Madentherapie

Mücke

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14.06.2002
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55
Mich würde interessieren, ob jemand von Euch bereits Erfahrungen mit der Madentherapie bei schlecht heilenden Dekubiti gemacht hat.

Grüsse von Mücke
 
Hallo Mücke!
Was ist denn eine Madentherapie?
Gruss Nicci
 
Hallo Nicci,

bei schlecht heilenden Dekubiti, vorwiegend bei älteren Patienten, werden Fliegenlarven in die Wunde gesetzt. Dieser Verband wird mit einer speziellen Kompresse verschlossen, sodass die Larven genügend Sauerstoff bekommen. 2 bis 3 mal wird dieser Verband mit Wasser etwas angefeuchtet.

Diese Maden (so ca. 100 bis 200 Stück, je nach Wundgröße) fressen regelrecht die Nekrosen auf und regen so die Wundheilung und Granulation an. Das besondere daran ist, sie machen sich nie über das gesunde Gewebe her. Nach 5 Tagen und vorher täglicher Wundkontrolle, ob sie auch noch lebendig sind, werden sie wieder entfernt und haben sich um ein vielfaches vergrößert.

Manchmal werden neue Maden für weitere Tage aufgesetzt, wenn diese zwar erfolgreich waren, jedoch noch Restnekrosen vorhanden sind. So kann manch älterem Menschen eine große OP erspart werden.

Liebe Grüsse
Mücke
 
Hallo Mücke,

ich habe einige Obdachlose mit offenen Wunden und Maden darin erlebt, die Wunden waren immer sauber! Für den Betrachter allerdings ein sehr unangenehmer Anblick!

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Ich finde die Methode ja sehr hilfreich so wie ihr sie beschreibt, aber irgendwie schon ekelig, oder? Das muss doch furchtbar kribbeln. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass nicht alle Patienten damit einverstanden sind.
 
Hallo,

es kribbelt nicht, weil es totes Gewebe ist, welches abgefressen wird.

Auch ich habe Menschen gesehen, bei denen die Maden unter dem Verband waren. Oder alte Menschen die nach Tagen in ihren Wohnungen aufgefunden wurden und dort durch Kot und Urin Fliegen angelockt haben. Diese legten dann die Eier in Wundtaschen und schon schlüpften die Maden.

Es stimmt, dass die Wunden immer sehr sauber waren. Die Gewebegranulation wird durch den Speichel und den Ausscheidungsprodukten offensichtlich positiv beeinflusst.

Irgendwo im Internet hatte ich auch etwas über einen Vortrag zur Madentherapie gelesen. Wenn ich es finde, setze ich den Link hier rein.
 
Hallo alle zusammen,

wir praktizieren das mit den Maden und wir haben sehr großen Erfolg damit. Selbst Dekubitis, wo wir gedacht haben, das wir sie nie zu bekommen, haben wir damit wieder hin bekommen. Die Maden fressen nur das tote Gewebe ab und fallen dann ab. Man brauch sie dann nur von dem Verband entfernen. Die Wunde ist hinterher sehr sauber und gut durchblutet und heilt eher zu als wie mit den herkömmlichen Mitteln.
Es ist am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig, aber man überwindet seinen Ekel, wenn man den Erfolg sieht.

Karina
 
Auch wir erzielen gute Erfolge mit dieser Therapie.
Selbstverständlich muss der Patient vorher einwilligen.
Aus unseren Erfahrungen hat der Patient weniger Bedenken oder Ekel als die Personen, die den Verband anlegen.

Liebe Grüsse
Mücke
 
Hallo Mücke,

woher bekommt ihr die Maden und wie lange ist die Überlebenszeit dieser Maden?

Blutegel werden ja nicht getötet, sondern angeblich in einer sogenannten Egelfarm ausgesetzt.

Bekommt jeder Patient seine eigenen frischen Maden?
 
Hi Rabenzahn!

Hab mir da einiges mittlerweile angelesen und kann teilweise antworten:
Diese Maden haben eine Überlebenszeit von 2-3 Tagen in der Wunde. Dann sind sie vollgefressen und würden sich normalerweise einen trockenen Platz suchen wo sie sich verpuppen können (Matratze z.B.).

Man entfernt daher die Maden und setzt ggf. neue ein. Die halbfertigen Tiere müssten also theoretisch entsorgt werden. Niemand will Fliegenpuppen in der Matratze ;)

Demzufolge muss auch jeder Patient neue Maden bekommen, die alten sind ja verbraucht. Das erste Mal vollgefressen ist für die Dinger auf jeden Fall das letzte Mal (auch in der Natur).

Die andere Frage kann ich nicht beantworten (woher die kommen) - müssten aber aus der Krankenhaus-Apotheke kommen, wie die Blutegel auch stell ich mir vor...

Gegenfrage: Was ist eine Egelfarm? Wir schicken die Blutegel im Haus in die Apotheke zurück IIRC, aber ich hab keine Ahnung was dann mit ihnen passiert. Aber ein riesiges Egelparadies für Rentneregel hinterm Haus vermute ich nicht grade ;)

+lg, david
 
Hallo David,

Blutegel werden ja extra gezüchtet. Und im Gegensatz zu den Maden haben sie eine deutlich längere Halbwertszeit.

Deshalb gehen sie wieder zurück und werden nicht getötet.

Hier ein Link
http://www.blutegel.de/

Da kommen sie her, da gehen sie hin.

Hoffentlich nur 1x...
 
Hi Rabenzahn,
ging nicht schneller bei mir, die Verbindung konnte ich gestern nicht aufbauen.

Die Fliegenlarven liefert uns ein auswertiges Labor. Dort werden sie auch gezüchtet.
Wir verwenden lose Maden, die mit etwas Wasser, welches sie zum Überleben brauchen, in die Wunde eingebracht werden.

