Dilemma Berufseinstieg?

Garuda4711

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Hallo, ich wollte mal die Meinung von anderen Leuten hören, ob es beim Berufseinstieg Probleme gab? Seit ca. 2,5 Monaten habe ich das Examen in der Tasche und habe echt Angst in den Beruf einzusteigen. Bin arbeitslos gemeldet und drücke mich nur rum. Vorher habe ich handwerklich/gewerblich gearbeitet. Die Ausbildung zum Gesundheits - und Krankenpfleger wurde in 3 Jahren durchgezogen. Gelernt habe ich in einem Haus der Maximalversorgung.

Die Ausbildung (andere müssten sich wiedererkennen) war negativ. Der Schulunterricht war für mich kontraproduktiv. Auf Station habe ich oft alleine vor mich hin gewurschtelt. Die Methode Versuch und Irrtum. Die Quote der Praxisanleitungen bewegte sich bei mir und anderen im unteren Bereich, obwohl da schon nach oben geschummelt worden ist. Einen guten Teil der Ausbildung ist man nicht auf Station sondern z.b ambulant unterwegs. Der Alltag auf Station war sehr oft von Routineaufgaben, Botengänge usw. geprägt. Oft war nur eine examinierte Pflegekraft auf der Station eingesetzt der Rest Schüler, FSJ, Praktikanten, da ist es auch verständlich wenn niemand Zeit für einen hat, beziehungsweise wenn die Pflegekraft selbst am heulen ist. Ich habe mich während der Ausbildung dem System angepasst, es war mein Strohhalm an dem ich mich geklammert habe und habe es immer allen recht machen wollen.

Die Prüfungsstation, dort war die Situation nicht besser für mich, da sollte irgendwann mal, sprich ich anfangen zu arbeiten wie jemand examiniertes. Ich lasse das allgemeine Chaos im KH und auf besagter Station mal weg und richte den Fokus nur auf mich. Es taten sich folgende Probleme auf. Ich habe oft den Überblick verloren, zeitlich bin ich kaum hinterher gekommen. Die Absprachen zwischen den Berufsgruppen war gleich null. Anordnungen ausarbeiten war Horror, weil ich einfach die Schrift nicht lesen konnte, die Anordnungen kamen auch irgendwann am Ende der Schicht kurz vor der Übergabe rein. Ein und Ausfuhrprotokolle waren nicht gut geführt weil irgendein Helferlein was hingestellt und abgeräumt hat, ohne ein-zutragen oder sich daran zu erinnern was der Patient konsumiert hat. Medikamenten stellen dauerte bei mir eine Ewigkeit und ist mit kleineren Fehlern behaftet auch weil die Patienten-akte total unübersichtlich konzipiert ist. Im Außeneinsatz gab es die elektronische Patienten-akte und auf der Intensiv da hatten die ein anderes Konzept, damit kam ich gut klar. Ich konnte Zusammenhänge hinsichtlich der Krankheit und der medizinischen Therapie nicht beantworten. Das die Stationsschwester auch nicht wusste warum z.b Patient XY verlegt wird machte mich auch nicht glücklicher. Die Mängel der Ausbildung und meiner Person traten kurz vor dem Examen brutal zum Vorschein.

Das Fazit seitens der hauptberuflichen PA war, das mir bescheinigt wurde das die Kompetenz nur in Ansätzen vorhanden ist. Die Schule mit allen ihren Lehrern war für mich während der ganzen Zeit auch keine Hilfe, ich war Einzelkämpfer. Trotz alldem habe ich das Examen geschafft. Ich bin auch sehr froh das es vorbei ist, da Konflikte sozialer Natur (Schule) nun ein Ende haben. Es gab einzelne Tage, da hab ich mir wegen dem Stress Alkohol und Zigaretten gekauft beziehungsweise ich habe ein Alltagsverhalten an den Tag gelegt das ich von mir nicht kannte.

Das Problem am Ende ist das mein Selbstbewusstsein, es war nie besonders hoch, komplett hinüber ist. Ich habe Angst vor dem Berufseinstieg ins KH. Es sind viele Stellen frei habe aber totale Panik den Anforderungen nicht gerecht zu werden. Ich habe das Examen, man erwartet von mir das ich alles im Griff habe ist es denn nicht so! Als Schüler habe ich oft erlebt das ich dem PP egal war. Wie ist es wenn ich als Mitarbeiter neu anfange, man ist ja gerade in der Einarbeitungsphase von dem Stammpersonal abhängig.

Wie habt Ihr die Phase erlebt und überwunden?
 
welche fachbereiche haben dir denn noch am meisten zugesagt? oder anders herum gefragt: wo siehst du denn am ehesten eine chance fussfassen zu können?
 
