Handfixierung bei intubierten/sedierten/etc. Patienten

Sani20

Junior-Mitglied
Registriert
08.09.2004
Beiträge
67
Ort
Baden-Württemberg
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin - WB zur Leitung einer Pflege- und Funktionseinheit-Praxisanleiter
Akt. Einsatzbereich
Geschlossene Gerontopsychiatrische Station
Hallo ihr Lieben!

Ich habe eine Frage an euch Fachkräfte der Intensiv- und Anästhesiepflege. :-) Ich selbst arbeite seit mehreren Jahren in der Psychiatrie. Das Thema Fixierungen ist noch nie so hitzig und zugleich so sensibel diskutiert wie aktuell. Erst neulich kam eine Meldung des BfArM ins Haus, das unsere bisher alt bewährten Segufixgurte nicht mehr verwendet werden dürfen. Aktuell fixieren wir nur noch unter Sitzwache oder ständigem Sichtkontakt, bis die neuen Fixiergurte eintreffen. Das Thema Fixierungen ist gerade in der Psychiatrie absolut brisant und wird nahezu monatlich diskutiert.

Mein Intensiveinsatz im Rahmen meiner Ausbildung, ist schon sehr viele Jahre her und damals schon war ich über die Umstände schockiert, wie Fixierungen in anderen Einrichtungen durchgeführt wurden. Einerseits mit Klettverschlüssen und Mullbinden, andererseits auch nur mit Mullbinden. Einen einheitlichen Standard, evtl. sogar Expertenstandard vermisse ich um ehrlich zu sein schon lange. Erst seit ich in der Psychiatrie arbeite, wurde ich mir über die Tragweite dieser Maßnahme bewusst und um ehrlich zu sein wird meines Erachtens nirgendwo soviel darüber diskutiert, wie in der Psychiatrie.

Dabei ist die Anwendung der Fixierung, egal bei welchem Patientenklientel, zur Abwendung akuter Gefahren, immer die selbige. Sie stellt eine Freiheitsentziehende Maßnahme dar, die besonderer rechtlicher Grundlagen unterliegt.
Die Erfahrugen der letzten Jahre haben gezeigt, das recht viele Patienten in der Psychiatrie geklagt haben und so ein mächtiger Stein ins Rollen kam. Oftmals werden Fehler erst dann aufgedeckt, wenn es eben zu Komplikationen kommt und ein Patient/Betreuer/Angehöriger klagt.

Ich möchte hier keine Grundsatzdiskussion auslösen, sondern euch um euren Rat fragen wie ihr es in der Intensivpflege handhabt. Wird das Thema bei euch genauso diskutiert? Gibt es Standards in euren Einrichtungen/Kliniken zum Umgang mit fixierten Patienten? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Freue mich auf regen Austausch mit euch.

LG und euch noch einen schönen Tag.
 
Kann man net pauschal beantworten. Manchmal ist es notwendig. Oft nicht. Net selten hängt es von der Personaldichte ab. Es macht sich halt net gut, wenn du vom Reanimieren aus einem Zimmer kommst und der Patient im anderen Zimmer gerade seinen Tubus gezogen hat und du den nur unter erheblichen Schwierigkeiten wieder gelegt bekommst weil die Anatomie da Probleme macht. Leider hat ein O2-Mangel auch so seine Folgen und die möchte man, auch im Interesse des Patienten, weitestgehend minimieren.

Elisabeth
 
Danke Elisabeth für deinen Beitrag. :-)
Da hast du Recht, solche Folgen wie ein O2-Mangel können durchaus erheblich sein und sind alles andere als von der Hand zu weisen. Aber was ist wenn trotz der Fixierung solch eine Problematik eintritt, sich z.B. der Patient trotz Fixierung den Tubus, ZVK etc. zieht? Hast du Erfahrungen mit Klagen im Krankenhaus gemacht? Bzw. wie gehen Angehörige bei euch mit diesem Thema um?
 
