Ziconotid

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heriion

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Hi,
da grade eine Werbekampanie von Prialt(R) umgeht, interessiert mich ob schon erste Erfahrungen mit diesen Schmerzmittel gemacht wurden? Welche Indikation, Welche Erfolge, Welche Probleme tretten dabie auf. Wenn es schon bei euch angewendet wird schreibt mal zurück.

herion
 
Hi, kann zu dem Thema Ziconotid etwas beitragen. Ich möchte alle Leute warnen, denen vorgeschlagen wird, sich von einem Opioid auf dieses Medikament umstellen zu lassen. Es ist ein Nervengift und kann nur angewendet werden, wenn man Träger einer Schmerzpumpe ist und man starke chronische Schmerzen hat. Vorweg, wir sind im März dieses Jahres 530 km nach Ottobeuren/Allgäu deshalb gefahren! - Da bei mir, trotz hoher Dosen (20 µg), keinerlei analgetische Wirkung eintrat, wechselte man den Katheter + Schmerzpumpe. Postoperativ hatte ich dann eine Überdosis von Ziconotid, eine Gehirnblutung und eine schwere Psychose. Angeblich war ich der erste Patient, der solche Nebenwirkungen entwickelte. Falsch!!! Die Broschüre für Patienten von Eisai GmbH, ist eine "Gute Laune'"-Broschüre. Die Nebenwirkungen, die dort aufgezählt werden sind ein Lacher. Da hat man ja mehr, wenn man das erste Mal Opiate bekommt. Leider sind die Schmerztherapeuten happy, richtig euphorisch, weil es kein Opiat ist und deshalb angeblich keine Dosisanpassung und keine Suchtgefahr besteht. Ziconotid (Prialt) ist ein synthetisches Analgetikum, das aus dem Nervengift (Conotoxin) von südpazifischen Meeresschnecken entwickelt wurde. Diese fleischfressende Kegelschnecke schießt auf ihre Beute einen winzigen Pfeil ab, der den Fisch binnen Sekunden lähmt. Diese Pfeile enthalten Substanzen, die als Conotoxine bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um kleine Einweißmoloküle, die auf verschiedene Teile des Nervensystems wirken. Eines dieser Moleküle entspricht Ziconotid. Es wirkt ganz spezifisch auf die Nerven im Rückenmark, indem es dort die Weiterleitung der Schmerzsignale zum Gehirn unterbricht. Leider hatte ich den vorliegenden Artikel dazu noch nicht. Wir wären erst gar nicht losgefahren! Die Nebenwirkungen sind gewaltig; schwere Psychosen stehen ganz oben auf der Liste. Ich habe 5 Wochen keinerlei Erinnerungen von einem 6wöchigen Aufenthalt in Ottobeuren. Das ist schon beängstigend. Meine Familie hat der Vorfall so belastet, dass meine Kinder (16 und 18 Jahre) morgen einen Termin beim Kinder- und Jugendpsychologen haben. Also Finger weg von einem Experiment mit Ziconotid!!!
 
Einzelschicksale sind immer tragisch.

Wenn hier jemand schreiben würde, der von Novalgin ne Agranulozytose davon getragen hat, würd das Ganze ähnlich lauten.

Dein Bericht ist natürlich der Wink, sich genauer über neue Medikamente zu informieren und zu überlegen welche (möglichen) Nebenwirkungen einem besser gefallen...

Ansonsten liest man eher so etwas:
Ziconotid, Prialt® Infusion (Eisai)
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Mit Ziconotid kommt erstmals ein Giftstoff aus der marinen Kegelschnecke Conus magus als Arzneimittel auf den europäischen Markt. Das Peptid, ein synthetisches Analogon des ω-Conopeptids MVIIA, wird zur Bekämpfung starker chronischer Schmerzen bei Erwachsenen eingesetzt, die eine intrathekale Analgesie benötigen. Ziconotid ist kein Opioid und interagiert nicht mit Opiatrezeptoren. Vielmehr wirkt das 25-Aminosäuren-Peptid als Antagonist an spannungsabhängigen Calciumkanälen vom N-Typ (NCCB), die in bestimmten neuronalen Zellen und in höchster Dichte im Hinterhorn des Rückenmarks vorkommen. Dort regulieren NCCB- Kanäle die Freisetzung von Neurotransmittern, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind. Durch Bindung an die Calciumkanäle verhindert der Arznei-stoff den Calciumeinstrom in die primären nozizeptiven afferenten Nervenzellen, in der Folge die Freisetzung von Neurotransmittern und letztlich die Weiterleitung des Schmerzsignals ins Gehirn.

