Praxisnahe Pflegeplanung

Lillebrit

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Hessen
Akt. Einsatzbereich
Schule
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Lehrerin
Hallo,

also zur Pflegeplanung:
Diese ist in der Berufspraxis - je nach Station und Haus - leider mehr und mehr zum "Abrechnungsinstrument" verkommen. Vorgefertigte Tabellen, in denen man nur noch ankreuzen muss.....
DAS war aber nicht im Sinne des Erfinders *g*. Die Schule lehrt also die Basics... den Patienten zu betrachten und aus dem Zustand Pflegeprobleme selber herleiten und formulieren zu können; Ziele zu benennen und geeignete Maßnahmen zu finden.
Ja nach Einsatzgebiet können die Schüler das so mehr oder weniger umsetzen. Auf einer Internistischen Station werden die Schüler keine so idealen Rahmenbedingungen haben wie z.B. in der Psychiatrie oder einem Altenheim.....aber es wird ja nicht lediglich für ein Haus ausgebildet !
Viele Schüler werden in Zukunft ihre Tätigkeit im häuslichen Kontext oder einem Altenheim o.ä. aufnehmen. Allerdings hat dort fast jedes Haus eine andere Dokumentation... die Schule kann es also nur so vermitteln, wie eine Pflegeplanung im Idealfall auszusehen hat; das Umlernen findet dann in der Praxis statt.

Das moderne Handlungskonzepte häufig leider nur rezeptartig vermittelt werden sehe ich auch so... das Problem liegt meines Erachtens in der fehlenden Qualifikation und Erfahrung im Alltag mit diesen Konzepten.
Es ist - leider - üblich, dass ein Dozent selber nur einen Kinaesthetics-Grundkurs absolviert hat, nun aber meint alles zu wissen und auch vermitteln zu können.
Da werden dann Sachen aus dem eigenen Grundkurs unreflektiert übernommen und "Handgriffe" nachgeturnt. Viele wissen eben nicht, das Kinaesthetics genau das nicht ist!
Sicher gibt es einige Lehrer, welche die Qualifikation zum Trainer haben. Das Problem sehe ich aber in den hohen Ausbildungskosten sowie dem immensen zeitlichen Aufwand. Bis man seinen ersten Grundkurs geben darf, dauert es i.d.R. 2 Jahre... man hat ca. 1000 Stunden investiert; war ca. 70 Tage abwesend und muss auch mit einem Kostenaufwand von Rund 10 Tsd. Euro rechnen.
DAS können sich immer weniger Arbeitgeber leisten... auch als Selbstzahler muss der Arbeitgeber Deinen Arbeitsausfall kompensieren!

Zu den anderen Sachen:
Aufgabe der Schule ist es, eine breite Wissensbasis der idealen Pflege nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vermitteln. Hierzu bekommen die Schüler am Anfang eine "etwas engere Vorgabe" der Tätigkeiten... dieses sollen sie in der Praxis üben.

Die Fähigkeit, selber Entscheidungen zu treffen und die geeignete Maßnahme von vielleicht 25 bekannten auszuwählen erfolgt erst durch Erfahrung!
Man kann sein Handeln nur reflektieren und begründet entscheiden, wenn man aus der Praxiserfahrung weiß, welche Konsequenzen und Wirkung das eigene Tun hat!

In meinen Augen ist ein Krankenpflegeschüler nach dem Examen nicht fertig... er fängt dann erst an, sein Wissen zu vertiefen.
Das lernen in der Praxis findet auf den Stationen statt. Die Schüler bekommen am Lernort Schule etwas vermittelt, was sie dann in die Praxis mitbringen und dort ausprobieren, anwenden oder vertiefen. So etwas braucht Zeit! Die Schule kann den Praxistransfer lediglich anbahnen... der eigentliche Transfer wird auf Station von den Mentoren und Praxisanleitern geleistet!

Natürlich können wir hier nicht so pauschal von "dem Schüler", "dem Lehrer", "der Station" sprechen.....wir werden - was das anbelangt - unterschiedliche Erfahrungen haben.
Der Auftrag der Schulen ist es jedoch, Berufsideale zu vermitteln. Dozenten wissen mit Sicherheit auch, dass die Berufspraxis anders aussieht.

Aber was wäre der Alternativvorschlag? Zu sagen, dass wir nur noch 1:1 das vermitteln, was in der Praxis läuft? Dann können wir die Ausbildung auf 1 Jahr verkürzen! Wir hätten dann aber auch keine Begründung mehr für examinierte Pflegekräfte... denn der Wissensstand entspräche dann etwa dem eines FSJ'lers. Tja... dann wären examinierte auch zu teuer... man könnte ungehindert "Billigkräfte" anheuern!

