Abszessbildung?

bussi-jaz

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hey, mir ist schon klar was ein abszess ist, aber ich versteh nicht wie sowas einfach entstehen kann, bsp. bei einer appendizitis ( Douglas- abszess). könnt ihr mir den entstehungsmechanismus erklären?
 
aber wieso kommt es zu dieser gewebseinschmelzung ?das ist das was ich nicht versteh. so rein physiologisch mein ich....
 
Zu Gewebseinschmelzungen kommt es wenn Bakterien am Werk sind .Sehr gut sehen kann man es bei Dekubiti.Im OP können wir es auch bei re-ops beobachten ,wo sich Nahtmaterial schon angefangen hat zu resorbieren.Das Gewebe reagiert ,wenn ein Vorgang eintritt ,der normalerweise nicht da ist .Sprich Fremdkörper oder Bakterien.Vor vielen Jahren hatten wir mal einen Patienten mit Milzbrand!!!!Da konnte man auf fürchterliche Weise sehen was eine Gewebseinschmelzung ist.
Gruß regina
 
Hallöle,


durch die Degranulierung von Granulozyten kommt es zur Freisetzung proteolytischer Enzyme, dieses Spaltet Immunglobulin G und macht es somit unwirksam, es ist aber maßgeblich an der Abwehr von Bakterien beteiligt, durch die übersprießenden Bakterien kommt es dann zur Gewebseinschmelzung und der "Eiter" bahnt sich so seinen Weg zur Außenwelt.

Ich hoffe man kann das so verstehen.....aus dem Kopf ist das etwas schwierig zu erklären.

Gruß
Dennis
 
Diese " Wieso"-Fragen sind immer die am schwierigsten zu beantwortende.. Wieso macht sich das Herz die Mühe zu schlagen und die Welt zu existieren ?? Eigentlich ein Gebiet der Existenzphilosophie.. Aber nun:
die pathogenen Bakterien besiedeln eine geeignete Stelle im Körper, in der sie sonst nicht vorkommen, oder die Kommensalen werden frech bei Immuninkompetenten.. Wie auch immer, es kommt zu einer lokalen Infektion.
Das Gewebe reagiert auf die ungebetenen Gäste, die unspezifische Abwehr springt an, unter anderem wandern die neutrophilen Granulozyten in das Gewebe ein ( durch Chemotaxis angelockt - wie funktioniert DAS eigentlich? ), erkennen die fremden Antigene und bekämpfen diese.
Die von Bakterien oder von den Inhaltsstoffen der Neutrophilen schon vorgeschädigten Zellen werden ebenfalls beseitigt, die Reste der Zellen werden letzten Endes nicht mehr durchblutet, eine Nekrose entsteht.
Diese Nekrose kann nun verkäsen ( Tbc ) oder einschmelzen. Im zweiten Fall desorganisieren sich die komplexen Strukturen der nun toten Zelle zu immer einfacheren ( nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik :P ), das Ganze
wäre irgendwann bei genügend Zeit nur noch Wasser und CO2,
aber es wird zu flüssigem Eiter und muss dann de lege artis ausgeräumt werden.
Die ganze Ausführung ohne Gewähr.
 
durch die Degranulierung von Granulozyten kommt es zur Freisetzung proteolytischer Enzyme, dieses Spaltet Immunglobulin G und macht es somit unwirksam, es ist aber maßgeblich an der Abwehr von Bakterien beteiligt, durch die übersprießenden Bakterien kommt es dann zur Gewebseinschmelzung und der "Eiter" bahnt sich so seinen Weg zur Außenwelt.

Ich hoffe man kann das so verstehen.....aus dem Kopf ist das etwas schwierig zu erklären.
Granulozyten haben nichts mit den IgG`s zu tun, das eine ist die unspezifische zelluläre Abwehr, das andere spezifische Immunreaktion mit löslichen Antikörpern, Bestandteilen von B-Lymphozyten mit hochspezifischen Bindungsdomänen für das betreffende Fremdantigen, auch Immunglobuline genannt. Und die IgG`s sind eine Untergruppe dieser Fraktion, plazentagängig und spielen eine Rolle bei der Rhesusinkompatibilität.
Aber alles offtopic.
 
