Homosexuell? Oder einfach Anders sein. Diskriminierung von Patienten und Umgang damit ?!

Abstract

Newbie
Registriert
08.03.2008
Beiträge
28
Ort
Berlin
Beruf
Gesundheits und Krankenpfleger/ Fachkrankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Zentrum für affektive Erkrankungen- geschützter Bereich
Funktion
Praxisanleiter/ Fachkrankenpfleger für Psychiatrie
Hi liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich bin Fachpfleger in einer Psychiatrie, schwul und 28 Jahre alt. Ich komme an sich gut mit Beleidigungen, Bedrohungen und was das ganze Klientel zum Teil mit sich bringt gut klar, nur wenn Patienten mich aufgrund meiner Neigung anfangen zu kränken, hängt mir das erstens den ganzen Tag (zum Teil auch länger) nach und zweitens fällt es mir sehr schwer in dem Moment professionell zu bleiben. Ich weiß dass es um psychiatrische Patienten geht und dass diese krank sind- aber ich wäre mich dagegegen zu sagen dass alles die Erkrankung des Patienten ist. Vieles ist einfach nur dissoziales Verhalten und schlechtes Benehmen!

Nun würde ich mich gerne mit Kollegen austauschen die ähnliches erlebt haben oder immer noch erleben. Wie geht ihr mit den Situationen um?
 
müssen auch nicht unbedingt Kollegen sein, die so etwas erlebt haben sondern vielleicht auch welche die trotzdem Tipps für mich haben... =) :schraube:
 
Hi, Abstract,

wie erfahren denn die Patienten welche Neigungen du hast?

Ansonsten glaube ich, das wir alle einen kleinen Schalter in uns tragen, der geformt aus frühkindlichen Erfahrungen und Verletzungen wurde und wenn jemand, ob absichtlich oder unabsichtlich drankommt und das Dingens drückt, ist die ganze schöne Professionalität zum Teufel und man reagiert gekränkt, wütend, beleidigt, verletzt...je nach individuellem Bewältigungsmuster.
Ich glaube, man muß sich damit arrangieren.
Ich selbst reagiere dann wütend, beleidigt und betreue diesen speziellen Patienten nicht mehr. Da das äußerst selten vorkommt, hat das bisher auch immer geklappt.

Gruß, Marty
 
Danke erstmal für deine Antwort =)
und du hast natürlich auch Recht mit dem kleinen Schalter... nur wie krieg ich das Ding aus ?

Naja die Patienten können das einfach sehen... An meiner Art wahrscheinlich- Psychiatriepatienten können sowas besonders gut meiner Meinung nach =)
 
Ja und in diesem Bereich wird so was um so mehr benutzt, jemanden zu treffen und verletzen, natürlich um sich selbst zu entlasten und natürlich, es ist die Krankheit, aber das hilft einem gar nix in dem Moment.
Ich bin 46 und versichere dir, das Fell wird etwas dicker und es wird etwas weniger und doch, es gibt Patienten, die treffen so zielsicher und schwungvoll mittenrein... man muß es aushalten.
Wenn das bei dir natürlich sehr oft der Fall ist und du sehr getroffen bist und es deine berufliche Lebensqualität vergällt kannst du 2 Wege gehen.
Entweder das Gebiet verlassen (blöd, weil du ja bestimmt gern da arbeitest) oder den Schalter finden, im Klartext eine Therapie machen.

Gruß, Marty
 
......
Ansonsten glaube ich, das wir alle einen kleinen Schalter in uns tragen, der geformt aus frühkindlichen Erfahrungen und Verletzungen wurde und wenn jemand, ob absichtlich oder unabsichtlich drankommt und das Dingens drückt, ist die ganze schöne Professionalität zum Teufel und man reagiert gekränkt, wütend, beleidigt, verletzt...je nach individuellem Bewältigungsmuster.
Ich glaube, man muß sich damit arrangieren........

Das Muster wie sich Verletzungen triggern ist damit super toll erklärt! Klasse Marty :daumen: :daumen: :daumen:!!!
Aber mit professioneller Hilfe kann man das aufarbeiten......
 