In meinen Augen ist eine anspruchsvolle Ausbildung etwas, womit wir uns von diesen abheben und begründet sagen können, das wir mehr leisten können.
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Hi lillebrit

ich würd mich gerne noch mehr zum Thema praxisnahe Pflegeplanung austauschen wollen - aber das passt irgendwie nicht zu diesem Thema. Ob man da mal wieder den "Strang" teilen sollte/könnte?

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Hallo Elisabeth,
habe das mal hier rein kopiert..... .

Lillebrit

 
back to the ...

DAS war aber nicht im Sinne des Erfinders *g*.
Wer hats erfunden? *g* (ich find die Werbung einfach zu niedlich) Die Schweizer.

Meinen Kenntnissen nach geht die Pflegeplanung auf den Versuch zurück Ursache und Wirkung deutlich zu machen bei der Versorgung von Patienten im/ nach dem 2. Weltkrieg. Erste Erwähnung in der Literatur findet sich bei Yura und Walsh in den 60ern. Da gings dann um den Problemlösungsprozess über 4 Schritte. Die WHO fands interessant und hats übernommen in den 70ern (?) - immer noch mit 4 Schritten. Erst Fiechter/ Mayer haben das 6 Stufen Modell entwickelt. Beide kommen aus der Pädagogik und sie erheben auch keinen Anspruch auf Umsetzung in der Praxis.
So mein Kenntnisstand.

Die Fragen bei einer praxisnahen Dokumentation stellen sich mir wie folgt:
Wie detailliert muss dokumentiert werden?
Beispiel: Problem: Patient männlich kann sich nicht selbst waschen infolge Hemiplegie re., Bettruhe
Ressource: ist wach, orientiert und motiviert,
Ziel: wiedererlangen der selbständigen Körperpflege unter Nutzung aller Fähigkeiten, erreichen Wohlbefinden
Maßnahme: Hilfe bei überwiegend selbständiger Körperpflege, Mundpflege, Haarpflege

Prioritäten müssen festgelegt werden in der Pflege. 1. SGB V §12 gibt vor, was der Patient beanspruchen kann. 2. Der Personalbestand orientiert sich an den Einnahmen. Wir haben nur noch das unbedingt notwendige Personal auf den Stationen - und das all überall in jedem Bereich. Wo liegen die Prioritäten der Pflege? Und was ist wann wichtig?

Wir brauchen einen Nachweis, das Pflege einen Stellenwert im Genesungsprozess hat. Warum dafür nicht auch den Pflegeprozess nutzen? Aber muss ich da alles bis ins Detail aufschreiben? Wie viele Daten sind notwendig zur Berechnung der Leistungen?

Elisabeth (die sich freut endlich mal mit jemandem über ihr tägliches Problem auf der Arbeit diskutieren zu können)
 
Hallo,

Die Ursprünge des Pflegeprozesses kommen - wie nicht anders zu erwarten war - aus den USA. In den 50er Jahren entwickelten dort einige Theoretikerinnen (u.a. V. Henderson, D. Orem) einen als Nursing Process titulierten Pflegeprozess.
1967 brachten Yura & Walsh das erste Buch hierzu heraus. 1977 erschien das 4 schrittige Modell der WHO , welches übrigens das erste und einzige wissenschaftlich fundierte ist (Peoples needs for nursing help).
1981 postulierten Fichter & Maier ihren 6 Schrittigen Regelkreis als Beziehungs- und Problemlösungsprozess.
In den 80 ern wurden die ersten Pflegediagnosen nach NANDA -Taxonomie entwickelt; auf diese stützt sich auch der Pflegeprozess nach Doenges, Jeffrey und Moorhouse.

Spannend finde ich die Hintergründe, auf welchen dieses passiert. Hier mal das verkürzt zusammen geschrieben, was ich in meinen Unterlagen aus dem Studium noch habe (Zum Pflegeverständnis, Menschenbild etc.) :

Fichter /Maier:

Gehen davon aus, das der gesunde Mensch seines Alter entsprechend biologisch funktionstüchtig und anpassungsfähig an psychologische, soziale und physische Veränderungen ist sowie selbständig entscheiden kann.

Der Mensch hat ein Recht auf Informationen, Würde und Freiheit.
Gesundheit ist nach deren Ansicht kein statischer Zustand sondern der
Mensch befindet sich vielmehr auf einem Gesundheits- Krankheitskontinuum. Gesundheit wird aufrechterhalten durch Anpassungsfähigkeit; Krankheit ist die Folge einer fehlenden Anpassungsfähigkeit. ...(ähnlich dem salutogenetischen Modell nach Antonovsky).