Fixierung ist für mich ein teilweise nötiges Mittel, natürlich nach Rücksprache und angeordnet vom Arzt. Sie muß für mich zum Einsatz kommen, da die dünne Personaldecke es mir nicht gestattet, neben zu weanenden Patienten zu stehen und aufzupassen, um das mal etwas forsch auszudrücken. Ich habe in meinem Berufsleben fast sämtliche Komplikationen mitbekommen und erfahren, die sich Patienten zugefügt haben, in dem sie sich TK´s, Tuben, ZVK´s und sonstiges Equipment herausgezogen haben und für mich bedeutet Fixierung in gewissen Situationen Fürsorge für den Patienten. Natürlich muß dieser Zustand so bald als möglich beendet werden, da wir aber dauernd unerfahrene Ärzte haben und sich manchmal ständig das Behandlungsregime ändert und das nicht zum Besten, ist das nicht so einfach.

Wo ich einen Föhn kriege ist, wenn Kollegen fixieren und das nicht konsequent, sprich der Patient hat eine Handfixierung, winkt und kratzt sich die Nase. Dann kann ich es auch lassen. Sprich, bei mir hat sich mit Fixierung noch niemand etwas Wichtiges entfernt. Na, ja, okay, mal ne MS.

Angehörige sind natürlich oft irritiert, wenn ich aber erkläre, warum, zum allergrößten Teil einsichtig und einverstanden. Sie müssen im Gegenteil, wenn die "rebellische Phase" des Patienten vorbei ist und die Fixierung aufgehoben ist, davon überzeugt werden, das es jetzt ohne Fixierung geht.

Mein Verständnis von Fixierung ist aber anders geworden im Laufe der Zeit. Mal ein Beispiel aus meiner Praxis, war erst vor kurzem: Patient aus Pflegeheim, alt, Alzheimer, als aggressiv beschrieben, gefühlte 1000 Diagnosen. Sie hätte permanent Sauerstoff gebraucht, in ihrem Altenheim auch, hat aber sämtliche fremden Gegenstände an ihrem Körper entsorgt. Lag im Bett, medikamentös am Schlafen, Fixierung auch schon am Bett, Eintrag in Kurve, mit Betreuer abgesprochen, Verzicht auf weitere diagnostische Maßnahmen, da nie Compliance zu erwarten. Naja, sie wurde wach und das Theater ging los. Da habe ich, in Rücksprache mit DA, alle Zugänge und Ausgänge selbst entfernt. Auch die Sauerstoffsonde und das Monitoring aus. So hatten wir beide einen gemütlichen Nachmittag, sie zwar mit dunkelblauen Lippen und etwas, na sagen wir kurzatmig, abends wurde sie dann verlegt.

Worauf ich hier hinaus will, mein DA an diesem Tag war erfahren und entscheidungsfreudig und hat es durchgezogen, 80 Prozent der Ärzte auf meiner Station hätten aber auf Monitoring und infolgedessen auf Sauerstoffgabe bestanden, denn: wir sind doch schließlich auf Intensiv. Das wäre eine Fixierung geworden. Bei vielen Kollegen.

Gruß, Marty
 
  • Like
Reaktionen: getlucky und Taurus
Beatmungspatienten werden bei uns nicht grundsätzlich fixiert; es hängt von der betreuenden Pflegekraft, dem Zustand des Patienten und sicher auch von der Situation "drumrum" ab. Wenn, dann aber i.d.R. nur mit Handfixierung beidseitig.

Fixierungsprotokolle führen wir derzeit auch nicht.

Also, rechtlich höchst unsicher...
 
Unruhige Patientin bei denen eine Selbstgefährdung vorhanden ist werden fixiert. Auf einer Neurologischen Intensivstation wahrscheinlich öfter als auf Chirurgischen, ist mir jedenfalls während meiner Fachweiterbildung aufgefallen.

Wir verwenden recht viel Gurte mit Steckverbindungen, Klettverschluss oder Mullbinden.

Angehörige und Besucher werden über Sinn und Zweck der jeweiligen Maßnahmen aufgeklärt und bis jetzt hat es noch nie Probleme gegeben. Fixierungen auf der ICU benötigen keiner ärztlichen Anordnung, wir dokumentieren es aber natürlich über die Pflegedokumentation.
 
Mich würde mal interessieren, wie das generell rechtlich so aussieht, wenn ein intubierter Patient auf ITS fixiert wird.