Hallo Garuda,
woher resultiert deine Angst, alles wissen zu müssen, nur weil man examiniert ist?
Was während der Ausbildung schief lief, kannst du nun nicht mehr ändern. Aber sich daran mit negativen Gedanken festzusetzen bringt dich nicht weiter, wie du inzwischen selber bemerkt hast.
Eigentlich beginnt nach den Examen das Lernen und Festigen seines bisher erworbenen Wissens.
Während der Einarbeitung erwartet niemand von dir, sofort alles zu beherrschen, dafür sind die Aufgabenbereiche auf den jeweiligen Stationen und die dortigen Abläufe viel zu different. Station "A" lässt sich nicht mit Station "B" vergleichen. Jedes Krankenhaus hat individuelle Standards nach denen dort gearbeitet wird. Und das muss jeder erstmal lernen, wenn er neu irgendwo hinkommt - egal wie viele Berufsjahre man schon hinter sich gebracht hat.

Bei mir im OP dauert die Einarbeitungszeit (wie fast überall) 6 Monate. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Mitarbeiter danach alles können müssen. Selbst wenn erfahrene Mitarbeiter neu ins Team kommen, verlangt keiner, dass sie sofort alles können. Natürlich wird Basiswissen für das Arbeiten im OP erwartet, aber mehr auch nicht.
Es gibt einen Leitfaden an die Hand und jede Menge Material zum Nachschauen und Dazulernen. Erfahrene Praxisanleiter stehen jedem neuen Mitarbeiter zur Seite.

Also, setz dich nicht unter Druck, sondern such dir ein Gebiet, welches dich interessiert und dann leg los - bevor noch mehr Zeit vergeht!
Wofür hast denn sonst die 3 Jahre Lehrzeit hinter dich gebracht?

LG opjutti
 
Fragen wir doch mal anders. Was meinst du, beherrscht du? Fang mit dem Einfachsten an und überlege erst dann, was es noch an Zusatzqualis gibt.

Elisabeth
 
Am besten hat es mir noch in der Psychiatrie gefallen. Klar gab es dort mal Extreme aber wenigstens gab es dort im Team auch Rückhalt. Ich habe mich jetzt bei einer Zeitarbeitsfirma beworben mit dem Hintergedanken das ich unverbindlich mal in das eine oder andere Krankenhaus reinschnuppern kann um zu sehen wie das Klima ist.

Eine Ausbildung 3 Jahre zu machen und dann wegzuschmeißen ohne es wenigstens einmal versucht zu haben finde ich auch schade.
 
Aus Langeweile wieder hier, nach Jahren der Abwesenheit aus sämtlichen Pflegeforen, will ich nun wieder meinen Senf dazugeben. :lol:

Erste Frage: Willst du überhaupt arbeiten oder doch noch etwas Zuhause chillen bis dir eine Stelle zufliegt?

Zweite Frage: Leihfirmen halte ich für Neulinge in der Pflege doch etwas gewagt, du kommst in Einrichtungen aller Art und hast 0 Erfahrung. Ich kenne kaum Einrichtungen, wo diese Leute explizit eingeschult werden... im Gegenteil, die werden ausgetauscht wenn am selben Tag etwas nicht passt.

Wenn du dir soviel Gedanken machst über das Versagen, musst du an deiner Grundeinstellung etwas ändern... keiner auf einer 0815 Internen wird verlangen, dass du am Probetag oder in der Probezeit, die Station aus dem Effeff schmeißt...

Da würde ich mir als Stationspfleger, wenn ich weiß der kommt gerade von der Ausbildung, noch mehr Sorgen machen...
Dann wird für mich klar, mit dem kann etwas nicht stimmen und der überspielt etwas...

Ich kann mir ebenfalls nicht vorstellen das jemand... egal welche Berufsgruppe... beschwerdefrei in den Pflegebereich eingestiegen ist.

Ich persönlich kann dir auch nur empfehlen etwas zu suchen, wo du in einem größeren Team arbeitest mit vielen Berufsgruppen, da man dort meiner Meinung nach sich am besten alles anschauen kann und immer irgendjemand da ist, der Tipps geben kann...

Psychiatrie ist auch ein toller Bereich, der Rückhalt ergibt sich aber durch das zu betreuende Clientel... für den Anfang aber sehr Heavy... Du hast täglich mit Juristen und Polizisten zu tun... Schnellrichter, Sachwalter und Patientenanwälte... Ohne Rückhalt und Zusammenhalt ist ein Team in diesem Bereich nichts und da reinzukommen ist ebenfalls schwer...

Damit will ich sagen, wenn man schon solche Ängste hat, sollte man sich nicht gleich in einen festfahren...

Ich wünsch dir mal viel Glück, denke nicht zuviel nach und lass es auf dich zukommen...

LG
 
Den Ansatz mit der Zeitarbeitsfirma finde ich persönlich nicht schlecht. Wir arbeiten mit einigen Firmen zusammen und haben bis jetzt ausschliesslich nur positive Erfahrungen gemacht was die Kollegen betrifft.
Alle Mitarbeiter der Leihfirmen werden bei uns in den Basics geschult und ich habe auch noch nicht erlebt dass sie einfach so ausgetauscht werden zumal ja auch da der Markt seeehr übersichtlich ist. Von der anderen Seite kann man über den Weg auch Langfristig Mitarbeiter gewinnen.
Auch als frisch examinierter finde ich es okay. Da kann man mal schauen wie so die Grundstimmung im KH ist. Ansonsten höre dich doch mal in deinem Bekanntenkreis um vielleicht gibt's da Empfehlungen für bestimmte KH.
Wie dem auch sei, keiner wird dir den Kopf abreissen wenn du was auf anhieb nicht gebacken bekommst. Letztendlich liegts ja am Einarbeitungskonzept der Station/Klinik.

