News Urteil zur Sterbehilfe stärkt Willen des Patienten

.......Womit ich nicht konform gehe, dass der Sterbeprozess künstlich aktiviert wird. Und das geschieht nun mal, wenn man einen vor Jahren mit einer PEG versorgten komatösen Menschen die Nahrung verweigert... Elisabeth

Es ist durchaus gängig und möglich in einer Akutphase, z.B. nach einem Hirninfarkt, SHT (.....)vorübergehend voll abhängig zu sein, eine enterale Ernährung zu brauchen und auch noch nach Monaten auf ein Level zu kommen welches ein selbstbestimmtes Leben möglich macht, eben weil man zu Beginn der Erkrankung noch die Chance und Hoffnung auf Besserung hatte und alles getan hat was nötig war.
Genau das soll auch weiter möglich sein und ist hier nicht das Thema.

Es geht um ein jahrelanges (Beginn 2002, seitdem Wachkoma), so nicht gewolltes Leiden mit Amputation eines Armes - 2006, das ziehen aller Zähne, Imobilität, Kontrakturen...
Die Frau wollte nie in ein Pflegeheim, keine künstliche Ernährung - das zu beenden ist für mich eher ein Akt der Menschlichkeit.

Da war doch nicht der Wunsch auf einen schnellen Tod der Mutter,
sondern der ursprüngliche Wille der Frau, um den es doch eigentlich und ausschließlich gehen sollte. Nach 5 Jahren durfte davon ausgegangen werden, dass sich nichts mehr ändert und ein natürlicher Prozess fand sein Ende.

Ist es denn noch menschlich, willenlose, kommunikationunfähige Menschen hin- und herzukarren, entgegen dem Wunsch des Betroffenen, in Vertretung dessen dem der Betreuer, die immer wieder und zum Teil ergebnislos und in frustrierender Weise um den schriftlich oder mündlich bekundeten Willen des Angehörigen kämpfen müssen?

Wenn man weiterdenkt im Falle der Frau, so stellt sich die Frage, ob nicht das Heim verklagt werden sollte, das widerrechtlich die Verlegung ins Krankenhaus vorgenommen hat, der Arzt verklagt werden sollte der ebenso widerrechtlich erneut eine PEG gelegt hat, sowas könnte man auch Körperverletzung nennen. Mit dieser Meinung stehe ich nicht nicht alleine da, "unser" IBF - Rechtsanwalt würde nämlich genau das tun. Die IBF fand diese Woche statt und das aktuelle BGH Urteil war natürlich Bestandteil der Veranstaltung.
Fuchsig werden tue ich auch wenn jemand sagt oder schreibt ...sie wollen doch nicht ihren Angehörigen verhungern und verdursten lassen....dieses Vokabular gehört endlich abgeschafft. Damit erzeugt man Schuldgefühle die nicht angebracht sind.
Nochmal: Es geht nicht um den Willen der Angehörigen, sondern ausschließlich um den des Betroffenen, den die Angehörigen zu respektieren haben, auch wenn sie eigentlich was anderes wollen.

Dass es wie bei alesig nur knapp geschafft wird den Willen den Betroffenen bis zum Tod zu unterstützen, ist schwer durchzustehen und auszuhalten, wer will sich das mal vorstellen, 6 Monate damit konfrontiert zu werden, wenn der Druck aus dem Heim ständig steigt, Angehörige ständig bedrängt und fast genötigt werden und das alles entgegen dem ausdrücklichen Willen der hochbetagten Dame. Wie ging es ihr wohl dabei, sie wurde täglich damit konfrontiert, wie hat sie das nur aushalten können.