Vielleicht findest du einen Weg, wie du den verbalen Angriffen die Schärfe nehmen kannst, wie du darauf reagierst, ich denke, vielleicht könntest du dir dafür auch psychologische Hilfe suchen oder an einer Art Training teilnehmen. Es gibt erlernbare Strategien, mit solchen und ähnlichen Situationen umzugehen, erkundige dich mal.
Denn bestimmt hat fast jeder von uns etwas an sich, womit er anderen eine Angriffsfläche bietet.
Man muss nur wissen, wie man damit umgeht.

Und das geht tatsächlich los mit "sich ein dickeres Fell zulegen".
 
Wir haben mehrere schwule Kollegen bei uns im OP.

Diese sind immer sehr offensiv damit umgegangen und haben kein Hehl daraus gemacht. So haben sie evtl. Angriffen die Schärfe genommen und sind ganz "normal" (in dem Zusammenhang ein blödes Wort) aufgenommen worden.
Neue Mitarbeiter oder Gäste merken keinen Unterschied.
Auf diversen Betriebsfesten haben sie ihre Lebens- und Ehepartner mitgebracht und damit war das Outing perfekt. Keiner hatte je irgendwelche Repressalien zu befürchten und hochgeschätzte Mitarbeiter in unserer Klinik.

Mein Tipp: geh offen mit deinem Schwulsein um und steh dazu.
Du arbeitest in der Psychiatrie. Dort ist jeder (Patient) etwas anders, sonst wäre er/sie nicht dort. Auch diese sind "ver rückt" vom Mittelmaß.

LG opjutti
 
Ja..:wavey:...

aber...

Spontanremission - Psychologie-Lexikon

,,,wobei ich jetzt KEINESFALLS Abstract eine psychische Störung unter den Berufskasack jubeln will. Sein Problem nennt man vielleicht anschauungsbedürftige vorübergehende Lebensunzufriedenheit. (Fachbegriff selbst erfunden!:anmachen:) ...mitunter.... ist richtig, kann aber eine mögliche schnellere Problemlösung verhindern, wenn man denkt, man selbst ist das "mitunter"

Gruß, Marty

(die heut den ersten Arbeitstag nach Urlaub hat:eek1:)
 
ich bedanke mich bei euch allen für die tollen Antworten! Ich muss einfach mal schauen wie das wird. Es hilft mir auch ungemein so tollen Zuspruch von euch zu bekommen! :engel:
 
Abstract, du hast bei deiner sexuellen Orientierung einfach einen Lebensweg, der von vorn herein ein wenig dornenreicher und gewundener ist als beim Normalo. Ich weiß ja nicht, wo du aufgewachsen bist, jetzt hast du mit Berlin sicher einen Ort gefunden, der dich ein wenig freier atmen läßt. Es ist aber Augenwischerei zu glauben, das alle Menschen jetzt aufgeklärt und verständnisvoll sind, weil wir im 21. Jh. leben und Elton John mit seinem Partner jetzt Mutter ist.
Noch ein letztes Wort zum Thema Therapie. Die begreife ich nicht als böse Zwangsmaßnahme, zu der jemand geht, weil er wirklich keinen anderen Ausweg mehr weiß, sondern als Luxus, den man sich gönnen sollte, um mehr Lebenszufriedenheit zu erreichen. Ja, ich weiß, dagegen stehen Wartelisten, finanzielle Zwänge, ein unüberschaubares Wirrwarr an Therapiekonzepten etc. pipapo...
Und eh ich jetzt zu sabbeln aufhöre, wünsch ich dir Spaß im Beruf und ein dickes Fell,

Marty
 
danke Marty für deine Worte!
 
Hallo @Abstract,... gibt es bei euch in der Klinik keine Supervision, in der du dir diesbezüglich mal einige Tipps holen kannst? Habe auch mal "geschlossen" psychiatrisch gearbeitet und bei uns gab es jeden Monat eine mit einem ausgebildeten Supervisor/Psychologen. Dort konnten wir Probleme, die im Umgang mit Patienten auftraten, ansprechen und gemeinsam überlegen, wie wir in Zukunft damit umgehen. Ich weiß, wie direkt psychiatrische Patienten sein können und ein sehr "feines Näschen haben" was deine Person betrifft. Auch, wenn es dich sehr verletzt, versuche, es nicht an dich ranzulassen. Sehe es einfach so, du bist homosexuell, kannst damit einen normalen Alltag meistern, deine Patienten aber sind schwer krank, damit schon genug gestraft und müssen viel Zeit ihres Lebens in der Klinik verbringen.


