kann.
Es steckt bei demenz kranken oder durchgängigen Pats betsimmt keine böse Abscht dahinter.
Wenn du ihnen die Klingel auser reichweite nimmst machst du dich quasi strafbar wenn was passiert wg. unterlassener Hilfeleistung und je nachdem was der Pat. dir mitteilen möchte auch wg. Nötigung.
lg
 
Hallo
Kenne die Problematik zur Genüge. Die eine Hälfte der Patienten ist wirklich krank, die anderen abgeschoben von zu Hause oder mit phantastischen Diagnosen aus dem Pflegeheim.3-4 verwirrte Patienten pro Nacht sind keine Seltenheit. Bei unserem Klingelsystem hängen jedem Patienten die Glocken schön vor der Nase rum, also wird sich dran festgehalten und damit rumgespielt. Unsere Lichtschalter hängen auf die selbe Weise. Oft hilft es den Lichtschalter etwas tiefer zu hängen(zum spielen)und die Glocke etwas höher, aber immer noch erreichbar. Einige Patienten lösen das Problem von selber, indem sie dauernd den Glockenstecker aus der Wand ziehen. Bei denen lasse ich die Zimmertüre offen, dann höre ich wenn sie was brauchen. Es gibt auch Fälle (sehr selten)die bekommen den Finger nicht vom Klingelknopf, die drücken sogar wenn ich neben dem Bett stehe und versuche mit ihnen zu sprechen, bei denen ziehe ich die Glocke und lasse die Zimmertüre auf.
Das mit den Schlafmitteln ist sicher eine gute Idee, bis dann aber mal das Richtige gefunden ist und auch noch wirkt, bis dahin sind die Patienten wieder zu Hause.
Alesig
 
Sehr schwierig...

Hi NF,

ich glaube nicht dass Du hier Jemanden finden wirst der Dir offen und ehlich zu dem Thema Klingel außer Reichweite bringen antwortet-da dies ein öffentliches Forum ist und sich Keiner die Blöße geben will und öffentlich-verbal gesteinigt werden möchte.
Ich kann Dir nur sagen dass ich Dich sehr gut verstehe, weil ich im KH viele Nachtdienstler vor der gleichen Problematik stehen sehe und die vor Hilflosigkeit nur diese eine fahrlässige Lösung sehen die Klingel zu entfernen, weil sie beim Umgang mit Demenzkranken oft alleine gelassen werden, z.B. mangels Kapazitäten im Tagdienst um den Pat. zu beschäftigen (körperlich/geistig) oder durch Docs die sich über Therapie oder zumindest über die baldige Verlegung in die gewohnte Umgebung keine Gedanken machen.
Das einzige was ich Dir wirklich an Rat mitgeben kann ist es diese Problematik mit Deinen Kollegen zu erörtern und gemeinsam Lösungen zu finden (<--wurde hier glaube ich auch schon gesagt, sorry) und klar und deutlich zu machen dass Du Dich mit der Thematik/Problematik alleine gelassen fühlst.

LG und viel Kraft,
NM78
 
Hallo!!
Ich kenne die Thematik mit dem Klingeln in der Nacht relativ gut. Nichts desto trotz muss man andere Wege suchen.
Klingeln ausstecken oder entfernen, das geht absolut gar nicht!! Demente Bewohner, die oft Licht und Klingel nicht unterscheiden können, brauchen eben Geduld und Verständnis, auch wenn man nachts wenig Zeit hat. Manchmal ist es hilfreich Klingel und Lichtschalter zu beschriften, habe die Erfahrung gemacht, dass dies helfen kann. Bewohner die klingeln, weil es ihnen langweilig ist, sie nicht schlafen können, nichgt wissen warum- einfach andere Möglichkeiten und Gründe in Betracht ziehen! Beispiel: Nachtcafe für Demente, wo sie bis 22 oder 23 Uhr wach bleiben können, fernsehen können oder ein Spiel spielen können. Ältere Menschen benötigen nicht mehr so viel Schlaf, es ist Frage der Organisation, die Bewohner nicht schon um 18 Uhr ins Bett zu bringen.
Hilfreich bei Dementen ist ebenfalls, tagsüber so viel Aktivitäten wie möglich, kein Mittagsschlaf, nur kurze Ruhephasen. Manche Bewohner finden so ihren Tag Nacht Rhythmus wieder und schlafen tatsächlich nachts,weil sie einfach müde sind.
Bewohner, die ohne wirkliche Gründe nachts klingeln, brauchen vielleicht einfach einmal Zuwendung, Ansprache? Ein kurzes Gespräch, einige beruhigende Worte. Teilweise haben sie Ängste (allein im Zimmer..) oder haben noch unverarbeitete Dinge auf dem Herzen, die sie einfach mitteilen wollen, auch wenn sie es direkt nicht ausdrücken.
Bei uns wird es auch so gehandhabt, dass demente Bewohner, die nur kurze Schlafzeiten nachts haben, bzw. schwer in den Schlaf kommen, abends gebadet werden, was sie entspannen lässt und sie müde macht. In den nächtlichen Rundgängen werden diese Bewohner (wenn es keinen dringenden Grund gibt) nicht geweckt.
Es gibt dennoch auch den ein oder anderen orientierten Bewohner, der bewusst oft klingelt, aber auch hier können andere Dinge dahinter stecken, man muss als Pflegekraft dies nicht gleich als "Schikane" sehen, ein klärendes Gespräch hilft manchmal, z.B. indem man erklärt dass man noch viele andere BW zu betreuen hat o.ä., nämlich "der Ton macht die Musik" !

