Konfrontation: Tod

Sonnenblume

Poweruser
Registriert
20.11.2004
Beiträge
518
Ort
Nähe Dortmund
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
stationär - Unfallchirurgie
Funktion
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Hallo Ihr Lieben ! :wavey:

Ich wollte mal die Neulinge (z.B.: Ausbildungsbeginn 01.10.2005) fragen, wie ihr so mit dem Thema Tod umgeht.

Wurdet ihr in euren bisherigen Einsätzen mit dem Thema konfrontiert ?
Habt ihr Menschen sterben gesehen, oder nur gehört, dass jemand gestorben ist ?
Habt ihr Sterbende gepflegt ?

Wie habt ihr euch mit dem Thema vertraut gemacht ? Ward ihr eher zurückhaltend, oder wolltet habt ihr euch direkt mit Sterbenden oder Toten konfrontiert ?

Wie waren die Examinierten zu euch ? Haben die euch direkt zu Sterbenden ins Zimmer geschickt, oder gesagt, dass ihr es nicht müsst, wenn ihr noch nicht bereit seit ?

Liebe Grüße Sonnenblume :flowerpower:
 
Hi Sonnenblume !

Ich bin zwar kein Frischling,aber ich bin als Praxisanleiter mit Unter- oder Mittelkursschülern zusammen unterwegs (in der ambulanten Pflege).
"Meine" Schüler werden im Vorfeld genauestens auf die Situation vor Ort vorbereitet (Stadium der Erkrankung,Eigenheiten der Patienten,Zustand der Angehörigen) und bevor wir den Haushalt betreten mache ich mit dem Schüler die Grenzen klar.Einige wollen sich voll ins Geschehen stürzen und mit dem Patienten arbeiten.Natürlich habe ich ein Auge auf die Patienten,aber ich nutzte in der Regel die Zeit mich um die Angehörigen zu kümmern,die einen sehr hohen Pflegebedarf haben.Der Verlust eines Angehörigen ist teilweise schlimmer als als der eigentliche Zustand des Patienten.
Ich erwarte von den Schülern,dass sie mir ein realistisches Feedback über den Einsatz geben,ob sie sich über- oder unterfordert fühlten.Die Bedürfnisse der Schüler geniessen eine sehr grosse Priorität - schliesslich müssen sie in gewissen Phasen geschützt werden.Doch eines darf man nicht ausser Acht lassen.Irgendwann werden sie vielleicht sich allein mit Patienten und Angehörigen auseinandersetzen müssen und daher möchte ich sie so gut wie möglich darauf vorbereiten,auch wenn das nicht immer einfach ist.Ich arbeite jetzt auch schon 10 Jahre in der Pflege und für mich ist es heute immer noch schwer.Daher kann man nicht früh genug damit konfrontiert werden,wenn man eine geeignete Pflegeperson an der Hand hat.Da darf man auch mal schwach sein !
 
Hallo Pierre ! :wavey:

Klar darf man auch mal schwach sein, aber gibt ein Schüler wohl gerne zu, wenn er mit der Pflege eines Sterbenden ein Problem hat ?

Gerade am Anfang will man doch nix falsch machen und auch nicht "aus der Reihe tanzen"...oder wie geht es euch Frischlingen ?

Liebe Grüße Sonnenblume :flowerpower:
 
Huhu.

Also ich hatte meinen allerersten Einsatz auf der Onkologie und da sind in den 5 Wochen, in denen ich da war, eine Menge Patienten gestorben.
Als die erste Patientin an Lungenkrebs gestorben ist, hat mich das schon sehr mitgenommen. Sie war gerade 2 Jahre älter als meine Mutter und auch noch eine von den netten Patienten. Ihren Tod habe ich nicht direkt mitbekommen. Beschäftigt hat er mich aber verdammt lange.
Aber irgendwann habe ich mir eine Art Distanz angewöhnt. Ich lass das nicht mehr so an mich ran. Und irgendwann war ich dann auch soweit, einen Toten das letzte Mal zu pflegen. Auf der Station haben sie mich immer gefragt, ob ich mit zu dem Toten kommen möchte. Ich hätte die Möglichkeit gehabt mit den Kollegen zu reden, aber irgendwie konnte ich das nicht.
Ich kann damit immer besser umgehen, wenn ich mich von den Patienten verabschieden kann. Inzwischen kann ich das auch, wenn ich den Patienten auch nicht noch mal sehen kann. Und wenn ich auch nur für mich "Tschüss Herr/Frau XY" sage.

Wie geht es euch denn damit?

LG Meike
 
Hallo Maikäfer ! :wavey:

Also, als ich bei meinem ersten Einsatz den ersten Tag zur Arbeit kam wurde ich schon mit sterbenden Patienten konfrontiert. Mir war klar, dass ich damit konfrontiert werde, aber direkt am ersten Tag und dann so knall hart.
Naja, bis zum Tod zog es sich dann noch ne Woche hin, aber für mich war es schon komisch zu dem Patienten ins Zimmer zu gehen und zu wissen, dass er jeden Moment sterben kann.
Dann immer diese Minuten lange Atemaussetzen und dann diese schnappen nach Luft...ich habe das dann mal einer Schwester gesagt, also das es ja irgendwie schon komisch ist usw und sie meinte, wenn ich da nicht rein will muss ich es nicht.
Aber irgendwie wollte ich dadurch...
Hab mir auch bis jetzt immer jeden Toten angeschaut!

