Wer kann sich das vorstellen: Übernahme der Pflege einer hirntoten Patientin?

Rabenzahn

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Kassel
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Hallo,

vor Jahren ging eine Mitteilung durch die Presse, dass eine schwangere Frau bei einem Unfall verletzt wurde und die Diagnose - Hirntod - gestellt wurde.
Um das Kind zu retten sollte sie so lange beatmet etc. werden bis das Kind ( in zwei Monaten ) per Sectio entbunden werden kann.

Könnte sich jemand vorstellen eine solche Pflege zu übernehmen ?

Was für Empfindungen würde man dabei haben, wenn doch der Zeitpunkt wann die Maschine abgestellt wird immer näher rückt ?
 
Hallo,

also ich stelle mir das nicht ganz einfach vor, aber ich finde es eigentlich richtig. Ich meine abtreiben würde man ein Kind ja auch nicht. Und wenn es wirklich geht daß das Kind dann noch gesund zur Welt kommen kann, dann finde ich das in Ordnung.
Aber fühlen wird man sich dabei bestimmt nichht ganz so toll. Da toben mit Sicherheit widersprüchliche Gedanken in einem. Zum einen die Tatsache das diese hirntote Frau nun als "Geburtsmaschine" benutzt wird (wenn man das denn so sehen will) und dann die andere Seite ob es nicht schon fast "Mord" wäre an dem ungeborenen Kind, wenn man die Maschinen abschalten würde bevor das Kind geboren ist. Sicherlich spielt hier die Meinung der Angehörigen eine große Rolle.
Mich würde interessieren ob jemand von Euch schonmal in einer solchen Situation war.
Ich persönlich würde, sollte ich so einen Fall pflegen müssen, daran denken daß die Mutter selbst es so wollen würde. Sie würde doch sicher wollen das ihr Kind lebt.
Aber das ist nur meine Meinung.

Grüße
Mäuschen
 
Hallo !
Da muß ich Mäuschen zustimmen! Jedoch denke ich auch, daß es schwierig ist, dem Kind, wenn es größer ist zu erklären, daß es in einem Körper war, der teilweise tod war. Auch bin ich mir nicht sicher, ob das Ungeborene nicht vielleicht irgendwas mitbekommt, Ungeborene reagieren doch auf Stimmungen der Mutter mit. Das soll alles natürlich nicht heißen daß das Kind abgetrieben werden sollte.
Ich könnte mir schon vorstellen, solch eine Frau zu pflegen.
Suse
 
Hallo,

ich könnte mir sehr gut vorstellen, die Pflege zu übernehmen. Ich würde es so sehen, da ist jemand, der sich sicher sehr auf sein Kind gefreut hat. Immerhin ist die Schwangerschaft sehr weit fortgeschritten. Ich glaube auch dass, das Baby etwas davon mitbekommt. (Hirntod der Mutter - Ausnahmesituation). Aber das Baby hat den Unfall überlebt, die Schwangerschaft ist soweit intakt - das Baby hat die Chance einfach verdient.

Pflegerisch ist das ganze eine unheimliche Herausforderung. Einerseits hat man es mit jemanden zu tun der Hirntod ist - andererseits mit einem Ungeborenen. Ich bin der Meinung, dass auch Ungeborene ihre Streicheleinheiten benötigen. (Jede Mutter macht dies instinktiv.) Da die Mutter dazu nicht mehr in der Lage ist, muß diese Aufgabe von jemand anderen übernommen werden. Teilweise durch das Pflegpersonal, tw. vom Partner und den Angehörigen der Mutter. Die müssen ersteinmal über die Notwendigkeit informiert werden, den Sinn begreifen und mit ihrem Schock fertig werden. Dazu werden sie viel Kraft und psychologische Unterstützung benötigen.

Vor allem werden die Angehörigen sehr viel Kraft benötigen, wenn der Geburtstermin näher rückt. Der Geburtstag des Kindes ist gleichzeitig der Todestag der Mutter. Auch wenn die Mutter schon vorher Hirntod war wird dies von den Angehörigen so empfunden werden.

Ich würde es nicht so sehen, das die Frau als Geburtsmaschine benützt wird. Das Baby hat ein Recht auf Leben. Die Mutter hat sich für das Baby entschieden und da sie nicht mehr die Möglichkeit hat es zu bekommen, sollten wir dafür sorgen, dass ihr dieser Wunsch auch erfüllt wird.

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Hallo Rabenzahn,

meinst Du das, was damals in Erlangen praktizier wurde :?: :?: :?:
Kannst Du ein bischen deutlicher werden oder was meinst Du sonst :?: :?: :D :wink: Carmen
 
Hallo Rabenzahn,

noch eine verspätete Antwort :wink:

Ich stelle es mir sehr schwer vor, in so einem Fall die Pflege zu übernehmen. Diese Frau ist hirntot und damit nach Definition tot, also Pflege ich eine Leiche. Aber andererseits trägt sie ein Kind, ihr Herz schlägt - eine unwahrscheinlich seelisch belastende Situation.

