Schädeldächer bzw. Knochen einfrieren oder verwerfen?

OPschwesterlein

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Krankenschwester, Fwb OP-Pflege
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Zentral-OP Maximalversorgung
Hallo,

ich hätte gerne mal gewusst, wie das in anderen Kliniken gehandhabt wird, speziell bei einer Trepanation, wenn z.B. eine Hirnschwellung das sofortige Wiedereinsetzen des entnommenen Schädeldaches ausschließt. Bekommen eure Pat. ein Kunststoff-oder Titanschädeldach angepasst oder werden bei euch die Knochen eingefroren um sie später den Pat. wieder einzusetzen? Bei uns ist meist das Letztere der Fall, außgenommen bei infektiös besiedelten Hirnen.

Ich habe schon von mehreren Kollegen in meiner Abteilung gehört, dass das Einfrieren von Knochen eher veraltet ist und hygienisch wohl nicht so einwandfrei ist. Müssten wir natürlich mal mit unserer Hygieneabteilung klären.Wie ist das bei euch?

Letzte Nacht z.B. standen wir mit den Chirurgen vor dem Rätsel, ob man ein Schädeldach eines Pat. zweimal hintereinander einfrieren kann-hygienisch betrachtet!? Man hatte sich entschieden, sein Knochen wieder einzusetzen, um Stunden später festzustellen, das es doch noch zu früh war und es wieder in einer erneuten OP entnommen.Ich hatte es letztendlich auf Arztanweisung verworfen. Der Pat. bekommt ein CAD-Implantat.
 
mir hat eine fachkrankenschwesdter im op-dienst während mein zivi-dienst im op gesagt, dass die alle schädeldecken / teile die entnommen werden dann für einen zeitraum von einigen jahren eingefroren werden.
( obs das nun 5 oder gar 10 jahre sind, weiß ich nicht mehr! )
ob das teil dann noch länger behalten wird, entscheidet dann der gesundheitliche zustand und die chancen auf besserung.
läuft der zeitraum aus, der patient geht von uns oder es besteht keine möglichkeit des wiedereinsatzes, wird das teil endgültig verworfen.

leider war ich damals nicht ganz so interessiert und hab nie genauer nachgefragt.

welche hygienischen probleme kann es da geben?
 
Hallo,
bei uns wurden bis vor einigen Jahren die Schädeldächer auch noch eingefroren,aber dieses wurde auch hygienischen und ethischen nicht meht vertreten (nur in ganz extremen Situationen entscheidet sich ein Operateur noch dafür ). Bei uns werden die Schädeldächer in die Bauchdecke eingenäht,so bleiben sie gewebemäßig versorgt und können dann problemlos wieder eingesetzt werden.
L.G.
 
welche hygienischen probleme kann es da geben?

Keine Ahnung, das würde mich ja auch interessieren.Bischi kann es vllt. beantworten (Hygienebeauftragte).!?

@ Bischi: Ist ja echt "interessant"das ihr die Schädeldächer in die Bauchdecke einnäht, habe ich jedenfalls noch nie davon etwas gehört.
 
Hallo allerseits,
Hallo,
bei uns wurden bis vor einigen Jahren die Schädeldächer auch noch eingefroren,aber dieses wurde auch hygienischen und ethischen nicht meht vertreten (nur in ganz extremen Situationen entscheidet sich ein Operateur noch dafür ). Bei uns werden die Schädeldächer in die Bauchdecke eingenäht,so bleiben sie gewebemäßig versorgt und können dann problemlos wieder eingesetzt werden.
L.G.

ganz so einfach scheint es mit dem Wiedereinsetzen dann doch nicht zu sein, sonst hätten unsere Neurochirurgen nicht vor nunmehr 13 Jahren eine "Nochtiefertiefkühltruhe" (-80) angeschafft. Sie hatten das Problem, dass nach ca. nem halben bis dreivierteljahr in der Bauchdecke der Deckel quasi "angedaut" war, und deshalb mehr Schwierigkeiten beim reimplantieren auftraten.

Wir verpacken die Deckel nach der OP mit frischen Handschuhen in "Knochendeckelsets" (drei bessere Vesperbeutel), und frieren sie dann ein. Was für eine Organex/transplantation gut genug ist, reicht auch für einen Kraniotomiedeckel.

Grüße aus dem "Tor zum Schwarzwald"
 
Wir verpacken die Deckel nach der OP mit frischen Handschuhen in "Knochendeckelsets" (drei bessere Vesperbeutel), und frieren sie dann ein.

Machen wir auch so.
Nur: wenn man bei dem Verpacken des Knochendeckels nicht aufpasst (also bei der Tüte nicht genau klebt), können offene Stellen an der Tüte verbleiben, die dann "Luft ziehen" und somit für das Wiedereinsetzen unbrauchbar sind, da unsteril.
 
