Wer darf zwangseinweisen?

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ronja1982

Gast
Hallo!

Immerwieder taucht bei uns in der Rettungsstelle das Problem der Zwangseinweisungen auf. Ich kenne es normalerweise so, daß diese Pflicht dem diensthabenden Notarzt obliegt.

Falls bei uns eine Zwangseinweisung, zum Beispiel wegen Suizidandrohung ansteht, gibt es bei uns immer sehr sehr große Probleme und ein ewiges Spiel auf Zeit. Der Notarzt weigert sich mit der Begründung zu kommen, da das Krankenhaus genug Ärzte hat, die eine Befugnis zur Zwangseinweisung haben. Das stimmt aber leider nicht, es sind genau 2 Anästhesisten, die auch nicht ständig im Dienst sind. Letztens hat sich die Amtsärztin auch geweigert zu kommen und erklärte der Assistenzärztin, daß jeder Krankenhausarzt diese Zwangseinweisung unterschreiben darf, da die Patienten sowieso erst am nachfolgenden Tag von einem Richter gehört werden. Die Assistenzärztin unterschrieb die Papiere und bekam natürlich Ärger mit dem Oberarzt.

Wer darf bei Euch Zwangseinweisungen vornehmen? Oder ist das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich?
 
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Der zuständige Bereitschaftsarzt (Psychiater od. auch Arzt in WB) ist für eine Unterbringung zuständig. Der ordnet die Unterbringung nach Psych KG (Eigen-oder Fremdgefährdung) an, dies kann er für 24 h, dann muss ein Amtsarzt/Richter durch Anhörung des Patienten über den weiteren Verlauf entscheiden oder der Patient bleibt freiwillig auf Station. Das ist in jedem Bundesland gleich, dafür steht das Psych KG.
Außerdem kann der zuständige Betreuer eine Einweisung in Auftrag geben, dies muss aber soweit ich weiß auch durch das Vormundschaftsgericht abgesegnet werden.
 
:lamer:Wo lebst du? Es unterscheidet sich nämlich von Bundesland zu Bundesland! Hier in München ist es so, dass wir eine Nummer im Gesundheitsamt anrufen können, da erreicht man jederzeit einen Amtsarzt und der entscheidet dann, ob eingewiesen wird. Nach einem Suizidversuch ist ein Arzt soweit ich weiß verpflichtet den Patienten 3 Tage in der Klinik zu überwachen.
Sobald Patienten sich weigern ins Krankenhaus zu kommen oder zu bleiben, oder sie sind wegen Gewaltbereitschaft nicht tragbar rufen wir die Polizei, die kann dann handeln, bis der Amtsarzt entscheidet.
Wir haben des öfteren mal aggressive Patienten oder eben Leute nach Suizidversuch, die teilweise auch weglaufen, da ruft der Arzt vom Dienst die Polizei, die finden die meistens auch schnell und die bringen sie in die Psychiatrie.
 
Genauso kann eine UG über die Polizei laufen - bei entsprechendem Grund - selbst- oder fremdgefährdend.
 
Habe heute nochmal nachgefragt, bei uns im Haus gibt es leider keine klare Regelung.Theoretisch wissen wir schon, daß entweder der Amtsarzt oder der Notarzt zuständig ist. In der Praxis scheitert es aber immer wieder dran, daß jeder die Verantwortung von sich weist. Dann geht jedes Mal das Spiel auf Zeit los. Es ist auch wirkich in der Tat nur ein Notarzt, der sich weigert Zwangseinweisungen zu unterschreiben. Die Polizei darf die Patienten auch nicht einfach 30 km in die Psychiatrie fahren, ohne daß sie von einem Arzt gesehen wurden.


@JazzQP: Wir haben keinen diensthabenden Psychiater am Haus.
 
In Berlin falls du es nicht gelesen hast, der "Ton" in diesem Forum ist manchmal echt ne Katastrophe.
Man kann auch einfach schreiben: "Da habe ich andere Informationen und meiner Meinung nach ist das so... "

Es unterscheidet sich nämlich von Bundesland zu Bundesland! Hier in München ist es so, dass wir eine Nummer im Gesundheitsamt anrufen können, da erreicht man jederzeit einen Amtsarzt und der entscheidet dann, ob eingewiesen wird.

