Personalbemessung in Pflegeheimen

thorstein

Poweruser
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14.03.2008
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429
Ort
Bayern
Beruf
Altenpfleger
Akt. Einsatzbereich
stationär
Jetzt haben wir es schwarz auf weiss. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff soll sich auch an der Personalausstattung der Heime nichts ändern. Die Kostenträger haben bestellt, und die Pflegewissenschaft hat wieder geliefert.

http://www.carekonkret.vincentz.net/content/download/896/8843/file/§8_Endbericht_Personalbemessung_und_Bewertung_des_Beirates_17371.pdf

Einzig die Ehrlichkeit der Argumentation lässt nichts zu wünschen übrig:

„Das folgende Szenario zielt darauf ab, die Gestaltbarkeit von Pflegesätzen und Leistungen der Pflegeversicherung im Übergang von Pflegestufen zu Bedarfsgraden aufzuzeigen. Dabei wird angenommen, dass die Pflegeeinrichtungen durch diesen Übergang weder Mehreinnahmen erzielen noch Einnahmeeinbrüche in Kauf nehmen sollen. Die von der Pflegeversicherung sowie der von den Pflegebedürftigen selbst (oder den Sozialhilfeträgern) aufzuwendenden Mittel sollen sich also in der Summe nicht verändern.“ (S.VII)
Wenn es aber von vorneherein nicht mehr kosten darf, worum geht es dann eigentlich?

Im vorliegenden Projekt wurden die Daten der NRW-Studie .Pflegebedarf und Leistungsstruktur als Bezugsgröße verwendet, allerdings nicht ohne nähere Prüfung, ob hier eine Annäherung der gemessenen Zeiten an eine bedarfsgerechte Versorgung unterstellt werden kann.
Von daher kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungszeiten der NRW-Studie in vielen Bereichen eine plausible Annäherung an den Bedarf der Bewohner bieten. Sie beschreiben mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Rahmen, in dem sich ein ausreichendes Qualitätsniveau realisieren lässt.(S.27)

Man nimmt einfach den Ist-Zustand als Grundlage, und ignoriert alle Hinweise auf Misstände oder Überlastung. Damit haben wir die pflegewissenschaftliche Bestätigung. Das vorhandene Personal reicht mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Wahrscheinlich bilden wir uns den Pflegenotstand einfach nur ein. Wenn pflegewissenschaftlich nachgewiesen wird, dass man im Frühdienst auf ausreichendem Niveau 8-10 Pflegebedürftige versorgen kann, bleibt ja kein Argumentationsspielraum mehr.

Auch hier ist allenfalls eine mehr oder weniger gute Begründung, aber kein Beweis im strengen wissenschaftlichen Sinne möglich. In den Ländern, in denen empirisch ermittelte Zeitwerte als Kennzahlen zur Bedarfsermittlung herangezogen werden, findet man zum Teil gar keine nähere Reflektion der Frage, ob Ist-Zeiten nicht auch eine Unter- oder Überversorgung abbilden könnten. (S.26)

Wie sieht eine Überversorgung aus? Und könnte man die Ist-Zeiten nicht vergleichen, und sich dann die Ergebnisqualität ansehen, oder die Zufriedenheit der Pflegebedürftigen evaluieren oder die Krankheitsquote bei den Pflegekräften?
Wichtig scheint hier nur zu sein, dass man solche Vergleiche argumentativ von vorneherein ausschließt. Das Ergebnis wäre dann wohl, dass in Holland oder Dänemark oder Schweden oder Norwegen eine Überversorgung stattfindet. Und das will doch wirklich niemand.

Grundlegend wünschenswert sei es, dass ein Personalbemessungssystem den Personalbedarf getrennt nach Fachqualifikationen ausweist, zumindest das Verhältnis zwischen Fachkräften und Hilfskräften. (S.20)
Also verabschieden wir uns auch von der Fachkraftquote.