Betrunkene in der Notaufnahme

Werner Rathgeber

Stammgast
Joined
Sep 1, 2005
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315
Location
Neubiberg
Beruf
Fachkrankenpfleger für Nephrologie und A+I
Akt. Einsatzbereich
Fachkrankenpfleger für Nephrologie (DKG)
Funktion
Klinikdialyse
Hallo @ all!

Mich würde mal interessieren, wie Ihr mit den Betrunkenen in der Notaufnahme umgeht.

Standardsituation:

Betrunkener wird bewußtlos eingeliefert
Alkoholspiegel meist ab 2,5 g/dl aufwärts
2 bis 3 Stunden später wach, geh- und stehsicher, will nach Hause
Doktor sagt, geht nicht, da nicht Verkehrssicher
Patient anderer Meinung: Streit, kostet viel Zeit und Nerven!
Arzt, sagt, Patient soll mehrere Stunden bleiben, Patient nennt dies Freiheitsberaubung, will Unterschreiben, das er auf eigene Verantwortung geht.
Doktor sagt, Patient nicht geschäftsfähig, also Unterschrift rechtlich nicht gültig.
Wieder Streit und viel Zeit investiert.

Gibt es an Euren Häusern dafür festgelegte Standards?

Bin auf Eure Antworten gespannt!

Viele Grüße

Werner
 
ausnüchterung bis auf 0,0 promille... dazu noch gangsicher und keinen entzug. komplette orientierung muss vorhanden sein.
 
bei uns auf der inneren nüchtern auch hin und wieder alkis aus.
sobald die wieder ansprechbar sind und unbedingt gehen wollen, wird der doc gerufen. der patient wird aufgeklärt und wird gegen unterschrift entlassen.

es bringt ja nichts mit so jemanden zu diskutieren.
wenn er nicht gegen unterschrift geht, haut er heimlich ab...
 
Hallo,

bei uns kommen die auf die Intensiv und gehen dann meist am nächsten morgen wieder nach Hause.

Grüsse Franko :mrgreen:
 
:hicks:

Oft ist es ja so das die besagte Patientengruppe morgens um vier gebracht wird nach dem sie schon ne Stunde irgendwo am Straßenrand gelegen haben.

Dann kriegen die ein Bett auf unserer ICU und werden überwacht , viel kann man ja eh nicht tun, Elektrolyte i.v. , Temp. fertig.

Nachdem die Patienten dann wach sind kommt es drauf an :

Jugendliche werden bei uns von den Eltern abgeholt !!
- pädagogischer Hintergrund

Dauergäste (Langzeitalkoholiker) Die keinen Entzug wollen , dürfen dann auch in Begleitung nach Hause, weil macht ja keinen Sinn bevor die ins Delir
rutschen ab nach Hause !

Grüße Picco
 
hallo,
also ich finde das es schon notwenig ist erstmal auszunüchtern bevor man hach hause darf.
Wenn der Pat.einen aufstand macht,dann soll er halt unterschreiben und gegen ärztlichenrat nach hause gehen,aber er muß sich dann bewußt sein das für ihn keiner zahlt falls etwas passiert.

Liebe Grüße Julia
 
sobald allerdings eine eigengefährdung besteht per UG in die psychiatrie auf eine entgiftungsstation.
 
Hallo!
Wir haben in der Ambulanz einen Ausnüchterungsraum.
Bei Problemen oder zu hohem Spiegel kommen die Patienten auf die Intensiv.
Alte Bekannte dürfen gehen, wenn sie gehen können und es wollen.
Bei den anderen warten wir, bis sie nüchtern sind.
Jugendliche werden von ihren Eltern abgeholt.
Gruß
Stephan
 
Primär werden alkoholisierte Patienten in den Räumen und Fluren der internistischen Notaufnahme "gelagert". Meistens liegen sie lediglich auf Matratzen (Sturzgefahr!). Zeigt der Patient stärkere somatische Erkrankungen (z. B. Bewusstlosigkeit, cerebraler Krampfanfall, Delir), so wird er auf die angrenzende ICU verlegt.

