Oberarzt ignoriert Personalnotstand

Blumenbär

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08.02.2013
Beiträge
14
Beruf
Gesundheits- und Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Innere Medizin
Funktion
stv. Stationsleitung, Praxisanleiter
Hallo, vielleicht kann mir jemand die Frage beantworten. Bedingt durch Krankenscheine ist unsere Station v.a. im Monat Mai von einer fatalen personellen Unterbesetzung betroffen. Kaum ein Dienst kann noch adäquat besetzt werden, fast immer kommt ein Plan mithilfe von Schülern unterschiedlicher Kurse überhaupt noch zustande. Aufgrund schwacher Personalsituation im ganzen Betrieb kann uns die PDL nur stichpunktartig aushelfen, sie tut aber,was geht. Ungeachtet dessen wird die Station mit zum großen Teil schwerstpflegebdürftigten Zugängen überhäuft, von Pflegeprozess kann keine Rede mehr sein, höchstens noch von Pflegereaktionen. Auf den Notstand angesprochen erwidert unser Oberarzt, da sei nicht sein Problem, sondern ausschließlich das der Pflege. darf er das überhaupt? Und weiter: wieweit darf ich gehen, wenn ich pflegefremde Tätigkeiten, wie z.B. das Anhängen von Infusionen im Umkehrschluss an die Mitarbeiter des medizinischen Bereichs zurückweise, da dies meiner Ansicht nach doch wohl eine klare ärztliche Tätigkeit ist, gewohnheitsmäßig mit Ausnahme von Erstantibiose, EryKonzentraten und Chemo bisher aber immer vom Pflegepersonal durchgeführt wurde? :angryfire:
 
Wie darf der das?
Er darf sagen was er will, ja.
Für die Besetzung eurer Station ist er nicht verantwortlich.

Es gibt ja anscheinend interne Regelungen bei euch, dass gewissen ärztliche tätigkeiten im Bereich der Pfölege liegen. Entsprechend ist auch euer Stellenplan berechnet.
Jetzt kannst du dies nicht einfach als ärztliche Tätigkeit zurückweisen, nein.
 
Ganz einfache eine schriftliche Gefährdungsanzeige (altpflegerisch: Überlastungsanzeige) an die Geschäftsführung, PDL, Chefarzt und Betriebs-/Personalrat/MAV. Wäre doch gelacht, wenn dann nicht jemand reagiert.
 
Überlastungsanzeige habe ich heute auch veranlasst. nun steht die vorübergehende schließung der station, evtl. einzelner Betten im Raum. Der Betriebsrat ist der Auffassung, daß wir die Durchführung der Infusionstherapie ablehnen dürfen, solange keine ausreichende Personalausstattung bestehe, so sei es einer Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu entnehmen.
 
Mich bewegt halt die Frage, ob ein Arzt nicht die Personalsituation der Pflege grundsätzlich zu berücksichtigen hat, da dies ja unmittelbar Auswirkung auf Betreuung, Überwachung, Diagnostik und Therapie hat. Abgesehen davon, daß ich das Verhalten unseres Oberarztes für erbärmlich halte, sehe ich ihn dennoch in der Verantwortung.
 
... Auf den Notstand angesprochen erwidert unser Oberarzt, da sei nicht sein Problem, sondern ausschließlich das der Pflege. darf er das überhaupt? ...
Ja, dass darf er. Wie würdest du reagieren, wenn er dir erzählen würde, dass er zu wenige Ärzte hat. Würdest du dich darum kümmern?
Du kannst ihn unterrichten, dass Tätigkeiten XYZ ab sofort nicht mehr erbracht werden. Das ist aber auch schon alles.

Elisabeth
 
Sperrt Betten! Ein Arzt darf kein Bett belegen, welches gesperrt ist - und er darf es nicht einfach entsperren. Dazu Gefährdungsanzeige und Betrieb auf Lebensnotwendiges reduzieren. Patienten überleben es in den meisten Fällen 3 Tage ohne gewaschene Füße. Da die PDL anscheinend mit im Boot ist, sollte das ganz flott gehen.
Meiner Meinung nach, hätte die Stationsleitung sofort Betten sperren müssen, diese sieht schließlich als erstes, dass es so nicht gehen kann.
Wenn es sich normalisiert hat und die Pflege wieder normal durchgeführt werden kann, bleiben die Betten solange gesperrt, wie es die Personalsituation zulässt.
 
