Fonation bei geblockter TK/Respirator Leckage

Lewy-Körperchen

Junior-Mitglied
Registriert
15.06.2012
Beiträge
68
Beruf
Altenpfleger, Pflegefachkraft ausserklinische Beatmung, Pflegeexperte für Menschen im Wachkoma/MCS
Akt. Einsatzbereich
Ausserklinische Beatmungspflege
Funktion
Dauernachtwache
Guten Morgen meine lieben Kollegen,

ich bräuchte mal Eure Meinung/Rat.

Meine Klientin, Wachkoma/69 Lj. alt, ist seit 8 Jahren kontinuierlich über eine VS Ultra APCV-beatmet. TK ist eine Tracoe vario Gr. 10. Letzte Nacht gab es deutliche Schwierigkeiten, da sie vor kurzem begann zu fonieren und somit kräftig gegen den Respirator presst. Dies verursacht leider eine ausgeprägte Leckage, Vte sinkt bis auf ca. 400ml, SpO2 teilweise bei 92%. Die einzige Möglichkeit die Ventilation zu gewährleisten, bestand nur in der Erhöhung des Cuffs auf knapp 40-44 mmHg.

Für mich aber nicht das Gelbe vom Ei, da eine Drucknekrose auch nicht sein muss!

Weiss jemand Rat?
 
Moin Lewy-Körperchen

Habe ehrlich gesagt noch nie die Beschreibung "begann zu fonieren und somit kräftig gegen den Respirator presst" gehört.

Die Stimmbildung ist ohne den Patienten zu sehen, eher ein Nebeneffekt der Undichtigkeit oder versucht der Patient sich tatsächlich in Stimmbildung ?

Mögliche Ursachen für "gegenpressen":

-Schmerzen
-Stress
-Obstruktion durch z.B. aufläufigen Infekt

Bei immer wieder auftretenden oder weiter bestehenden Problem muss also erst die Ursache ermittelt und dann wahrscheinlich eher medikamentös durch den Arzt reagiert werden.

Da auch unter APCV der Beatmungsdruck nicht durch gegenpressen steigt ist mir auch etwas unklar warum es zur Leckage kommt. Möglich wäre, dass die Trachea bereits geschädigt ist und durch die Bewegung / Anstrengung im Bereich der TK die Leckage entsteht. Helfen könnte hier eine Positionsveränderung des Cuffs durch verstellen der TK länge bzw TK wechsel auf ein anderes Produkt ?!

Aus der Ferne nur Dinge die mir so in den Kopf kommen !! Aber im Zweifel würde ich hier kein technisches Problem sondern ein medizinisches mit Notwendigkeit eines Arztkontaktes sehen.
 
Trachealkanüle hinüber? (Cuff defekt?)

Ich hätte ehrlich gestanden statt den Cuff hochzublocken eine neue TK gelegt.


was meinst du mit "da sie vor kurzem begann zu phonieren"!?


ansonsten schließe ich mich Dirk an. - Die Tracoe Vario ist glaube ich nicht in der Länge verstellbar - hier wäre Umschwung auf eine Tracheoflex von Rüsch möglich oder auf eine Kanüle mit zwei Cuffballons, die man abwechselnd blocken kann. Gibts Kontraindikationen bei der Kundin, die gegen eine TK mit FoamCuff sprechen?

Besteht die Situation jetzt noch?
 
Erstmal vielen Dank für Antworten :P.