Aus meinem Einsatz ist mir die Fixierung beider Hände wohl bekannt. Wobei man dabei sagen muss, dass ja eigentlich gilt: Fixierung nur 3 Punkt oder 5 Punkt (also nix mit nur Hände).

Und muss der Doc sowas nicht immer erst anordnen bevor ich das durchführen darf? Also kurz: Haben Intensivstationen so etwas wie 'nen "Generalerlass" zur Fixierung, gerade wenn es um so heikle Zugänge wie einen Tubus geht, den der Patient sich ziehen könnte? Oder wird das einfach so "gemacht"?

War übrigens ehrlich gesagt zu feige um die entsprechende Frage auf der ITS zu stellen. Die Frage tauchte heut ebenfalls im Unterricht auf, konnte aber leider nicht beantwortet werden.
 
Soweit ich weiß (so wird es zumindest bei uns durchgeführt): Innerhalb der ersten 24 Stunden braucht man bei akuter Gefahr keine richterliche Genehmigung, da reicht eine ärztliche Anordnung (bei uns auf der ITS ist in der Regel immer ein Arzt greifbar), wenn absehbar ist, dass die Fixierung länger nötig ist, wird eine richterliche Genehmigung eingeholt, per Fax ans Amtsgericht.
 
  • Like
Reaktionen: getlucky
Hallo,
besonders gefallen hat mir hier der ausführliche Beitrag von "Marty"!

Ich stecke in einem ziemlichen Dilemma und sehne mich danach in 7 Jahren (wenn alles klappt) endlich in Frührente gehen zu können.

Kaum noch zu glauben mit welcher Freude ich in den 80-gern erst 2 Jahre als Hilfspfleger in der Kinder-Psychiatrie angefangen und dann nach der 3-jährigen Ausbildung und dabei schon voll auf Intensiv (Innere) arbeitend, meinen Abschluß mit bestem Ergebnis bekommen habe.

Wie stolz war ich damals in meiner weißen "Uniform" und mit dem praktischen Wissen, Menschen wirklich helfen zu können. Leider haben sich die Verhältnisse nach meinem eigenen Empfinden ziemlich verändert und auch eine Arbeitszeitreduzierung auf 20 Wochenstunden hat mich beruflich nicht wirklich wieder glücklich werden lassen.

Hier möchte ich mich vorerst nur zum Thema Patienten-Fixierung äußern:

Seit ein paar Tagen durchstöbere ich das Internet nach gesetzlichen Voraussetzungen. Sehr interessant fand ich, daß Angehörige, selbst Ehegatten kein Mitspracherecht haben gesetzlich! Und das die Sicherheit des Patienten in der Aufwachphase oberste Priorität hat und eine Handfixierung nach OPs bis zum adäquaten Wachwerden sogar eine gebotene Maßnahme ist!

Nach all den Jahren mit frisch operierten Patienten die ich zu betreuen hatte, hat sich in meiner Obhut noch nie jemand selbst extubiert! Als reine Vorsichtsmaßnahme habe ich schon immer bei uns sogenannte "Freundschafts-Bänder", also Klettverschluss-Handfixierungen verwendet, bis Patienten adäquat wach waren! Immer, sofern es auf Deutsch oder Englisch ging, habe ich in der Aufwachphase mit den Menschen gesprochen und ihnen diese Vorsichtsmaßnahme erklärt und noch nie gab es dabei Probleme.

Auch Angehörige, die bei uns ja zu jeder erdenklichen Stunde ohne Besuchszeiten vorgelassen werden, hatten dafür aus Sorge immer ihr Verständnis bekundet, wenn es ihnen entsprechend erklärt wurde.

Zunehmend kommt es aber vor - dass aus wohl kommerziellen Gründen - immer mehr sehr alten Menschen großen Herz-OPs angeboten und sogar Kunstherzen eingebaut werden, oft "weil es die Verwandten so wollten".

Dazu kommt, dass viele psychisch bereits vorerkrankte und schon langjährig vorbehandelte Patienten operiert werden, die mitunter tagelang vorher keine entsprechende Medikation erhalten haben.

Das einmal jemand bei uns ganz normal wach wird und kurzfristig extubiert werden kann, grenzt derzeit schon fast an ein Wunder.

Fortschreitende Hospitalisation und Aggression mit Selbstgefährdung stehen also an der Tagesordnung.

