Kittelscheren als hygienische Bombe oder ungefährlich?

  • Thread starter Thread starter Salamon
  • Start date Start date
S

Salamon

Gast
Aus der internationalen Fachliteratur
Scheren als potentielle Quelle für nosokomiale Infektionen?

Aus dem Praxisalltag kennen wir die Problematik: In den Kitteltaschen des Pflegepersonals, der Ärzte und Laboranten finden sich häufig Scheren, Pflasterrollen und viele andere Utensilien. Bei diesen Gegenständen fragt man sich oft, ob sie nicht bei der Keimverschleppung eine Rolle spielen. Insbesondere die Angst, dass Scheren, Pflaster, Sucher oder Schreibutensilien die Vehikel der multi-resistenten Erreger sind, konnte bereits in anderen Studien bestätigt werden. Obwohl bis heute noch kein Nachweis erbracht werden konnte, dass Stifte, Stethoskope und andere Gegenstände Ursache für nosokomiale Infektionen waren, konnten andere Gegenstände wie Fieberthermometer durchaus mit Outbreaks von z. B.
C. difficile in Zusammenhang gebracht werden.
Embil und Mitarbeiter untersuchten in einem kanadischen Krankenhaus 232 Scheren von medizinischem Personal. Sie gingen der Frage nach, inwieweit Scheren kontaminiert waren, welche Keime sich darauf nachweisen ließen und ob die Scheren einer regelmäßigen, adäquaten Desinfektion unterzogen wurden. Untersucht wurden die Scheren mittels Abstrich. Nach dem Abstrich wurden die Scheren mit 70% Alkohol desinfiziert und zurückgegeben. Eine randomisierte Stichprobe der desinfizierten Scheren wurde unmittelbar nach Desinfektion abermals untersucht, um die Effektivität der Desinfektion zu prüfen.
Von 232 untersuchten Scheren waren 182 (78.4%) kontaminiert. Kein Wachstum ;fand sich auf 50 Scheren (21.6%).

Die Scheren unterteilten sich in 121 Scheren für den allgemeinen Gebrauch (52%), 85 Scheren von Krankenpflegepersonal (36%), 7 Scheren von Ärzten (3%) sowie Scheren diverser medizinischer Berufsgruppen.
Von den 403 isolierten Mikroorganismen waren 60% koagulase negative Staphylo-kokken, 13% Bacillus species und 7% Mikrokokken. 5% waren 5. aureus, davon kein MRSA. Daneben konnten vereinzelt einige Nosokomialerreger wie Pseudomonas species, Adnetobacter species. Enterobacter species und Enterokokken isoliert werden. Alle Stämme waren relativ sensibel gegen gängige Antibiotika, es konnten keine VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken) nachgewiesen werden. Die befragten Personen desinfizierten nur unregelmäßig ihre Scheren. 3% der Pflegepersonen und 14% der Ärzte gaben an, die Schere nach jedem Gebrauch zu desinfizieren.
89% der randomisiert untersuchten, desinfizierten Scheren waren nach Desinfektion ohne Keimwachstum.
Diskussion und Schlussfolgerung der Autoren

Die Studie bestätigt, dass Scheren eine weitere Quelle und Überträger von Mikroorganismen darstellen. In welchem Ausmaß dies zu nosokomialen Infektionen führen kann, wurde bisher nicht quantifiziert. Weitere Studien sind nötig, um die Rolle der Scheren bei Übertragungen und in Outbreaksituationen zu definieren.

Kommentar

Was wir schon immer ahnten, hat sich auch diesmal bestätigt: Scheren sind, wie viele andere Utensilien auch, Keimreser voir und -vehikel für Krankenhauskeime. In der vorliegenden Studie erstaunt die geringe Anzahl multiresistenter Erreger wie MRSA, VRE und gramnegativer Keime. In anderen Studien wurden auf Stethoskopen, auf Kugelschreibern oder Suchern viel häufiger anitbiotikaresistente Problemkeime gefunden.
Embil et al. erwähnten allerdings nicht, welche Art der Händehygiene in ihrem Krankenhaus durchgeführt wird. Wahrscheinlich korrelieren Handkolonisation und Kolonisation von Gegenständen der betreffenden Personen. Es ist wichtig, dass möglichst wenige Utensilien in den Taschen der Medizinalpersonen mitgeführt werden. Wie auch die. Autoren fordern, sollten aufbereitete Instrumente, Pflaster usw. an zentralen Orten bereitgestellt werden. Diese müssen nach jedem Gebrauch adäquat desinfiziert werden. Auf der Intensivstation unserer Klinik hängen zum Beispiel Stethoskope an jedem Patientenbett.