Die TK wurde vor 3 Tagen vom Anästhesisten gelegt, daher habe ich erstmal keinen nochmaligen Wechsel in Erwägung gezogen. Dies geschah aufgrund der Phonation, vorher war die TK auch eine Nummer kleiner. Was die Phonation betrifft, so hat meine Kundin einen Sprung nach vorne in den Remissionsstufen gemacht, seitdem "übt" sie mit der Expiration, daher die Formulierung gegen den Respirator pressen. Sie kann den Druck beeinflussen und während der Phonation strömt die Atemluft natürlich auch parastomal. Für die Alarmgrenzen reicht es in der Regel nicht, ausser Vte unter 500. Bei einer Leckage schlägt die VS Ultra auch nicht immer an. Der Haken bei diesem "Training" ist natürlich, dass eine Synchronisation zwischen ihr und dem Gerät schwierig wird. Und die ausströmende Luft wiederum macht sie nervös, so dass HF und AF auch ordentlich ansteigen.

Cuff defekt, gute Frage, der Block bleibt wie er eingestellt ist. Lagekorrektur der TK habe ich auch durchgeführt, mit minimalen Effekt.

Die Lösung liegt vielleicht entweder in "adäquater" Sedierung oder logopädisch muss nochmal eine Diagnostik gestartet werden. Eine Tracheomalazie schwebt mir noch als Ursache im Kopf herum?

Der Zustand ist zur Zeit etwas besser, die Phonationsphasen treten sporadisch auf. Nur in meinem ND gestern war es ziemlich ausgeprägt.
 
Frage am Rande - warum aPCV und nicht spontan begleitet (Zieltidalvolumen)? (geht mit der VS nicht - da müsste ein Respiratorwechsel her)

Oder anders gefragt:

Braucht sie eine kontrollierte Beatmung?


Tracheomalazie geisterte mir auch grad im Kopf rum - daher der Ansatz der anderen TKs - lässt sich per Ferndiagnose nur so gar nicht feststellen :weissnix:


Lässt sich die Wachkomaphase beschreiben?
 
Ferndiagnose ist eh ein Minenfeld. Aber ich denke unsere Erfahrung und unser Wissen können schon sehr hilfreich sein. Bei der VS Ultra kann sie zumindest im APCV triggern, sofern sie einen Mehrbedarf hat, kann dieser ihr gegeben werden. Eigenantrieb ist aber kaum noch vorhanden, sie toleriert als max. Dauer nur den TK-Wechsel. Sorgen machen mir bei der ganzen Geschichte die Sättigungswerte, bei 92% und u.U. weniger ist die Lage ernst. Leider ist im ambulanten Bereich mir keine BGA möglich.
 
Die BGA bringt dir auch nicht viel - zum. wenn du sie lose ohne Zusammenhang vorliegen hast.

Erhält sie Sauerstoff? Wenn ja wieviel?

Wie ist die Lunge auskultatorisch? sonstige Infektzeichen? Wie schaut das Trachealsekret aus?

Ich würd auf jeden Fall spät. morgen den Arzt konsultieren - sicher ist sicher.
Die Frage ist auch immer noch - woher kommt die Leckage?
 
O2 läuft kontinuierlich auf 2l/min, auskultatorisch bewegt sie sich zwischen zeitweise feuchten RGs und bds. Belüftung. Die letzte Pneumonie ist 4 Wochen her, Gentamycin und Erythromycin als Antibiose. TS wechselt von zäh zu flüssig, hellgelb bei produktiven Abhusten, überwiegend aber weißliches Sekret bei einer Absaugfrequenz von 25-30mal am Tag.
 
ich frag aus Neugier mal vorsichtig: MRSA - Abstrich gelaufen!? *duck*
 
Moin Lewy-Körperchen

Du schilderst die exspiratorischen Bemühungen der Patientin als Versuch die Stimmbänder zu aktivieren ?
Die Kombination von Anamnese, Langzeitantibiose und teils gelben Sekret lässt mich (aus der Ferne !!) eher an an einen aufläufigen Infekt denken. Etwas positives kann ich darin erst einmal nicht sehen ?

, so hat meine Kundin einen Sprung nach vorne in den Remissionsstufen gemacht, seitdem "übt" sie mit der Expiration, daher die Formulierung gegen den Respirator pressen. Sie kann den Druck beeinflussen und während der Phonation strömt die Atemluft natürlich auch parastomal.

