Angstsyndrom

Rabenzahn

Poweruser
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15.02.2002
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933
Ort
Kassel
Beruf
AN-Pfleger
Akt. Einsatzbereich
in Rente
Hallo,

die Anzahl der Menschen mit Angstsyndromen nimmt ständig zu. Wo besteht die Möglichkeit der effektiven Behandlung und wie sieht diese aus ?

Macht es Sinn, eine ambulante Therapie durchzuführen ?
 
Was versteht man denn unter Angstsyndrom????Meinst du sowas wie Höhenangst?Angst vor Spinnen?Oder wie meinst du das mit Angstsyndrom?Bitte um Erklärung.Gruss Nicci
 
Ich glaube schon das eine Therapie sinnvoll ist !!! Allerdings muß der oder diejenige dazu Bereit sein. Meine Mutti ist in ein solches Loch gefallen nach dem Verlust meines Bruders und keiner hat es gemerkt. Das schlimme ist das es viele wunderbar verstecken können und das es mitunter Jahre braucht bis man es merkt. Ich wohne ja schon lange nicht mehr bei meinen Eltern aber selbst meinem Vati ist es nicht aufgefallen.
Selbst zum Briefkasten gehen viel Ihr schwer!!! Sie hat dann meistens meinen kleinen Bruder geschickt,wenn er aus der Schule kam.
Es hat lange gedauert bis sie wieder angefangen hat den Alltag zu meistern. Erst mit Medikamente und dann nach und nach ohne Medi.
Aber es ist erschreckent wenn man erfährt wie es Ihr ging und im nachhinnein sagt sie selber das man es wunderbar verbergen kann !!!
 
Hi Leute,
:D
Also ich habe meine Ausbildung in einer psychiatrischen und neurologischen Fachklinik gemacht. Wir haben das so gelernt und behandelt:

Angst ist ein Grundgefühl des Menschen und und besteht aus einer körperlichen und einer seelischen komponente.
Von einer Angststörung oder Angstsyndrom spricht man, wenn die Angst ungewöhnlich stark und nicht der Situation angemessen ist, und ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten besteht.

Man unerscheidet das unbestimmte generalisierte Angstgefühl, was sich zur Panikattacke steigern kann, von der Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen, der Phobie.

Therapie:
Grundsätzlich ist es wichtig, die Ängste des PAt. ernst zu nehmen und dem Pat. Glauben zu schenken. Geduld und eine respektierende Haltung sind wichtige Vorraussetzung für eine gute Beziehung zwischen Pflegeperson und PAt. Die bloße Gegenwart in angstvoll erlebten Situationen, die gehaltene Hand, die Anteilnahme, auch ohne viel zu sagen, schaffen Vertrauen. Wichtig ist auch, dem Pat. ein Gefühl der Sicherheit zu geben, um es ihm zu erlauben, seinen Aktionsradius langsam wieder zu vergrößern.
Vor allem PAt., die Angst vor der nächsten PAnikattacke haben, ziehen sich zurück, vermeiden jede körperliche Anstrengung und kontrollieren ständig ihre Herzfunktion.
Dieser Zustand kann sich bis zu Suizidgedanken steigern, die als einzige Lösung für die lebensbedrohlich erlebte Situation gesehen wird. Frühzeitiges Wahrnehmen der Signale ist daher besonders wichtig. PAt. äußern Todeswunsch manchmal offen oder beginnen ihren Besitz zu verschenken, Rechnungen zu bezahlen und Schulden zurückzuzahlen.

Weitere Therapie:
Medikamentös durch Psychopharmaka (zur Krisenintervention) und durch psychoanalytisch-psychodynamische sowie verhaltenstherapeutische Bahandlungskonzepte. Medikamente können nicht die Ursache, sondrn nur ihre Auswirkungen bekämpfen.
Im Verhaltenstherapeutischen Training, lernt PAt. seine eigenen Reaktionen kennen, und kann einen normalen Umgang mit den angstbezogenen Themen erlernen.

Ergotherapie und Entspannungstechniken, sowie Musiktherapie ergänzen die Therapie.
Bekannte MEthoden sind auch die progressive Muskelentspannung nach Jakobsen oder autogenes Training :D

Ciao
Nils
 
Hallo Madball!

Sinnvoll ist auch eine intensive Betreuung mit Angst-Training.

Wir sind z.B. mit einem Pat., der Angst vor vielen Menschen hatte, folgendermaßen vorgegangen:

A) Bus-und Bahnfahrten gemeinsam (Pat. führt Buch über seine Gefühle und kreuzt in der "Angstskala" von 1-10 an, wie es ihm bei dem Training erging)

B) Die Strecken der Fahrten wurden verlängert (Pat. schreibt alles auf, wie oben beschrieben)

C) Pat. wird ermutigt, ohne Begleitung eine Station zu fahren. Ein Treffpunkt wurde ausgemacht.
Als der Pat. ankam, wurde er mächtig gelobt (Pat. schreibt wieder alles auf)

D) Pat. bekommt kleine Aufgaben wie z.B. mit einem Mitpatienten einkaufen fahren (oder Sadtbummel). Meist mit Mitpatienten, die in der Therapie gleiche Fortschitte machen bzw. gleich weit sind. Diese ermutigen sich dann gegenseitig). Und immer wird alles aufgeschrieben.

E) Pat. alleine die Übungen durchführen lassen. (Buch und Angstskala!)

In den Gesprächsrunden oder Einzelgesprächen wird die Skala ausgewertet und besprochen.

Grundsätzlich gilt dabei: Der PATIENT bestimm das Tempo!

Das war jetzt ein Beispiel, es gibt natürlich auch andere Therapieformen, wie Du sie ja bereits genannt hast.


Gruß Bine