Laut Hersteller können sie bis zu einer Woche dort verbleiben, wir entfernen sie jedoch nach 5 Tagen. Dann sind sie immer noch sehr lebendig und haben sich fleißig durch die Nekrosen gefuttert. :wink: Falls erforderlich, werden neue Maden in die Wunde gesetzt.

Bestellt werden sie entweder lose zu 100 oder 200 Stück pro Patient oder in einer Kompresse verpackt. Mit der Madenwundauflage hatten wir kein Glück, denn die armen Tiere sind nach wenigen Stunden verstorben. Ist auch nicht sehr logisch, denn die Larven brauchen direkten Kontakt zur Wunde
:wink:

Viele Grüsse
Mücke
 
Hallo zusammen!

Habe vor kurzem auch etwas über diese neue Therapieform gelesen. Es gibt einmal die verpackten Maden, die in einer Kompresse "eingesperrt" sind und die "freilaufenden", welche direkt in die Wunde gesetzt werden.

Die Eingesperrten sind für Anfänger gedacht, weil es ja nicht ganz so viel Überwindung kostet sich eine geschlossende Kompresse in die Wunde legen zu lassen, als sich krabbelnde Maden einsetzen zu lassen.

So wie in dieser Broschüre beschrieben, merken die Patienten doch ein leichtes Kribbeln!

Die Maden werden in Labors unter sterilen Bedingungen gezüchtet, so wie ich gelesen habe, dürfen die Maden maximal 78 Stunden in der Wunde verbleiben.

Die Ausscheidungen der Maden sollen eine antibakterielle Wirkung haben, sie fressen wirklich nur die Nekrosen und das Exsudat und gehen niemals an das gesunde Gewebe!

Die Ergebnisse sind wirklich erstaunlich! :lol:

Gruß Anne
 
Hallo,

wir arbeiten auch hin und wieder mit Maden. Wir bekommen sie extra aus einem Labor in England. Ist auch eine Sonderanforderung.

Gruß, Sabine
 
Bei uns kamen die sterilen Fliegenlarven auch schon zum Einsatz. Sowohl einfach auf die Wunde aufgesetzt als auch im Cavity. Wenn die Wunde tief genug ist kann man Cavitys verwenden ansonsten muss man sie aufsetzten was allerdings sehr dumm ist, wenn die Wunde sehr viel Sekret absondert.

Ansonsten merken die Patienten so gut wie nichts davon und sehen tun sie die auch nicht.
Und die Wunden heilen... zumindet ist eine Heilungstendenz zu erkennen.
 
Hallo,

ist zwar schon eine Weile her, aber die Geschichte der glücklichen Blutegel, die nach Verwendung auf einer Egelfarm landen wollt ihr mir doch nicht wirklich erzählen. :wink: Frei nach dem Motto: ...und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage? :lol:

Schicke euch liebe Grüße und mach mich auf die Suche nach den glücklichen Blutegeln hinter der Klinik!

Gaby
 
Hallo Gaby,
Blutegel und Fliegenlarven (weiße Maden) sind meines Wissens nach zweierlei!

Zu Blutegel:
http://www.blutegel.de/

Zu Fliegenlarven schau hier:
*(Defekter) Link entfernt*

Und nun viel Spaß mit dem Getier...
 
Hallo Flexi!

Bin zwar ein Stadtmensch, aber den Unterschied zwischen Fliegenmaden und Blutegel bekomme ich noch auf die Reihe :lol:

Zwischendurch ging es im Beitrag mal um Blutegel, da ich sie ausgesprochen ekelig finde, bin ich mit meinen Gedanken bei den Egeln geblieben. Obwohl Maden finde ich auch nicht wirklich so toll...

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Hallo, Kollegen!

Bei mir im Haus wird die Madentherapie auf der Angiologie / Gefäßchirurgie eingesetzt. Dort ist sie aber die letzte erhaltende Therapie, d.h., danach kommt die Amputation. Decubitie, die sich für die Madentherapie eignen haben wir nicht im Haus. Dafür kann man die Ergebnisse bei den Gefäßpatienten als recht gut betrachten. Seit dem es die Madentherapie gibt, ist die Anzahl der Amputationen zurückgegangen.

Die Viecher sind über die Firma Biomonde zu beziehen. Hier der Link: *(Defekter) Link entfernt*. Weiter Info's gibt es auch auf *(Defekter) Link entfernt*.

Der Einsatz freier Maden hat sich als effektiver erwiesen als die "gebeutelten" Maden. Die Maden werden bei uns nach Gebrauch in Alkohol oder Formaldehyd eingelegt, zum Abtöten. Danach werden sie über den "Infektionsmüll" entsorgt.

Die Therapie hat sich für die Patienten als mäßig schmerzhaft erwiesen, einige klagen über ein kribbelndes Gefühl. Das Hauptproblem ist die Geruchsbelästigung, die durch die Maden entsteht. Sie ist leider typisch und durchdringend. Daran stören sich viele Angehörige, deshalb ist eine massive Aufklärungsarbeit nötig.

Mit den besten Grüssen

grobie
 
Hallo,
in meinem Lehrkrankenhaus wurde öfters mit der Madentherapie experimentiert. Das war vor 2 Jahren. Zumeist hatte die Therapie erstaunliche Erfolge. Die Maden wurden in unserer Apotheke unter "sterilen" Bedingungen gezüchtet. Die Patienten, die ich gesprochen habe, haben zwar ein leichtes Kribbeln gespürt, was sie aber nicht unbedingt als eklig oder unangenehm empfanden und was man laut ihnen auch gut ignorieren konnte.

Gruß
Lucie