Diagnose: "Versorgungsproblem"

Schwester Andy

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hallo ihr lieben,

ich bin gerade auf der inneren, auf der ich in zwei wochen auch mein examen mache :mrgreen:, nun zum thema:
mir ist aufgefallen, dass immer in der ferienzeit oder allgemein zum sommerurlaubsbeginn unsere station hauptsächlich aus dementen patienten besteht, die eigentlich wegen "kleinigkeiten" aufgenommen sind.

Manchmal sagen die Angehörigen auch offen und ehrlich, dass es sich um ein versorgungsproblem handelt und sie halt omi oder opi mal ne woche im kkh versorgen lassen möchten :eek1:, weil in der kurzzeitpflege nichtsmehr frei war oder es schlichtweg verpennt wurde, sich um die versorgung zu kümmern.

versteht mich bitte nicht falsch, soll hier nix negatives gegen demente menschen oder überforderte angehörige sein,aber mir ist das problem nunmal aufgefallen.

jetzt meine frage: wie sieht das bei euch aus? wie geht der stationsarzt damit um?

freue mich auf eure antworten
 
Hallo

Zu Weihnachten haben wir dieses Phänomen auch desöfteren. Die Feiertage verbringt man dann noch mit dem Pflegebedürftigen, aber dann wollen einige in Urlaub und schicken Oma dann ins Krankenhaus.
Da wir selber mal eine Großtante bei uns zu Hause versorgt haben kann ich das ansatzweise nachvollziehen.

Allerdings übersehen viele, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt. Kurzzeitpflegeplätze zum Beispiel. Da dies aber nicht jeder gezahlt bekommt ist die Einweisung ins Krankenhaus die günstigere Alternative. Oder sie kümmern sich, wie schon gesagt, nicht rechtzeitig oder aus Mangel Engagement darum.

Unsere halbe Ärzteschaft spielt da aber mit. Einige, weil sie Mitleid haben, andere, weil sie nicht checken, dass die Angehörigen nur mal Zeit für sich brauchen.
 
ja,
bei uns ist das mit den ärzten auch so. vorallem wenn dann der patient über die notaufnahme mit "synkope" kommt, kann man nicht einfach sagen: nö, wird nicht abgeklärt.:knockin:
 
*grübel* Wie teuer ist die Kurzzeitpflege im Gegensatz zum Krankenhaus?

Elisabeth
 
Hallo

Wenn man selbst zahlen muss, ist die KZP auf jeden Fall teurer.

Willst du eine Zahl hören, oder wolltest du mit der Frage nur deutlich machen, dass eine KH-Behandlung im Endeffekt viel teurer ist?
 
Gibt es da eine Möglichkeit der kostenlosen Kurzzeitpflege?

Elisabeth
 
Hallo

Möglichkeit und Anspruch auf Zuzahlung gibt es nur, wenn der Betroffenen bereits eine Pflegestufe besitzt. Andernfalls müssen die Angehörigen die vollen Kosten alleine tragen.
Möglichkeiten einer kostenlosen Kurzzeitpflege ohne Pflegestufe kenne ich nicht und habe dazu im Internet auch nichts gefunden.

Hier mal die Preisliste einer Kurzzeitpflegeeinrichtung.

Viele scheuen leider schon den Aufwand sich mit diversen Anträgen bezüglich Pflegestufe, Sachleistungen, etc auseinander zu setzen. Und so wird aus der KZP leider auch nichts, wenn man nicht gerade im Geld schwimmt.
 
Hallo zusammen :),
wir leben aber leider auch in einer Zeit in der "das Nehmen größer als das Geben" ist. Ich glaube nicht, dass es allein daran liegt das die Angehörigen Fragebögen und Anträge ausfüllen müssen. In sehr vielen Fällen lässt die häusliche Pflege durch Angehörige (auch emotional ) doch sehr zu wünschen übrig. Leider.
Nachdenkliche Grüße von Sunny
 
Hallöle!

