Einsam fühlen im Alter obwohl integriert in Familie?

espoir

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02.03.2007
Beiträge
224
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
Krankenhaus
Hallo,

hoffe ich bin einigermaßen richtig mit meiner Frage, wenn nicht bitte schieben, weiß sonst nicht recht, wo die Thematik unterzubringen.
Einsamkeit ist ja an sich keine Erkrankung, vllt erstmal zu meinem Anliegen:

Ich arbeite in einem ambulanten Pflegedienst. Oft ist mir bei älteren Menschen, ab ca 80 Jahren aufgefallen, dass sie sich einsam fühlen. Ist soweit nachvollziehbar, wenn sie alleine wohnen, Ehepartner verstorben und keine Angehörigen da sind. Allerdings habe ich auch Patienten, welche zusammen mit ihren Kindern und Enkelkindern wohnen, diese die Mutter/Oma auch versorgen, tgl präsent sind, viele Dinge für sie erledigen, mit den Patienten gemeinsam essen, die Sozialstation 2-3 mal tgl vorbeikommt, und die Patienten dennoch sagen, sie sind immer allein.
Okay, meist sind Ehepartner vor Jahren verstorben, Enkelkinder gehen vormittags in die Schule, Kinder gehen halbtags arbeiten, Freunde werden weniger aufgrund Todesfälle im Alter, dennoch ist immer jemand um diese Patienten herum, sind für diese da, lassen sie an ihrem Leben teil haben.
Warum sagen diese Patienten dann oft zu mir , dass sie immer allein sind ? Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für Demenz oder Alzheimer oder Depressionen, weder Diagnose und Eindruck Hausarzt, noch mein Eindruck.
Würde die entsprechenden Patienten gerne verstehen, ihnen Hilfsangebote unterbreiten, weil es fast unglaublich ist für mich, sich derart einsam und allein zu fühlen, wie diese Patienten es mir sagen, obwohl sie zu 100 % in Familie integriert und eingebettet sind, die Familie sich rührend kümmert.

Danke und einen schönen Abend
 
Sie sind einsam, weil sie nicht mehr mitkommen und es merken.
Sie merken, das Rücksicht genommen wird, das man sich kümmert. Das ist, glaube ich, schwer auszuhalten, wenn man vorher den Takt angegeben hat.
Viel findet ohne sie statt, weil die übrige Familie ein eigenes Leben hat, an dem sie nur mittelbar teilnehmen können.
Und mit der Aussicht, das es nur noch schlechter werden kann, ist schwer umzugehen.
 
Schön gesagt!


Sie nehmen einfach eine andere Rolle an, müssen sie annehmen - und sind in dieser Position einsam. Derjenige, der sie mit ihnen teilen könnte, wäre der Partner. Der ist weg.

Andere sind zwar auch Familie, gehen aber inzwischen anders mit einem um.

Außerdem kommt ggf auch, wenn auch nicht gleich Demenz, so doch ein wenig Senilität im Alter dazu. Macht die Situation nicht unbedingt angenehmer und grenzt aus...
 
Manchmal werden sie ja erst aufgrund ihrer wachsenden Bedürftigkeit wieder in die Familie geholt- dort fühlen sie sich dann aber nicht wirklich zu Hause...
 
Guten Morgen,

vielen Dank für Eure Antworten !
Es ist mal ein anderer Blickwinkel, was Ihr geschrieben habt. Eigentlich logisch :)
Integriert kann man in *viele Familien und Gruppen* sein, aber vllt fehlt auch die gleiche Wellenlänge, das was eben ein Partner sehen würde bzw Gleichaltrige. Ein 80-jähriger hat andere Bedürfnisse und Ansichten und inneres Erleben als Kinder und Enkelkinder.
Eigentlich schade dann, dass sich die Familie um den Patienten dann soviel Mühe geben kann, wie sie wollen und dennoch immer etwas fehlen wird. Müsste man anders kompensieren, mit Seniorennachmittagen oder dergleichen. Ist auch eine Frage dann der Motivation, viele in dem Alter haben vllt auch angst in eine Gruppe zu kommen *hab ja nichts zu erzählen, bin nicht der große Redner* etc. Aber es wäre eine Möglichkeit.

Den Ansatz der Verschiebung der eigenen Rolle fand ich interessant. Logo hat man im Alter eine andere Rolle, wird nicht mehr zu allen Entscheidungen gefragt. Man bekommt vllt noch alles erzählt, aber eben erzählt und nicht gefragt.
Psychologie des Alters...da gibts doch bestimmt auch Bücher, muss mal die Suchmaschine bemühen :)

Danke Euch !
 
meiner Schwiegermutter geht es nicht anders.
Sie wohnt in der Einliegerwohnung im Haus ihrer Tochter. Meine Schwägerin und mein Schwager kümmern sich wirklich liebevoll um sie. Alle Naselang sind die bei ihr, unterhalten sich mit ihr, fahren mit ihr oder für sie zum Einkaufen, usw.

Und dennoch, wenn ich auftauche kriege ich auch ständig nur zu hören, es kümmert sich keiner.
Obwohl ich nicht gerade oft komme, kümmere ich mich ihrer Meinung nach viel mehr um sie wie die Tochter.

Unternehmungen sind für meine Schwiegermutter problematisch weil sie fast blind ist.
Als vor vielen Jahren ihr Mann krank wurde hat sie sich benommen als ob sie bestraft wurde. Als ihr Mann starb fühlte sie sich bestraft.

Jeder Schicksalsschlag ist ihrer Meinung nach nur passiert, um ihr das Leben schwer zu machen.

Sie ist keinem Trost oder gutem Wort zugänglich.
Meiner Meinung nach ist bei ihr ein erhebliches Maß an Altersstarrsinn vorhandén und ich bin der Meinung das ein Psychologe hier dringend erforderlich wäre. Aber damit beisse ich auf Granit.

eure
silverlady
 

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