Umfrage: Umgangston im OP

Umfrage Im OP

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Redakteurin der Zeitschrift "Im OP" (Georg Thieme Verlag)
Hallo zusammen,

eine englische Befragung unter Mitarbeitern in der Chirurgie zeigte, dass die Hälfte bis zwei
Drittel Opfer aggressiven Verhaltens im OP-Bereich wurden. Das kann die Konzentration und
Leistung der Mitarbeiter beeinträchtigen und sich negativ auf die Behandlung der Patienten
auswirken. Welcher Umgangston herrscht in eurem OP?

Die Antworten würden wir gern - ohne Namensnennung - für eine der nächsten Ausgaben der
Zeitschrift "Im OP" nutzen.

Vorab schon einmal vielen Dank!
 
Hallo. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Vorgesetzte Einzelpersonen, denen keine Grenzen gesetzt werden und die dadurch ihre Launen an den restlichen Mitarbeitern auslassen können oder einfach ihre Macht demonstrieren, ein ganzes Team negativ beeinflussen können.
Es entstehen innerlich Aggressionen wenn man von einem ,Feldwebel' den ganzen Tag durch den Saal gescheucht wird und einem gesagt wird was man zu tun und zu lassen hat. Es gibt Mitarbeiter die sich nicht trauen etwas dagegen zu sagen und somit an Selbstbewusstsein verlieren und das lenkt sie auch davon ab ihre Arbeit gut zu machen, obwohl sie es fachlich könnten.
Und selbst wenn man den Mund aufmacht und sich wehrt, es aber trotzdem keine Konsequenzen für die Person hat, wird man einfach unausgeglichen bei der Arbeit sein und nicht sein Bestes geben können.
Weitere Gründe, die zu einer gereizten und auch aggressiven Stimmung im Team führen sind mittlerweile chronische Überlastung durch Personalmangel und dadurch mehr Arbeit und Überstunden.
Wir sind uns dessen aber bewusst und versuchen immer wieder entgegen zu steuern, z.B. durch Einführung eines OP-Stammtisches.
Der Klassiker in jedem OP ist natürlich der cholerische Arzt, der bei jeder Gelegenheit das Schreien anfängt, wenn ihm irgendetwas nicht passt, was sich bisweilen vom Abwaschen bis zur Hautnaht durchzieht. Sowas geht irgendwann natürlich auch an die Substanz, wenn das einzige Mittel dagegen wäre den Mund zuzukleben oder den Tisch zu verlassen. Ich rede hier natürlich nur von Einzelpersonen, es handelt sich nicht um den Regelfall.
Das sind Beispiele, die ich selbst im Alltag erlebe.
 
Der Umgangston im OP richtet sich ganz klar nach der Position in der „Futterkette“.

Die OP-Leitung hat nichts auszuhalten. (ich weiß sehr absolut formuliert)
Sie wird von den Ärzten hofiert, denn sie teilt das Personal zu und bestimmt mit welcher Operateur das „Messer schwingt“ und welcher warten muss.
Der Chefarzt besteht sehr häufig auf der Leitung am Tisch, denn Leitung=beste Schwester.
Ober- und Assistenzärzte empfinden es schon als Ehre, wenn die Leitung mal für 3 Sekunden den Kopf zur Tür reinsteckt.
Die Chefin schreibt den DP.
Wer ausschert und nicht immer "Ja" sagt, hat halt häufig an unbeliebten Terminen Dienst und ist, natürlich rein zufällig, bei den ungemütlichsten Ärzten im Saal.

Anfänger im OP werden behandelt wie Menschen zweiter Klasse. Sie werden mit (nicht nur) verbalen Entgleisungen / Attacken der direkten KollegInnen, Vorgesetzten, den Ärzten und dem Rest der Belegschaft konfrontiert.
Anfänger werden
  • nicht beachtet..tlw. nicht mal gegrüßt
  • werden nicht wahrgenommen
  • tlw. nicht mal in einen Saal eingeteilt
  • werden angemotzt, angeschrien, abgekanzelt
  • sie sind nie schnell genug
  • nie gut genug
  • nie lernfähig genug
  • von keinem Arzt am Tisch gewollt.....Fazit: Springer für ewig
Anfänger sind immer die, die als Letzte kamen...Vorerfahrung? Egal!
Erst wenn ein „Platzhirsch“ geht und ein neuer Ma eingestellt wird, steigt man in der fragwürdigen Sub-Hierarchie auf.
Es entwickelt sich eine Umgangskultur, die diesen Namen wenigstens halbwegs verdient.
„Plötzlich“ ist der -eben noch Anfänger- gut genug, um bei dieser oder jener OP zu stehen und auch der Operateur erkennt „plötzlich“ die Leistung an.