In der Printausgabe von DER SPIEGEL 26/2010 geht die Autorin Gisela Friedrichsen noch einen, nachvollziehbaren, Schritt weiter, der einem durchaus selbst ab und zu kommen kann:
"...Das Heim sprach von einem bestehenden "Vertrauensverhältnis" zu einer Komapatientin, die regunglos im Bett liegt, mit der man nicht kommunizieren kann, die auf nichts reagiert, sondern nur gewindelt und gebettet und schematisch zweimal täglich mit Sondennahrung versehen wird. Oder hat das "Vertrauensverhältnis" etwas damit zu tun, dass solche Patienten beliebt sind beim Personal und den Heimleitern, weil sie still sind, nicht aus dem Bett fallen oder gar davonlaufen? Schätzt nicht auch mancher Heimträger das Vertrauen dieser Patienten deshalb, weil sie zuverlässig langfristige Pflegesatzeinnahmen gewährleisten?..."

Kein Mensch muss sich gegen seinen Willen behandeln lassen, keiner essen wenn er nicht will, keiner sich operieren lassen, selbst wenn der Eingriff lebensnotwendig ist, keiner sich Blut verabreichen lassen.

Einem Teil unserer alten Mitmenschen sprechen wir diese Rechte ab, obwohl wir kein Recht dazu haben.

Der BGH hat dazu endlich Stellung bezogen und ein richtungsweisendes und überfälliges Urteil gesprochen.
 
Diese Frau hat offensichtlich alle Widrigkeiten überlebt. Sie ist nicht gestorben.

Und du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass eine komatöse Pat. mit entsprechenden Hirnschädigungen in dem Alter tatsächlich nach Monaten wieder aufwacht. Denen diese Gnade zuteil wird- wenn überhaupt-, dass sind Pat. die ein LIS haben und kein Apallisches Syndrom.
Das Gehirn verfügt zwar über eine große Plastizität. Dies ist aber limitiert durch Alterung und Nutzung der Hirnleistungen.

In der Akutphase ist der Zeitpunkt, zu dem der Patientenwille (wenn er denn überhaupt vorhanden vorliegt) zu erfüllen ist. Nicht erst nachdem man den, für die Angehörigen unerträglichen, Zustand geschaffen hat.

Und im angeführten Beispiel gab es keine schriftliche Anweisung. Es gab lediglich die Aussagen der Angehörigen, die unter anderem eben auch enthielten: man kann sie doch nicht leiden lassen. Wer sagt uns, dass sie leidet? Laut deinen Aussagen gab es ja keinerlei Kommunikationszeichen.

Gab es die wirklich nicht? Mir ist noch kein Komapat. begegnet, der nicht in irgendeiner Art und Weise nonverbal über vegetative Zeichen kommuniziert.

Kein Mensch muss sich gegen seinen Willen behandeln lassen, keiner essen wenn er nicht will, keiner sich operieren lassen, selbst wenn der Eingriff lebensnotwendig ist, keiner sich Blut verabreichen lassen.

Genau: Keinem Menschen darf gegen seinen nicht korrekt verfasstem Willen verhungern müssen. Korrekt verfasst: nach xxx Tagen Bewusstlosigkeit wünsche ich das keinerlei enterale od. parenterale Zufuhr von Flüssigkeit oder Nahrung erfolgt.
Keinem Menschen darf die Nahrung vorenthalten werden, wenn er diese nicht selbständig zu sich nehmen kann.

Sterbehilfe ist nicht so einfach, wie das viele Laien - und auch Fachkräfte- denken. Die Äußerungen sind oft mehr als wage und diffus formuliert. dadurch kommen Betreuungskräfte in ein ethisches Dilemma.

Die Misstände in einer Pflegeeinrichtung und deren Folgen werden hoffentlich nie als Begründung herhalten müssen um das Ableben "sozialverträglich" zu beschleunigen.

