Eine schwierige Geburt!

Ute

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Registriert
04.02.2002
Beiträge
1.736
Ort
Hannover
Beruf
Krankenschwester, Fachkraft für Leitungsaufgaben in der Pflege (FLP)
Akt. Einsatzbereich
Zur Zeit in der Elternzeit
Funktion
Study nurse
:!: :idea:
Fallbeschreibung:

Die Patientin, eine 25jährige Erstgebärende, war seit der 12.Schwangerschaftswoche in ärztlicher Behandlung und hatte sich zunächst wohl gefühlt. Die Schwangerschaft verlief normal. In der 26.SSW bemerkte die patientin plötzlich herunterhängende Oberlider, leichte Ermüdbarkeit und gelegentliche Schluckbeschwerden. während der neurologischen Untersuchung wurde ein Neostigmintest gemacht. Dabei kam es zu einer erheblichen Besserung ihres Befindens. Daraufhin wurde ihr Pyridostigmin, 100mg täglich, verschrieben, und es ging ihr gut.

Bis zur 33 SSW nahm sie 13,2 kg zu. Sie hatte einen normalen Blutdruck, keine Ödeme und keine Proteinurie. Wiederholte Ultraschalluntersuchungen wurden ab der 31.SSW durchgeführt und zeigten ein normales Wachstum des Fetus. eine Amniozentese 10 Tage vor dem berechneten Geburtstermin zeigte Reife des fetus.
4 tage nach dem berechneten termin setzten die wehen ein. Der Fundusstand stimmte mit dem Erwartungswert für die SSW überein. Es handelte sich um eine Längslage, der Kopf war führend, fetale Herztöne waren zu hören. Der Blutdrcuk der Mutter steig jedoch auf 220/120 mmHg an, und sie mußte mit Antihypertensiva behandelt werden. Die Zervix dilatierte sich innerhalb von 2 h vollständig. Danach wurde die Mutter plötzlcih auffallend schwach, die Geburt kam zum Stillstand, und die wehen nahmen ab. Der Mutter wurde daraufhin eine zusätzliche Dosis Neostigmin verabreicht. Unter Epidralanästhesie kam es danach schnell zur Geburt eines 3,5 Kg schweren Kindes. eine Episiotomie in der Mittellinie wurde gemacht und vernäht. Die Plazenta wurde spontan geboren, der geschätzte Blutverlust betrug 300 ml, Verletzungen wurden nicht bemerkt. Der Apgar-Score des Kindes war 9 bei 1 Minute und 9 bei 5 Minuten.
Ungefähr 14 Stunden nach der geburt verspürte die patientin Druck auf dem After, und eine vaginale Blutung setzte ein. Bei der Untersuchung in Vollnarkose fand man ein 10 cm großes Hämatom des perivaginalen gewebes und darüber eien Platzwunde in der Scheidenwand der Vagina. Der Uterus blutete nicht, und in der Zervix waren keine Einrisse zu sehen.
Das Hämatom in der Wand der Vagina wurde entleert, die Platzwunde vernäht, die Vagina mit Gaze austamponiert und die patientin mit 8 EK's auftransfundiert, um einen geschätzten Blutverlust von 2,2 l auszugleichen.
Nach 4 satbilden Stunden setzte erneut heftige vaginale Blutungen ein. Die Patientin mußte laparotomiert werden. Erst nach Hysterrektomie und Transfusion von weitern 12 EK's kamen die Blutungen schließlich zum Stillstand. Blutungen an anderen Stellen traten zu keinem Zeitpunkt auf.

10 tage nach der komplizierten Geburt wurde die Patientin in gutem zusatnd aus dem Krankenhaus entlassen.


FRAGEN:
1) Welche Störung hatte die Patientin in der 26. SSW?
2) Wie nennen Sie und wie erklären Sie den Blutdrcukanstieg der patientin zu Beginn der Geburt ?
3) Welche Ursachen für die postpartale Blutung hätte man in Betracht ziehen sollen?

In diesem Sinne :wink: :?:
 
Zu Punkt 3.

Ich tippe auf eine atonische Uterusblutung. Bei der zweiten Blutung, die zur Exstirpation geführt hat .
 
Hallo Ute.
Was soll das für ein Medikament sein ? Pyridostigmin gibt es weder in der Roten Liste noch in der Gelben Liste.

Gib mal einen Hinweis bitte :lol:
 
Hallo Ute,

in der 26. SSW ist es sicherlich zu einer Störung im Elektrolythaushalt gekommen.

Wahrscheinlich Natrium, Calcium und Magnesium .