Aufgabe der Gesundheits - und Krankenpflege liegen in der Beratung, Edukation, Prävention, Begleitung und Unterstützung bei Krankheit sowie der Sterbebegleitung.

Die Pflegekraft soll dem Patienten in der Bemühung mit der Auseinandersetzung mit Krankheit beistehen sowie ihn in seinem Anpassungsprozess an körperliche, soziale und seelische Veränderungen unterstützen.

Krankenpflege hat drei Handlungsbereiche:
- unabhängiger Bereich: Unterstützung in den ATLs (Grundpflege, Kommunikation)
- abhängiger Bereich: Durchführung der Arztanordnungen (Behandlungspflege)
- interdisziplinärer Bereich: Zusammenarbeit mit Reha etc.

Der Pflegeprozess ist ein Problemlösungs- und Beziehungsprozess.
Es wird auf ein Ziel hingearbeitet; gleichzeitig treten 2 Personen in Kontakt, um diese Ziele zu erreichen.
Der eigentliche Problemlösungsprozess wird erst wirksam durch die Qualität der Beziehung zwischen Krankenschwester und Patient!

6 Schritte:

1) Informationssammlung:
- Patient soll kennen gelernt werden
- erheben von direkten, indirekten, objektiven, subjektiven Daten

2) Probleme/ Ressourcen:
- aktuelle, potentielle, verdeckte, generelle, individuelle Probleme
- sollen kurz, prägnant formuliert werden

3) Ziele:
- Teilziele, Fernziele, Prozessziele
- müssen realistisch, erreichbar und überprüfbar sein

4) Massnahmen:
- sind an Problemen und Zielen orientiert
- sollen konkret formuliert werden

5) Durchführung:
- an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert

6) Evaluation:
- Beurteilung der Wirkung
- Sammeln von neuen Informationen
- Dokumentation

-------------------------------------

WHO:

Der Mensch ist ein einheitliches Ganzes, Mitglied eines sozialen Umfeldes und hat individuellen Bedürfnisse (Gesundheit, Selbstaktualisierung).
Der Mensch trägt die Verantwortung für seine Gesundheit.

Pflege umfasst die Unterstützung einer Person durch einen interaktiven und validierten Prozess um Krankheiten vorzubeugen und Gesundheit zu erhalten.

Die Pflegekraft unterstützt den Patienten in seinen Bedürfnissen, hat edukative und beratende Funktion.

Gegenstand des Pflegeprozesses ist die Art und Weise der Pflege einer Person. Handlungen der Pflegekraft beruhen auf wissenschaftlichen Methoden und der Problemlösung.

Pflege ist ein Interaktionsprozess: Krankenschwester und Patient verständigen sich gemeinsam über die Ziele und Maßnahmen.

4 Schritte:

1) Assesment:
- Erfassen und analysieren der Probleme und Bedürfnisse mit dem Patienten zusammen.

2) Planung:
- Begegnung der Bedürfnisse mit lang- und kurzfristigen Zielen
- Arten: kognitive, psychomotorische, affektive, physiologische
- Beschreibung der Maßnahmen

3) Implementierung:
- Durchführung und Dokumentation

4) Evaluation:
- gemeinsam mit dem Patienten und Team

-----------------------

Unterschiede WHO und Fichter / Maier:

WHO:
-> beziehen Patienten als aktiven und gleichberechtigten Partner mit ein
-> betonen soziales Umfeld
-> Ressourcen werden kaum berücksichtigt

Fichter / Maier:
-> Patient hat weniger Mitspracherecht ( Krankenschwester ist die "Macherin")
-> betonen Ressourcen
-> legen Wert auf Formulierung der Probleme / Ziele / Maßnahmen

------------------------------------------------

Das sind die Hintergründe dieser Prozessmodelle....

Wenn ich sage, "dass ist nicht im Sinne des Erfinders, dass man nur Tabellen zum ankreuzen als reines Abrechnungsinstrument" auf den Stationen hat, dann meine ich damit, dass der eigentliche Hintergrund damit nicht mehr zum Ausdruck kommt.
Pflegeplanung ist im Prinzip ein Aushandlungsprozess gemeinsam mit dem Patienten., bei welchem über den Aufbau einer tragenden Beziehung die pflegerischen Probleme benannt und angegangen werden.

