25.03.2008 - VOX - 22.15 Uhr: Fressen oder Hungern?

narde2003

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Die Knochen stehen hervor, die Organe sind irreparabel geschädigt. Jedes Jahr hungern sich Dutzende junger Mädchen zu Tode. Essstörungen gelten mittlerweile als die gefährlichste Erkrankung in der Pubertät. Und bereits jede dritte Schülerin oder Schüler zwischen zwölf und 20 leidet an Frühformen von Essstörungen. Jeder achte entwickelt irgendwann während seiner Entwicklung eine Form von Magersucht oder Bulimie. Psychischer Druck, Konkurrenz, Mobbing und Angst vor dem Alleinsein - gestörtes Essverhalten kann viele Ursachen haben. Eines aber ist allen Betroffenen gemeinsam: Ihr Leben ist der Sucht unterworfen und allzu oft auch vorzeitig beendet. Wie gehen Betroffene mit ihrem Schicksal um? Welche Wege führen aus der Sucht? Welche Auswirkungen hat gestörtes Essverhalten im Alter? stern TV-Reportage begleitet seit zwei Jahren Betroffene auf ihrem Weg im Kampf gegen die Essstörung.

Sinah ist 18 Jahre alt und hätte in diesem Jahr eigentlich Abitur gemacht, aber es ging nicht. Sinah fehlte die Kraft. Mit 34 Kilo bei einer Größe von 1,72 cm reichte die Energie nicht mehr zum Lernen. Sinah findet sich fett. Obwohl das intelligente Mädchen völlig entkräftet ist und nur noch aus Haut und Knochen besteht, sieht sie sich mit anderen Augen. "An den Oberschenkeln schwabbelt es immer noch", erklärt sie mit fester Stimme. "Alle sagen, ich sei zu dünn, aber das stimmt nicht." Seit drei Wochen ist die Gymnasiastin in einer Klinik für Essstörungen am bayrischen Chiemsee. 40 Mädchen sind hier zurzeit in der Abteilung für Magersüchtige und Bulimikerinnen untergebracht. Jedes Mittag- und Abendessen unter Aufsicht ist mit Angst verbunden, jeder Bissen eine Überwindung. "Ich muss da durch, ich will ja leben", sagt Sinah. Aber zunehmen will sie eigentlich nicht.

Auch die 47-jährige Petra hat Angst. Sie steht kurz vor einer gefährlichen Operation. Von jeder Brust sollen 800 Gramm Haut- und Fettgewebe entfernt werden. Dann sollen Implantate eingesetzt werden. Petra war Zeit ihres Lebens fresssüchtig. Seit ihrer Kindheit dachte sie fast immer ans Essen. Noch vor zwei Jahren wog die arbeitslose Frau 168 Kilo und konnte sich kaum bewegen. Dann entschloss sie sich zur Operation. stern TV-Reportage war dabei, als sie sich einen Magen-Darm-Bypass legen ließ. Bis heute hat Petra 65 Kilo abgenommen. Von Größe 68 auf Größe 48 hat sie es geschafft. Nur ihr riesiger Busen belastet sie. Durch die Gewichtsabnahme hängen Brust- und Bauchgewebe bis auf die Oberschenkel runter. Das muss anders werden, schließlich will Petra bald heiraten und so passt sie in kein Brautkleid...

Der 23-jährige Philipp beißt sich durch. Er ist einer von 90.000 Männern in Deutschland, die unter einer Essstörung leiden. Als er noch zur Schule ging, hatte sich der Gymnasiast fast zu Tode gehungert. Nach einem Schwächeanfall kam er auf die Intensivstation und in die Klinik für Essstörungen. "Ich fand das geil, immer schlechter auszusehen", erzählt Philipp heute. Er wiegt inzwischen 60 Kilo und lebt in einer kleinen Studentenwohnung in Regensburg. Ganz überwunden hat Philipp seine Störung allerdings noch nicht. Er muss Psychopharmaka gegen seine Angstzustände nehmen, bei jedem Bier zählt er die Kalorien und: "Ich liebe es immer noch, schlecht auszusehen. Ich will keine roten Bäckchen haben, ich will krank aussehen", lacht Philipp.
 

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