Lg tictac:flowerpower:
 
erstmal auch dir ein Dankeschön ! Nun leider gibt es bei uns keine Supervision- ich weiß, viele werden jetzt "um Gottes willen" denken. Irgendwie hat sich dass in unserer Klinik nicht durchgesetzt und viele meiner Kollegen finden Supervision nicht nötig- ich hingegen sehr! Das zeigt auch wieviel Qualität in unserer psychiatrischen Klinik steckt.
 
Wie wärs mit "Buchführung"?
Situation - Reaktion - Analyse - Strategie entwickeln
wo findet sich da ein Muster - sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite -?
wer wär denn in der Klinik geeignet mit Dir zusammen Strategien zu entwickeln...Kollegen, Therapeuten,
was geben Deine Unterlagen aus der FWB her?

Zig mal jetzt schon, bei mir so die Frage - lässt Dich unbewusst auf die undankbare Rolle der Defensive ein?
Möcht da nicht unnötig spekulieren. Das hilft ja auch nicht weiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
dankeschön für deine Antwort...
Buch darüber zu führen finde ich eine gute Idee =)

Aber ich lass mich doch gerade nicht auf die Rolle der Defensive ein- immerhin frag ich doch nach (zum Beispiel hier im Forum) was ich dagegen tun kann...! Und will es dann auch tun ! Wurden ja jetzt schon einige Dinge genannt- die versuch ich jetzt umzusetzen... =)
 
OK, also ich mische mich nochmal kurz ein.
NEIN, Buch führen würde ich darüber sicher nicht.
Im Gegenteil.
Ich würde mir nur ein paar gute Sprüche als Reaktion einfallen lassen, falls mal wieder jemand die Grenze zu deiner Privatsphäre überschreitet.
Sexualität, Homo oder Hete, ist Privatsache.
Warum misst du dem Ganzen so viel Gewicht bei?
Das habe ich oft erlebt bei Homosexuellen (ich hatte viele Freunde und Freundinnen in der Ausbildung, die homosexuell waren), dass das so überbewertet wird.
Sexualität, wie auch immer du gepolt bist, ist nur ein TEIL von dir, du bist auch noch so viel mehr als nur ein schwuler Krankenpfleger, also dann lass dich bitte nicht darauf reduzieren.
Als erstes bist du mal ein Mensch.
Und du pflegst andere Menschen.
Punkt.
Und das haben die zu respektieren, ob in der Psychiatrie oder nicht.

Vielleicht denkst du ein bißchen drüber nach, ich möchte dich nicht belehren sondern nur anregen, mal in dich zu gehen.:)
 
Pat.-klientel, die den wunden Punkt trifft, gibt es allüberall. Ich möchte nicht wissen, wie oft sich so manche korpulente Kollegin schon dumme Sprüche anhören musste. Wie mag es Kollegen gehen, die eine psychsiceh erkrankung haben und mit anhören müssen, wie Pat.- und leider auch Kollegen- über solche Mitmenschen denken.

All diese Kollegen müssen damit klar kommen und kommen auch damit klar. Sie suchen Lösungswege- die unter Umständen auch mal einen Arbeitsplatzwechsel beinhalten.

Warum auch nicht? Dumm kommen lassen muss sich niemand. Und wenn ich mir was wert bin, dann gehe ich eben dahin, wo man es net zum Problem macht, ob ich blaue oder rote Haare, eine bunte Haut, viel Metall im Gesicht, ein paar Kilos zuviel, ein paar Kinder mehr, anders denke oder sonstwas habe.

Und was heißt überhaupt anders? Ist man was Besonderes weil man sich von der Allgemeinheit abhebt? Das könnten Gorhics auch von sich behaupten. Die werden oft mit Satanisten in einen Topf geworfen.

Ich finde es überbewertet. Was der andere im Bett oder sonstwo wie treibt geht niemanden was an außer den Partner selber.

Elisabeth
 
Die Gesellschaft huldigt zwar den Unterschieden, aber in den meisten Unternehmen werden paradoxerweise formatierte Individuen gesucht.
Die Gesellschaft individualisiert, die Arbeitswelt nicht !
Also:
1. Der Mensch als Mittelpunkt? 2. Der Mensch als Mittel. Punkt.
 

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