Nochmal: es ist wichtig bereits in der Akutphase die Weiche zu stellen und klar und deutlich die Folgen der oft übereifrigen modernen Medizin aufzuzeigen. ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass man als Doc möglichst alles verspricht nur um die unangenehme Wahrehit nicht aussprechen zu müssen. Man muss als Doc damit rechnen das es dann um Emotionen gehen wird. Und Emotionen sind was, was man ja net so gerne hat. Die kann man nicht steuern. Den ist man ev. so ganz hilfllos ausgeliefert und verliert u.U. sogar sein Gesicht. Man ist nicht mehr der Halbgott in Weiß sondern wird zu einem Menschen.

Elisabeth

PS Es fällt mir bei diesen Diskussionen auf, dass man eher wenig bis gar keine Ahnung hat von einem apallischen Syndrom. Man weiß von einem Wach-Schlaf-Rhythmus, man weiß, dass die Großhirnrinde ihren Dienst eingestellt hat. Aber da hörts dann oft schon auf. Apalliker werden nicht selten als lebende Leichen beschrieben. Das sind sie nicht- in keinster weise.
Ich empfehle sich bei A.Zieger zu belesen. Dort bekommt man ein paar Infos die über das übliche Minimalwissen vieler Ärzte (und RA) hinaus geht.
 
Gerade bei Schädel-Hirn-Verletzten kann man eben nicht in einer Akutphase entscheiden. Die prognostische Breite geht halt leider von (nahezu) völliger Reversibilität bis hin zu einem vegetativen Zustand/Apallisches Sysndrom. Oder (wenn Glück) "freiwilliges" Sterben natürlich...

Hier muss die Entscheidung getroffen werden, wenn keine Besserung mehr zu erwarten ist - soweit dies aus medizinischer Sicht machbar ist. Über den Zeitpunkt kann man trefflich streiten - aber er wird oft Wochen oder Monate nach der Akutphase liegen.

Das iss ja die Krux an der Sache. Keiner will rumlaufen und sagen "Du leben, und Du nicht". Aber jeder hat das Recht, seinen Wunsch nach Beendigung eines Leidenszustandes erfüllt zu bekommen. Es ist ja in den meisten Fällen tatsächlich so, dass eine "Therapie" im Sinne einer kausalen Verbesserungs- oder gar Heilungserwartung nicht mehr stattfindet - weil genau dieses eben gar nicht mehr erwartet oder für möglich gehalten wird. Es handelt sich nur um minimalistische Aufrechterhaltung. Böse formuliert, es wird gerade noch so dafür gesorgt, dass es auch ja noch wehtun kann.

Meinem Verständnis nach unterscheidet sich die Beendigung einer Beatmungstherapie in der Akutphase nicht von einer Beendigung der künstlichen Ernährung nach x Jahren.
Beides führt zum Tod.

DS
 
Erst mal ist es wichtig zu schauen, um welche Schädigung handelt es sich. In dem aktuellen Fall war es ein Zustand nach einem Apoplex.
Dann musst wissen, inwiefern das Gehirn im Vorfeld genutzt wurde. Wenig Aktivität- geringere Möglichkeit des Gehirns sich an Veränderungen anzupassen.
Dann kannst durch entsprechende Diagnostik nich feststellen, was wie funzt. Hier gehts vor allem um die LIS-Diagnostik.

Ich kenne durchaus die Wunder. Die waren aber eigentlich keine echten Wunder sondern lediglich in einer saumiserable Diagnostik begründet.

Nicht selten verbleibt ja eine TK zur besseren Trachealtoilette. Klemmst den Tubus ab bzw. reduzierst du den Gasausatusch durch Verlängerung des Totraumes, wenn er spontan atmet? Der CO2-anstieg dürfte ein sanftes hinübergleiten in relativ kurzer Zeit bringen. Im Gegensatz dazu dauert das Sterben durch Verhungern udn Verdursten doch etwas länger und dürfet auch bei weitem unangehmer sein.
Es ist ein Irrglaube, dass Komatöse keine Schmerzen empfinden können.

