Zwei krasse Wochen und ein kleines Problem mit meinem Gewissen...

Sil

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Hi ihr lieben, hier schreibt euch die Silvi :wink:

Ich hab da im Moment echt ein kleines Problem mit meinem gewissen obohl ich auch irgendwie weiß das es falsch ist so zu denken.
Ich bin jetzt seit zwei Wochen auf der Chirurgie, das sind meine ersten Praxis-Wochen und überhaupt die erste Zeit im Krankhaus(5Wochen Schule liegen hinter mir). Und in den zwei Wochen sind Dinge passiert die mich nicht einfach loslassen. In der ersten Woche ist ein Patient(ein so lieber älterer Herr) gestorben. Als ich in der Spätschicht davon erfahren habe war ich echt betroffen. Hatte nur vor Augen wie er vor zwei Tagen noch da saß und ich ihm den RR gemessen hatten und wir ein wenig geredet hatten. Er wurde am Morgen mit HK-Stillstand auf dem Boden gefunden(V.a. Lungenembolie)..man er war doch nur wegen einer "pupsigen" Augen OP(Kat. Op) da.....ja und ein paar Tage später habe ICH in einem Zimmer einen älteren Herren "gefunden" der mit weit geöffnetem Mund und den Kopf nach hinten geschlagen da lag. Ich wusste erstmal mal gar nicht was los war, habe ihn angesprochen,gerüttelt(dachte er schläft , da ich sonst gar nicht in dem bereich war )Ich bin wie i Trance raus und habe meine Kollegin geholt, die rif "Notfall" und ich rannte los, holte verstärkung, währned zwei afingen ihn zu reanimieren funkte jemd. anders die Ärzte an"Unsere" waren irgendwie mal nicht auf Station. Es vergingen entsetzlich lange Minuten, ich wurde beauftragt die Sauerstoff pumpe zu holen,kannte mich noch nmicht gut aus und fragte wieder nach, nach etlichen Minuten liefen 2 Internisten, Intensivärzte und eine Intensivschwester und unser Stationaarzt ein(ich denke es kam mir nur so lange vor). Ich ging wieder ins Zimmer, rannte wieder raus, holte ampullen usw. dann vergingen Minuten die ich im Zimmer stand, das piepen der geräte. Defi,die Geräuche der Reanimation,das zählen der ärzte,die anweisungen Medikamente aufzuziehen,alles lief wie in einem film an mir vorbei.....30Minuten vergingen und die Geräte wurden ausgeschaltet..ich ging mit meiner Kolegin raus und wie aus dem nichts kamen mir die Tränen und ich weinte......Das waren Bilder die ich im Moment immmer vor Augen habe, das Bild wie der Mann da lafg und den Mund auf hatte. Ich weiß das es falsch ist so zu denken doch ich habe gewissens bisse, hab das gefühl zu langsam gewesen zu sein, nicht schnell genug reagiert zu haben....Meine Kollleginnen und unser Stat.Arzt sagt es lag nicht an der Zeit, ich hätte nur so reagieren sollen, er sagte "stell dir vor du hättest gedacht er hätte geschlafen und wärst wieder rausgegangen"....Echt, im moment kann ich das nicht so leicht wegstecken.....Der Mann hat kurz nachdem alles abgeschaltet wurde angefangen einen leichten Puls zu bekommen 40/min..mitlerweile liegt er auf ITS aber im Koma......Einen Tag den ich nie vergessen werde!!!! :cry:

Lg, Sil
 
Hallo Silvi!

Ich glaube ich kann dich ganz genau verstehen, auch mir ging es im 1.ABJ mal so, das Gefühl das auch du beschreibst ist einfach nur schrecklich und vor allem auch nicht so schnell zu vergessen.
Man denkt immer wieder: wenn ich..., hätt ich doch..., aber es bringt nichts sich selbst fertig zu machen :!:
Ich kam mir damals bei der Reanimation so nutzlos vor, ich stand nur da und war wie in Trance :(
Auch als alles vorbei war wusste ich nicht wirklich was in den letzten Minuten geschehen ist, irgendwie ging dann alles ganz schnell.
Aber was willst du als Erstkursschülerin im 1.Einsatz groß machen :?
Du hast irgendwie kein Plan und kommst dir einfach nur scheiße vor!
Ich hab auch ziemlich lang gebraucht um die ganzen Eindrücke zu verarbeiten.