Und das entscheidet er vom Tisch ???
Meines Wissens nach wird BEI UNS der SPD verständigt und dieser leitet die weiteren Maßnahmen Zwecks richterliche Anhörung usw. ein. Vorerst wird der Patient bei Eigen-oder Fremdgefährdung durch den zuständigen Bereitschaftsarzt für 24 h Untergebracht. Dann muss eine Amtsarzt sowie eine richterliche Anhörung erfolgen oder die Tür geöffnet werden.

Nach einem Suizidversuch ist ein Arzt soweit ich weiß verpflichtet den Patienten 3 Tage in der Klinik zu überwachen.

Aber nicht gegen den Willen eines Pat., da wird genauso eine richterliche Unterbringung benötigt.

Sobald Patienten sich weigern ins Krankenhaus zu kommen oder zu bleiben, oder sie sind wegen Gewaltbereitschaft nicht tragbar rufen wir die Polizei, die kann dann handeln, bis der Amtsarzt entscheidet.

Ich erinner mich an viele Situationen, wo man nicht warten konnte bis die Polizei eintrifft, was macht ihr dann solange mit dem agressiven Patienten??? Ihn die Station auseinander nehmen lassen..???

Wir haben des öfteren mal aggressive Patienten oder eben Leute nach Suizidversuch, die teilweise auch weglaufen, da ruft der Arzt vom Dienst die Polizei, die finden die meistens auch schnell und die bringen sie in die Psychiatrie.

Da gibt es bei uns einen Notfallknopf, wo dann die Mitarbeiter der psychiatrischen Stationen angerannt kommen und den Patienten hinterher laufen bzw. fixieren um schlimmeres zu verhindern. Polizei wird informiert, wenn der Pat. nicht mehr auffindbar ist und eine erhebliche Eigen-oder Fremdgefährdung besteht.

Ich schreibe hier nur, was mir bekannt ist, falls wieder jemand mein geschriebenes falsch versteht. :roll:


@ Ronja: Das macht die Situation natürlich schwieriger...und da kenn ich mich dann leider auch weniger aus...wir haben hier alles vor Ort..
 
Ist das wirklich je nach Bundesland unterschiedlich? Ist das Gesetz zur Unterbringung psychisch Kranker (PsychKG) Ländersache? Meines Wissens darf jeder approbierte Arzt das ärztliche Zeugnis für die UNterbringung ausfüllen und unterschreiben. Es muß ausdrücklich kein Psychiater sein.
 
Ja, ich denke schon - hier in Bayern gibt es kein PsychKG, ich habe es hier im Forum erstmalig gelesen.
In Bayern gibt es ein Unterbringungs Gesetz UG.

Für ein Unterbrinung, so heisst die Zwangseinweisung in Bayern, kann bei selbst- und fremdgefährdung in der Somatik oder auch im häuslichen Bereich die Polizei zugezogen werden, wenn kein Psychiater greifbar ist. Hier hat nicht jedes Haus einen Psychiater.
Der Patient bekommt dann eine vorläufige Unterbringung, diese wird dann vom Amtsrichter innerhalb von 48 Stunden (nicht festnageln, geht mich nämlich nix an, bin ja Somatik) bestätigt oder auch nicht. Entschliesst sich der Patient freiwillig in der Psychiatrie zu bleiben ist sie eh hinfällig.

Desweiteren gibt es noch die von Aquarius geschilderte Möglichkeit in der Somatik, dass ein Fax an das RGU geschickt wird, und bei Bedarf darüber eine vorläufige UG angeordnet wird.

Soweit ich weiss ist Psychiatrie Ländersache.

Schönen Tag
Narde
 
Zitat: Wikipedia

(Für Menschen mit psychischen Krankheiten bestehen in Deutschland Gesetze (oft als PsychKG abgekürzt), welche die Rechtssicherheit des Kranken und der Zwangsmaßnahmen gegen ihn sicherstellen sollen.

In Deutschland haben die einzelnen Bundesländer Gesetze über „Schutz“ und „Hilfen“ für psychisch kranke Menschen erlassen. In Baden-Württemberg und Bayern und im Saarland heißen diese Bestimmungen Unterbringungsgesetz, in Hessen Freiheitsentziehungsgesetz.) Zitat Ende



Außerdemm gibt es bei Eigengefährdung noch die Möglichkeit Pat. die gesetzlich Betreut sind, nach Einverständniss des Betreuers nach BGB unterzubringen.
Bei Fremdgefährdung ist dies jedoch leider nicht möglich.
 