Als ich dann mal in der Schule war was abholen, hat es eine Lehrerin von mir mitbekommen und mich zu einer Lehrerin, die viele Sterbende pflegt und auch Sterben usw unterrichtet, reingeschickt.
Bei ihr konnte ich mich dann mal aussprechen. Immer wenn sie mich dann so gesehen hat, hat sie sich nach meinem Befinden erkundigt...das finde ich sehr lieb!
Das ist der Vorteil an einer kleineren Schule finde ich!

Naja, (leider) wurde ich in meinem 1. Einsatz noch desöfteren mit dem Tod konfrontiert, aber mittlerweile ist das nicht mehr so schlimm für mich!
Ich hatte bis jetzt Glück, dass es für die Toten immer eine Erlösung war, kann man sagen.
Keine Ahnung wie es ist, wenn ich mal mit anderen Situationen konfrontiert werde...aber ich denke, dass mir das nicht mehr so nahe geht.

Irgendwann findet man diesen Abstand irgendwie - so geht es mir irgendwie.

Dafür erlebt man aber auch viele schöne Dinge, wie Genesung usw und wird dadurch wieder positiv aufgebaut !

Wie geht es den anderen Neulingen ?

Liebe Grüße Sonnenblume :flowerpower:
 
in meinem ersten praxiseinsatz auf einer unfallchirurgischen station wurde ich auch mit dem tod konfrontiert ... ich habe zusammen mit einer schwester eine verstorbene patientin in die kühlhalle gefahren. dort waren auch kühlschränke aufgestellt.

neugierigerweise wie ich halt so bin hab ich an den kühlschränken geschaut, ob jemand drin liegt, den ich kenne ... naja, und prompt lag dort ein bekannter von mir ... 25 jahre jung ... erhängt im garten seiner eltern ...

ich hab schon viele tote zu grabe getragen, als ich 20 war ... aber das war doch immer noch ein heftiges erlebnis ...


suchtschwesterchen :anmachen:
 
Hallo suchtschwester ! :wavey:

Das ist ja schon ein sehr heftiges Erlebnis, was du da in der Kühlkammer hattest! :troesten:

Ich musste zum Glück noch nie einen Patienten in diese schrecklichen Kammern bringen und auch nicht waschen, oder so was. :verwirrt:

Hast du das mit der Kühlkammer denn verarbeitet ? Was machst du, wnn du mit solchen Sachen konfrontiert wirst ?
Sprichst du mit ner Schwester, Familie oder sonst wem ? Oder gehst du einfach drüber hin weg ?

Liebe Grüße Sonnenblume :flowerpower:
 
Mein erster praktischer Einsatz Ende 2005/Anfang 2006 war auf einer inneren, onkologischen Station. Ich hatte in den knapp 3 Monaten des Einsatzes viel mit dem Thema Tod zu tun, es sind einige Leute in der Zeit verstorben, wir hatten einmal an einem Wochenende 5 Sterbefälle.

Dennoch muss ich sagen, dass ich gut damit zu recht komme. Ich habe aber für mich auch den Weg gefunden damit umzugehen. Ich wollte von mir aus immer, wenn jemand verstorben war, auf das Zimmer gehen und mir den Toten ansehen. Nicht aus Gafferei, sondern um einfach mehr Erfahrungen zu sammeln, wie Menschen im Tod aussehen. Und da gibt es wirklich unterschiede. War auch mittlerweile schon oft beim Umbetten der Leiche vom Krankenbett ins Kühlfach mit dabei und das macht mir auch nichts aus, habe da absolut keine Berührungsängste.

Ich habe bis jetzt einmal einen Patienten tot aufgefunden. Das persönlich finde ich schlimmer als in einen Raum zu gehen, wo Du weißt, dass da ein Toter drin liegt. Ich habe den Patienten morgens noch gewaschen. Er war bereits schlecht dran, aber noch ansprechbar, hat die Nahrungsaufnahme verweigert und wollte einfach nur schlafen. Als wir ihn dann gegen 9.00 h gelagert haben, war er auch unverändert schlecht dran aber jetzt noch nicht so alarmierend um ihn alleine zu legen. Auf dem Zimmer lagen noch 2 weitere Pflegepatienten die soweit klar im Kopf waren. Als ich einen dieser beiden um 11.00 h zum EKG abholen wollte, ist mir aufgefallen, dass der Patient der schlecht dran war eine ganz blasse Hautfarbe hatte und die Augen starr auf. Ich habe im ersten Momant noch garnicht erkannt, dass er verstorben ist und auch die zwei Mitpatienten haben nichts mitbekommen. Als ich den Patient dann angefasst hatte, war er bereits kalt. Ich habe mich richtig erschrocken und das ist mir echt unter die Haut gegangen. Aber im ersten Moment habe ich nicht mehr viel darüber nachgedacht und erstmal dafür gesorgt, dass ich die 2 anderen Patienten aus dem Zimmer hole und eine Kollegin sowie den Doc gerufen...Die Situation war für mich bis jetzt das schlimmste. Ich finde sowieso am schlimmsten wenn Verstorbene noch die Augen auf haben, mit ihrem starren Blick, oft kriegt man die ja auch nicht mehr zu.

Aber alles in allem macht mir der Umgang mit Verstorbenen nichts aus. Es gehört in unserem Job halt dazu und man lernt damit umzugehen.