Äußert der Patient einen Entlassungswunsch wird bei uns im Einzelfall entschieden, ob der Patient gehen darf / kann, oder nicht. Ist er nicht straßentauglich und zeigt ein agressives Verhalten, so wird unverzüglich der diensthabende Psychiater zum Konsil verständigt. Hier soll eine Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden. Bei jüngeren Patienten (eine Großdisco liegt unweit unseres Klinikums) reicht meistens gutes Zureden.

Anmerkung: Ist der Patient minderjährig, werden bereits in der Aufnahmesitution die Erziehungsberechtigten verständigt. Hat nicht nur den traditionellen pädagogischen Hintergrund, viel mehr sollten Erziehungsberechtigte über den Verbleib des / der Schutzbefohlenen Kenntnis erhalten.
 
Oh je, in zwei Stunden wird ozapft und bis 3.10 ist Oktoberfest... Also Betrunkene schlagen zuhauf in unser Krankenhaus auf.
Es gibt mehrere Arten von "Kunden"
-Minderjährige, die kommen auf die Aufnahmestation, oder Intensiv und natürlich werden ihre Erziehungsberechtigten benachrichtigt. Sobald die Kids dann wieder so nüchtern sind, dass sie sich nicht mehr selbst gefährden dürfen die Eltern sie mitnehmen.
-Diabetiker, die werden oft genug auf unsere Intensiv geschoben und dürfen bei uns erwachen, solange sie noch viel Alkohol im Blut haben, wird der Alkohol nämlich bevorzugt verstoffwechselt und sie haben einen Zucker von 25-35 mg/dl. Sie brauchen Glukoseinfusion.
-Stammkunden, je nachdem welcher Arzt im Dienst ist dürfen sie gehen, wenn sie wieder wach sind und gehen wollen. Oft muß ein Freund oder Angehöriger sie abholen, einige hauen durch die Hintertür aufhalten hat oft keinen Zweck, alles wird exakt dokumentiert.
Noch eine schöne alkoholarme Wiesn wünscht sich Monika aus München
 
Wenn der Pat.einen aufstand macht,dann soll er halt unterschreiben und gegen ärztlichenrat nach hause gehen,aber er muß sich dann bewußt sein das für ihn keiner zahlt falls etwas passiert.

Das sehe ich nicht so. Denn Jeder der mal betrunken war, weiss wie sehr man sich überschätzten kann.

Habe einen alkoholisierten jungen Mann im Treppenhaus gefunden. Er war vermutlich voher schon verletzt und ist dennoch Heimgegangen. Er ist an seinen Verletzungen gestorben!!
 
Hallo!
Wir haben auch gewisse Probleme mit der "Entsorgung" alkoholisierter Patienten. Es gibt keine klar definierten Richtlinien wie wir verfahren sollen, selbst Nachfragen bei der PDL haben uns da nicht wirklich weitergebracht.
Generell ist es so daß unsere" Berufstrinker" irgendwo auf den Fluren in Bodennähe abgelagert werden bis sie ihr "Normallevel" wieder ereicht haben und sich quasi selbst entlassen oder morgens von uns rausgeschmissen werden bevor der Normalbetrieb wieder losgeht.
Bei den anderen ist es so daß die wirklich `nen extrem hohen Spiegel brauchen um auf die Intensiv gelegt zu werden. Ansonsten nüchtern die meist in den Ambulanzräumen aus, oft sogar ohne primär vom Arzt gesehen zu werden, weil die Herren und Damen wegen eines reinen Alkohol-Intox ohne Verletzungen bei stabilem Patient in ihrer Nachtruhe nicht gestört werden wollen (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Manchmal schaffen wir´s auch extrem schlecht führbare Patienten in die Psychiatrie zu verlegen, aber das hängt sehr vom "good-will" des diensthabenden Psychiaters ab.
Probleme gibt´s dann wenn der Patient nach Hause will (oder einfach geht) und WIR dann entscheiden müssen ob er das kann, ob der Diensthabende erscheinen"muß"(was oft endlose Telefontiraden mit sich bringt), ob bei Flucht die Polizei eingeschaltet wird etc...
Die Verantwortung bleibt also oft an uns hängen, was juristisch echt mal in´s Auge gehen kann, sowohl für uns als auch für den Arzt.
 
Hallo!
Wir haben auch gewisse Probleme mit der "Entsorgung" alkoholisierter Patienten. .
Diese Aussage, finde ich sehr hart.