Im klinschen Bereich erlebe ich häufig Beatmung mit hohen Drücken oder das s.g. gegenpressen z.B. im Rahmen einer akuten Obstruktion, normal ist eine Cuffleckage dabei allerdings nicht. Die Ventilation nimmt zwar ab, aber blubbern sollte es nicht ! Nutzen dabei HILO Lanz Tuben mit einem Fixdruck von 25 mmHG oder auch HiLO TK´s bei 25 mmHG. Auch sollte bei (A)PCV der Spitzendruck nicht durch pressen, forcierte exspiration zunehmen. Dafür nimmt halt das Volumen ab.

8 Jahre Beatmung sind ja auch schon eine ordentliche Zeitspanne. Eure Patientin ist ja auch nicht mehr die Jünste. Da wir gerade einen ähnlichen Fall (sehr entfernt) auf der Intensiv betreuen, ist denn das vorgehen bei Eskalation der Situation abgeklärt ? Gibt es einen Stufenplan in Sachen was machen wir wenn ? Bei unserem Patienten führte die unklare Situation zur Reanimation bei Asphyxie mit Asystolie bei finaler COPD unter Heimbeatmung.
 
Abstrich ist gelaufen, die Sanierung ist vor zwei Wochen abgeschlossen worden, danach war kein MRSA mehr nachweisbar.
 
@Dirk Positiv war auch auf die Entwicklung innerhalb der Remissionsstufen bezogen, die Ventilationsproblematik ist es natürlich definitv nicht, ich hab dabei meine liebe Müh wenn ich die Sättigung und den zunehmenden Stress bei ihr erlebe. Bzgl. "Eskalation"/Notfallmanagement gibt es keine konkreten Vorgaben, da die Betreuerin sich nicht festlegen möchte, im Zweifel besteht natürlich REA-Pflicht, aber das hilft insgesamt auch weiter. Wie handhabt Ihr das bei Dir?
 
Lässt sich die Wachkomaphase beschreiben?

Sorry, die Frage habe ich übersehen. Meine Kundin befindet sich derzeit am ehesten in der Klüver-Bucy-Phase. Wie lange sich diese Phase halten wird, vermag ich nicht konkret zu sagen, aber die derzeitige Kognition wird erfahrungsgemäß nicht von Dauer sein. Sie bewegt sich innerhalb der Remissionsphasen teilweise von 2-5, abhängig von der Tagesform und ihrem AZ, und manchmal natürlich abhängig von ihrer Motivation.
 
Moin Lewy-Körperchen

@Dirk Positiv war auch auf die Entwicklung innerhalb der Remissionsstufen bezogen, die Ventilationsproblematik ist es natürlich definitv nicht, ich hab dabei meine liebe Müh wenn ich die Sättigung und den zunehmenden Stress bei ihr erlebe. Bzgl. "Eskalation"/Notfallmanagement gibt es keine konkreten Vorgaben, da die Betreuerin sich nicht festlegen möchte, im Zweifel besteht natürlich REA-Pflicht, aber das hilft insgesamt auch weiter. Wie handhabt Ihr das bei Dir?

Da ich auf einer Intensivstation arbeite sehe ich bei diesem Klientel meist die maximale Eskalationsstufe, halt die Versorgung durch den Notarzt und Verlegung auf die Intensivstation. Hier erlebe ich jedoch häufig das Angehörige nach Aufklärung über die Situation eher den palliativen Weg mit einschlagen.

Vielen scheint gar nicht klar zu sein, dass mit der 112 zunächst nur maximale Therapie verbunden sein kann, da die eintreffenden Rettungskräfte natürlich nicht umfassend über die Anamnese des Patienten informiert sein können. Notfallmappen mit kurzer Zusammenfassung der Krankengeschichte, Informationen zur Betreuung und Therapiewünschen bzw. Begrenzungen sieht man da doch eher selten.