Personsein aus bioethischer Sicht ... - Google Bücher

Elisabeth

Elisabeth
 
Ich glaube, meine Palliativerfahrung hat mich geprägt. Mir geht es nicht nur darum, einen Patienten am Leben zu erhalten, sondern eben auch ein möglichst hohe Lebensqualität anzustreben. Die wenigsten Menschen halten das Wachkoma für einen erstrebenswerten Zustand, und ich denke, die meisten von uns würden den Tod einem jahrelangen Wachkoma vorziehen.

Meiner Meinung nach verliert der Patientenwille nicht seine Gültigkeit, weil eine Erkrankung sich von akut zu chronisch entwickelt.

Abgesehen davon: die Palliativmedizin propagiert die ausreichende Schmerzmittelgabe, im Bedarfsfall auch verbunden mit einer Sedierung, gerade auch für die Wachkomapatienten in der Sterbephase. Die Sterbenden müssen also nicht unnötig leiden - wenn sie vernünftig betreut werden. Leider ist das eben noch nicht flächendeckend gewährleistet. (Wobei Eberhard Klaschik in einem Vortrag sich mal sehr zufrieden über die palliative Entwicklung in Deutschland äußerte - wir seien zwar immer noch unterversorgt, aber von den Fortschritten, die wir bisher gemacht hätten, habe er in den 80ern nicht zu träumen gewagt. )
 
Mir geht es bei meinem Plädoyer nicht darum dem Leben Tage zu geben. Mir liegt ebenfalls daran, den Tagen Leben zu geben. Und wenn ein Mensch im Wachkoma liegt und lebt, dann sehe ich meine Aufgabe darin, dieses- auch für mich nicht einfach zu ertragendem- Leben zu akzeptieren.
ich habe erfahren, dass diese Menschen reagieren, reproduzierbar reagieren, auf pflegerische Interventionen.
Ich gebe zu, dass mein Glauben auch beinhaltet: Du darfst nicht töten. Vielleicht prägt mich mein Glauben. Ich denke, dass Komapatienten, mehr als vielleicht andere Pat./Bew., auf die Nächstenliebe angewiesen sind. Vielelicht fühle ich mich deshalb dem Konzept der Basalen Stimulation so verbunden.

Mir ist durchaus klar, dass der Akt der Nächstenliebe beinhalten kann, dass ich einen schmerzlosen Tod herbeiführe auf Wunsch des Betroffenen.
Ich für mich kann sagen: das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ich kann niemanden verhungern und verdursten lassen bei dem der Sterbeprozess eindeutig nicht angefangen hat. Allein eine massive Bewusstseinsschränkung ist für mich nicht gleichzustellen mit einem Sterbeprozess.

Bei allem sollte nicht vergessen werden, dass es neben den Patientenverfügungen auch Menschen geben muss, die sich bereit erklären, den Betroffenen auf seinen Wunsch hin zu töten. Das lässt sich nun mal nicht anders bezeichnen. es wird das Leben beendet... ob durch Unterlassen, Therapieabbruch oder wie auch immer. Und ich denke, ich stehe mit meiner Einstellung nicht alleine da.

Ich bin dafür, dass Leben zu achten. Zum Leben gehört der Tod dazu. Und vielleicht sollte man heute als Notfallmediziner oder Intensivmediziner... als Arzt der sich die moderne Medizin zu eigen macht, bedenken, dass der Mensch sterblich ist und nicht alles versuchen, was nur irgendwie möglich ist. Ein Sterbeprozess wird in der Intensivmedizin nicht selten umgekehrt. Es wird alles getan, damit der Mensch nicht stirbt. Die Achtung vor der Schöpfung ging in unseren Krankenhäusern schon lange verloren. Es ging mal um Heilung und Linderung- jetzt geht es oft um Lebensverlängerung um jeden Preis.