Das Arzneimittel wird als Dauerinfusion über einen intrathekalen Katheter appliziert, der von einer externen oder intern implantierten Infusionspumpe gespeist wird. Man beginnt mit 2,4 µg/Tag und titriert langsam bis zur erforderlichen Dosis auf. Die Maximalmenge liegt bei 21,6 µg/Tag. Bei etwa drei Viertel der Patienten reichte eine Tagesdosis unter 9,6 µg. Die Analgesie ist reversibel und dosisabhängig.

In drei randomisierten, placebokontrollierten klinischen Studien wurde Ziconotid bei Patienten mit malignen und nicht-malignen Schmerzen geprüft. In zwei Kurzzeitstudien über fünf bis sechs Tage linderte das Verum die Schmerzen, gemessen mit der visuellen Analogskala der Schmerzintensität (VASPI), deutlich besser als Placebo. Der VASPI-Score verbesserte sich um 51 Prozent unter Verum und um 18 Prozent unter Placebo, in der zweiten Studie um 31 versus 6 Prozent. 48 beziehungsweise 34 Prozent der Patienten sprachen auf Ziconotid an, aber nur 17 beziehungsweise 13 Prozent auf Placebo.

Die dritte zulassungsrelevante Studie lief über 21 Tage und schloss Patienten ein, bei denen eine intrathekale Therapie mit anderen Analgetika versagt hatte. Die Dosis wurde langsamer gesteigert und lag zum Schluss deutlich niedriger als in den Kurzzeitstudien. Die Wirksamkeit war geringer, aber auch die Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen. Der VASPI-Score sank bei diesen schwer-kranken Menschen um 15 Prozent unter Verum und 7 Prozent unter Placebo.

Das Nebenwirkungsprofil der intrathekalen Therapie ist beachtlich. Die in klinischen Langzeitstudien am häufigsten berichteten unerwünschten Effekte waren Schwindel, Übelkeit, Nystagmus, Ver-wirrtheit, anormaler Gang, Gedächtnis- und Sehstörungen, Kopfschmerz, Erbrechen und Somnolenz. Bislang wurden keine Atemdepression oder Toleranz gegenüber Ziconotid beobachtet.

Quelle Pharmazeutische Zeitung online: Homepage


Deine Hetze gegen das medikament finde ich unangebracht; Anderen hilft es?!
 
Du findest meine Hetze unangebracht? Kann ich nicht nachvollziehen! Eine Mitpatientin und ich wurden nicht über die Nebenwirkungen aufgeklärt und die sind gewaltig; es wurde so verharmlost, als ob es sich um Asperin handelt. Wie schon, auch in deinem Artikel - hätte ich auch reinstellen können - erwähnt, handelt es sich um ein Nervengift. Und die Nebenwirkungen betreffen meistens nur das Nervensystem. Ich hätte dich mal sehen wollen, wenn du das durchgemacht hättest, was ich erlebt habe. Weißt du wie man sich im Nachhinein fühlt, wenn man eine totale Amnesie übe 5 Wochen hat? Man fühlt eine Ohnmacht - man kann nur zuhören! Die Ärzte dort wollten unbedingt, dass ich nach 6 Wochen in eine Psychiatrie überstellt werde. Mein Mann hat dies abgelehnt. Dort hätten sie mich nur sediert und es wäre wahrscheinlich ein Dauerzustand geworden. Was meine Kinder und mein Mann durchgemacht haben, als ich drei Wochen auf der Intensivstation lag und keiner wusste, ob ich je wieder "normal im Kopf" werde, kann man nur erahnen. Vivien und Pascal waren heute beim Kinder- und Jugendpsychologen - es wird eine Dauertherapie und nicht wie gedacht, die 5 Behandlungen, die man nicht extra bei der Krankenkasse beantragen muss. Dein Vergleich mit Novalgin ist ein Witz - wir reden hier über ein Medikament, welches gefährlich ist. Weißt du, dass in dem Artikel, der mir vorliegt, gewarnt wird vor einer Dauerbehandlung. Dies steht doch im krassen Verhältnis dazu, dass Träger einer Schmerzpumpe auf Dauer behandelt werden und außerdem liegen keine Erkenntnisse vor - das ist ebenfalls erschreckend - ob Ziconotid nicht das Rückenmark angreift. Und jetzt sage nicht, Einzelschicksale sind immer tragisch!!!! Nach meiner Verlegung landete eine zweite Patientin auf der Intensivstation und hatte ebenfalls eine schwere Psychose. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Einzelschicksale sind. Die ziehen die Therapie mit Ziconotid da durch und wer rechts und links "runter fällt" hat eben Pech.
Meine Krankenkasse hat sich eingeschalten und überprüft den Vorfall in Ottobeuren und sie haben gesagt, dass es nicht zum ersten Mal vorkommt, dass ein Medikament wieder vom Markt genommen wird. Dem kann ich nur zustimmen - und ich bleibe bei meiner Warnung vor Ziconotid.
 