Sperrt Betten! ...

Du kannst in Deutschland als Pflegekraft auf Station nicht einfach Betten sperren! Das kann in den meisten Kliniken nur die Geschäftsführung oder Pflegedirektion. In einigen Kliniken noch das Bettenmanagment.
 
Du kannst in Deutschland als Pflegekraft auf Station nicht einfach Betten sperren! Das kann in den meisten Kliniken nur die Geschäftsführung oder Pflegedirektion. In einigen Kliniken noch das Bettenmanagment.
Achso. ich dachte, da die PDL ja "tut was geht", dass das dann möglich wäre.
Bin aber dennoch der Meinung, das Betten sperren die beste Möglichkeit ist. Oder vorrübergehend eine Horde Freiberufler einstellen, aber die will ja wieder niemand bezahlen =)
 
Es gab vor kurzem ein Urteil, dass die Stationsärzte mitverantwortlich sind, wenn z.B. Dekubiti auftreten. Sie tragen auch für Fehler der Pflege Mitverantwortung. Eine Überlastungsanzeige mit dem Hinweis, dass Lagerungszeiten nicht mehr korrekt eingehalten werden können und ein Hinweis auf dieses Urteil könnte den Stationsarzt zum Umdenken bringen. Wenn die Leitung des Krankenhaus keine Betten sperrt, so kann zumindest der Stationsarzt die Station für Neuzugänge sperren, wenn sonst die Versorgung gefährdet ist.

Im übrigen ist selbst Tabletten stellen und reichen eine delegierte Tätigkeit und eigentlich Arztaufgabe.
 
Bei uns kann kein Stationsarzt Betten sperren - nur Ober-/Chefarzt. Und dann kommte der Geschäftsführer wegen der Kostenfrage. Schlecht gepflegt fällt oft nicht auf - aber leere Betten bringen kein Geld.
Ich schreibe lieber nicht, was uns PP erzählt wird, was alles in der Pflege unwichtig ist - nur Dekubitusverhinderung ist notwendig!
 
Wir halten fest: Wer Betten sperren kann, ist individuell. Sperrt nicht selbständig Betten, sondern klärt das.

Bei uns sperrt kein Arzt einfach so Betten einer Station. Wir haben ein übergeordnetes Belegungsmanagement. Und die sichert sich zeitnah mit der Geschäftsführung ab, wenn sowas auftritt...
 
*kertzerischfrag* Wie hat man sich das denn vorzustellen wenn die Pflege eigenmächtig Betten sperrt? Pflege sagt dem Pat., gehen sie mal nach hause. Das Bett ist jetzt gesperrt. Und wenn der Stationsarzt kommt, erklärt ihm die SL: och, der Pat. ist schon weg. Den können sie ja wieder einbestellen, wenn wir mehr Leute sind. Lustige Vorstellung.

Elisabeth
 
@Elisabeth, bei uns ist es das morgens geschaut wird, wieviel Personal da ist, und wenn nicht genügend Pflegekraeftee da sind. Werden Betten gesperrt, ohne wenn und aber. Sollte kein Bett frei sein, wird versucht den Pat. zuverlegen, oder Pat. die an diesem Tag entlassen/ verlegt werden werden nicht belegt. Das heisst unteranderem das OPs nicht stattfinden und Pat. durchaus wieder nach hause geschickt werden, oder in andere Häuser! Das funktioniert wunderbar, alle Beteiligten wollen natürlich nicht das Betten gesperrt werden, dementsprechend werden erkrankte Pflegekräfte sehr schnell ersetzt. (Stichwort Pool) Man geht hier einfach davon aus, das eine bestimmte Pflegekraft nur eine bestimmte Anzahl von Pat. betreuen kann, keiner ist/waere stolz darauf zusagen, oh wie schaffen die Arbeit sogar nur mit dem halben Personal.... Es hat lange gedauert bis ich mich daran gewöhnt habe, mittlerweile denke ich das ist der einzige richtige Weg. Was glaubt ihr wie sehr die Krankenhausleitungen dahinter sind, immer genügend Personal zuhaben, denn es kostet richtig Geld leere Betten zuhaben.