Ich kann verstehen, wie schwer es manchmal ist, wenn immer dieselben betrunkenen Personen im KH aufschlagen. Und sie nichts als Ärger bereiten. Habe auch genug "Betrunkene aufgesammelt" und Diskussionen gehabt. Aber was ist wirklich, wenn mal was schief geht? Schade, das es da keine klaren Aussagen der PDL gibt, wie man das händelt. Und das am Pflegepersonal hängen bleibt.

Da frag ich mich, ob das zu selten vorkommt, oder das Desinteresse im Vordergrund steht....Es sind nunmal auch Patienten.
 
Gruß an catweazle!
Sind wir ein bißchen empfindlich??!!
"Entsorgung" sollte nicht wörtlich genommen weden, deswegen die Anführungszeichen. Allerdings kommt´s den Tatsachen oft ziemlich nahe.
Ich will ja hier keine prosaischen Werke verfassen über himmlische Zustände wie sie sein könnten sondern darüber was oftmals harte Wirklichkeit ist.
Vielleicht empfindet das mancher sensible Zeitgenosse als zynisch, aber so isses nunmal.
Gruß, Amabilis
 
Ansonsten nüchtern die meist in den Ambulanzräumen aus, oft sogar ohne primär vom Arzt gesehen zu werden, weil die Herren und Damen wegen eines reinen Alkohol-Intox ohne Verletzungen bei stabilem Patient in ihrer Nachtruhe nicht gestört werden wollen (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Hallo Amabilis,

da unsere Ärzte keine Nachtruhe haben, wird jeder Patient vom Arzt gesehen.
Wenn es zusätzlich noch unklar ist, ob der Patient eventuell auf den Kopf gefallen ist, gibt es zusätzlich ein CCT.
Bei 95% der CT's kommt nichts raus, bei den restlichen 5% sind dann auch grössere Blutungen dabei.

Die Entscheidung über die Entlassung trägt der Arzt.

Schönen Tag
Narde
 
Gruß an catweazle!
Sind wir ein bißchen empfindlich??!!
[OffTopic]Ob wir empfindlich sind, weiß ich nicht, ich jedenfalls manchmal schon :wink1:.
 
Lieber catweazle!
Meine eigentliche Intention war `nen Beitrag zu einem Thema zu leisten, und zwar so wie´s sich für mich darstellt.
Auf niveauloses Hin-und-Hergeplänkel kann ich dabei einigermaßen gut verzichten.
Aber wenn ich das nächste Mal `nen Beitrag schreibe kann ich ihn dir ja vor´m Einstellen zur Korrektur schicken wenn dir meine Wortwahl nicht passt.
MfG, Amabilis
 
Liebe Amabilis... laß uns lieber Friedenspfeife rauchen.

Zum Thema zurück, da hast Du ganz recht.
Ich bekomme das, was "da unten" (in der Aufnahme) vor sich geht, als Stationärer nicht so mit.
Ich bin jedoch sehr erstaunt, wieviel Promille die Leute teilweise überleben. Unser hausinterner Rekord: 6,6(!)...

Man fragt sich "oben" aber oft, weshalb die aufgenommen werden, wenn sie dann gleich wieder abhauen dürfen, nur weil sie nicht mehr komatös sind, sondern wieder irgendwie laufen können. Ich bin ja kein besonderer Freund von Zwangsmaßnahmen, aber da muß sich doch was durchsetzen lassen, wenn man sieht, wieviele Unfälle durch Trunkenheit entstehen...
 
Hallo catweazle!
Bin einverstanden mit der Friedenspfeife!
Kann den Stations-Frust verstehen, wenn die Patienten kaum daß sie wieder einigermaßen auf den Beinen sind einfach stiften gehen nachdem man die halbe Nacht für die Dokumentation gebraucht hat, aber wie schon gesagt gehen bei uns die Intoxe nur selten auf Normalstation.
Bei uns ist manchmal so´ne Ansammlung von Alkis daß man jede Kabine zum Ausnüchtern benutzen könnte und die wirklich kranken Patienten im Flur bahandeln müsste.
Unser Rekord-Spiegel lag übrigens weit über 7! Ist das nicht irre?
Liebe Grüße,Amabilis
 

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