Quelle:Krh.-Hyg. + Inf.verh. 25 Heft 1 (2003):39

Embil JM, Zhanel GG, Plourde PJ, Hoban D.
Scissors: A potential source of nosocomial
Infection. Infect Control Hosp Epidemiol ,
23:147-151(2002).
Referiert von: Christian Conrad, Hygienebeauftragter, Master of Public Health (MPH), Kantonsspital, CH-8208 Schaffhausen.
 
gute Frage...ich versuche wenigstens was durch Desinfektion zu retten obwaohl das auch ein tropfen auf den heissen stein sein wird
 
Hi,

ich schmeiß meine Schere auch immer nach Gebrauch in Desinfektionsmittel. Das ganze macht echt nachdenklich. Vor allem, wenn man überlegt, was sich so alles in den Taschen ansammelt. Meine Kulis kann ich schlecht ins Desinfektionsmittel tun!

Gruß, Inga
 
hallo, na dann kann ich mich ja doch freuen, dass ich meine schere letzte woche auf station nach 13 jahren nun doch verloren habe. :lol:

gruß sepsi-hexi
 
So isses.
Die Stationsscheren sind zwar richtig aufbereitet (manchmal auch sterilisiert), aber nie zu finden. Die eigene Schere wiederum ist immer greifbar, dafür aber hygienisch bedenklich.
 
gut die studie ist schon nicht gerade schön, aber wir schleppen doch so viele Keime mit uns raum alleine in den haaren oder wenn man sich auf das bett von patienten setzt
ich finde unwissende mitarbeiter sind ein größer angriff die hygiene in krankenhäusern.
Wir haben z.b. viele Praktikanten die sich grndsätzlich nicht desinfizieren obwohl man es ihnen sagt dann bekommen die ne nicht so gute Beurteilung aber die Keime schleppen sie trotzdem durch die gegend. Ich bin für mehr aufklärung. :D:schraube:
 
Hallo Katana!

gut die studie ist schon nicht gerade schön, aber wir schleppen doch so viele Keime mit uns raum alleine in den haaren oder wenn man sich auf das bett von patienten setzt
Die Haare werden, sofern sie nicht kurz geschnitten sind, zusammen gebunden, und zwar so, dass sie nicht über die Schulter nach vorne fallen (Hygienevorschrift).

Und dass man sich als Pflegeperson nicht auf ein Patientenbett setzt, bekommt man ebenfalls im Einführungsblock eingebläut.

Mit Praktikanten wird es sicherlich keine Probleme geben, wenn man sich selbst vorbildlich verhält und ihnen den Sinn und Zweck der Desinfektion klar macht.

Wer sich nicht an einfachste Hygienerichtlinien halten kann, ist eine potentielle Gefahr für Pat.
Da sage ich nur: die armen, ahnungslosen Patienten!

LG
Trisha
 
Ich finde es wäre schon viel gewonnen wenn die Ärzte während den Visiten das mit den Desinfizieren mal richtig hinbekommen könnten.:angry:

Ist doch echt peinlich wenn wir (das Pflegepersonal) als fleischgewordene Desinfektionsmittelspender hinter denen her dackeln müssen, weil die studierten Herren und Damen nicht von sich aus auf die Idee kommen sich die Hände vernünftig zu desinfizieren.:knockin:

Die Lieblingsfrage meiner lehrerin lautet:
Was darf eine Krankenschwester in der Tasche haben?
Antwort: Gar nichts
begründung: Hygiene.
Aber ich bin ehrlich: ohne meine Klemme, Schere, Freßzettel und Kulis wäre ich ganz schön aufgeschmissen.
Klemmen und Schere versuch ich regelmäßig zu desinfizieren...aber das ist natürlich nicht das non plus ultra.

Das mit den Scheren und Klemmen ist schon ein Übel dem man nicht so leicht beikommen kann.
Genauso mit den Blutdruckmessgeräten....theoretisch müsste man sie nach jedem Patienten abwischen -> Stationalltag würde zum Erliegen kommen!!!
Die Stationen werden immer größer, das betreunende Personal immer kleiner....da wird die Hygiene noch mehr auf der Strecke bleiben.

Fazit: Um der Studie gerecht zu werden bräuchten wir mehr Material und geschultes Personal!!!



Gruß von Svenja (die von einem Land träumt in in denen sich die Ärzte aus eigenem Antrieb heraus die Hände desinfizieren ...*träum*)
 
Geht gar nicht

Hallo zusammen,

mal ganz ehrlich: Eine Schere hat in einer Kitteltasch überhaupt nichts zu suchen. Keime sind das eine aber was oft unterschätzt wird, ist die Verletzungsgefahr. Nicht nur die des Pat.. sondern auch deine eigene zB. beim betten ect. außerdem fallen die Dinger auch schnell ins Bett. Wobei es dann ein Hyg und verletzungstechnisches Problem geben kann. Besonders beliebt sind Kittelscheren in der Psych. besonders bei den Patienten...
 