Sag das es stimmt :cry:
 
Ein wenig Fachinformation gefällig ?
Cholinesterasehemmer (Pyridostigmin)
4. Cholinesterasehemmer

4.1. Physostigmin - ZAS

Der zentral wirkende Cholinesterasehemmer Physostigmin ist eng mit dem Begriff und der Therapie des "Zentralen Anticholinergen Syndroms" verknüpft. Es handelt sich dabei um ein komplexes Zustandsbild mit zentraler und peripherer anticholinerger Symptomatik. Eine Blockade zentraler Acetylcholinrezeptoren führt hinsichtlich der zentralen Symptomatik zu folgenden Symptomen: Unruhe, Agitiertheit, motorische Inkoordination, Desorientiertheit, Halluzinationen, Angstzustände, emotionelle Labilität, Somnolenz, Delir, Koma, Hyperpyrexie, Amnesie. Die periphere Symptomatik entspricht der klassischen anticholinergen Blockade. Klinischen Zeichen sind also Gesichtsrötung, trockene Haut, Tachkardie etc.

Die Diagnose ZAS ist allerdings nicht immer unumstritten. Es ist sicher nur eine Ausschlußdiagnose und wird letztendlich durch die Wirkung von Physostigmin ex juvantibus nachgewiesen und gleichtzeitig therapiert.

ZAS-auslösende Medikamente in der Anästhesie:

- Atropin und Scopolamin

- Benzodiazepine (Diazepam, Flunitrazepam, Midazolam)

- Butyrophenone (Haloperidol, DHBP)

- Phenothiazine (Promethazin, Triflupromazin)

- Inhalationsanäthetika (Enfluran, Halothan, Lachgas)

- Lokalanästhetika (Lidocain)

- H1/H2-Blocker (Diphenhydramin, Cimetidin)

- Opiate (Morphin, Fentanyl, Buprenorphin)

- Ketamin

- Propofol

Diese Liste gibt eine Übersicht über die im Anästhesiebereich applizierten Medikamente, die mit der Auslösung eines ZAS in Zusammenhang gebracht werden. Der Großteil der üblichen anästhesiologischen Medikamente ist betroffen. Die Angaben über die Häufigkeit des Auftretens eines zentralanticholinergen Syndroms schwanken erheblich und liegen zwischen 1 - 40 %.

Bei Physostigmin handelt es sich um ein tertiäres Amin, das die ZNS-Schranke überwinden kann und dort zu einer zentralen muscarinischen Stimulation führt. Während agitierte Formen des ZAS umgehend mit Physostigmin behandelt werden sollten, wird bei komatösen Formen zunächst eine abwartende Haltung empfohlen. Vor Einleitung der Therapie mit Physostigmin wird das Vorliegen mindestens eines zentralen Symptoms in Kombination mit 2 peripheren Symptomen verlangt. Insbesondere komatösen Formen zeigen wohl auch ohne Therapie gute Rückbildungstendenzen. Aber bei der agitierten Form kann der Patient und das Operationsergebnis akut durch das ZAS gefährdet sein, sodaß Physostigmin rasch verfügbar sein sollte.

Physostigmin wird in einer Dosierung von 0.03 - 0.04 mg / kg KG i.v. appliziert. Die Injektionsgeschwindigkeit sollte 1 mg / min nicht übersteigen, initial sollten max. 2 mg appliziert werden. Bei normaler Zirkulation ist die klinische Wirkung nach 3 - 5 min zu erwarten. Die Wirkzeit ist mit 30 - 60 min sehr kurz. Auch hier gilt: Nach erfolgreicher Therapie ist eine weitere Überwachung notwendig, da erneut Symptome des ZAS auftreten können.

4.2. Cholinesterasehemmer - Nebenwirkungen / Kontraindikationen

Nebenwirkungen (zu rasche Applikation!)

Überschießende Sekretion von Schleim, Schweiß und Speichel

Bradykardie / Arrhythmie (SA- / AV-Überleitung)

Bronchokonstriktion

Pupillokonstriktion

Übelkeit, Harn- und Stuhlinkontinenz

Interaktionen mit der neuromuskulären Erregungsübertragung

zentrale Atemlähmung (*)

zerebraler Krampfanfall (*)

Kontraindikationen

Bradykardie (AV-Block, beta-Blocker, Digitalis)

Obstruktive Lungenerkrankungen / Asthma bronchiale

Glaukom

KHK

mechanische Obstruktionen des Urogenital- oder Verdauungstraktes

abdominellen Anastomosen (gleichzeitige Sympatholyse durch PDA) ?

