News Urteil zur Sterbehilfe stärkt Willen des Patienten

narde2003

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Karlsruhe - Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur passiven Sterbehilfe ist es nicht länger strafbar, bei todkranken Menschen das Gerät zur Beatmung abzuschalten oder die künstliche Ernährung zu unterbrechen. Allerdings muss eindeutig klar sein, dass der selbst nicht mehr entscheidungsfähige Patient den Behandlungsabbruch befürworten würde. Damit hat das Karlsruher Gericht mehr Rechtsklarheit für Ärzte und Betreuer im Umgang mit unheilbaren und im Koma liegenden Kranken geschaffen.

zum weiterlesen:Urteil zur Sterbehilfe stärkt Willen des Patienten - Nachrichten welt_print - Politik - WELT ONLINE
 
In meiner Patientenverfügung steht: keine Antibiotika mehr, keine Katecholamine- nur Sedierung und Schmerzmittel.

Verhungern lassen hab ich asugeschlossen. Muss man heutzutage wahrscheinlich wirklich explizit aufschreiben, denn es scheint der gängige Weg zu werden.

Elisabeth
 
In meiner Patientenverfügung steht: keine Antibiotika mehr, keine Katecholamine- nur Sedierung und Schmerzmittel.

Verhungern lassen hab ich asugeschlossen. Muss man heutzutage wahrscheinlich wirklich explizit aufschreiben, denn es scheint der gängige Weg zu werden.

Elisabeth
Da hast Du wohl recht, habe es genauso gemacht

LG Bernd
 
Da die beschriebene Patientin die künstliche Ernährung ausdrücklich in ihrer Patientenverfügung abgelehnt hat, sehe ich kein Problem in der Durchführung. Die Richter haben entschieden, dass dem bekannten Willen des Patienten Folge geleistet werden muss. Dem stimme ich zu.
 
Ich glaube, dass Menschen, die nicht aus dem Mileu der Medizin kommen, wirklich garkeine ernsthafte Chance hatten bisher wirklich detailliert darzulegen was gewollt oder nicht gewollt ist.

Gute Entscheidung, freue mich sehr.
 
Da die beschriebene Patientin die künstliche Ernährung ausdrücklich in ihrer Patientenverfügung abgelehnt hat, sehe ich kein Problem in der Durchführung.
Man sollte den Artikel vorher lesen - ich hatte in den Nachrichten gehört, dass eine Patientenverfügung vorhanden gewesen sei. Nun verstehe ich, warum man ein Gericht bemühen musste. Was nichts daran ändert, dass ich an Stelle der Tochter wahrscheinlich ähnlich gehandelt hätte - ich weiß, was meine Mutter sich in dem Fall wünschen würde, auch wenn ich das bis jetzt noch nicht schriftlich habe.

Ich glaube, dass Menschen, die nicht aus dem Mileu der Medizin kommen, wirklich garkeine ernsthafte Chance hatten bisher wirklich detailliert darzulegen was gewollt oder nicht gewollt ist.

Inwiefern? Es gibt seit Jahren sehr gute Vordrucke für Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten. Du bekommst sie in jeder Buchhandlung. Zusätzlich bieten soziale Dienste, Hospizvereine, Ärzte oder auch Anwälte die Möglichkeit einer persönlichen Beratung (zugeben, bei letzteren kostet es was).

Also, die Möglichkeit zu einer schriftlichen Niederlegung des Willens gibt es schon lange. Viele wollen sich verständlicherweise nur nicht so detailliert mit der eigenen Sterblichkeit befassen.
 
War eher auf Elisabeths Kommentar in ihrer eigenen Patientenverfügung bezogen.

Es ist so, dass zb "lebensverlängernde Maßnahmen" ein so deutlich zerrbarer Begriff ist, dass der viele Maßnahmen einschließt, aber gleichzeitig auch nicht ausschließt.

In der Patientenverfügung stehen zwar gute, allgemeingültige Dinge, die sich jedoch immer gut diskutieren lassen.