Vor ein paar Wochen wurde ich sogar von einem langzeitbeatmeten Patienten, den ich gerade dabei ertappte, wie er sich die Tracheal-Kanüle raus ziehen wollte, in meinen Mittelfinger gebissen, was sofort stark in meinen Handschuh einblutete!

Ärtzeübergaben finden nur noch in entfernten Zimmern ohne Mit- oder Ansprache des Pflegepersonals statt und Patienten sind wochen- und monatelang 2- bis sogar 4-Punkt fixiert ohne jeglichen richterlichen Beschluß.

In Extremfällen wird auf Zuruf Haldol als Kurzinfusion verabreicht, meist ohne vorherige schriftliche Anordnung und danach nur mittels Dokumentation durch die Pflege.

Da ich nun auch bei meinen Nachforschungen gelesen habe, das Pflegepersonal sich selbst strafbar macht wenn die Anordnung für Fixierung von einem Arzt angeordnet wurde aber über 24 Stunden ohne richterlichen Beschluß anhält, fühle ich mich recht ratlos.

Eine Anwesenheit bei den monatlichen Stationsversammlungen halte ich seit Jahren nicht mehr für nötig, da mir die entsprechenden Protokolle zeigen, dass interne wichtige Dinge nicht mehr besprochen werden und jede Kritik an der Stations- wie Hausleitung nicht in den Protokollen erscheint und im Nachhinein keinerlei Einspruch erfolgt.

Ich sehne mich echt nach der Zeit zurück, wo man vor Stationsärzten und Pflege-Leitungen noch Respekt haben konnte.

Welche Erfahrungen macht ihr in euren Krankenhäusern und Kliniken?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich arbeite in der stationären Altenpflege und auch hier ist das Fixieren eine heiß disutierte Maßnahme. Wir haben vor vielen Jahren an "Redufix" teilgenommen (ReduFix | Startseite | 05.11.2015 12:03) und es geschafft in unseren Häusern keine Bauchgurtfixierungen mehr zu haben.

In Krankenhäusern macht man sich um die Freiheitsentziehenden Maßnahmen auch heute noch wenig Gedanken. Es wird nicht nach rechtlichen Grundlagen gefragt. Es wird einfach davon ausgegangen, dass der Arzt anordnen kann.

Wie wäre es denn, die Nachwirkungen der Medikamente und möglich notwendige Fixierungen, vor den OP`S mit den Betroffenen zu besprechen und dessen Einwilligung einzuholen. Dann wäre man rechtlich schon mal auf einem besseren Weg.

Ansonsten kann ich für die Langzeitpflege noch den "Werdenfelser Weg" (Werdenfelser Weg – Das Original) empfehlen, sicherlich ist dieses Konzept für die Altenhilfe entstanden, aber auch in der Psychiatrie kann man um die Ecke denken. ;)

Sicherlich wissen die meisten von euch, dass Fixierung nur eine vorgetäuschte Sicherheit ist, wie sonst käme es zu so vielen Todesfällen und die damit verbundenen Neuauflagen von Fixiergurten. Was man eingeschränkt orientierten Menschen mit einer Fixierung antut...

Susanne
 
  • Like
Reaktionen: getlucky und Taurus
Vielen Dank für deine Antwort Susanne und ich werde mich mit dem "Werdenfelser Weg" noch heute Nacht befassen!

Und du sprichst es an: so viele Dinge könnte man bereits vorab im OP besprechen oder noch besser auf der vorbereitenden Station. Wenn da die geeigneten Mitarbeiter wären und die auch noch Zeit hätten.

Den Betriebsrat interessieren ohnehin mehr die Gewährungen der Raucher-Pausen!

Dazu ist bei uns gerade der Fall eingetreten, dass bis jetzt bereits 18 OP-Schwestern zum Jahresende gekündigt haben, nachdem im Herbst ein neuer Klinik-Chef mit vielen eigenen Operateuren alles übernommen hat. Man munkelt er will die 8 Mio. Jahreseinkommen seines Vorgängers noch überbieten. Schafft er vielleicht, wenn weiter Assistenz-Ärzte mit EUR 900,- netto pro Monat abgespeist werden!