Hypoxie und Hyperkarbie

Myotonie und progressive Muskeldystrophie

Querschnittslähmung

Verbrennungspatienten

geschlossenes SHT (*)

Diese Übersicht der Nebenwirkungen und Kontraindikationen leitet von Physostigmin zu den rein peripher wirkenden Cholinesterasehemmern über. Die mit einem (*) versehenen Unterpunkte treffen nur für den zentral wirksamen Cholinesterasehemmer Physostigmin zund

4.3. Peripher wirkende Cholinesterasehemmer - Muskelrelaxansantagonismus

Bezüglich der Gabe von Cholinesterasehemmern zur Muskelrelaxansantagonisierung gibt es in der Literatur einige Empfehlungen, die sich nicht mit der bei uns üblichen Praxis decken. Die Relevanz dieser Empfehlungen ist ohne eigene praktische Erfahrungen nicht sicher einzuschätzen.

Hier dargestellt sind die Angaben zu den drei gebräuchlichsten peripher wirkenden Cholinesterasehemmern: Neostigmin, Edrophonium, sowie in der Mitte das bei uns im Haus benutzte Pyridostigmin.

Aus diesen Angaben sind einige Punkte besonders hervorzuheben. Die hier aufgeführten Maximaldosen sind der englischsprachigen Literatur entnommen und liegen zum Teil erheblich über dem, was bei uns empfohlen wird. Die Wirkeintrittszeit ist bei Edrophonium am kürzesten, bei Pyridostigmin am längsten. Bezüglich der Wirkdauer hat Pyridostigmin mit 90 min leichte Vorteile. Die relative antagonistische Potenz wird für Neostigmin am größten, für Edrophonium am geringsten angegeben. Dieses Potenzverhältnis spiegelt sich auch im Schweregrad der muscarinischen Nebenwirkungen wieder. Die Empfehlungen bezüglich des zu kombinierenden Anticholinergikums sind durch pharmakokinetischen Überlegungen begründet. Atropin mit einer Wirkeintrittszeit von ungefähr 1 min wird für die Kombination mit Edrophonium empfohlen. Glycopyrrolat mit einem Wirkeintritt nach circa 3 min soll in Kombination mit beiden anderen Cholinesterasehemmern gegeben werden.

Besondere Vorteile der einzelnen Substanzen: Neostigmin verfügt über die stärkste antagonistischen Potenz. Pyridostigmin zeichnet sich durch eine große therapeutische Breite aus, hat geringere muscarinische Nebenwirkungen im Vergleich zu Neostigmin und eine längere Wirkdauer. Die geringsten Nebenwirkungen und die schnelleste Wirkeintrittszeit würden für Edrophonium sprechen.

Bei der Praxis der Antagonisierung eines Nichtdepolarisationsblock stehen drei Fragen im Vordergrund: Welcher Cholinesterasehemmer sollte appliziert werden, welches Anticholinergikum und jeweils in welcher Dosierung.

schon mal bei www.google.de geschaut ???
:wink:
 
hi Rabenzahn,

Punkt 3 stimmt nicht !!!

Und die Störung im E'lythaushalt war auch nicht gemeint !!!
 
Gibt es denn noch weitere Hinweise, oder war es das ?

Und was soll das ZAS ausgelöst haben ?
 
Hallo Ute,

wie hat denn der Blutzucker bei deiner Patientin ausgesehen?

Zu Punkt 3:

- ev. vorzeitige Plazentalösung?

Wurde auch wirklich die ganze Plazenta entfernt?

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Blutzuckerschwankungen treten eher in der Frühschwangerschaft auf, da in dieser Phase ein enormer Glucosebedarf besteht. ( Heisshunger )

Eine vorzeitige Plazentalösung macht auch kein runterhängendes Lid .

Frage: " Warum gibt es nicht mehr Informationen gggrrrrrr :twisted: :twisted:
 
Hier ist Auflösung !

1) Welche Störung hatte die Patientin in der 26. SSW?
2) Wie nennen Sie und wie erklären Sie den Blutdrcukanstieg der patientin zu Beginn der Geburt ?
3) Welche Ursachen für die postpartale Blutung hätte man in Betracht ziehen sollen?


zu 1) Myasthenis gravis

zu 2) Es handelt sich hier seh wahrscheinlich um eine leichte Präeklampsie, die bei Begleiterkrankungen mit vermehrter Häufigkeit auftreten kann.

zu 3) Gestörte Uteruskontraktionen; Fibromyome des Uterus; Verbrauchskoagulopathie (jedoch bei fehlenden anderen Blutungen nicht sehr wahrscheinlich); periuterine Beckenhämatome.

Viel Spaß noch in diesem Forum

MfG ute :wink:
 

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