Mir ist natürlich klar, das das so in Deutschland nicht umzusetzen ist. Alleine von den Rechtsgrundlagen
 
In DEUTSCHLAND wird es wahrscheinlich nie dazu kommen, dass Pflege eigenständig Betten schließen kann. In der Hierarchie stehen wir halt net ganz oben.

Elisabeth
 
Habe das selbst schon während der Ausbildung total oft erlebt. Da sperrte im übrigen die Stationsleitung.
Auf meiner jetzigen Station sind am Wochenende auch 2 Betten gesperrt, weil Personalnot (allgemein) herrscht udn deshalb die Wochenenden niht ausreichend besetzt werden können.
 
Bist du dir da sicher? Das dürfte bundesweit wohl einmalig sein, dass eine STATIONSLeitung (also noch nicht mal die PDL) dem Kliniks- bzw. Verwaltungsdirektor vorschreibt, wieviele Betten gefahren werden.

Elisabeth
 
Eine Stationsleitung sperrt Stationsbetten, weil auf Station nicht genügend Personal vorhanden ist.
Wozu braucht man sonst eine Stationsschwester? Die ist doch verantwortlich für das, was die Pflege auf der Station verzapft. Und wenn sie als Leitung in diesem Bereich sieht, dass es gefährlich wird, muss sie handeln. Wenn eine SL Betten belegt, welche nicht korrekt "bepflegt" werden können, nur weil der Chef das verlangt, ist sie auch dran wenn was passiert.
Pflege ist selbstverantwortlich.

Das sagt mir zumindest meine Logik.

Das natürlich die Geschäftsleitung oder wer auch immer, wegen Geld anderer Meinung ist, ist klar - wird aber einem Gericht im Zweifel total wurscht sein, denn es ist die Pflegeperson für Pflege verantwortlich, bei einem organisatorischem Verschulden ist die Stationsführende Pflegeperson erste/r "Ansprechpartner/in".

Sicher ist es ******e, unfair und definitiv ungerechtfertigt, weil ein Chef wahrscheinlich mit Rausschmiss drohen wird, aber das ist hier weniger die Frage und gehört dann in einen anderen Thread.

Und wieder meine Vergleiche: Taxifahrer baut mit überhöhter Geschwindigkeit einen Unfall mit Personenschaden (also grob fahrlässig). Hände hoch, wer glaubt, er ginge straffrei aus, nur weil der Kunde unbedingt wollte, das er schneller fährt. Da kann er auch nicht argumentieren, das er ja keine Wahl hatte, weil er dann den Kunden verloren hätte.

So realitätsfern erscheint es mir nicht.
 
Auf unserer Station werden Betten gesperrt, wenn

1. zu wenig Pflegepersonal vorhanden ist (Stationsleitung informiert ärztlichen Dienst & PDL -> Betten werden unterhalb einer Mindestbesetzung von X Pflegekräften gesperrt),
2. fachliche Gründe dazu führen, dass einzelne Patienten einen immensen Mehraufwand bedeuten und der ärztliche Dienst keine adäquate Versorgung für alle Patienten auf der Station gewährleisten kann,
3. isolationspflichtige Patienten Betten blockieren und auch das irrsinnigste Bettenkarussel nicht dazu führen würde, dass mehr Betten belegt werden können (das heißt nicht, dass wir es nicht versuchen ;) )

Pflegepersonal darf und kann keine Betten sperren.
Ein leitender Oberarzt kann nur aus fachlichen Gründen sperren, nicht aus Pflegepersonalmangel.
Eine Pflegedienstleitung/Stationsleitung kann nur aus Pflegepersonalmangel, nicht aus fachlichen Gründen sperren.
 
Ein verantwortungsbewußt agierender Obeerarzt kann nicht den Umstand einer Personalknappheit ignorieren und so tun als ginge ihn das nichts an. Damit würde er Patienten bewußt und mutwillig in eine gefährliche, gegebenenfalls unbeherrschbare Situtation bringen. Er kann nicht darauf vertrauen, dass die Verantwortlichen (der Pflege) die Situation die durch sein Verhalten herbeigeführt oder provoziert wird, entschärft werden kann! Jeder ist für die aus seinem jeweiligen Verhalten entstehende Gefährdung verantwortlich und für die daraus folgenden Probleme (ein Busfahrer lässt auch keinen vollbesetzten Linienbuss losrollen im Vertrauen darauf, dass einer der Fahrgäste rechtzeitig die Bremse zieht)!!!