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Ich glaube, dass in diesem Thread mittlerweile wohl alles gesagt wurde. Es gibt die eine Fraktion, die sich vorstellen kann, Leben zu beenden indem sie dem Wunsch des Betroffenen gemäß zu dem derzeit einzigsten rechtlich erlaubten Mittel greifen und die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr beenden. Und es gibt die andere Gruppe, denen dies - aus welchen Gründen auch immer- unvorstellbar erscheint und damit nicht möglich ist.

Es sollte eine Achtung des jeweiligen anderen Lagers erfolgen und eine Akzeptanz der anderen Meinung. Das beinhaltet durchaus eine Verteidigung der eigenen Position. Wie sonst sollte man sich verstehen?

Aber was uns alle eint: Nicht dem Leben Tage geben, sondern den Tagen Leben. Da sehe ich unseren Auftrag... wie auch immer es der Einzelne für sich auslegt.

Elisabeth
 
Ich glaube, dass in diesem Thread mittlerweile wohl alles gesagt wurde. Es gibt die eine Fraktion, die sich vorstellen kann, Leben zu beenden indem sie dem Wunsch des Betroffenen gemäß zu dem derzeit einzigsten rechtlich erlaubten Mittel greifen und die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr beenden. Und es gibt die andere Gruppe, denen dies - aus welchen Gründen auch immer- unvorstellbar erscheint und damit nicht möglich ist.

Es sollte eine Achtung des jeweiligen anderen Lagers erfolgen und eine Akzeptanz der anderen Meinung. Das beinhaltet durchaus eine Verteidigung der eigenen Position. Wie sonst sollte man sich verstehen?

Es wird in dem Augenblick problematisch, in dem Gruppe Nr. 2 einen Patienten pflegt, der sich passive Sterbehilfe wünscht. Gerade bei den Wachkomapatienten ist das ja schon des öfteren der Fall gewesen. Viele Pflegekräfte regen sich über Ärzte auf, die nicht wissen, wann sie aufhören müssen (völlig zu Recht). Ich denke, auch unsere Berufsgruppe muss dies zum Großteil noch lernen.

Ich akzeptiere, dass Du Dir selbst wünscht, im Bedarfsfall künstlich ernährt zu werden. Dann wärst Du die Patientin und Dein Wille hätte Priorität. Ich kann aber weder bei Ärzten noch bei Pflegekräften ein Handeln gegen den Willen eines Patienten gutheißen.

Außerdem habe ich ein gewisses Problem damit, dass Du "eines natürlichen Todes sterben lassen" mit (gewaltsamer) Tötung gleichsetzt. Ich habe in den letzten 10 Jahren mehrere hundert Palliativpatienten begleitet, schätzungsweise ein Drittel davon ist gestorben. Ich habe die Sterbebegleitung als wichtigen Teil meiner Aufgabe angesehen. Mit den Schwestern und Pflegern, die wegen Patiententötung vor Gericht standen, möchte ich nicht in einen Topf geworfen werden. Für mich besteht da ein gewaltiger Unterschied.
 
Du musst mich nicht verstehen. Das habe ich von dir nicht erwartet. Ich habe oft genug mit helfen müssen eine Sterbeprozess im Intensivbereich auszuhalten oder sogar umzukehren. Ich weiß durchaus, dass du nicht nachvollziehen kannst, dass ich in diesen Situationen einen Therapieabbruch sogar mehr als befürworte. Vielleicht magst mein letztes Post ja noch mal dahingehend durchlesen. ich habs dort erläutert.

Das, was du als natürlichen Sterbevorgang bezeichnest, setzt du erst in Kraft, indem du die Nahrung vorenthältst. Der natürliche Sterbevorgang beinhaltet die Reduzierung von Nahrungaufnahme und Flüssigkeitszufuhr, dass stelle ich nicht in Frage. Aber du wirst in deiner Laufbahn sicher vielen Menschen begegnet sein, die wieder jeglicher Vernunft am Leben klammerten. Oft dauert es lange, bis man sich mit dem Unvermeidlichen abfindet und dem Sterbevorgang seinen Lauf lässt.
Ich habe in meiner Laufbahn viele Pat. gesehen, die trotz noch so intensiver Bemühungen und bei sehr guter Prognose doch gestorben sind. Wenn jemand nicht leben will, dann stirbt er. In der Regel bricht die Immunabwehr weg und Infektionen werden schlussendlich nicht mehr beherrschbar.