Gibt es bei uns Patienten, die weglaufen rufen wir die Polizei. Meist ist ja Selbst/Fremdgefährdung gegeben. Natürlich sehen wir nicht tatenlos zu, dass der Patient die Station auseinandernimmt, aber wir achten auch darauf, uns nicht unnötig zu gefährden. Möbel und Perfusoren lassen sich ersetzen.
Leider ist die nächste Psychiatrie weiter weg, also einen Notfallknopf um sie zu rufen haben wir nicht.
Eine Schwester auf einer Normalstation würde den Herzalarm auslösen, wenn dann mehrere Leute angerannt kommen beruhigen sich die meisten Patienten. Danach wird entschieden, was zu tun ist, Polizei anrufen etc.
Läuft ein Patient weg, läuft einer vom Personal ihm nach und gibt durch, wo sie sich befinden und wir rufen die Polizei.
Lässt man offensichtlich gewaltbereite oder suizidale Patienten einfach so gehen ist man in Schwierigkeiten, wenn etwas passiert.
 
Nur durch ein ärztliches Schreiben darf bei uns kein Patient gegen seinen Willen festgehalten werden, auch nicht für 24h, das gilt so in Hessen, obwohl unser Gesetz noch von 1952 fast unverändert besteht!
In der Regel werden Patienten im "akuten" Fall (egal ob er nun schon bei uns freiwillig war oder von "draußen" kommt) nach §10HFEG untergebracht:

Hessenrecht Rechts- und Verwaltungsvorschriften Suche nach: freiheitsentziehungsgesetz

Dann muß nach spätestens 24h eine gemeinsame Entscheidung von Amtsgericht, Facharzt und Patientenvertreter (Anwalt) über die weitere Behandlungsnotwendigkeit stattgefunden haben, sprich bleibt der Patient nach FGG§70 gegen seinen Willen untergebracht, darf er nach Hause oder bleibt er freiwillig.

Ich darf als Krankenschwester keinen nichtuntergebrachten Patienten festhalten, ich kann ihm höchstens gut "zureden"/bzw. beruhigen oder deeskalieren, Bedarfsmedikation anbieten... bis der Arzt und die Polizei/Richter eintrifft, werde aber nicht meine Gesundheit und die der Mitpatienten aufs Spiel setzen.

Siehe auch: Psychisch-Kranken-Gesetz ? Wikipedia
 
Hallo, ich bin ganz neu hier im Forum und ich sehe, dass der Link schon älter ist. Also falls ich hier falsch bin, dann sagt mir das, aber ich habe gerade ein großes Problem, das mich beschäftigt.
Am Sonntag ist mein Bruder (psychiatrische Vorgeschichte, Borderline, Alkoholiker, mehrfache Suizidversuche) zu meinem Vater ins Altenheim gegangen, hat sich in sein Zimmer geschlichen, 4 x mit seiner Krücke auf ihn eingeschlagen (2 x auf die Beine, 2 x gezielt auf den Kopf) und hat sich dann wieder heimlich raugeschlichen und ist nach Hause gegangen. Mein Vater ist 82, bettlägerig und kann kaum noch sprechen, sprich er konnte noch nicht mal um Hilfe schreien. Die betreuende Schwester hat ihn gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Glücklicherweise ist nichts gebrochen, aber er hat Blutergüsse, 2 Platzwunden am Kopf und einen schweren Schock.
Das Heim hat nun Anzeige erstattet und wir fragen uns gerade alle, wie es nun weitergehen soll. Gibt es in diesem Fall eine Möglichkeit meinen Bruder zwangseinweisen zu lassen? Wir haben schon seit Jahren Angst vor ihm und jeder wusste eigentlich, dass es irgendwann auf ein Unglück hinausläuft, aber leider haben wir bisher keine Hilfe erhalten.
Sagt mir bitte eure Meinung über die geschilderte Sachlage, ich bin für jeden Rat dankbar.
LG
Shaya
 
Vielleicht hilft Dir dieser Link etwas weiter:
Ablauf des Strafverfahrens - Körperverletzung | Polizeiliche Kriminalprävention - So schützen Sie sich vor Kriminalität. Ihre Polizei.
Man kann hier gut sehen, was jetzt rechtlich passieren wird. Je nachdem, wo Ihr zuhause seid, gibt es auch andere Möglichkeiten.
Wichtig ist , daß eine Strafanzeige gegen Deinen Bruder gestellt wird. Ohne die kann niemand gegen ihn tätig werden. Er könnte auch zwangseingewiesen werde, denn er ist fremdgefährdend. Das allerdings müßte zeitnah zur Körperverletzung geschehen.
 
