Marty
Poweruser
- Registriert
- 10.01.2010
- Beiträge
- 1.051
- Beruf
- krankenschwester und diplompsychologin
- Akt. Einsatzbereich
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Gegenseitige Achtung kenne ich schon lange nicht.
Ich gehöre noch zu der alten Garde, Pünktlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Pflege mit Herz und Qualität standen immer und stehen ( noch) bei mir auf dem ersten Plan.
Ich bin altersmäßig fast bei der alten Garde.
Gegenseitige Achtung, die zwischen Alt und Jung, muss nach beiden Seiten funktionieren. Und bei deiner Aufzählung fehlt mir die eigene Psychohygiene.
Bei deinem Blick auf die Jüngeren steht: Als Vordergrund dagegen stehen bei ihnen eigene Interessen.
Ich sage: bei Älteren steht die Wahrung der eigenen Interessen oft zu sehr im Hintergrund. Ich betrachte gerade die älteren Schwestern auf meiner Station und bin zu dem Schluss gekommen, so möchte ich nicht alt werden. Samt und sonders fehlt das eigene Privatleben, eine erfüllte Beziehung, man hat alles für den Beruf gegeben, jetzt fehlt die körperliche Leistungsfähigkeit, man hat sich seelisch aufgerieben zwischen allen Fronten und, ich muss es so hart sagen, frisst jetzt das Gnadenbrot auf Station, belächelt von den jungen Kollegen oder angefeindet, ausgelacht...da ist vieles möglich. Ich betone, das ist eine Intensivstation, da ist es für Ältere noch mal nen Tacken härter.
Aber, es spielen sich auch folgende Szenen ab: eine ältere Kollegin erhält einen Anruf, Kollegin, die fürs Wochenende eingeplant war, meldet sich krank. Die ältere Kollegin, die sich gerade im Gespräch darüber aufgeregt hat, das sie 4 Wochenenden hintereinander arbeitet, holt ungefragt den Dienstplan und spricht schnaufend, aber bedeutsam: Also, ich könnte da arbeiten, obwohl ich etwas vorhabe, aber dann ist Schluss, mehr als 5 Wochenenden arbeite ich nicht. Da vergeht mir alles. Will sagen, mit dieser Aufopferungsmentalität spielen oft ältere Kollegen ihren Vorgesetzten in die Hände, die sich entspannt zurücklehnen, denn der Laden läuft ja von ganz allein. Die Jungen machen das oft ganz richtig, Arbeitszeiten einhalten, sich abgrenzen und nicht emotional erpressen lassen mit der "wir arbeiten ja schliesslich mit Menschen und nicht mit Werkstücken" Nummer. Dieser Beruf ist nicht der Nabel der Welt.
Was ich mir von den Jungen wünschen würde, ist mehr Rücksicht und Respekt. Wenn jemand nicht mehr so körperlich leistungsfähig ist, müsste er das Recht haben, einfach einen Gang runterschalten zu dürfen. Aber in diesen Zeiten des fortwährenden Drucks auf alle arbeiten bereits die Jungen körperlich am Anschlag. Die Lösung für das Alles? Ich persönlich habe nur eine Gewissheit für mich: hätte ich noch mal die Chance, würde mich dieser Beruf nicht wiedersehen.