Du siehst die Sterbehilfe anders. Das steht dir zu. Jeder wird sein Handeln immer an seinen ethischen und moralischen Richtlinien messen und die Verantwortung für sein Handeln tragen müssen.

Aber ich bin auch der Meinung, dass ein Mensch nicht das Recht hat, von einem anderen Menschen zu fordern dass er seinen Sterbevorgang in Gang setzt- ihn tötet. In diesem Falle muss er sich notgedrungen jemanden suchen, der dies mit seinem Gewissen vereinbaren kann.
Ist vielleicht ein neuer Beruf. Ähnlich der Hebamme, die Menschen ins Leben holt, wird es vielleicht auch Fachkräfte geben müssen, die das Leben beenden.

Mit dem Examen bin ich nicht eine Verpflichtung eingegangen, meine Vorstellungen von Ethik und Moral aufzugeben... genau, wie du deine.
Dabei sollten wir es belassen.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

Aber ich bin auch der Meinung, dass ein Mensch nicht das Recht hat, von einem anderen Menschen zu fordern dass er seinen Sterbevorgang in Gang setzt- ihn tötet.
ich melde mich kurz zu Wort, da ich deine Wortwahl in diesem Zusammenhang als polemisch, tendenziös, anklagend und dem Thema nicht mehr angemessen empfinde. Das mag deinem Glauben geschuldet sein. Aber ich denke es ist jetzt gut.

Hier setzt keiner den Sterbevorgang in Gang sondern lässt dem Vorgang der abgebremst oder unterbrochen wurde seinen normalen, natürlichen Lauf. Und jemand zu unterstellen er helfe in dem Falle bei der Tötung - ist suggestiv und polemisch.

Der Betroffene entscheidet (Verfügung) oder sein mutmaßlicher Wille und sonst niemand und schon gar nicht der Glaube oder das Gewissen einer GuK oder AP.

Wer das nicht aushält, hat zumindest in diesem Feld des Berufes nichts zu suchen.
 
... nach 5 oder mehr Jahren.

Elisabeth
 
ja, auch dass.

Ich denke das ist nicht ausschließlich am Faktor Zeit fest zu machen.
 
für mein empfinden hatte Frau Erika Küllmer genug gelitten.
Im Laufe von 5 Jahren nach der Gehirnblutung wurden ihr alle Zähne gezogen - autsch
ein Arm musste amputiert werden - mega autsch
es bildeten sich Kontrakturen - der Versuch diese auch nur im Ansatz zu lösen - autsch
welchen Bewußtseins- oder Schmerzempfindungsgrad Frau Küllmer
auch immer hatte - keiner von uns war dabei - als Freude und wohltuend darf das nicht empfunden worden sein.
Gibt es von den Kollegen hier auch nur einen der nicht beruflich mit ähnlichem Patientengut Erfahrungen hat, sei's mehr oder weniger, häufiger oder eher selten. Sei's Jahre her oder nur Tage, wer ruft sich nicht lebhaft und durchaus prompft (so geht's mir jedenfalls) in Erinnerung wie die Körperpflege, das Lagern, die Inkontinenzversorgung, das regelmäßige abführen, das absaugen über's Tracheostoma, der Versuch EINE Form von Wahrnehmung aufzuspüren gelaufen sind?