Liebe Grüße Sheila
 
Hallo,

vielen Dank erstmal für die erstmals praktisch orientierten Antworten.

Also, als Schikane habe ich das Klingeln nie empfunden, ich weiß dass die betroffenen Menschen zu Schikane gar nicht in der Lage sind.
Man ist nur hilflos, wer macht die Arbeit, rennt man ununterbrochen.

Auch habe ich ja nie geschrieben dass wir die Glocken ziehen(öffentl. Steinigung.)

Ich bin auch überzeugt, Steinigen werden einen bei diesem Statment nur Teilnehmer die klug daher reden, die Arbeit machen andere.
Das ist so.
Man erkenn ab den lletzten paar statements Menschen die in der Praxis stehen.
Mir geht es hier um den dunklen Bereich der Möglichkeit die Glocken zu ziehen.
Und wie das andere alles händeln.

Und wir bemühen uns ja äusserst um die Lösung des Problemes Dauerläutens.

Darum auch die Umfrage.
Unser Tagdienst kooperiert nicht mit dem Nachtdienst(baden abds. etc., was eine super Idee wäre.)
Sie sind mit Dauerkrieg und Kompetenzrangelei beschäftigt.

Und wir stehen praktisch mit dem Problem alleine da.
Einzige Kommentare: Ja wir müssen auch springen!!

NF
 
Hallo Nachtfreak,

ich habe jetzt auch noch einige Ideen, die ich schon sowohl auf Intensiv als auch auf Allgemeinstation benutzt habe. Es kostet etwa 5 bis 10 Minuten Zeit, hat mir aber schon ruhige Nächte eingebracht, bei Patienten die entweder ständig klingeln oder schreien:

Ich mache eine Massage der Hände. Das wirkt sehr beruhigend. Ich verwende Mandelöl mit ätherischen Ölen.
Bei den Patienten habe ich beste Erfahrungen gemacht, auch wenn 5 Minuten erst mal lange erscheinen, gerechnet mit dem Laufen zur Klingel ist es wenig Zeit.
Mein Vorschlag wäre auch gewesen, die Patienten/Bewohner tagsüber gut zu beschäftigen. Ich erlebe es häufig, dass Patienten tagsüber fast nur schlafen und nachts ist dann kein Schlaf mehr angesagt.

ruhige Nächte
Narde
 
Hallo Nachtrfreak

vielleicht könntest du deinen Arbeitsplatz/-feld näher beschreiben. Es ist schon ein Unterschied, ob ich im KH oder im Altenpflegeheim arbeite. Die Problematik ist sicherlich das Team, wenn man davon bei Euch sprechen kann. Lese zwischen den Zeilen, dass dort einiges im argen liegt. Bist du dort als Dauernachtwache? Müssen die Frühdienstler auch mal die Nachtschicht machen? Für welche Tätigkeiten bist du zuständig und für wieviele Bewohner?
Wie handhaben es deine Kollegen, wenn dauernd geklingelt wird oder wird das Thema totgeschwiegen?
 
Was vergessen hab:verwirrt:

Narde: die Einreibung bzw. Massage mit Mandelöl hat ja sehr viel mit Zuwendung und Nähe zu tun. Kann mir sehr gut vorstellen, dass das angenehm ist (hätt ich auch gern) und dass es auch zur "inneren Ruhe" führen kann.

Nachtfreak: wie sieht es bei euren Bewohnern mit Ritualen zur Nacht aus?
 
Hallo
Sehr interessant so alle Statements zu hören. Ich finde es immer schade, dass die Energie in etwas rein gesteckt wird was nicht sein muss.
Wenn bei mir eine Bewohnerin 20 mal in der Nacht läutet scheint sie nicht schlafen zu können. Das gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich kann auch nicht jede Nacht gut schlafen. Diese mit irgendwelchen Schlafmittel zur Ruhe zu bringen oder eventuell eine Glocke zu entfernen, finde ich den schlechtesten Weg. VIELE demente Menschen haben wegen der strukturellen Organisation (17 Uhr Abendessen) in der Nacht Hunger. Diesen sollte man mal etwas zu Essen anbieten und einen Tee. Bei 80 % der Menschen hilft dies.
Sollte es trotzdem so weiter gehen, muss man nach den Ursachen forschen. Hat sie vielleicht den ganzen Tag geschlafen ? Dann ist es kein Wunder, dass sie nachts wach ist.
Hat sie vielleicht Schmerzen? Schmerzen verursachen oft auch eine Schlaflosigkeit. Da jetzt ein Schlafmittel zu verordnen wäre gänzlich daneben, da dem Bewohner nicht geholfen ist. Und wenn er wirklich nicht schlafen kann, dann nehme ich ihn aus dem Bett und gebe ihm eine Beschäftigung.
Manchmal weiß ich nicht wo das Problem ist.
Wenn ich 20 mal in dieses Zimmer laufen muss und mich 20 mal darüber aufrege sind das Zeiten, in der ich diesen Menschen mit herkömlichen Methoden zum Schlafen bringe. Dabei geht es mir dann gut und dem Bewohner auch.
Und wenn es mal zwei oder drei Menschen sind, umso besser. Ab in den Aufenthaltsraum. Die beschäftigen sich schon selbst, falls man sie vorher nicht schon zugepumt hat.
Einfach mal ein paar Fallbesprechungen einführen, die helfen meistens solche Situationen zu bewältigen.
Sorry wegen meiner kritischen Anmerkung, aber wer keine Lösungen finden will, findet auch keine.
Patrick
 

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