Konkrete Ansagen wie zB "keine Antibiotika" ist eine unumstößliches Faktum. Egal ob sie nun "lebensverlängernd" oder "schmerzlindernd" oder "lebenserhaltend" sind.
 
Bei einer guten Patientenverfügung - gerade solchen, die nach Vordrucken erstellt wurden - bleibt nicht mehr viel Spielraum für Interpretationen, die dem Willen des Patienten zuwiderlaufen. Dort sind es meistens konkrete Wenn-Dann-Ansagen. Ich hab bisher eher frei formulierte Patientenverfügungen als kritisch erlebt.

Einmal hatte ein Patient einen scheckkartengroßen Zettel bei sich, auf dem wortwörtlich nur stand: "Ich will keine Bluttransfusion und keine Narkose. Lasst mich in Frieden sterben." - unleserliche Unterschrift. Nicht wer, nicht unter welchen Umständen. Das Ding war natürlich nicht das Papier wert, auf dem es stand (allerdings brauchte es der Patient damals gar nicht, der wurde symptomkontrolliert entlassen).
 
Sehr gutes Urteil, längst überfallig!!!

Ich hab schon viel zu oft gesehen, dass Patientenverfügungen einfach übergangen worden sind. Keine Reanimation und keine lebensverlängernden Maßnahmen? Och, egal, Katecholaminperfusoren gehen aber trotzdem... Ich hoffe sehr, dass so etwas jetzt ein Ende hat!
 
Wenn es um lebensverlängernde Maßnahmen geht, dann befinden wir uns in einer Intensivstation. Hier kann es auch den von den Richtern benutzen Begriff des Behandlungsabbruchs geben.

Ich gehe mal davon aus, dass wenn wir uns an den Tisch setzen und essen nicht eine Behandlungsmaßnahme an uns durchführen.

Wem nach 5 Jahren einfällt, dass er vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung getroffen hat, der darf es dann nachholen indem er seinen Angehörigen verhungern und verdursten lässt.
Sicher muss man bei vielem davon ausgehen, dass ein Journalist nicht wortgenau etwas wiedergibt. Nichtsdestotrotz machen mich Sätze wie: ich konnte das Leiden nicht mehr mit ansehen- mehr als nachdenklich. Geht es wirklich immer um den Betreffenden, wenn man nur auf die Aussage der Angehörigen angewiesen ist, oder spielt da nicht auch die Unfähigkeit unserer Gesellschaft mit Krankheit, Leiden und Sterben umzugehen mit rein?

Ich glaube, die allerwenigsten Menschen mit einer Patientenverfügung begreifen überhaupt, was sie da ausgefüllt haben. Sie denken ein Papier wird schon alles richten. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass man als Laie in gesunden Tagen bereit ist, sich ganz differenziert mit dem Sterben als solches auseinanderzusetzen.

Es ist und bleibt eine medizinische Entscheidung. Und hier gehört angesetzt. Dort sitzen die Fachleute und denen gehört auf die Finger geklopft und das zwar mehr als deutlich. Ich muss als Pat. darauf vertrauen können, dass der Arzt eine Entscheidung zu meinem Wohl trifft und auch meine Angehörigen dahingehend berät. Und ich erwarte von einem Arzt, dass er sich ggf. auch gegen die Meinung meiner Angehörigen stellt und unter Umständen eben nicht alles medizinisch mögliche macht nur um dem Kadi zu entgehen.
Aber das wird wohl ein Wunschtraum bleiben.

Mein Männe war übrigens entsetzt als ich ihm offeriert habe, dass er meinen Willen ggf. durchsetzen muss. Seine hilflose Frage war: warum kann das nicht ein Arzt entscheiden?

Elisabeth
 
Wenn es um lebensverlängernde Maßnahmen geht, dann befinden wir uns in einer Intensivstation.
Nein, nicht zwangsläufig. Künstliche Ernährung ist auch eine lebensverlängernde Maßnahme. Vor 50, 60 Jahren hatte man die Möglichkeit der enteralen Ernährung über die PEG noch gar nicht. Ergo sind die Patienten, die heute damit ernährt werden, damals verstorben.