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Es gibt kein Medikament ohne Nebenwirkungen!!!

Manch einer bringt bereits eine (ihm vielleicht nicht bekannte) Veranlagung zu Psychosen mit.

Vorsicht sei bei Patienten mit Depressionen und Psychosen geboten, da diese Symptome verstärkt werden könnten.
Deutsches Ärzteblatt: Archiv "Neues intrathekales Analgetikum: Mit Schneckengift gegen Schmerzen" (13.04.2007)

Die Dosis macht das Gift. Beispiel: Digitalis. Auch bei Ziconotid scheint es nur eine ganz geringe therapeutische Breite zu geben.

Von eigenen Erfahrungen mit Ziconotid bei 21 Patienten berichtete Dr. Arm Ver Donck (Brügge). Es sollte mit einer niedrigen Anfangsdosis von 2,4 µg/d begonnen werden, die bis maximal 21,6 µg/d gesteigert werden könne. Die Titrationsschritte sollten 1,2 µg/Tag nicht überschreiten und in Abständen von mindestens 48 Stunden vollzogen werden. Bei den meisten Patienten liege die maximal benötigte Dosis unter 9 µg/d. Die ersten analgetischen Effekte träten nach circa vier Tagen ein – bis zu einer stabilen Einstellung dauerte es im Schnitt sechs Monate.
Bestimmte Indikationen, Patienten oder Schmerztypen, die besonders gut auf die Therapie ansprechen, konnten bisher nicht festgestellt werden. Hier müsse man nach dem Prinzip „trial and error“ vorgehen, sagte die Schmerztherapeutin.
Deutsches Ärzteblatt: Archiv "Neues intrathekales Analgetikum: Mit Schneckengift gegen Schmerzen" (13.04.2007)



Elisabeth

PS
In klinischen Studien kam es bei 88% der Patienten zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs). Die in klinischen Langzeitstudien am häufigsten berichteten UAWs waren Schwindel (42%), Übelkeit (30%), Nystagmus (23%), Verwirrung (25%), Gangabnormalitäten (16%), Beeinträchtigung des Gedächtnisses (13%), Verschwommensehen (14%), Kopfschmerz (12%), Asthenie (13%), Erbrechen (11%) und Somnolenz (10%). Die meisten UAWs waren leicht bis mittelschwer und
klangen mit der Zeit ab.
http://www.emea.europa.eu/humandocs/PDFs/EPAR/Prialt/H-551-PI-de.pdf
 
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Man hat in wenigen Tagen exzessiv mich auf eine Dosis von 20 µg gesteigert (Höchstdosis angegeben mit 21,6 µg) ohne intensivmedizinische Überwachung, die in allen Veröffentlichungen vorausgesetzt werden. Und wer hat besser die Möglichkeit als Anästhesisten. Die Artikel beweisen doch, dass bei 88 % Nebenwirkungen auftreten und wir sprechen hier nicht von Schwindel oder Übelkeit. Psychosen stehen ganz oben auf der Liste der Nebenwirkungen und eine Veranlagung dazu (bekannt oder nicht) kann nicht als Grund dafür herhalten. Es ist das Medikament, welche diese auslöst.
 
Hallo Nebenwirkungen,

ich denke wir sind hier nicht die richtigen Ansprechpartner für dein Problem.

Du solltest dich mit dem dir passierten an die entsprechenden Ärzte wenden.
Wir sind hier ein Forum von Krankenpflegekräften und können leider zu dem was dir passiert ist keine Aussage treffen.

Wenn dein Arzt das Medikament unter Umständen zu schnell gesteigert hat, wende dich an die entsprechende Stelle. Es geht sicher nicht allen Menschen gleich mit dem Medikament.

Da wir hier nichts für dich tun können schliesse ich den Thread.

Weiterhin alles Gute für dich
Narde
 
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