Es ist definitiv so, dass die Krankenhäuser gerade zu Feiertagen und Ferien mit geriatrischen Patienten überschwemmt werden. Nicht nur aus der häusl. Pflege, auch aus diversen Altenheimen.
Man wird ja ab nem gewissen Alter auch immer etwas finden, was man dann behandeln kann. Und sei es meine Lieblingserkrankung "AZ- Verschlechterung".
Wir haben inzwischen ein "Entlassungsmanagement", das in solchen Fällen gerne sofort bei Aufnahme eingeschaltet wird. Dabei wird die häusliche Versorgung hinterfragt und optimiert. Gespräche mit Angehörigen zählen dazu, Organisation von Hilfsmitteln oder Pflegediensten etc. In Interaktion mit unserem Sozialdienst wird alles getan, um keine weiteren Versorgunsprobleme nach Entlassung entstehen zu lassen.
Dadurch verkürzt sich die Aufenthaltsdauer extrem. Ich persönlich finde es sehr positiv.

Lieben Gruß
 
hallo silvana,

sowas gibt es bei uns im haus auch. einmal eine pflegeüberleitung, die allen papierkram organisiert und kontakt zu sozialdiensten, sanitätshäuser etc herstellt und einmal jeweils einen sogenannten "case-manager" aus der pflege, der dazu da ist, um zu erkennen welcher patient ein kandidat für die PÜ ist, und alles in die wege zu leiten und auch mit organisation die aufenthaltsdauer verkürzt. :up:

bin sehr froh, dass wir sowas haben
 
Hallo!

Dieses Problem kenn ich nicht nur von älteren Patienten, sondern auch gerne mal bei behinderten Kindern. Als ich angefangen habe, gab's auch immer mal wieder Kinder, die das WE im Krankenhaus verbracht haben, weil Mama und Papa bissi Party machen wollten. Die Familien sind aber in der Zwischenzeit einschlägig bekannt und haben sich das abgewöhnt (oder die Kinder sind alt genug um sie alleine zuhause zu lassen :cry:)

VG junni
 
Das Problem würde schnell vom Tisch sein, wenn man den Angehörigen diese Leistungen in Rechnung stellen würde.
Funzt aber nicht. Denn es ist für nicht wenige Häuser offensichtlich lukrativer, eine kostenarme "Kurzzeitpflege" anzubieten und bei der Kasse als kostenintensive notwendige Behandlung abzurechnen.

Solange das System dies zuläßt, ist eine Änderung der Situation eher unwahsrcheinlich. Schließlich profitieren alle Beteiligten davon... nur die Solidargemeinschaft der Kasssenbeiträge zahlenden Mitbürger wird ein bischen ausgenommen. Da der Mitbürger um solche Sachen nichts weiß, ists ihm letztendlich auch egal.

Elisabeth
 
"Soziale Indikation" ist auch bei uns ein gehäufter Einweisungsgrund.. gekoppelt mir AZ Verschlechterung und Exsiccose wirdn dann auch ein 90 jähriger Mensch noch durch die Mühlen der Apparate Diagnostik geschleust.. bringt ja alles Geld und durch "Zufall" gefundene Erkrankungen rechtfertigen dann ja auch die Weiterbehandlung
Und ne Reha kann man dann auch noch beantragen und dann den Sozialdienst mit involvieren damit anschließemnd eine Versorgung in Kurzzeitpflege und/oder Heimaufenthalt gewährleistet ist..
Ob dann die Person aus der Pflegeeinrichtung nach 2-3 Wochen wieder da ist mit der beliebten Diagnose > V.a. Aspirationspneumonie mit AZ Verschlechterung < ist dann ein anderer Schuh...
Aber auch die Diagnose Aspirationspneumonie nimmt aus diversen Pflegeeinrichtungen gehäuft zu ..auch zu Ferienzeiten !!
 
das alles kommt mir sehr bekannt vor. ich erlebe es quasi jedes jahr auf unseren station. urlaubszeit oder eben weihnachten. wo oma's sessel steht, muss jetzt der tannenbaum hin. ist echt ein trauerspiel.
az- verschlechterung, oder immobilität lautet die diagnose!

junni,
das man die eigenen kinder abschiebt, kaum zu fassen:-(
 
oder immobilität lautet die diagnose!

junni,
das man die eigenen kinder abschiebt, kaum zu fassen:-(


vielleicht hab ich das falsch verstanden,aber immobilität als aufnahmediagnose?
oder pötzlich "immobil gewordene" pat. werden aufgenommen,um zu klären weshalb plötzlich das möbilität weg is?

liebe grüße
 
vielleicht hab ich das falsch verstanden,aber immobilität als aufnahmediagnose?
oder pötzlich "immobil gewordene" pat. werden aufgenommen,um zu klären weshalb plötzlich das möbilität weg is?

liebe grüße
ja, du hast es richtig verstanden wg. immobilität. es ist einfach ein versorgungsproblem, und die angehörigen kommen alleine nicht mehr klar.
 