Nur Mut das wird schon...
 
@Garuda4711

ich gratuliere dir dazu den ersten schritt gewagt zu haben ! sehr gut ! auch wenn bedenken, so wie beispielsweise von Fortistroll formuliert, durchaus ihre berechtigung haben, ist es meiner meinung nach besser, etwas zu wagen um gewinnen zu können, als weiterhin in lethargie zu verweilen und garantiert " verlieren "
Möglicherweise wirst du scheitern, was dein ängstliche haltung in ihrer negativtät noch verstärken kann, aber du hast die chance über diech hinauszuwachsen !
frei nach dem motto: ein " ja " kannst du bekommen, ein " nein " hast du schon !
im bezug auf mögliches scheitern ist die idee mit der zeitarbeitsfirma ja auch nicht so schlecht, denn sollte es auf einer station mal nicht klappen, so hast du die unkomplizierte möglichkeit bals irgenwo anders hinzu kommen und wieder frisch durchzustarten !

ich zum beispiel bin sofort nach der ausbildung nach norwegen ausgewandert: ohne kenntnisse der arbeiskultur, ohne irgendwelche leute überhaupt dort zu kennen, ohne ausreichende sprachkenntnisse, ohne ausreichend berufserfahrung in der psychiatrie generell zu haben... ja, ich musst mich durchbeissen und es war nicht immer leicht, aber es hat sich gelohnt !
 
Hey Garuda,

ich kann dich sehr gut verstehen. Ich bin in einer ähnlichen Situation wie du, denke sogar das wir zur selben Zeit das Examen gemacht habe. Bei mir war es leistungsmäßig aber das andere Extrem: War immer Kursbester und habe das Examen mit dreimal 1 (also 1,0) abgeschlossen. Aber anstatt mich total zu freuen oder abzuheben war ich der einzige aus dem Kurs der keine Stelle nach der Ausbildung hatte und zwar BEWUSST. Ich habe einfach Angst vor meiner neuen Rolle als examinierter Krankenpfleger. Vor der Verantwortung und davor, meinen Leistungen nicht zu entsprechen bzw. zu versagen. In der letzten Etappe meiner Ausbildung habe ich allerdings schon sehr gut eigenständig gearbeitet und wurde ständig gelobt, das unterscheidet unseren Werdegang vielleicht etwas. Aber freuen konnte ich mich nie. Ich denke bei uns beiden liegt es einfach am mangelnden Selbstbewusstsein, weiß der Teufel warum das bei uns so ist.

Aber ich kann dir nur einen Rat geben und dir Mut zusprechen. Mach es so wie ich: Ich habe mich im letzten Monat auf einer "Normalstation" in einem völlig fremden Haus beworben und fange nun tatsächlich Montag dort an. Du kannst mir glauben das ich total die Angst habe, obwohl ich mich bereits auf der Station vorgestellt habe und sofort das Gefühl hatte "das ist es!". Ich habe nämlich für mich entschlossen jetzt einfach Mut zu fassen und in den Beruf einzusteigen. Falls man doch nicht klar kommt, kann man im Zweifel jeder Zeit wechseln und gehen. Aber am Ende werden wir uns sicherlich einleben.

Mit tut es sehr leid das deine Ausbildung nicht so rosig verlaufen ist aber obwohl ich immer augenscheinlich ein guter Schüler war, hat mir das nie etwas bedeutet da ich mir selber misstraut habe. Als ich neulich beim Verkünden der Prüfungsergebnisse als letztes aufgerufen wurde und mir vor allen gesagt wurde das ich ne Gesamtnote von 1,0 habe konnte ich das nicht galauben und ich habe mich geschämt. Das ist doch wirklich seltsam, aber das entspricht meiner Persönlichkeit. Was ich im Endeffekt damit sagen möchte: Noten, egal ob gut oder schlecht, sagen nichts darüber aus ob du ein guter Krankenpfleger bist. Reiß dich zusammen, bewerbe dich in einem Krankenhaus und geh die Sache an. Wenn Kritik kommt, nimm sie an oder rechtfertige dich wenn du meinst sie ist unbegründet. Im Gegensatz zum Schülerdasein hat das Examiniertenleben auch einige Vorteile möchte ich meinen. Z.b können wir die Arbeit etwas mehr so gestalten wie WIR es uns vorstellen.

Warte nicht länger, sonst wird der Einstieg noch schwerer!

Ich wünsche dir alles Gute.

PS: Hast du dich schon beworben oder arbeitest du mittlerweile bereits?
 
@ Garuda4711
so, nun sind fast zwei monate nach dem eingangsthread vergangen... was hat sich getan ?