Ich lese raus, dass es sich um die stationäre Langzeitpflege handelt. Es gibt Kolleg*innen, welche auf das Sie bestehen - okay. Hier würden mich dann die Perspektiven, Meinungen und Begründungen dahinter interessieren. Das ist in meinen Augen nicht falsch - kann aber nicht das Vorgehen bzw. der Bedarf an Kommunikation sein, welche einzelne zu Pflegende brauchen/wünschen/gewohnt sind.
Ich bin der Ansicht, dass das seitens der Fachkraft im Rahmen der SIS zur Aufnahme (z.B. im Themenfeld 6 der SIS) zu erheben ist. Ob einem das dann die Angehörigen sagen oder sich der an Demenz erkrankte Mensch lediglich mit Vornamen vorstellt und eher auf das "Du" als das "Sie" reagiert (und/oder selbst eher nur duzt, als wäre es das normalste der Welt) ist ja zweitrangig. Die Informationsquellen hier sind vielfältig. Hier darf die Fachkraft der Langzeitpflege, natürlich in Absprache mit dem gesamten Team, solche Überlegungen und Vorgehensweisen erwägen/festlegen.
Es gibt zu Pflegende, welche - warum auch immer - sich selbst nicht als "Herr Müller" sehen/wahrnehmen, weil sie Zeit ihres Lebens der geduzte "Horst" oder der "Schorsch" oder der "Ulli" waren. Wenn die Biographie so ist, dass der zu Pflegende z.B. bei der Feuerwehr, beim Trachtenverein und im ganzen Dorf/Ort immer nur der "Horst" war und mit "Du" angesprochen wurde, wird er wohl möglich im Fortschreiten einer möglichen Demenzerkrankung nicht von dieser Ansprache abweichen wollen/können. In meinen Augen ist das "Du" und ggf. der Vornamen (irgendwie gehört das doch zusammen) dort keine Missachtung oder Respektlosigkeit, sondern eine würdigende Anerkennung seiner Persönlichkeit, die eben nun mal so ist, wie sie die letzten 50 Jahre auch war bzw. gewachsen ist. Selbstverständlich ist der Anspruch der professionellen Kommunikation auf der Basis des "Du" unter Umständen herausfordernder bzw. schwieriger - aber grundsätzlich verboten bzw. "unfachlich" finde ich das nicht.