Machen wir auch so.
Nur: wenn man bei dem Verpacken des Knochendeckels nicht aufpasst (also bei der Tüte nicht genau klebt), können offene Stellen an der Tüte verbleiben, die dann "Luft ziehen" und somit für das Wiedereinsetzen unbrauchbar sind, da unsteril.

Bei unseren Sets sind Baumwollbänder dabei. Die "Tüte" wird zugedreht oder gut zugefaltet, einmal zugebunden dann die Tüte umgeschlagen und nochmal zugebunden. Das Ganze dann dreimal, wobei in die äußerste Tüte ein Patientenkleber mit reinkommt.
Unsere Kleber werden bei diesen Temperaturen so spröde, dass wir mal einige Deckel verwerfen mussten, nachdem die zugehörigen Kleber auf dem Kühltruhenboden lagen weil wir sie außen aufgeklebt hatten.
 
Hallo zusammen!

Bei uns werden die Knochendeckel ebenfalls in die drei Tüten mit Bändchen eingepackt und bei 80 Grad gefrostet. Leider ist unser Knochendeckelkühlschrank mittlerweile super voll. Eigentlich ist einer der Neurochirurgen für die "Verwaltung" der Truhe zuständig...
Wir kleben die Patientedaten ebenfalls auf die zweite Tüte und tragen Patient und Operateur in ein Buch ein.

Das mit der Bauchdecke habe ich auch noch nicht gehört, klingt spannend.
 
Meines Wissens begibt man sich in den Bereich der Herstellung von Medizinprodukten, wenn man Knochenanteile (auch Spongiosa etc.) einfriert. Weil Ihr die Aufbereitung, Verpackung und Lagerung übernehmt, seit Ihr auch dafür haftbar. Könnt Ihr das Verantworten? Wird z. B. die Kühltruhe durch die Haustechnik überwacht (das heißt lückenlose Kontrolle auch über die Nacht oder Wochenenden) usw.?

Matras
 
Wir frieren Schädeldeckel auch ein, nach gründlicher Reinigung, sprich Entfernung von Weichgewebe und mehrfacher Spülung mit massenhaft Ringer, dreifach verpackt in sterile dicke Plastiktüten mit Baumwollbändchen mit Aufkleber in der äußersten Tüte und nochmal Edding-Beschriftung ganz außen, auch bei -80°C, mit Dokumentation, wann von wem entnommen, verworfen (bei Tod des Pat.), wann wieder implantiert usw.
Tiefkühlschrank ist mit unserer Zentrale verbunden, soll heißen, wenn die Temp. aus dem Rahmenbereich fällt, piept es bei denen und die wiederum informieren uns, so dass wir notfalls schnell in einen anderen -80°C-Tiefkühler umlagern können.

Einer unserer Neurochirurgen hats so erklärt: Der replantierte Knochendeckel ist und bleibt tot, gerade nach längerer Tiefkühlzeit. Keine Gefäßversorgung, nix. Aber da er nicht nekrotisiert, ist er immer noch besser als Fremdmaterial, wie z.b. Palacosplastiken.


Blöde Frage am Rande: Weiß jemand, warum explizit -80°C? Warum tuts ein "normaler" Tiefkühlschrank nicht auch?

Matras, hast du zu dem Passus "Herstellung Medizinprodukte" was rechtliches zum nachlesen?

LG
 
@ Philosplatte :up:
Mit dem Verpacken, Lagern, Dokumentieren und Überwachen des Gefrierschrankes wird es bei uns auch so gehandhabt.
Also wenn diese Gegebenheiten alle erfüllt sind, sollten dann wohl keine Einwände dagegeben sprechen.
 
Bei uns wird das auch so gehandhabt. 3 Plastikbeutel zum schnüren, beschriften und Doku Buch führen wir auch. Ob ich das so schön finde? Hmm.. Die Hygiene hat es abgesegnet, und wir Haften im Fall der Fälle.

Um sich noch anzuschliessen unser Neurochir. sagt das Eigengewebe/Knochen immer besser sei als fremdkörper also Palacos, CAD etc.

In die Bauchdecke werden bei uns keine Deckel implantiert aber ich glaube das kommt bald WIEDER... :-) in anderen Ländern ist das wohl üblich.
Ausser der Deckel ist riesig dann macht man das nicht. Auch hab ich gehört das man z.B. aus Logistischen gründen in die Bauchdecke implantiert
(zB. du hast ein Unfall in Australien und kommst wieder nach BRD dann ist es doch gut wenn man seinen Deckel dabei hat^^)

Wir haben neuerdings auch ein Kühli der auf -80° ist (vorher -40°) warum hab ich vergessen... ich glaub damit sind die noch längerer haltbar. (neues Gesetz? Keimbesiedlung?)