@Elisabeth Dinse: Das wäre für Dich o.k.? Würdest Du das wollen?
Klar bin ich nicht Du, aber es fällt mir sehr schwer mir das vorzustellen, wie den allermeisten Menschen. Fragt man Bekannte, fragt man Kollegen, so kommt ein klares Nein. Genau deswegen werden und wurden ordentliche und aussagekräftige Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten verfasst, rücken sie zunehmend ins Bewusstsein der Menschen, genau deswegen wird seit letztem Jahr der PV mehr entsprochen.

Wer schriftlich oder mündlich seinen Willen kund getan hat, sollte darauf hoffen dürfen, dass dieser auch respektiert wird. Jetzt mehr denn je.

Irgendwie kommt mir grad der schöne Satz:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Wo hab ich den nur gelesen?
 
Sie hat alles überlebt... und das garantiert nicht, weil sie per PEG ernährt wurde. Ich glaube, die Vorstellung wie ein Sterbeprozess beginnt und abläuft sind mehr als wenig bekannt.

Du bringst es auf den Punkt:
Das wäre für Dich o.k.? Würdest Du das wollen?
Das steht hier nicht zur Debatte. Für mich ist der Verlauf wichtig. Und hier zeigt der aktuelle Zustand keinerlei Züge eines Sterbeprozesses.

Wenn wir davon ausgehen, dass bereits die Amputation ein lebensbedrohlicher Eingriff war- warum nicht da aktiv werden? Laut der Vorstellung der Sterbehilfebefürworter kandelt es sich ja bei der Verweigrung der nahrung lediglich um einen verzögerten Sterbeprozess. Keinerlei Konserven, keine Antibiotika- nur Schmerzlinderung... . Das wäre die Alternative gewesen. Zu dem Zeitpunkt hat man darauf offensichtlich verzichtet... um Monate später die Ernährung einzustellen.

Es gibt durchaus Menschen, die eine einmal gefällte Entscheidung, wenn sie denn eintrifft, wieder rückgängig machen. Siehe Krebstherapie. Woher weiß ich, dass diese vor Jahren mal getroffene Entscheidung heute noch für den Betroffenen Bestand hat? Zumal es bei der beschriebenen Betroffenen nicht mal ein Schriftstück dazu gibt.

Der Mensch lebt, wenn er im Wachkoma liegt. Er kann empfinden- z.B. Schmerzen. Wer hinschaut sieht mehr als nur Augen auf und Augen zu. Und dieses Leben lässt sich nicht wegdiskutieren. Wenn ich dem Leben die Grundlage entziehe, dann setze ich künstlich einen Sterbeprozess in Gang.


Elisabeth
 
Wieso elegant umschifft- weil ich partout nicht einsehen will, dass Verhungern lassen den Sterbeprozess nicht passiv sondern aktiv in Gang setzt?

Mir hat bisher noch keiner per Fakten nachweisen können, dass ein Wachkompat. eigentlich ein Sterbender ist.

Elisabeth
 
Ich weiß nicht warum du dich da so fest beißt.

1. gehts nicht um dich
2. muß dir keiner was beweisen, weder persönlich noch als Dienstleister
3. gehts hier nicht nur um Wachkomapat.

Es geht einzig und allein darum, dass mein Wille, den ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte entweder niedergelegt oder geäußert habe, respektiert und vollzogen wird.

Ich möchte sichergestellt Wissen, das keine wie auch immer gläubige, missionierende oder auf welchem Trip auch immer befindliche, u.a. auch vom Typ - meins ja nur gut mit dem Pat., zufällige Anwesende was auch immer, mir meinen Willen abspricht und besser zu Wissen glaubt, das ich das ja nicht so gemeint hätte als ich meine Pat.verfügung geschrieben habe.

Der vor mir Liegende hat entschieden, ich werde den Teufel tun und meinen ich wüsste es besser was gut für ihn ist.

Ich respektiere seinen letzten Willen!

Gruß
 
Ich weiß nicht warum du dich da so fest beißt.


...

Der vor mir Liegende hat entschieden, ich werde den Teufel tun und meinen ich wüsste es besser was gut für ihn ist.

