Hydrokortisongabe bei Sepsis?

ASF

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Düsseldorf
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Gesundheits- und Krankenpfleger, Medizinstudent
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interdisziplinäre Intensivstation
Hallo liebe Kollegen!

Habe aktuell eine Diskussion mit meinem Oberarzt gehabt und zwar ging es um einen septischen Patienten, der intubiert, beatmet und recht hochdosiert katecholaminpflichtig war, aber kein Hydrokortison bekam. Mir ist zwar bekannt, dass Hydrokortison das Outcome eines septischen Pat. nicht verbessert, aber doch zumindest Katecholamine sparen kann. So hatte ich es erst kürzlich auf einer Fortbildung gehört. Jetzt sagte mein OA allerdings, dass auch das nicht mehr aktuell sei...

Wie sind eure Informationen oder besser praktischen Erfahrungen dazu?

Freue mich auf eure Antworten!
 
hey...also ich arbeite seit ca. 4Monaten auf ner anästhesiologischen ITS und bei uns bekommt fast jeder der mit seinen katecholaminen steigt hydrocortison dazu...egal ob jetzt septisch oder nicht...und bei fast jedem führt das auch langsam zum erfolg...also scheint es doch noch üblich zu sein...

LG
 
Nabend, wir gehen auch nicht mehr mit Hydrocortison in der Sepsistherapie rein. Allerdings bekommen unsere Katecholaminpflichtigen Patienten bei steigendem Bedarf auch nach 24-36h Hydrocortison !

Grüßle
 
Wir geben auch bei steigendem Katecholaminbedarf Hydrocortison. Die meisten unserer Pat. sind auch septisch.
Wobei meines Wissens nach die Wirksamkeit von Hydrocortison schon immer umstritten ist...:streit:
 
Zum Nachlesen in den Guidelines der Deutschen Gesellschaft für Sepsis (S. 18, Abs.: "Adjunktige Therapie - Glukokortikosteroide"):


Hoch dosierte Kortikoide sollten in der Therapie der schweren Sepsis oder des septischen Schocks nicht Verwendung finden.
→ Empfehlung Grad A

Niedrig dosiertes Hydrokortison in einer Dosierung von 200 – 300 mg/Tag soll innerhalb von 24 Stunden Patienten mit septischem Schock verabreicht werden, die trotz ausreichender Volumentherapie Vasopressoren erhalten, um einen adäquaten Blutdruck aufrechtzuerhalten.
→ Empfehlung Grad C

Eine low-dose-Hydrokortison-Therapie (200-300 mg/Tag) bei Patienten mit Sepsis oder schwerer Sepsis d.h. ohne Vorliegen eines vasopressorpflichtigen Schocks kann nicht empfohlen werden.
→ Empfehlung Grad E


Bei uns erhalten Patienten im septischen Schock 300mg Hydrocortison als Dauerinfusion.
 
Ändert nichts an dieser Aussage:

Im Rahmen der CORTICUS-Studiengruppe formierte sich dann mit Förderung der EU-Kommission eine internationale Gruppe von Intensivmedizinern. Ziel der Multicenterstudie war die Untersuchung, ob alle Patienten mit septischem Schock von der Hydrocortisontherapie profitieren. "Wir konnten tatsächlich erneut nachweisen, dass das Kreislaufversagen des septischen Schocks mit Hilfe dieser Substanz schneller zu beheben ist", erklärt Briegel. "Dieses positive Ergebnis hat aber keinen Einfluss auf die Überlebensrate der Patienten. Lediglich Patienten mit einer besonders schweren Form des septischen Schocks überleben mit Hydrocortison häufiger. Das Ergebnis unserer Studie wird also zu einer restriktiveren Handhabung dieser Hormonersatztherapie bei Intensivpatienten führen müssen", so der Wissenschaftler abschließend.

Es dürfte unbestritten sein, dass eine HC-Therapie bei einem leichten septischen Verlauf obsolet ist, aber, wie o.g. Studie zeigt, gibt es dennoch Einsatzgebiete.
 
Selbst in der Leitlinie der Surviving Sepsis Campaign stehen noch die Empfehlungen drin. Man schaue sich bitte aber die unterschiedlichen Grade der jeweiligen Empfehlung an.

Die Empfehlungen gehen zurück auf eine kleine Multicenterstudie (299 Pat.) in der Patienten bei denen ein negativer Cortikotropintest vorlag und die mit 200mg Hydrocortison/d behandelt worden sind, einen Überlebensvorteil von 30% hatten.

Eine Kortisolbestimmung vor Einleitung der Therapie wird heute aber schon nicht mehr empfohlen.


Die CORTICUS-Studie sollte weitere Antworten und Empfehlungen bzgl. Hydrocortison zu finden.

Doch auch hier konnte keine Überlegenheit der Kortisontherapie gezeigt werden.

Hydrocortisone therapy for patients with septic sh...[N Engl J Med. 2008] - PubMed Result

Gruß
 
Ups habe einfachzu lange gebraucht um meinen Text ein zu tippen ;)

Vielleicht sollten wir einfach festhalten was "der Matze" geschrieben hat.

Wenn wir ehrlich sind, wir machen so viele Dinge in der Intensivtherapie, wir in der Pädiatrie evtl noch viel mehr, die NICHT Evidence based sind.

Schönen Tag noch
 
Danke für eure vielen Antworten. Insbesondere die Informationen von "der Matze" war aufschlussreich.