Wo soll diese Entwicklung nur hin gehen? Die Politik hat da schon lange keinen Einfluß mehr... Ich denke da nur an die damaligen Visiten der erlernten Grundschul-Lehrerin und selbsternannten "Expertin" für Gesundheitsfragen Ulla Schmidt.

Diese arrogante Kuh konnte nicht mal grüßen wenn sie ein Patientenzimmer betrat aber unser ganzer Leitungs-Hofstaat samt Verwaltung ehrfürchtig hinterher - es war regelrecht peinlich das zu erleben!

Es wundert mich auch immer sehr, daß die Patienten mit über 70 Jahren meist erst von mir etwas über Tiefatmung und die Wichtigkeit des Zwerchfells bei der Atmung hören. Dabei haben wir doch seit Jahren hochbezahlte Atem-Therapeuten aus den eigenen Reihen ausgebildet, die keine Patienten mehr betreuen müssen! Seitdem werden zu früh extubierte oder die Patienten die sich selbst des Tubus entledigt haben oft tagelang mit NIF-Masken traktiert - das macht sich ja dann wieder bezahlt!

Seit 8 Jahren gibt es Gesetzte zur Hospiz- und Palliativ-Versorgung der alten Menschen in den eigenen Wohnungen. Warum wird das nicht genutzt oder eingefordert? Die Verblödungs-Taktik der Medien mit skandalösen Aufdeckungen ohne jegliche Auswege vermittelnde Beigaben hat da viel mehr System.

"Jedes Volk erhält die Machthaber die es verdient" habe ich mal gelesen und ich würde es weiter ausführen: "Jede Station erhält (im Sinne von Erhalten!) die Leitungen, die die Mitarbeiter verdienen.

Die Kommunisten vor der Wende waren für mich schon schwer zu ertragen aber der Kapitalismus in Reinform piept mich jetzt regelrecht an. Menschenverachtender geht es schon kaum noch und das schlimmste ist, das kaum jemand erkennt, das EINIGKEIT stark macht. Es ist so leicht, Jung gegen Alt und z.B. Raucher gegen Nichtraucher auszuspielen und diese Masche bekommt immer mehr Qualität.

Ja klar, Kündigung wäre eine Alternative aber darauf wartet das System doch nur, dann verlierst du dazu noch die dir vorbehaltenen alten, also besseren Arbeitsverträge!

Lohnerhöhungen gab es schon sehr lange nicht mehr aber für massive Nachblutungen und die dafür verantwortlichen Operateure werden schnell mal EUR 50.000,- zur Thrombozyten-Konzentrat-Blutstillung ausgegeben...!
 
Aktuell (ich mein wirklich JETZT) wird das Verfahren der Dokumentation komplett überarbeitet, um noch engmaschiger nachzuweisen wieso, weshalb, warum - wann, wer & wie fixiert wird. Der Arzt ist da überhaupt nicht außen vor, er wird dann noch mehr damit zu tun haben.

Formblätter (kein Dekomaterial!) die bisher schon verwendet werden, sind dann noch wesentlich ausführlicher. Das gilt ohne Ausnahme für alle Bereiche. Nachdem das bei mir vor Ort angekommen ist - nehm ich doch mal an, dass andere Kliniken schon so verfahren. Ist ja nicht bös gemeint, aber bei uns, fern von Metropolen oder direkten Unikliniken, braucht alles etwas länger.

Ist die Fixierung voraussichtlich länger als 24h erforderlich kann auch da schon das Gericht eingeschaltet werden. Ja, den Richter der meist kommt - kenn ich. Fortbildungen zum Thema - werden fortlaufend jedes Jahr angeboten, gedankenlos - lass ich so nicht stehen. Unseren Rechtsanwalt (der auch Vorträge zu anderen rechtsrelevanten Themen hält) hab ich befragt, warum die FB zu FEM nicht für Ärzte verpflichtend ist. Es waren nur Pflegekräfte anwesend. Nicht richtig. Er hat's weiter gegeben.

Die Klinik ist kein rechtsfreier Raum. Wochenlanges fixieren - ohne Beschluss - nein, kenn ich so nicht.

Es ist aber trotzdem korrekt, im Extremfall (und das IST der sog. rechtliche Rahmen) die Fixierung erst durchzuführen und wenn der Patient ausreichend gesichert ist, die schriftliche Anordnung dann auszufüllen. Häufiger hilft der Arzt selbst mit.