Ich gebe dir vollkommen recht damit, dass die Ärzte wieder nach "Sinnhaftigkeit" und nicht nur nach "Machbarkeit" entscheiden sollten. Es ist zum Verzweifeln, wie viele unserer Patienten noch bei weit fortgeschrittener Erkrankung auf Teufel komm raus therapiert werden - mit der ich-weiß-nicht-wievielten Chemo, Bestrahlung oder Operation. Oft genug kommt der Satz: "Wenn ich gewusst hätte, wie schlecht es mir dadurch geht, hätte ich es gar nicht erst angefangen." Und da hast Du Recht - dem Laien kannst Du da viel erzählen; erfahrene Mediziner oder Pflegekräfte hätten in diesen Fällen um die Sinnlosigkeit der Therapie gewusst.
 
In dem Moment, wo die mit einer PEG-Sonde versorgten Menschen leben ist es aus meiner Sicht keine lebensverlängernde Maßnahme mehr. Der Sterbeprozess wird hier künstlich eingeleitet. Und wenn wir schon human sein wollen, dann sollte auch der Tod human herbeigeführt werden. Und das bedeutet nun mal: entsprechende Medikamente nutzen.

Warum schrecken wir davor zurück? Mit dem Verhungern und Verdursten lassen erfülle ich auch den Tatbestand des Mordes.

Elisabeth
 
Natürlich ist das eine lebensverlängernde Maßnahme. Wenn jemand - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbständig essen kann (und damit meine ich bewusstes Kauen und Schlucken), dann verlängere ich durch eine PEG sein Leben. Genauso jede Form von Therapie, die eine (auch nur kurzfristige) lebenswichtige Funktion ersetzt oder essentiell unterstützt.

Dass eine völlig von Eigeninteresse oder auch subjektiver Interpretation losgelöste Entscheidung von Angehörigen nicht zu leisten ist, ist klar. Aber irgendwer muss entscheiden können. Entweder die ärztliche Expertise (der ich nur dann traue, wenn der betreffende Arzt mit den Fall nix zu tun hat und seinen Namen nicht nennen muss), der ausdrücklich formulierte Willen des Betroffenen, die Angehörigen oder sonst eine Instanz.
Wie wäre es denn, wenn man aus den riesigen Datenmengen die man inzwischen hat, ein Scoringsystem erstellt, was prognostische bzw. statistische Entscheidungen liefert? Da hieße es dann, Patient (Alter x, Diagnosen y) hat nur eine 5% (oder 0,5% oder 0,05....) Chance auf Genesung oder zumindest bestimmte Rekonvaleszenz. Therapie wird abgebrochen bzw. erst gar nicht gestartet.

BTW: 4 x 1g Novalgin und dazu ne 2,5er Tavor sind auch Sedierungs- und Schmerzmittel. Ob einen das allerdings friedfertig dahinscheiden lässt...

DS
 
Der Mensch ist in dem angegebenen Beispiel hilflos. Er befindet sich definitiv nicht im Sterbevorgang. Ein Koma ist nicht gleichzusetzen mit Sterben.
Der Mensch im Koma ist auf deine Pflegezuwendung, die auch das Nahrung reichen beinhaltet- in welcher Art auch immer, angewiesen.

Elisabeth
 
Natürlich liegen komatöse Menschen damit nicht automatisch im Sterben. Aber: Wer ins Koma fällt, wird sterben, wenn er nicht künstlich ernährt wird. Ergo ist die Ernährung eine lebensverlängernde Maßnahme. Die Nicht-Aufnahme genauso wie der Abbruch einer solchen Maßnahme sind per definitionem passive Sterbehilfe und haben mit Mord nichts zu tun. Ich töte den Patienten nicht, ich halte seinen natürlichen Tod nicht auf.

Abgesehen davon betrifft das Problem ja wesentlich mehr Patienten, nicht nur Wachkomafälle.