Ich respektiere seinen letzten Willen!

Gruß


Und um nix anderes geht es.
Es handelt sich auch in keinster (!!) Weise um eine Tötung jedweder Art. Niemand redet von einem lebensbeendenden Eingriff - sondern vom Beenden der ERHALTENDEN Maßnahmen. Sterben tut der Patient selber. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Der Argumentation "hat bisher alles überlebt" folgend, müsste man dann auch sagen - gut, wenn der Patient Nahrung WOLLTE, würde er auch aufwachen und essen anfangen...

Es verwischen hier deutlich die Grenzen zwischen einem professionellen Auftreten und einer persönlichen Einstellung. Ich bin durch den Beruf durchaus verpflichtet auch Dinge zu tun, die meinem Empfinden (welcher Art auch immer) zuwider laufen. Wenn also die Anordnung erfolgt: Wasch den Patient! und ich will das nicht tun, hab ich ein Problem und bin evtl. fehl am Platz. Dasselbe gilt für die Anordnung: Beende die Ernährung.

DS
 
Ich bin durch den Beruf durchaus verpflichtet auch Dinge zu tun, die meinem Empfinden (welcher Art auch immer) zuwider laufen. Wenn also die Anordnung erfolgt: Wasch den Patient! und ich will das nicht tun, hab ich ein Problem und bin evtl. fehl am Platz. Dasselbe gilt für die Anordnung: Beende die Ernährung.

Mir geht es nicht darum, sklavisch Anordnungen von wem auch immer zu befolgen. Ich kann sehr wohl die Anordnung eines Arztes hinterfragen (und dies dann mit ihm diskutieren), und ich kann mit einer Begründung auch von einem pflegerischen Standard abweichen.

Aber: Ich darf nichts tun gegen den ausdrücklichen Willen des Patienten. Für mich ist das sowohl rechtlich als auch moralisch glasklar.

Elisabeth, ich verstehe sehr wohl, dass Du bei manchem Intensivpatienten den Abbruch der Therapie forderst. Was ich nicht verstehe: Dass Du einem Akutkranken seinen Willen lassen würdest, einem chronisch Kranken nicht.

Ich muss nicht verstehen, warum Du künstliche Ernährung um jeden Preis willst. Du musst auch nicht verstehen, warum so mancher das nicht will. Aber wenn Dein Patient eine Maßnahme ablehnt, darfst Du sie ihm meiner Meinung nach nicht aufzwingen. Ob er nun im Koma liegt oder nicht.

Was machst Du, wenn Du einen Zeugen Jehovas pflegst, der von Bluttransfusionen profitieren würde, diese aber auch religiösen Gründen ablehnst? Ziehst Du dem eins über die Rübe und hängst ihm ein EK an?
 
Mir geht es nicht darum, sklavisch Anordnungen von wem auch immer zu befolgen. Ich kann sehr wohl die Anordnung eines Arztes hinterfragen (und dies dann mit ihm diskutieren), und ich kann mit einer Begründung auch von einem pflegerischen Standard abweichen.


Na, darum gehts hier aber nicht. Ich rede nicht von fachlichen Entscheidungen. Da hast Du natürlich recht.
Aber was - fachlich unumstrittene - Anordnungen angeht, sind wir immer noch weisungsgebunden. Und eine Anordnung aus persönlich/religiösen Gründen zu verweigern, dürfte auch in diesem Fall schwer zu rechtfertigen sein.
 
Richtig. Ich fand aber Dein Beispiel "Wasch den Patienten" schlecht gewählt. Die Anordnung kann ich mit Begründung sehr gut verweigern!

Und umgekehrt: Wenn mir ein Arzt sagt: "Missachte die Patientenverfügung", dann werde ich das so nicht tun. Ich würde in die Diskussion gehen und nötigenfalls höhere Stellen einschalten. Für mich ist das auch ein Teil meiner Aufgabe als Pflegekraft.