Lass den Kopf nicht hängen und machs gut, Tisi
 
Hallo allerseits,

Silvi, ich denke mal, jeder von uns hier - und auch jeder, der eine solche Situation nur ansatzweise kennt - kann das, was Du fühlst, nachempfinden....
Meiens erachtens nach hast Du das einzig richtige getan, vor allem auch in Bezug auf deinen Ausbildungsstand...nachschauen, Hilfe rufen..und der Rest lief eben, zumindest für diejenigen mit Routine, wie "immer, wenn man reanimiert"......
Auf der gefühlsmässigen Seite..ich weiß nicht, wie ich das am besten ausdrücke....es ist schrecklich, so etwas mitanzusehen, vor allem wenn man die Tage vorher (oder kurz vorher) den Patieneten auch noch kannte, eine beziehung zu Ihm aufegbaut hat, und dann so etwas....;o/...nicht nur das es unheimlich weh tut, es ist auch so, das sich vermutlich JEDER des öfteren fragt "hab ich was falsch gemacht? was hätte ich anders machen können?"...und genau das ist es, was uns menschlich macht, und was uns zu Personen macht, die in solchen Situationen GUT und RICHTIG reagieren...
Wer sich über sein Verhalten, seine Einstellung in solchen Situationen KEINE Gedanken macht, der ist kalt und emotionlos..etwas, was keiners ein will..und er denkt nicht darüber nach, wo die eigenen Stärken und Schwächen sind....
Gefährlich - oder wenigstens problematisch - wird das ganze dann, wenn es einen selber zu sehr schmerzt..am ANfang, in deiner Situation, normal....aber irgendwann einfach nicht mehr gut, wenn man solche Situation zu sehr an sich hernaläst, ABER DAS IST NUR MEINE MEINUNG....
Nach einem Jahr auf einer Intensivstation bin ich so weit, das ich sehr gut den Tod als Teil des Lebens akzeptieren kann..für alles im Leben gibt es eine Zeit, auch wenn manche "zu früh" erwischt werden oder es "ungerecht" scheint.......wenn Du Dir irgendwann das bewusst machen kannst, und dein Verhalten trotzdem noch reflektierst.auf eine gesunde Art und Weise...bist Du echt einen Schritt weiter..aber das dauert, und wird sicher noch manchmal weh tun, so bescheuert es auch sein mag.....
Weiß nicht ob das deutlich geworden ist was ich meine.........schweres Thema......aber Du kannst, denk ich mal, beruhigt sein..fachlich wars ok, und menschlich....die Erfahrung hat sicher jeder gemacht.........


Schöhler
 
Liebe silvi!

Ich möchte dir einfach mal mein Mitgefühl ausdrücken und dich mal ganz fest drücken. Du hast eine schockierende Situation erlebt und brauchst einige Zeit, um diese zu verarbeiten.
Du schreibst, dass es falsch sei, so zu denken wie du denkst (Gewissensbisse haben, Gedanken machen über die Situation). Gedanken und Schuldgefühle kommen einfach und man braucht eine gewisse Zeit, damit umzugehen. Du solltest sie zulassen und irgendwann wirst du merken, dass diese Geschichte in deiner Erinnerung verblasst. Ich hoffe, dass du gute Kolleginnen und Kollegen auf Station bzw. liebe Freundinnen und Freunde oder verständnisvolle Kurskolleginnen und -kollegen hast!
Ich persönlich finde es wichtig, über solche Situationen zu reden und wenn man sich danach fühlt, auch darüber zu weinen.
Jeder reagiert anders, die einen können schnell zur Routine übergehen, die anderen sind lange Zeit mit solch einem Vorfall belastet.

In meiner Schülerinnenzeit hatte ich am Anfang des zweiten Jahres mein erstes Reanimationserlebnis auf einer neurochirurgischen Station. Der Pat. war 31 Jahre alt, ich habe sozusagen die "Notfallkette" in Gang gesetzt. Der Pat. ist noch in der selben Nacht auf der Intenisvstation verstorben. Auf Station ging es damals recht cool zu. Ich dagegen war völlig fertig und habe lange Rotz und Wasser geheult.

Mittlerweile arbeite ich auf einer interdisziplinären Intensivstation und Reanimationen sind auch hier gottseidank nicht alltäglich, jedoch häufiger als auf peripheren Stationen. Jede Reanimation ist für alle Beteiligten eine Ausnahmesituation. Bei mir stellt sich ein gewisser Scheuklappenblick ein, ich habe nur noch Augen für die Überwachungsgeräte, Medikamente etc. Erst später fällt mir ein, dass wir gerade um das Leben eines Menschen gekämpft haben. Wir haben ein spitzenmässiges Pflegeteam und haben im Anschluss an solche Situationen immer die Möglichkeit, Gedanken auszutauschen.

Wenn ich um einen Patienten weinen muss, dann schäme ich mich nicht dafür, denn Tränen sind in diesem Moment ein Ventil für mich.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für deine Ausbildung und deine spätere Zeit als "***". Denn trotz aller Einschränkungen ist es ein schöner Beruf!

Liebe Grüße

Trine
 

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