Die hirntoten Menschen, die ich bisher betreut habe - Organspender - hatten alle extreme Entgleisungen in den Vitalfunktionen, angefangen beim Herz-Kreislauf-System, Wasser- und Elyte-Haushalt ect. Neben der seelischen Belastung kommt noch ein ziemlich hoher physicher Stress hinzu.

Wenn ich ehrlich bin, hoffe ich, dass ich so etwas nie erleben werde.
Und wenn es doch einmal geschieht, werden wir mehr als nur eine Supervision brauchen.

Hallo Carmen,

an Dich eine verspätete Frage :wink: :

Wo genau sind für Dich die Unklarheiten bei Rabenzahns Beitrag?
Was hättest Du gerne deutlicher formuliert?

Da mir klar ist, was er meint, muss jetzt einfach mal nachfragen.
 
Ich finde auch das die mutter bestimmt will das ihr kind gesund auf die welt kommt.Ausserdem wäre das Kind bestimmt auch ein wenig stolz auf die Menschen die seine Mutter so toll gepflegt haben,sodass sie ihr kind noch auf die Welt bringen konnte.
ausserdem wird das Kind so das Leben sehr sehr sehr zu schätzen wissen wenn es denkt das seine Mutter gehen musste und man es nicht notwendig so weit kommen lassen musste das das kind gesund auf die Welt kommt.Ich hoffe doch ihr versteht das wie ich das meine...
 
Hi Nicci,

ja, ich denke, ich verstehe Dich.
Die Situation aus der Sicht des Kindes zu betrachten finde ich wirklich gut.
Danke für Deinen Beitrag.
 
Hallo,

nachdem Dorothee Carmen GottseiDank eine klar formulierte Frage nochmals erklären konnte ( ich weiss auch nicht was Carmen erklärt haben wollte ) , setze ich noch eine Frage darauf.

Hirntod bedeutet nach meinem Verständnis die Unterbrechung der cerebralen Durchblutung ! und damit der Tod der Hirnzellen, durch Sauerstoffmangel.

Frage: " Was passiert mit dem Gehirn, wenn es längere Zeit nicht durchblutet wird ? "
Es müsste dann theoretisch intrakraniell verwesen !! Oder ?

Wie will man das verhindern bei einer über Wochen vielleicht auch Monate dauernden Wartezeit bis zur Lungenreife des Kindes ??
 
Hi Rabenzahn

Interessanter Aspekt. Vielleicht ist das auch der Grund für den Tod der Mutter des "Erlanger Babys".
Andrerseits gabs ehedem auch Berichte über erfolgreich ausgetragene Schwangerschaften. Es handelte sich, wenn ich recht erinnere, auch um einige Wochen.
Über den Fakt muß ich erst noch mal genauer nachdenken/ recherchieren. *grübel*

Elisabeth
 
Hallo Rabenzahn :D ,

meine Frage an Dich war wirklich nur, ob Du das "Erlanger Baby" meinst, weil es in Deiner Basisfrage nicht stand und Elisabeth hat da auch keine Erklärung gegeben, doch nun ist es für mich klar, was Du mit Deiner Frage wolltest.
Persönlich könnte ich es mir nicht vorstellen, eine solche Pat. zu pflegen.

Carmen
 
Hi Carmen

Ich persönlich denke nicht das das Gehirn verwest. Bei einem großen ischämischen Mediainsult kommt es ja auch zum Untergang von Nervengewebe. Bei besonders ungünstigem Verlauf,kann das fast die ganze Hemisphäre betreffen. Trotzdem überlebt der Mensch mit einem "halben Gehirn". Ich denke, da werden Umbauprozesse stattfinden in Richtung Bindegewebe- Narbenbildung.

Elisabeth
 
Hallo,

mal eine Frage!

Worüber möchtet ihr jetzt eigentlich diskutieren? Über das Erlanger Baby?oder über die Frage ob man sich die Pflege einer hirntoten Schwangeren vorstellen kann.

Worauf Rabenzahn hinauswollte war eigentlich von Anfang an klar!

Ich habe meine Antwort auf die Frage - ob ich mir die Pflege vorstellen kann bezogen.

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Hallo Elisabeth,

bei einem Mediainfarkt werden große Anteile des Gehirns nicht oder Minderdurchblutet. Meine Theorie geht dahin, dass bei einem festgestellten Hirntod die gesamt Durchblutung des Gehirns angiographisch dargestellt und als nicht mehr vorhanden dokumentiert wird.
Folglich müsste es dann zu keiner Durchblutung mehr kommen können. Wäre da noch eine Form der Durchblutung vorhanden, könnten ja einzelne Hirnabschnitte noch Aktivität anzeigen.

Mich interessiert einfach nur die Frage, wie lange kann ein hirntoter Mensch so konserviert werden. Was passiert im Kopf und hat sich von uns schon mal Jemand Gedanken darüber gemacht.

Das Erlanger Baby ist dabei sekundär, wobei ja auch angesprochen wurde, dass das Kind später glücklich sein muss zu leben, auch wenn die Mutter gestorben ist. Das glaube ich auch.

Aber wie verkraftet es dann später einmal sein Wissen, ich habe monatelang im Körper einer " Leiche " gelegen um ausgetragen zu werden.
 

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