Die Schule bildet nun für verschiedene Settings aus... die Schüler werden auch mit Bereichen wie der Psychiatrie oder einem Altenheim konfrontiert.
Hier finden z.B. Gespräche statt, bei welchen man gemeinsam mit dem Patienten / Bewohner nach den Vorstellungen fragt.
Im stationären Bereich in einem Krankenhaus sehen die Planung anders aus.... gerade wohl auf der ITS.
Die Ausbildung aber legt den Fokus nicht auf ein Haus, eine Fachdisziplin oder eine Station. Also wird Pflegeplanung "par exellance" gelehrt.

Zu Pflegediagnosen schreibe ich ein anderes Mal mehr...

Lillebrit
 
Lillebrit schrieb:
Unterschiede WHO und Fichter / Maier:

WHO:
-> beziehen Patienten als aktiven und gleichberechtigten Partner mit ein
-> betonen soziales Umfeld
-> Ressourcen werden kaum berücksichtigt

Fichter / Maier:
-> Patient hat weniger Mitspracherecht ( KS ist die "Macherin")
-> betonen Ressourcen
-> legen Wert auf Formulierung der Probleme / Ziele / Maßnahmen

Für mich stellt sich das Dilemma genau in diesem Bereich dar. Die ursprünglichen Ideen der "Erfinder" werden dermaßen verdreht um zu passen, dass das ursprüngliche fast nicht mehr zu erkennen ist.

Beispiel: Rooper
Ich fand es schwachsinnig den Menschen in Scheibchen zu zerlegen und diese dann ATL zu nennen. Sich als Mann oder Frau fühlen, Sinn finden, Sicherheit - alles Sachen, wo man nicht so genau weiß, was denn da gemeint ist. Per Zufall hab ich dann ein Buch von ihr in die Finger bekommen... ops, das meinte die Frau ja ganz anders. Das Konzept ist nachvollziehbar und nicht schlecht.

Ähnlich wird es mir wahrscheinlich mit Fiechter und Mayer gehen, wenn ich das Original lesen würde.

Mein Problem mit der Vermittlung des Pflegeprozesses an den beruflichen Schulen hast du sehr gut zusammengefasst: die Krankenschwester ist der Macher. Es geht hier gar nicht mehr um den Patienten. Ressourcen sind eher hinderlich - behindern sie doch die Möglichkeiten der Pflegekraft sich "auszutoben".
Wenn ich jetzt so meine Runden drehe bei der Kontrolle der "Kreuzchenpläne" dann finde ich immer wieder unter dem Punkt Ressourcen Floskeln wie: braucht keine Hilfe bei den ATLs, nutzt selbständig alle Ressourcen. Fragt man dann nach: wie denn die Ressource bei der ATL Sinn finden (Patient mit frischer Diagnose Ca) aussieht... keine Antwort. Ressourcen können in der Regel kaum benannt werden. Ist auch schwierig, wenn man den Menschen als Organansammlung sieht.

Wir haben uns für einen "Kreuzchenplan" entschieden, der die Hauptpflegeaspekte abbildet. Prioritäten sind vorgegeben anhand der Pflegeabhängigkeit: wieviel Hilfe braucht der Patient bei der Körperpflege, den Ausscheidungen, der Bewegung, der Ernährung. Was ist an Arbeitsaufwand zu leisten im Zusammenhang mit akuten Krankheitsphasen, Medikamenten, der Wundversorgung. Gibts Probleme im Bereich Sinn finden - Ängste u.ä. Wie stehts mit Schmerzen, Orientierung - ergibt sich dadurch ein Arbeitsaufwand. Was ist daran negativ?

Unsere berufliche Schule findet den Bogen abartig. *g* Liegts daran, dass man nicht darauf dringt jede ATL (die gibts auf diesem Bogen noch nicht mal) zu bedienen? Der Bogen ist auch nicht für die Schüler gedacht. ... Problem nur, der Schüler nutzt die Textbausteine dieses Bogens für die Pflegeplanung á la Schule. Das trifft nun gar nicht den Geschmack der Schule. *g*

Welche Aufgabe muss eine Pflegeplanung haben? Was soll sie konkret abbilden?