Gibt ein neues, sehr gutes Buch zu dem Thema:
http://www.amazon.de/Wie-wollen-wir...=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1278011641&sr=1-1
 
Durch das Verändern des Wortes ändert sich doch nicht die Tatsache. Und wenn wir uns mit dieser- aus meiner Sicht aktiven Sterbehilfe- einverstanden erklären... warum dann nicht deui humanere Art des Sterbens wählen: Überdosierung der Schmerzmedikamente. Jedes Tier darf humaner ableben.

Der Mensch lebt, wenn er Nahrung bekommt. 5 oder sogar 15 Jahre Überleben in diesem Zustand sind wohl Bestätigung genug, dass man auch in so einem für uns ungewohnten Zustand überleben kann.

Wo wollen wir anfangen- wo soll es enden? Wer soll/ darf/ muss sterben? Wollen wir eine Altersgrenze vorgeben? Soll es eine Zeitgrenze geben?

So einfach, wie sich das gedacht wird mit der Patientenverfügung funktioniert es nicht. Im Gegenteil- es wird immer komplizierter. Es geht um Auslegungen, da der Laie selten bis nie konkrete Angaben macht.

Und selbst Fachleute scheinen sich nicht einig zu sein. Ich stehe ja mit meinem Wunsch, nicht verhungern zu müssen, nicht alleine da.

Es bleibt dabei: einen Therapieabbruch kann ich in der akuten Phase in Erwägung ziehen- nicht nach Jahren.

Elisabeth

PS http://www.a-zieger.de/Dateien/Publikationen-Downloads/Memorandum.pdf
 
Es bleibt dabei: einen Therapieabbruch kann ich in der akuten Phase in Erwägung ziehen- nicht nach Jahren.

Mit welcher Begründung? Warum ist ein- und dieselbe Maßnahme zum einen Zeitpunkt human, zum anderen Zeitpunkt nicht?
 
Weil er sich in der Akutphase bereits in einem instabilen Zustand befindet.

Elisabeth
 
Hallo
Zum Thema PEG. Meine Großmutter 96 Jahre alt, zunehmend verwirrt, nach einem Sturz bettlägrig, Schmerzen. Verweigert immer öfter ihr Essen.Trinkt nur sehr wenig. Patientenverfügung vorhanden.
Nach erfolgreicher Schmerztherapie immer noch Nahrungsverweigerung.
Das Einzige was sie noch mit Genuß zu sich nimmt ist ab und zu ein Stück Schokolade. Solange man ihr kein Essen aufdrängen will ist sie zufrieden.
Äußert oft den Wunsch endlich sterben zu können.
Pflegeheim hätte gerne eine PEG, man kann die arme Frau schleißlich nicht verhungern lassen. Hausarzt und ich kennen den Wunsch meiner Großmutter, also keine PEG. Vom Pflegeheim wird großes Trara gemacht, wir sind böse weil wir die arme Frau verhungern lassen. Solange der "armen Frau" niemand versucht mit , mehr oder weniger sanfter Gewalt, Essen einzugeben,fühlt sie sich wohl.
Nach 6 Monaten durfte meine Großmutter in meinem beisein, ohne PEG und ohne Schmerzen sterben. Sie hätte mit PEG sicher noch Monate ? Jahre? leben können. Das wollte sie nie, sie hat ihre Schwester 15 Jahre lang im Pflegeheim gesehen mit PEG, mit Kontrakturen, jammernd bei jedem Lagerungswechsel. So wollte sie nie am leben gehalten werden.
Ich würde so auch nicht leben wollen.
Alesig
 
Dieser Entscheidung kann ich voll und ganz folgen. Warum soll der natürlich in Gang gekommene Sterbeprozess unterbrochen werden.

Womit ich nicht konform gehe, dass der Sterbeprozess künstlich aktiviert wird. Und das geschieht nun mal, wenn man einen vor Jahren mit einer PEG versorgten komatösen Menschen die Nahrung verweigert... und um es mal bösartig auszudrücken: man nun als Angehöriger lange genug gewartet hat und der Betroffene einfach nicht sterben will.

Elisabeth