Vielleicht hätte ich oben noch einwerfen sollen, dass das natürlich, wie bei fast allen Erkrankungen, nicht die einzige Ursache ist, sorry mein Fehler.....jedoch ein für mich jedenfalls zu berücksichtigender Faktor (warum kommt unten).... die von Pflegus beschriebene Nekrose ist natürlich auch maßgeblich daran beteiligt und Gewebseinschmelzung bedeutet umgangssprachlich nach meine Informationen ja auch "Verflüssigung einer Nekrose"

Die IgG Klasse besteht aus 2 identischen schweren Ketten und 2 leichten. Die schweren Ketten sind unter anderem für die Verankerung von Antigenen auf den Granulozyten zuständig ...soweit ich das weis...jedenfalls.... dadurch das diese Erkennung fehlt können die Granulozyten den Erreger nicht bekämpfen, das gilt auch für Makrophagen.
Unter anderem bilden diese Ketten einen wichtigen Bestandteil in der Erkennung eines spezifischen Antigens und oben genanntes und dieses sind auf Grund der Zerstörung durch die proteolytischen Enzyme nicht mehr gegeben. Durch die herabgesetzte Abwehr ist für mich also der Weg zur Nekrose erst richtig geebnet.

Ich lasse mich jedoch gerne vom Gegenteil überzeugen...vielleicht kann ich das auch nur nicht richtig erklären.....:P



Gruß
Dennis
 
ich glaube, du schmeisst hier was durcheinander.. Es war doch so:
die Makrophagen, Granulozyten, von mir aus das Komplementärsystem, Interferone.. gehören alle zur unspezifischen Abwehr. Die Abwehrzellen unter ihnen kommen und versuchen stumpf, alles Fremde aufzufressen. Sie haben keine Immunglobuline an ihrer Oberfläche.
Parallel dazu kursieren im Blut ja auch die B-Lymphozyten mit IgD`s ( Vorstufe der Immunglobuline) auf der Oberfläche verankert. Diese bestehen aus diesen Ketten, ganz richtig, und haben jeweils eine Antigenbindestelle an freien Enden. So, und nun passt zufallsbedingt ein Oberflächenantigen des Eindringlings exakt in die "Greifarme" des Immunglobulins. Der B-Lymphozyt "merkt" das und beginnt, Unmengen von genau diesen Antikörpern mit genau diesen Bindungsdomänen zu produzieren. Ausserdem werden andere B-Lymphozyten T-Zell-vermittelt zu solchem Verhalten "angehalten" ( Stichwort klonale Expansion ). Nun wird das Blut mit passenden Antikörpern/Immunglobulinen überschwemmt, diese binden an die Fremdoberfläche und machen so diese für die Fresszellen " schmackhafter " ( Stichwort Opsonierung ).
Das ganze ist leider noch viel komplizierter, man denke an Genrearrangements,Antigenpräsentation, MHC I und II-Moleküle, Gedächtnisszellen, Signalkaskaden und daran, dass ein Fremdling Millionen von verschiedenen Antigenen vorweisen kann..
In Lehrbüchern dauern die Erklärungen der Molekularimmunologie zwischen 20 und 70 Seiten, je nach Eitelkeit des Autors.
Leider haben meine Ausführungen wenig mit Abszessen zu tun..
Und nun gute Nacht !
 
vielen dank für die antworten:-) bin begeistert, dass diesmal verstanden wurde was ich will, drück mich halt manchmal falsch oder missverständlich aus, aber sagt mal heißt dass dann das bei jeder inneren entzündung die gefahr einer abszessbildung besteht? also auch bei entzündungen von galle oder leber?
 
Nun, dann lassen wir das immunologische Thema mal ruhen, Bussi Jaz betrachtet die erste Frage ja als beantwortet. Bevor noch mehr Verwirrung auf kommt.

Natürlich können Abszesse auch an Leber oder Galle auftreten.

Bei der Leber tritt dieser meist auf, wenn ein aszendierender (aufsteigender) Gallenwegsinfekt vorliegt, bei einer Fortleitung von Keimen über das Pfortadersystem oder auch bei einer Sepsis und wenn man an der Amöbenruhr erkrannt ist.

Die Gallenblasenperforation führt ca. in der Hälfte aller Fälle zu einem Abszess in der Gallenblasenregion.


Gruß
Dennis
 
Aber ja Abzessstrassen bei Pankreatitis ,Nahtmaterial bei Unverträglichkeit ,Appendix,es gibt sooooo viele Möglichkeiten.:verwirrt:
 
hallo dennis,

dank dir für den coolen link. genau nach sowas hab ich gesucht :daumen: