Weglauftendenz/Hinlauftendenz

Anna23

Newbie
Registriert
25.05.2007
Beiträge
6
Ort
Neustadt
Beruf
Krankenschwester
Hi,
Wie verhalt ich mich am besten, wenn mir mal ein Bewohner wegläuft? Vor allen Dingen den, natürlich erbosten, Angehörigen gegenüber. Welche schon im Vorfeld mehrfach darauf hingewiesen wurden, dass wir kein geschlossenes Haus sind und es mal vorkommen kann, dass jemand "ausbüchst". Soll ich mir den Bewohner auf den Rücken binden?
Wie macht ihr das? Ich hoffe mal das wir nicht das einzige "offene " Heim sind aus dem ein dementer Bewohner mal wegläuft.

Bin gespannt auf eure Beiträge :gruebel:

Gruß Anna 23
 
Hi

Also bei uns sind auch schon des öfteren Leute weggelaufen. Eine Hat die Polizei sogar mit Hubschrauber gesucht.
Ich finde es voll blöd das manche Angehörigen denken wir könnten ihre Oma oder Opa 24 Stunden im Auge haben. Allein schon von der personellen Besetzung ist das nicht möglich.
Wenn sie es nicht einsehen dass so etwas passieren kann, da das Heim kein geschlossenes ist, dann müssen sie sie halt wo anders unterbringen.

Gruss
 
Nabend......

Ist das in erster Linie net ein rechtliches Probelm?! Wenn die Angehörigen bescheid wissen das man kein geschlossenes Pflegeheim ist und keine 100 % Sicherheit geben kann, dann müsste die Heimleitung mit ihnen bzw. den Betreuern sprechen und dies schriftlich festhalten!?

Wenn dann was passiert können die Angehörigen das Heim zumindest net verklagen .... ! Dann müssen sie damit leben....

Aber traurig ist das schon. Weswegen bringen die Angehörigen den Bewohner net wonanderst unter?! ( Finzanzielle Gründe, wohnen sie in der nähe?...)

Ansonsten gibt es dort ja zahlreiche Maßnahmen.

a) Sensoren an den Türen- mit Alarmsignal....
b) ggf. Peilsender tragen lassen ( die ab einer gewissen Entfernung zum Empfänger piepen)
c) in ein Schwesternnahes Zimmer unterbringn*g*....
e) ggf. das Zimmer heimischer einrichten
f) herausfinden warum er immer weg möchte.( was net so leicht ist...)

Ich habe neulich das Buch " Gesund gepflegt statt agezockt " gelesen.
Da sagt der Schriftsteller- das man viel zu schnell auf Pyshopharmka zurückgreift- statt dieWeglaufursache herauszufinden.

mfg Stefan
 
Hallo Anna23,
grundsätzlich kannst da erstmal nicht sooooo viel machen, ausser immer ein Auge auf den "Wegläufer" zu haben. Das ist aber halt nicht immer möglich, hast ja auch noch andere Menschen zu pflegen.
Unsere "Läufer" haben einen kleinen Überwachungsknopf an ihrer Kleidung, der uns dann auf dem Piepser anzeigt, zu welcher Türe derjenige das Haus verlässt. So kann man viel gezielter beobachten und eventuell auch eingreifen. Läuft der Bewohner nur eine Runde ums Haus is das ja in Ordnung. Geht er Richtung Strasse müssen wir ihm halt folgen und ihn irgendwie dazu bringen, wieder mit uns zurück zu laufen.
In unserem Heim haben wir eine Art "Nachtcafé" eingerichtet, das von 14.30 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet hat. Hier werden unsere Dementen zumindest nachmittags bis abends betreut. Seit Einrichtung dieses Nachtcafés haben sich die Polizei-Einsätze zur Suche unserer "Läufer" ganz ansehnlich verringert!
Schöne Grüße Schreiberling
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo zusammen,

wird es nicht mittlerweile Hinlauftendenz genannt? Das Menschen dort hinlaufen wo sie vorher gewohnt haben? Also, ausgehend vom Bewohner/Patienten?

Liebe Grüße Brady
 
Hallo!

Doch mittlerweile nennt man es Hinlauftendenz weil die Bewohner /Patienten wie du schon geschrieben hast irgendwo hin laufen.
Bei uns ist von 8 bis 18 Uhr die Pforte besetzt, die Mitarbeiter von dort rufen uns an wenn jmd mit Hinlauftendenz das Haus verlassen will, ausserhalb dieser Zeiten hilft halt nur gut zu beobachten.
liebe grüße chyara
 
Hallo zusammen,

habe in meinem Tätigkeitsbereich auch viel mit demenzkranken und vor allem Bewohnern mit Weglauf/bzw Hinlauftendenz zu tun. Womit ich oftmals gute Erfahrung gemacht habe, ist im Vorfeld bevor es zu einer Situation des "Weglaufens" kommt, den Bewohner versuchen optimal in die Tagesstruktur einzubinden und zu beschäftigen. Manchmal lassen sich dennoch diese Situationen nicht vermeiden und ich bin der Auffassung, dass man in einem nicht- geschlossenen Haus den Bewohner keinesfalls versuchen sollte aufzuhalten....besser: begleiten, einfach mitgehen und herausfinden wohin der Bewohner möchte, was ihn gerade bewegt. Validation kann in dieser Situation gut helfen. Ist ein Garten oder eine Art "Rundlauf" vorhanden, den Bewohner auch alleine gehen lassen und ihm Freiräume geben (dennoch unter Beobachtung zwecks Aufsichtspflicht).
Eine optimale Milieugestaltung des Wohnbereiches/Station kann ebenfalls helfen, wie z.B. Integration einer "Bushaltestelle".
Eine gute Einrichtung ist definitiv wie schon erwähnt, ein "Nachtcafe", wenn kein spezieller Betreuungsbereich vorhanden ist..:up:
LG Sheila
 
Nervt mich im Krankenhaus auch immer, wenn sei uns mit einer geschlossenen Abteilung verwechseln. Bei Dementen gehts ja gerade noch, weil denen wurscht ist, ob sie wer sieht oder nicht, wenn sie die Station verlassen (die hat man dann meist schnell wieder - natürlich nicht immer). Aber wir hatten mal einen drogenabhängigen Burschen (25 Jahre) frisch aus der Entzugsanstalt übernommen (mit dem Entzug war er schon fertig). Natrülich hat der schnell gemerkt, wenn keine Schwester am Gang war und war nach sage und schreibe einer Stunde weg

Also was willst du machen - Polizei angerufen und nächsten Angehörigen informiert (war in diesem Fall seine Mutter). Diese ist sofort bei uns aufgetaucht und mich zusammengesch***en, warum ich nicht besser aufgepasst habe. Hat mich nicht mal zu Wort kommen lassen (hätte noch 41 andere zu betreuen, sind keine Geschlossene und dass sie dann eben bei ihm bleiben müsste).

Manchmal "liebe" ich diesen Beruf wirklich!!! :rocken:

P.S. Der Pat. wurde dann ziemlich schnell von der Polizei wieder hergebracht und der Doc hat ihm ziemlich deutlich gemacht, wenn er sich das nochmal leisten würde, des Hauses verwiesen und sicher nicht mehr von uns behandelt wird. Hat sich dann nicht mehr getraut.
 
Hallo Lin,

hat der 25 jährige Patient seine Mutter als gesetzliche Betreuung? Ist er nach dem Unterbringungsgesetz bei euch in der Klinik gewesen?

Liebe Grüße Brady
 
@ Brady

Nein, wäre aus dem anderen Krankenhaus (wo er den Entzug machte) eigentlich schon entlassen worden (also als clean angesehen), hat dann nur dort Koliken unklarer Ursache bekommen und als feststand, dass es ein Nierenstein war und die dort keine Uro haben, ist er deswegen zu uns gekommen.

Das Unterbringungsgesetz gilt außerdem in Österreich nur bei Aufnahme psychisch Kranker in eine geschlossene Abteilung. Da das auf einer allgemeinen Akutstation nicht der Fall ist, fällt das und der gesetzliche Vertreter weg.

Die Mutter war nur als nächste Angehörige gemeldet und die werden bei uns im Notfall verständigt (Pat. muss natürlich einverstanden über Auskunftsgabe sein und das bei der Aufnahme unterschreiben).

Gruß,
Lin
 
Hallo Lin,

aber wieso dann Polizei einschalten? Bestand Eigen- oder Fremdgefährdung?
Unsere Polizei würde in dem Fall nichts tun, denn er ist volljährig und wir lassen uns auch keine Schweigepflichtsentbindung für Eltern ausstellen. Zumal er ja auch erwachsen ist.

Liebe Grüße Brady
 
Hallo Brady,

ich nehme mal an der Patient hatte eine Venenverweilkanüle.
Nachdem aus unserem Haus ein Patient mit einer VVK entlaufen war, er versucht hat, sich diese zu ziehen, dabei aber nur den Mandrin entfernt hat, als man ihn gefunden hatte, war sein HB noch bei 3,8.

Wir haben eine Dienstanweisung bei allen Patienten die "verschwinden" die Polizei zu informieren, bzw. rufen wir beim Patienten zu Hause an und fragen nach.

Schönen Abend
Narde
 
Hallo Narde,

danke. Wäre eine Erklärung. Wobei wir keine Dienstanweisung haben bei "Verschwinden" eines Patienten die Polizei automatisch anzurufen und da spreche ich jetzt nicht nur für die Psychiatrie in unserem Klinikum.
Es wird je nach Sachlage entschieden beim Patienten anzurufen oder auch andere Stellen zu benachrichtigen.

Liebe Grüße Brady
 
@ Brady

Geht darum, dass er ja im Krankenhaus versichert und gemeldet ist. Wenn ihm etwas passiert, sind wir dran. Hatten ja weder einen Revers noch war der Patient von uns entlassen.

Die Auskunftsgenehmigung muss bei jedem unterschrieben werden, egal ob der Pat. als nächsten Angehörigen seine Eltern, Ehegatt(in)en, Lebensgefährtin oder die Nachbarin nennt. D.h. natürlich nicht, dass ihm alle medizinischen Diagnosen genannt werden dürfen, sondern das er im Notfall (Pat. liegt im Sterben, weitgehende Veränderung z.B. Pat. musste auf Int wegen Zustandsveränderung verlegt werden oder eben Pat. ist "entflohen") benachrichtigt wird. Und zusätzlich müssen die Pat. unterschreiben, ob wir an Dritte weitergeben dürfen, dass Pat. bei uns im KH liegt.
 
Hallo Lin,

wir dokumentieren dies, wenn der Patient entlaufen ist und informieren den Arzt. Da der Patient am Anfang schon eine Schweigepflichtsentbindung bei der Aufnahme gegenüber seinem Arzt unterschrieben hat, bekommt dieser auch Mitteilung darüber.

Auch am PC entlasse ich den Patienten aus diesen Gründen mit Tag und Uhrzeit.

Bei Patienten, die abbrechen wollen und "präsent" sind, habe ich ein schriftliches Formular, wobei ich denke, dass hat eher einen "moralischen" Effekt. Nur denke ich, ist es wichtig gut zu dokumentieren.

Liebe Grüße Brady
 
Hallo Brady,

das ist nicht nur ein moralischer Effekt, es ist auch die Absicherung für das Krankenhaus.

Was ist, wenn der Patient geht ohne zu unterschreiben und es passiert etwas? Der Staatsanwalt wird das Krankenhaus dafür haftbar machen, zumindest in der Somatik, wie es in der Psychiatrie ist keine Ahnung.

Schönen Abend
Narde
 
Hallo Narde,

in meiner langen Berufszeit haben meistens die Patienten ohne zu unterschreiben die Klinik verlassen.
Ich denke, dass wir gut dokumentieren müssen. Natürlich verlange ich immer eine Unterschrift, aber eine gute Dokumentation unsererseits ist trotzdem immer wichtig.

Sie ersetzt keine Unterschrift vom Patienten, der auf eigenen Wunsch / gegen ärztlichen Rat entlassen wird.
Dies ist auch bei uns in der Somatik so.

Liebe Grüße Brady
 
Was ist, wenn der Patient geht ohne zu unterschreiben und es passiert etwas? Der Staatsanwalt wird das Krankenhaus dafür haftbar machen, zumindest in der Somatik, wie es in der Psychiatrie ist keine Ahnung.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Hingegen finde ich die Vorstellung furchtbar, dass ich als mündiger Bürger eingesperrt werde, wenn ich ein KH verlassen möchte. Dann trage ich ja allein dafür die Verantwortung. Ich meine natürlich jetzt Pat., die keine Gefährdung für andere darstellen.
 
Hingegen finde ich die Vorstellung furchtbar, dass ich als mündiger Bürger eingesperrt werde, wenn ich ein KH verlassen möchte. Dann trage ich ja allein dafür die Verantwortung.

Das ist ja Sinn und Zweck des Reverses. Pat. will heim -> Arzt infomieren (dieser spricht noch mal mit Pat. um ihn über Risiken einer frühzeitigen Entlassung hinzuweisen) -> Revers unterschreiben -> Dokumentation unsererseits und des Arztes -> und heim.

Das ist natürlich klar, das man keinen festhalten kann und darf. Das betrifft natürlich nur "offene" Abteilungen.
 
Hallo Lin,

genau. Da gebe ich Dir recht. Dies ist genau unsere Aufgabe, aber viele Patienten brechen auch ab, ohne dass sie dass vorher ankündigen.
Deshalb ist Dokumentation ja so wichtig. Egal ob jemand unterschrieben oder auch nicht unterschrieben hat.
100% Sicherheit gibt es nirgendwo, deshalb ist unsere Sicherheit die genaue Dokumentation.

Liebe Grüße Brady