@lillifee- hast du schon mal überlegt, wie es Angehörigen gehen mag, die 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 12 Monate im Jahr und das über viele Jahre einen schwerst Pflegebedürftigen versorgen?

Es geht hier um die Unfähigkeit von Angehörigen sich eine zeitweise Freistellung von der einzugestehen. Viele schaffen es offenbar nur, wenn sie den Angehörigen als krank ins KH geben.
Dem Rest ist sicher bekannt, dass man eine Kurzzeitpflege in Anspruch nehemn kann. Aber in einem Land, in dem der Geiz geil ist, betrifft diese Einstellung natürlich auch den Pflegbereich.

Ich erinnere mich an einen älteren Herrn, der uns zwischen Weihnachten und Neujahr auf die Station gebracht wurde als angeblich Bewußtseinsgestörter. Es stellst sich heraus, dass er von den Enkeln versorgt wurde, die noch nie eine Beratung über den Umgang mit Demenz, Inkontinenz usw. gehabt haben. Den Pat. sah bis dahin nur der Hausarzt. Und diese sah offensichtlich keinen Handlungsbedarf. Die Enkel waren total überfordert mit der Situation.

Ich erinner mich an eine Familie die an der Pflege des schwerbehinderten Kindes zerbrach. Sie hatten mit viel Engagement ihr Schicksla annehmen wollen... aber sie haben es nicht geschafft.

Wenn wir die Entwicklung das Angehörige ihre Pat. zur Kurzzeitpflege als verwerflich ansehen, so gehören dazu zwei Seiten: Angebot und Nachfrage. Und offensichtlich hat die Politik verpasst hier eindeutige Vorgaben zu machen.

Wie steht das eigentlich mit kurzfristigen (von einem Tag zum anderen) Kurzzeitpflegeplätzen?

Elisabeth
 
Elisabeth, ich habe großen Respekt vor jedem, der seine Angehörigen zu Hause versorgt. Das ist aber kein Argument dafür, sie statt einer geplanten Kurzzeitpflege unter einem Vorwand ins Krankenhaus zu stecken.

Zumindest in dicht besiedelten Regionen gibt es meist genügend Kurzzeitpflegeplätze, Tagesstätten oder ambulante Pflegedienste, die die Angehörigen zumindest zeitweise entlasten können (und auch Beratungsstellen, bei denen man sich Hilfe holen kann).

Ein Teil der Angehörigen benötigt sicherlich auch jemanden, der sich um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen Gedanken macht und dabei hilft, dass sie ihren Freiraum haben können. Ein anderer Teil jedoch macht es sich wirklich nur einfach und billig und fährt Oma unter einem Vorwand in die Notaufnahme, weil in drei Stunden der Flieger nach Mallorca geht.

Kurzfristige Kurzzeitpflegeplätze gibt es (einige unserer Patienten gehen vom KH direkt dorthin, ohne lange Vorlaufzeit), aber gerade in den Ferien können die Plätze rar werden. Du kannst mir aber nicht erzählen, dass alle, die ihre Leute ins KH abschieben, Last-Minute-Urlauber sind. Man kann sowas planen - und ich kenne auch Leute, die das sehr gut hinkriegen.
 
Vielleicht liegt der kostenlose Weg ins KH näher als der kostenbehaftete in die Kurzzeitpflege? Wenn man jemanden pflegt, dann muss man mit finanziellen Einbussen rechnen.

Wie zügig ich einen Kurzzeitpflegeplatz brauche? Und warum es gerade an Weihnachten immer wieder zum "Abschieben" kommt.

Weihnachten- das Fest der Harmonie- nur leider wird aus diesen hohen Ansprüchen oft nichts. Und da kann schon eine Einschränkung der Flexibiltät den Zündfunken bringen.

Ich fands ehedem auch net gut, wenn die Betroffenen abgeschoben wurden. Aber ich glaube, dass nur ein ganz geringer Prozentsatz der Angehörigen herzlos ist. Weil: 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 12 Monate im Jahr und das über viele jahre. Wir können eigentlich die Leistung dieser Menschen nicht ansatzweise erahnen geschweige denn beurteilen.

Es bleibt ein gesellschaftliche Problem, dass die Krankenkasse trägt.

Elisabeth
 

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