Bevor sich wieder jemand angegriffen fühlt, das sind nur meine Erfahrungen aus mehreren Ops´ und mir ist bewusst, dass es löbliche Ausnahmen gibt.

VG lusche
 
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Ich finde es sehr befremdlich, wie in manchen OP's mit den Mitarbeitern umgegangen wird. Zum Glück hatte ich immer Chefinnen, denen das Wohl ihrer MA am Herzen lag. Bei cholerischen Operateur bin ich auch schon mal abgetreten. Meine Chefin hat mich dabei sogar unterstützt und dem Arzt die Meinung gegeigt!!
Inzwischen bin ich selber Chefin und dulde es nicht, dass sich Operateure daneben benehmen und brüllen und stampfen. Bei uns herrscht ein gutes Miteinander, es wird viel gearbeitet, aber auch viel gelacht.
Wenn gut und strukturiert eingearbeitet wird, kann auch keiner verheizt werden, das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Mitarbeiterzufriedenheit steigt.
LG
 
Wenn ich so etwas wie bei Lusche lese, werde ich traurig und wütend .
Traurig, weil es anscheinend immer noch OP-Kräfte gibt, die in solchen Häusern arbeiten müssen und wütend, weil sich niemand wagt, solche unwürdigen Zustände anzuprangern und sich zu wehren…. im Zweifelsfall durch Kündigung .
Ohne Personal können die "Oberen in der Futterkette" sich nur gegenseitig anmachen und das System bricht zusammen.

LG Einer
 
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Es bleibt ja nur die Kündigung.
Chefärzte und Oberärzte, die keine Sozialkompetenz haben, sind Leistungsträger und die OP-Schwester ist Kostenfaktor.
Die kann man schneller ersetzen.
Und da, selbst bei körperlichen Attacken, eine Krähe der anderen kein Auge aushackt und der kleine Assistent sich seine Karriere nicht versauen will, ist es eben schwer, Fehlverhalten zu beweisen. Krankenschwestern, sind ja oft Frauen, und man weiss ja, das die leicht überreagieren und eigentlich alles ganz harmlos war. (Vorsicht Ironie)

Vor vielen Jahren, bei einem großen Maximalversorger, hat mal eine komplette Mannschaft gekündigt (bis auf die Leitung) dann war es eben ein paar Wochen mal eng, aus anderen OP-Abteilungen mussten Leute dort einspringen, dann war das Personal wieder aufgestockt und alles ging wieder seinen Gang. Die hohe Fluktuation dort war zwar lästig, aber kein Grund mal den Akademikern ordentlich auf die Finger zu hauen.


Allgemein glaube ich aber, das in den meisten OP-Abteilungen ein akzeptables Klima herrscht.
 
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Ja....was bleibt ist die Kündigung.
...mich bekommen keine 10 Pferde wieder in einen OP.
Abgetreten bin ich auch schon...Rückendeckung? nö...ich hatte das „Bürogespräch“.
Meinung gegeigt habe ich auch schon...grins...“Bürogespräch“ mit dem Versuch mich zwangsweise zu versetzen.

Eine Chefin, die sich vor die Mitarbeiter stellt?...habe ich nie erlebt.

Ach ja...körperliche Gewalt wurde mir auch angedroht...die anderen Anwesenden waren in dem Moment gerade taub...
Zählt dazu auch , absichtliches Pieksen mit der Nadel im richtig angereichten Nadelhalter, verbunden mit dem "Hinweis" man habe das Instrument falsch angereicht?
Von widerwärtigen "Schlüpfrigkeiten" will ich gar nicht erst anfangen....

Fluktuation und Krankenstand sprechen für sich. In den....sorry sehr wenigen.. guten OP´s ....laufen die Mitarbeiter nicht weg.
Na ja, die regionalen Bedingungen spielen vielleicht auch eine Rolle....könnten das Bild verfälschen?