@Taurus: Das mit den Besprechungen - die RICHTUNG - da geh ich leider mit. Ich find es trotzdem schade, wohin Dein Weg Dich geführt hat, die Jahre die Dir noch bevorstehen, es sind doch noch einige. Gibt es für Dich keine Alternative in der Klinik? Die Menge an Frust die Du offensichtlich nicht nur wegen der Umstände bei Dir vor Ort schiebst - sie geht für mein Befinden weit über das "normale" Maß hinaus.

Was auch im Moment stattfindet - man weiß inzwischen deutlich mehr darüber wie der ältere-alte Mensch (mit ordentlich Delirpotential) VOR und NACH einer OP besser betreut werden kann (und damit sollte) und auch was problematische Medikamente WÄHREND der OP anbelangt. Was letztlich, gut umgesetzt - zu einer regulären Verweildauer führen kann.

Wenn man damit Geld sparen kann - insgesamt gesehen - lohnt es sich für die Kliniken.
Aber, das weißt Du wahrscheinlich auch schon längst. Die Priscus-Liste - sie gibt es nu auch schon ein paar Jahre, als Orientierungshilfe.

Leitungen, hm....sie müssen vielen gerecht werden. Nicht nur den Mitarbeitern auf der Station. Den zunehmenden Druck von weiter oben aushalten, Entscheidungen mittragen, obwohl diese nicht als richtig erachtet werden, vieles mehr. Ich möcht nicht tauschen wollen.
 
  • Like
Reaktionen: Fuxx444
Hi,
meiner persönlichen Erfahrung nach ist leider oftmals die Fixierung eines Intensivpatienten der beatmet wird eine Folge der Personalknappheit. Denn solange ich nicht sicherstellen kann, dass ich auch durchweg bei meinem Patienten bin ist mir das Risiko der Selbstextubation zu hoch. Leider ist gerade dies bei uns schon ein paar mal vorgekommen. Zum Glück ging es immer glimpflich aus.

Leider muss ich persönlich feststellen, dass gerade in dem zunehmenden Mangel an Pflegekräften bei uns auf Station die Anzahl der fixierten Patienten (und seien es ''nur'' Freundschaftsbändchen) zunimmt. Zudem habe ich bei uns den Eindruck, dass auch von Seiten der Ärzte eine Fixierung in Kauf genommen wird.

Zudem haben wir relativ oft fixierte Patienten, da wir alle Patienten die via Polizei eingewiesen werden und überwachungspflichtig sind bekommen. Für diese haben wir ein zusätzliches Fixierungsprotokoll.

MfG Flop
 
Hallo zusammen,

Fixierung ist ein hochinteressantes Thema, was immer wieder viele Möglichkeiten zur Diskussion liefert.

Ist es nicht erschreckend, dass Kolleginnen und Kollegen von "Freundschaftsbändern" sprechen, Fixierung kann und ist nach meinem Verständnis ein hoch invasiver Eingriff in die Rechte eines jeden Menschen und sicherlich kein Akt der "Freundschaft". Ich kann eine solche "Verniedlichung" der Maßnahme in keinem Falle gut heißen.

Ich stimme Taurus zu, dass sich das Patientenkollektiv stark verändert. Multimorbide Patienten sind ja nunmal doch deutlich häufiger anzutreffen und auch die Patienten die mit einer Entscheidung ihrer Angehörigen leben müssen (!) nehmen immer mehr zu. Damit meine ich z.B. die spätreanimierten Patienten oder nicht zu weanende COPD-Patienten, deren Angehörigen nicht loslassen können, Betreuer oder Bevollmächtigte sind und durchsetzen, dass auf jeden Fall alles getan werden solle, damit die Verwandten in ein Beatmungsheim können - bitte nicht falsch verstehen, ich kann dieses Verhalten schon auch nachvollziehen, aber es ändert ja nix daran, dass der Patient nicht immer für sich selbst entscheiden kann und dennoch die Konsequenzen tragen muss. Ich erlebe oft langzeitbeatmete Patienten für die eine Entscheidung getroffen wurde als ablehnend, etc.

Ein zentrales Problem sehe ich in der Personalausstattung, wenn ich in einem Zimmer anwesend bin muss in der Regel nie jemand fixiert sein, gehe ich aber woanders hin und weiß ich brauche dort länger, dann muss ich ggf. fixieren um den Patienten zu schützen. Leider auch bei uns ohne stichhaltige Dokumentation, aber ich hoffe mit der neuen Chefin bei uns kann man dort noch etwas optimieren.

Schwierig finde ich das Einschätzen ob ein Patient so adäquat ist, dass er sich nichts zieht. Ich stelle mir das schon grausam vor wenn es an der Nase kratzt und man nicht hinkommt. Aber wie oft extubieren wir Leute, die adäquat gewirkt haben und dann direkt nach der Extubation vollkommen delirant sind?

Und bei den meisten wo ich Delirscoring betreibe komme ich mit CAM-ICU gar nicht mal so weit... aus den verschiedensten Gründen...

Grüße
 
  • Like
Reaktionen: amezaliwa
Hm- wenn ich im Zimmer bin, ist das noch lange keine Garantie. Ich habe schon Situationen erlebt, wo der Patient dem daneben stehenden Kollegen den ZVK gereicht hat. Man hat nun mal nicht pro Schicht 480 min den Patienten konstant im Blickfeld.

Meine Erfahrung- nicht wenige ziehen sich diverse Schläuche, weil sie ihr Körperbild stören: Da ist was, was da nicht hingehört. Was stört. Und manchmal reicht es da, dem Patienten zu zeigen, was da im Moment anders ist und warum.

Hinzu kommt: um etwas ziehen zu können, braucht es den Pinzettengriff. "Boxhandschuhe" schränken die Möglichkeiten da schon sehr weit ein.

Fixierung- das ist ein Thema, dass man nicht schwarz-weiß sehen kann. Hier ist viel Kreativität gefragt. Und nicht zuletzt- Fixierung kann man nicht in einen Standard pressen. Es muss stets eine individuelle Entscheidung bleiben. Individuell auf beiden Seiten.

Elisabeth
 
  • Like
Reaktionen: Flop2301
Meine Erfahrung- nicht wenige ziehen sich diverse Schläuche, weil sie ihr Körperbild stören: Da ist was, was da nicht hingehört. Was stört. Und manchmal recht es da, dem Patienten zu zeigen, was da im Moment anders ist und warum.
Tatsächlich, bei dir reicht es, dem Patienten zu zeigen, dass und warum er gerade einen ZVK oder einen DK braucht? Die Patienten, die sich die Teile "absichtlich" entfernen (mit absichtlich meine ich hier: so lange an dem Schlauch zu fummeln, bis er weg ist), sind nach meiner Erfahrung kognitiv nicht in der Lage, zu begreifen, was das für ein Schlauch ist und wozu er dient. Andernfalls würden sie das Ding wohl in Ruhe lassen.
 
@Claudia- nur weil es bei dem einen nicht ausreicht, etwas zu zeigen, muss es beim anderen nicht auch so sein. Oder?

Und was das "Fummeln" anbetrifft... wir haben bei DKs den Leuten Hosen angezogen und die "Leine" so rausgeleitet, dass sie nicht zu sehen war. Und für die Fummelei an Zuleitungen... auch diese kann man aus dem Gesichtsfeld entfernen. Und um die Hände zu beschäftigen... mehrere Heidelberger Verlängerungen aneinander geschraubt sind auch für Patienten eine Beschäftigung. Das Aufwickeln von Binden hatte ich schon mal erwähnt...

Nochmal: es kann keinen Standard zur Vorgehensweise geben. Jeder Patient, jede KollegIn ist individuell zu sehen. Trotzdem sollte die Fixierung stets das Ultima ratio bleiben. Und darum ging es doch. Oder?

Elisabeth
 
Also wir haben bei uns mit besagten "Boxhandschuhen" sehr gute Erfahrungen gemacht. Ganz sicher sind die Dinger natürlich nicht.
 
Hallo CK804,

auch das ist eine freiheitsentziehende Maßnahme ;-)

Um jemandem die Freiheit zu entziehen muss ich ihn nicht zwangsläufig festbinden oder einschließen.
 
Ja das stimmt natürlich