Hallo zusammen,
hab mal ein wenig nachgeblättert: Klaas meint wahrscheinlich diesen Artikel hier.
Sachlich ist da sicher was dran, allerdings beobachte ich nicht nur im chirugischen Bereich und auch bei niedergelassenen Ärzten, dass sie gar keinen Schlips mehr tragen. Vielleicht hats da schon Lernerfolg gegeben?
Und ob die Hände wirklich von Bett-zu-Bett / Zimmerr-zu-Zimmer desinfiziert werden......
Übrigens, wenn man in dem Artikel zurückblättert, findet man auch was zur Verkeimung von Tastatur und Maus, von Spüllappen in der Küche sowie der Bakterienhochburg Kühlschrank.
 
Ich denke wir schöleppen immer Keime mit, egal ob mit Schere, Schlips, Lappen etc...die Frage ist nur wie versuchen wir das zu vermeiden bzw. einzudämmen
 
Was kostet ein Menschenleben???

...und was kostet das material, welches angeblich so teuer ist und deswegen auf Station die Hygienstandards nicht eingehalten werde???
Nachdem ich weiß, dass unser Haus praktisch von einer Flut von ORSA PAtienten heimgesucht wird, bestelle ich lieber für jedes Zimmer und wenn es sein muss für jeden Patienten ein RR-Gerät und ein Stethoskop, genauso wie Einmalmaterial (Hauben Mundschutze und Einmalkittel).
Mit den Scheren hatte ich auch so meine Probleme. Abhlfe hat eben auch eine schleichende Bestellung bewirkt!
Das bedeutete, dass ich nich auf einmal 30 Scheren bestellt habe sondern nach und nach immer mal wieder 2, 3, 4, oder auch 5 Stück!
Begründung wenn einer gefragt hat: Da war schon Rost dran und die musste mal ersetzt werden.
Fertig°!
Da fragt nachher keine Sau mehr nach!
Das gleiche kannst auch mit Blutdruckmanschetten und Stethoskopen machen, vor allem, weil die Sachen nun echt kein großes Geld mehr kosten!

Gruß
Klaus
 
Na ich will ja mal nicht hoffen das es KH gibt die bei MRSA Pat. die Geräte aus Mangel wieder mit aus den Zimmern nimmt??!!
 
Im übertragenen Sinne schon!
Wenn du bei jeder Bestellung hörst: "Muss dass denn sein, wissen sie wie teuer das ist?"
Mich beeindruckt das nicht mehr, wenn man so argumentiert, dann schick ich die HFK und die entsprechenden Ärzte hin und meist wird dann, je nach dem wer es ist der Kopf mal ein wenig gewaschen!
 
Wenn du die Geräte entsprechend aufbereitest kannst du es schon machen, aber das dauert, da ist es deutlich günstiger, neue zu bestellen.

Wir haben auch für jeden Bettplatz eine Schere und Klemme, die verbleiben ausschliesslich beim Patienten.

Wobei es immer wieder KollegInnen gibt, die gerne ihre eigene Ausrüstung mitschleppen, incl. Stehtoskop.

LG
Narde
 
Eine Schwester bei uns im Haus, die immer eine Schere einstecken hatte, hat sie sich neulich beim auf-die-Toilette-setzen in den Bauch gerammt. Hat jetzt einen Vac-Verband, die Schere scheint nicht gut desinfiziert gewesen zu sein.

Liebe Grüße
Sarah
 
@ schwestersara
deine geschichte ist unschön für deine kollegin,
doch ich finde es komisch. passt irgendwie. naja und was draus gelernt haben wird sie auch...
 
Ich finde Scheren in der Kitteltasche saupraktisch. Aber eine Keimschleuder sind sie wirklich und ich kenne leider niemand der sie nach jeder benutzung abdesinfiziert.
Das ist echt ein Problem, ich frage mich warum unser Hygienebeauftragter da noch nicht dran ist.
Schön ist immer wenn die Praktikanten beim Frühstück
jmd. nach einer Schere aus der Kitteltasche fragt, zum Milchtüten aufschneiden:rofl::rofl:
Was ich persönlich ganz schön bedenklich finde, sind diese Sterilium Handfläschchen für die Kitteltasche. Kontaminierte Hände rein in die Kitteltasche zum Fläschchen rausholen-->untendrunter liegen noch die Schreibstifte usw:schraube:
Was bei uns seit einer Woche auf Station ist: Voll desinfizierbare Tastaturen und Maus aus Gummi. Sehen schick aus, vor dem benutzen einmal drübergewischt und man hat nicht den Mist von seinem Vorgänger an den Tippfingern... Gute Sache