VG lusche
 
Woher kommst du ,lusche', weil du von regionalen Bedingungen sprichst?
 
Ich interpretiere regionale Bedingen mit Wechselmöglichkeiten.

Wenn ich mehrere Krankenhäuser in erreichbaren Nähe habe z.B. in Ballungszentren , kann ich leichter den Arbeitsplatz wechseln, als wenn ich ländlich wohne und die Krankenhäuser weit voneinander entfernt liegen.
 
Stimmt, so kann man es auch sehen. :thinker:
 
Die Brüder sind aber letztlich auf uns angewiesen, wir können sie am Tisch und als Springer "aushungern". Dazu brauchts keine Rückendeckung von wem auch immer, sondern Fantasie. - Und die merken schnell woher der Wind pfeift.....
 
Zuletzt bearbeitet:
...wir können sie am Tisch und als Springer "aushungern".
Das habe ich auch immer wieder gehört...doch wie sieht es denn aus...im richtigen Leben?

Welche Möglichkeiten habe ich denn so am Tisch und springend?
  • langsamer arbeiten?
  • Haken halten verwehren?
  • „Tischgrabschverbot“
  • Diskussion während der OP? Gern auch hinterher...weil der Operateur natürlich wartet?
  • Lichteinstellung erschweren?
  • Kittel vom Operateur schön eng binden?
  • Abtreten / den Saal verlassen?
Möglicherweise fehlt mir die Fantasie und es gibt noch diverse Möglichkeiten....immer her damit.

Es ist kein Problem im Alleingang gegen Strukturen aufzubegehren?
Rückendeckung wird nicht gebraucht, wenn man abtritt...als Springer den Saal verlässt....Knigge – Diskussionen führt und der Operateur sich beschwert?
Entschuldigung, aber das kann nur von Leuten kommen, die noch nie unter Repressalien leiden mussten, oder sich nicht mehr erinnern. (ich möchte natürlich niemandem zu nahe treten)

Nur ganz nebenbei, wie löse ich damit die Problematik mit den KollegInnen und/oder Vorgesetzten?

VG lusche
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Prinzip hast Du es doch erfasst. Die angeführten Punkte sind fast vollzählig, zum Tischgrapschverbot vielleicht noch der Hinweis: wer mich zum "Aufräumer" degradiert, darf nicht damit rechnen umsichtig und vorausschauend "bedient" zu werden! Der bekommt z. B. nach zwei Overhold eben nicht automatisch die Schere und anschließend ohne Kommentar den im Overhold eingespannten Faden etc.. Wenn ich als Intrumentierender für die Vollständigkeit der OP-Instrumente vor und besonders nach der OP verantwortlich sein soll, muss mir dazu auch der notwendige Raum geschaffen werden. Wenn hier keine Einsicht erreicht werden kann, dann eben per Dokumentation oder im schlimmsten Fall mittels Kündigung. Nach über 20 Jahren in verschiedenen OPs kann ich versichern, dass eine Kündigung so leicht nicht verschmerzt wird. OP-Personal ist rar, insbesondere Erfahrenes!
 
Im Prinzip hast Du es doch erfasst.
Freu...

Bleibt immer noch die Frage bzw. das Problem: was kann ich ohne Rückendeckung von KollegInnen/Vorgesetzten erreichen?

Wer glaubt wirklich, dass es ohne Unterstützung „von oben“ und dem Team Veränderungen gibt? Ich nicht.
Cholerische Ärzte bleiben cholerisch und verhalten sich unangemessen, solange ihnen niemand der auch die Macht dazu hätte, Einhalt gebietet.
KollegInnen, die unsägliches Verhalten zeigen, ändern sich auch nicht, nur weil eine einzelne ("unwichtige") Kollegin aufbegehrt.

Prangere ich allein Missstände an und nutze meine Möglichkeiten des „Aushungerns“, bade ich mein „Engagement“ auch alleine aus....ein Arbeitsleben mit dem Rücken zur Wand ohne Beistand ist die Folge....wer hält das ewig aus?

Dann bleibt wirklich nur mit den Füssen abzustimmen....und unter Umständen vom Regen in die Traufe zu wandern.

VG lusche
 

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