Du scheinst in der Nacht mit der Situation gekämpft zu haben. Die Oxygenierung schien dir grenzwertig und der Stresslevel der Patientin hoch. Worauf basierden deine Maßnahmen, in welcher Form hättest du Support anfordern können. In welchem Umfang hättest du durch zusätzliche Sedierung bzw. Erhöhung des FiO2´s reagieren können. Was war festgelegt und was war deine persönliche Endscheidung. Die von dir geschilderte Situation (ohne Leckage) ist ja bei solchen Patienten absehbar und kann in einem Stufenplan erfasst werden. Notruf, ärztlicher Notdienst oder Stabilisierung über die Nacht und Klärung am nächsten Tag? Stufenplan bedeutet ja nicht automatisch Therapiebegrenzung sondern nur Festlegung der Eskalationsstufen im Versorgungsteam.

Finde es immer wieder schade das teils Gespräche und Aufklärung bei Eskalation der Situation erst innerklinisch stattfinden und nach zunächst maximaler Intensivtherapie aufgrund des Informationsdefizites dann ein palliativer Weg eingeschlagen wird. In vielen Fällen wurden absehbare Situationen einfach nicht thematisiert und müssen erst aufgearbeitet werden. Ein Betreuer muss Stellung nehmen , das kann auch maximale Therapie bedeuten. Dennoch obliegt es dem Arzt zu entscheiden was medizinisch sinnvoll ist ! Auf der Intensivstation erlebe ich meist in solchen Gesprächen den Wunsch nach Schmerzfreiheit und das abwenden von Leid als Hauptwunsch der Angehörigen besonders nach langer Krankheit. Gerade hier kann ein Stufenplan auch Sicherheit vermitteln.
 
@Dirk Guten Morgen erstmal! Da ich noch Nachtdienst habe, liess die Antwort auf sich warten. Ich versuch mich mal zu sortieren, also:

Meiner Kundin geht es mittlerweile besser, zumindest in Punkto Ventilation. Der Tagdienst hat gestern mit dem Anästhesisten Rücksprache gehalten, Ergebnis ist die Änderung des Beatmungsmodus auf PSV (Trigger runter, PEEP rauf) und Dosisanpassung von Tilidin, als Bedarf mit Atosil. Mit diesen Änderungen war die Ventilation deutlich besser, Leckage minimal, SpO2 ging langsam wieder rauf und hält sich wieder stabil mittlerweile, letzte Nacht überrraschte sie mich gegen 4h dann mit einer HF von 65 und 100% Sättigung, bei trotzdem weiterhin auftretender Phonation.

Ich habe in der beschriebenen ersten Nacht den O2 erhöht, in dem mir möglichen Spielraum, die Lagerungen angepasst, TK neu positioniert, alle Bedarfsinhalationen durchgeführt, Bedarfsmedikation verabreicht und den Cuff entsprechend erhöht. Danach ausführliche Übergabe an den TD, der hat dann s.o..

Mein Ziel war grundsätzlich die Sättigung in den Griff zu kriegen und meiner Kundin den Schlaf zu ermöglichen, bzgl. Eskalationsstufe war es mit nicht so heftig wie bei Dir auf Intensiv, Support hätte ich natürlich durch den Anästhesisten angefordert sofern der Zustand sich nicht bessert und sich meiner Kontrolle/meinen Möglichkeiten entzieht. Im Rahmen von Sekretmanagement und Atemgasklimatisierung kam meine Kundin in der zweiten Nachthälfte langsam zur Ruhe.

Bzgl. Intensiv hat die Betreuerin schon viele Erfahrungen gemacht, doch wie gesagt sie möchte keine endgültige Entscheidung treffen. Aber wir sind mit der ärztlichen Versorgung gut aufgestellt, der Anästhesist ist Palliativmediziner und wir haben stets eine gute Kommunikation miteinander.