Elisabeth
 
Hallo, bin jetzt erst auf diesen Thread gestoßen und finde ihn überaus interessant.
Habe einige Zeit als Lehrer für Pflege gearbeitet und arbeite jetzt im ambulanten Pflegedienst. Habe heute immer wieder Schüler, die eine Pflegeplanung wie aus dem Lehrbuch schreiben (müssen), die aber für die Praxis nicht zu gebrauchen ist. Versuchen bei uns im Grunde genommen, eine Mischung aus WHO und Fiechter/Meyer zu erstellen, wobei, wie Elisabeth schon schrieb, die Ressourcen häufig unter den Tisch fallen, womit die Pflegekraft wieder der "Macher" ist. Es wird wohl noch ein weiter Weg, das Umdenken in die Köpfe zu bringen, damit die Patienten und Angehörigen mit in die Pflege einbezogen werden. Mir ist auch in der Planung wichtig, dass sowohl Patient als auch Pflegekraft den Erfolg ihrer Pflege erkennen können.
 
Hallo
Als ich anfing mit meiner Ausbildung, gab es die Verplanung der Patienten noch nicht. Dann als Krankenschwester auf einer 44 Bettenstation intern, kannte ich jeden Patienten seine Ressourcen-Fähigkeiten-Probleme etc. Denn ich hatte sehr viel Zeit für meine Patienten. Die Schreibarbeit beschränkte sich auf ein Minimum. Ich habe große Probleme damit einen Sinn in dieser Überplanung zu finden. Es geht schon mit den Formulierungen der Ziele an, keine negativen Aussagen und warum soll ich Ziele formulieren die jeder Pflegekraft aus der Diagnose völlig klar sind. Auf der Station auf der ich jetzt arbeite haben wir nur halb so viele Patienten aber auch nur halb so viel Zeit für die Patienten. Der Schreibkram treibt mich in den Wahnsinn. Wir haben einen Kreuzchenplan mit Spalten um noch individuelle Bedürfnisse für jeden Patienten einzutragen. Wir haben Pläne für alles und jedes und doch finde ich die Patienten schlechter gepflegt als vor dem Planungswahn.
Viele sehen nur noch die Planung und sehen sich den Patienten nicht mehr richtig an. Die ATL werden abgearbeitet weils halt sein muß, Hauptsache es steht was in der Kurve. Irgendwie bleibt da der Patient auf der Strecke.
Ich bemühe mich redlich mein Wissensdefizit aufzuholen, habe viele Fortbildungen besucht. Kann aber in der Praxis nicht feststellen, daß das Planen für die Patienten eine Verbesserung darstellt, jedenfalls auf unserer Station. Liegt vielleicht auch an dem laxen Führungsstil und einer Leitung die dringenden Fortbildungsbedarf an korrekter Dokumentation hat. Sie kommt als Letzte und geht als Erste. Neidvoll lese ich Beiträge von Schwestern die auf Stationen arbeiten auf denen Planung und Ausführung gut klappen. Vielleicht würde ich dann auch mehr Sinn darin sehen.
alesig
 
Ich gebe bekanntlich Workshops zum Thema Pflegedokumentation (abrechnungs- und praxisorientiert). Eine Kollegin kam mit denselben Argumenten wie alesig.

Ja, jede examinierte Fachkraft weiß, was zu tun ist. Aber weiß sie es wirklich? Oder arbeitet sie nicht nach bestem Wissen und Gewissen?

Mein Beispiel ist dann immer die Wundversorgung vor einigen Jahren. Der Ausbildungsstand war mehr als durchwachsen. Von Zink bis feuchter Wundbehandlung war alles vertreten und jeder hat nach seinem Ermessen gearbeitet. Ergebnisse der Maßnahmen: Fehlanzeige.

Anders Beispiel: Diagnose Gallensteine... alles klar. Jede Pflegekraft kann diesen Patienten versorgen. Aber wie soll mit Nebenerkrankungen umgegangen werden? Nehmen wir an der Patient hat seit Jahren eine Hemiplegie und gelernt diese gut zu kompensieren. Er braucht nur Hilfe. Ein anderer Patient zur Gallen-Op kommend hat eine Demenz. Der muss ganz anders versorgt werden. Beide brauchen eine gleichbleibende Versorgung um bestehende Ressourcen nicht zu zerstören.

Ressourcen kann ich erkennen... welche Pflegekraft kennt nicht das Problem, dass Patienten bei der einen Pflegekraft wunderbar mitmacht, bei der anderen erst mal ausprobiert, wie weit er kommt mit dem Nichtstun.

Wie will ich planerisch aktiv werden und die Verteilung der Pflegekräfte dem Aufwand gemäß gestalten,wenn es keinerlei Anhaltspunkte gibt auf die man sich einigt?

usw., usw., usw.

Der Laie weiß, dass er waschen, trocken legen, füttern muss. Der Fachmann beachtet da wohl mehr. Dies gilt es sichtbar zu machen.

Elisabeth
 

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