Bei uns ist tagsüber auch ein Amtsarzt für die Zwangseinweisung nach PsychKG zuständig. Nachts und an Wochenenden gibt es bei der Berufsfeuerwehr einen Beamten vom C-Dienst (gehobener Dienst) der dann zuständig ist.
Ansonsten gibt es bei psych. Notfällen im Krankenhaus immer die Möglichkeit, einen Psychater aus der nahegelegenen Psychatrie per Konsil anzufordern. Dass klappt meisst auch reibungslos
 
Hallo,

Ich arbeite in einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderung in NRW. Habe einen Bewohner mit geistiger Behinderung der ebenfalls verhaltensauffällig ist & aufgrund seiner Affektlabilität in letzter Zeit bei kleinsten Auslösern fremdaggressiv wird (gegenüber Mitbewohnern & Mitarbeitern). Es wurde bereits mehrfach Strafanzeige erstattet (durch Mitbewohner & Mitarbeiter, ebenfalls durch die Polizei von Amtswegen als er im Linienbus randalierte). Bis jetzt wurden die Verfahren nach kurzer Zeit von der Staatsanwaltschaft alle eingestellt. Jedes Mal wenn die Polizei alarmiert wird & eintrifft beruhigt sich der Bewohner, die Polizei hat in den Situationen keinerlei Handhabe, da laut deren Aussage keine akute Gefährdung besteht. Einen Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klink lehnt der Bewohner grundsätzlich ab (laut Aussage der Psychiatrie können diese ihn auch nicht gegen seinen Willen festhalten, Gesetzliche Betreuer in allen Angelegenheiten sind seine Eltern). Jetzt meine Frage, wird nach einer bestimmten Anzahl an Strafanzeigen automatisch eine Zwangseinweisung durch die Behörden (Staatsanwaltschaft / Polizei / Amtsgericht) veranlasst oder muss erst jemand schwer verletzt werden bis etwas passiert ?

Ich bedanke mich bereits im Voraus bei allen !
 
Hallo.

Ich kann mir kaum vorstellen das eine gewisse Anzahl an Strafanzeigen eine Zwangseinweisung nach sich zieht. Dann würden ja unzählige Kriminelle in die Psychiatrien verbracht.

Ich denke eher das ein Heim die Zusammenarbeit einstellen wird/ kann. Wenn es weiterhin nicht tragbar ist. Dann müssen die Eltern halt ihren aggressiven Sohn zuhause hüten.

Grundsätzlich ist es auch so das es um Eigen- oder Fremdgefährdung auf Grund einer Psychischen Erkrankung ein Psych KG gemacht wird. Ist eine Geistige Behinderung mit einer Psychischen Erkrankung gleich zu setzten? (Das weiß ich nicht)

Ich hab im meinem Nebenjob häufiger mit Menschen zu tuen denen eine Unterbringung in der Psychiatrie sicher gut tuen würde, aber eben nicht gehen wollen. Das wird dann unser aller Leid. Meine Kollegen, wie auch ich sind nicht ausgebildet für diese Menschen.
 
Geistige Behinderungen bzw Intelligenzminderungen sind F Diagnosen im ICD 10, d.h. sie werden wie psychische Erkrankungen klassifiziert.
Im Fall des randalierenden Bewohners können die Eltern eine Zwangseinweisung und Behandlung nach dem BGB beantragen.
 
Quergedacht:

Wie sieht es eigentlich mit dem "finanziellen Flurschaden" aus ?
Die Sach- und Personenschäden gehen haftungsrechtlich doch ganz munter in´s Geld.
I´wann wird die Haftpflichtversicherung der Eltern/Betreuern doch mal den Hahn zudrehen ?!?
 

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