Hallo,
hier sind ein paar Informationen über das Patiententagebuch.
Das Patiententagebuch ist meist ein einfacher A5-Ordner. In ihm befinden sich schon einige Seiten auf denen Begebenheiten der Station beschrieben sind. Zum Beispiel der Monitor, ein beatmeter Patient ist ebenfalls abgebildet. Jeder Patient, der auf der Station länger als 2 Tage aufgenommen wird, bekommt so ein Tagebuch. Die Pflegekraft, die den Patienten in der Schicht betreut, nimmt einfach ein Blatt Papier und schreibt auf, was am Tag so passiert ist. Dies geschieht aber nicht in einer medizinischen Sprache, sondern in einem direkten Dialog mit dem Patienten. Es gibt da kein festes Schema. Vielleicht schreibt man etwa: Du bist heute viel ruhiger und hast ganz gut geschlafen. Ich habe den Eindruck, das du mich jetzt besser verstehst. Deine Schmerzen scheinen ebenfalls nicht mehr so stark zu sein. Deine Frau war zu Besuch und hat dir die ganze Zeit die Hand gehalten. Du hast immer noch einen Beatmungsschlauch in der Luftröhre, der dir bei der Atmung hilft. Die Sprache soll natürlich wertschätzend sein. Man schreibt nur über das, was man dem Patienten oder den Angehörigen auch sprechen würde (in Deutschland würde man natürlich siezen!).
Wenn Angehörige sich bemüßigt fühlen, können sie ebenfalls gern in das Buch schreiben. Es gibt da keine fest strukturierte Form. Viele Patienten haben nur wenige Erinnerungen an die Zeit auf der Station und bekommen hinterher große Ängste deswegen. Sie sollen mit dem Tagebuch eine Gedächtnisstütze bekommen und ein Andenken an die extremen Situationen.
Der Patient bekommt das Tagebuch mit nach Hause, wenn er möchte. Verstirbt er, können die Angehörigen das Buch mitnehmen. Im Buch sind auch einige Fragebögen enthalten, die der Patient ausfüllen kann und an das Krankenhaus schicken. So wird das Projekt wissenschaftlich begleitet.
Es scheint so zu sein, dass das Patiententagebuch eine positive Auswirkung auf die Patienten hat und posttraumatische Belastungsstörungen vermindern kann. Die Forschungen laufen aber noch weiter, soweit ich weiß. Denn es könnte ja auch sein, dass manche Menschen erst durch das Tagebuch erschreckt werden. Tagebücher können, wie alles, auch Nebenwirkungen haben.
Natürlich braucht man einige Minuten für das Tagebuch. Aber ich denke, diese Minuten sind ganz gut investiert. Im übrigen denke ich nicht, dass die deutsche Krankenschwester zu viel schreibt. Sie schreibt im Vergleich zu anderen Ländern viel zu wenig. Sie macht eher Kreuzchen ganz gleich den vielen erbarmenswerten Analphabeten auf der Welt. Nur wer viel schreibt, wird auch wahrgenommen! Das Tagebuch könnte die Krankenpflege in Deutschland ein kleines Stück weiterbringen, denke ich. Fünf Minuten am Schreibtisch können manchmal mehr wert sein als fünf Minuten am Patienten.