@Seelenschmerz: Natürlich kann ich nichts zu der Erkrankung Deiner Mutter sagen, ohne dabei gewesen zu sein. Aber ich habe lange Jahre im Palliativbereich gearbeitet und beim ersten Post spontan nicht an eine Infektionserkrankung, sondern exulcerierende Tumorwunden gedacht. Das kommt bei Brustkrebs vor, aber auch bei Tumoren im Kopf- und Halsbereich oder bei Hautmetastasen. Könnte dies bei Deiner Mutter der Fall gewesen sein?
Vielen Dank für Deine Antwort -Claudia, meine Mutter hatte COPD im Endstadium, ich hoffte sie könnte mit Unterstützung des Palliativteams genauso schmerzfrei und "friedlich" aus diesem Leben gehen wie mein Vater der 2012 auf Palliativstation nach Sedierung verstorben ist. Es lag schon immer in meiner Natur und letztlich auch an unserer familiären Geschichte, sowie unseren medizinischen Berufsfeldern, dass ich mich recht viel mit sämtlichen Krankheiten befasst habe und mich auch in alle möglichen Verläufe eingelesen habe. So tat ich das auch bei beiden Eltern und zuletzt bei meiner Mutter. Sie war selbst Krankenschwester und arbeitete bis zur Rente als Altenpflegerin und begleitete natürlich auch selbst viele sterbende Bewohner. Umso wichtiger erschien uns Ihr ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Meine Mutter hatte im Leben viel Verluste erlitten, verlor den Vater mit 7J, ihr Kind als sie 30J war, ihr jüngerer Bruder wurde nur 50, was dazu geführt hat dass sie nach Renteneintritt immer mehr quasi Essen durch Rauchen und Getränke durch Bier ersetzt hat. Stents wurden gesetzt, Halsschlagader OP hatten wir genauso wie eine wahnsinns OP beider Beine in Düsseldorf nach arterieller Verschlusskrankheit 2016. Der Arzt flehte sie damals nahezu an nicht weiterzurauchen da er die Beine gerade noch retten konnte. So viel zur Vorgeschichte. Im Mai 2020 stürtze meine Mutter Zuhause, hatte ohnehin nur noch 45kg und brach sich quasi alles was man sich vorstellen konnte. Aufgrund der Lungenschädigung konnte nichts davon operativ behandelt werden da sie's ohnehin nicht überstanden hätte. Sie kam nach 3 Wochen zurück, Pflegebett, und Fortbewegung nur noch mit dem Rollstuhl. Irgendwann gings dann ohne Sauerstoff gar nicht mehr und sie war 24/7 durchgehend mit Nasenschlauch Sauerstoffversorgt. Durch die vermehrte Bettlägrigkeit hatte sie überwiegend an den Beinen einige offene Stellen. Die Wundexpertin hatte Mühe mit der Dekubitus Versorgung und letztlich gings irgendwann nur noch darum die Wunden abzudecken nachdem sie wie irre genässt haben und ich ständig zwischen der Diakoniezeiten wechseln musste. Meine Mutter bekam Tavor und Morphin sowie Novalgin in ausreichender Dosis was aber dann 5Tage vor ihrem Tod nicht mehr ausreichte. Sie sträubte sich vor dem Schmerzkatheter welcher ihr nach langer Überredungskunst in den Bauch gelegt wurde. Wovor sie selbst am meisten Angst hatte trat danach ein, Kontrollverlust und totale Benommenheit. 4Tage vor dem Tod musste das Palliteam die Dosis nochmals erhöhen nachdem sie noch immer nicht schmerzfrei war. Den Freitag verbrachte ich mit Ihr sitzend da sie unter keinen Umständen liegen wollte. Stundenlang oft keine Reaktion, schon hier dachten wir es könnte bald soweit sein, weitere 3 Tage und Nächte hat Niemand mehr vermutet. Während des ganzen Samstags durchlebten wir die verschiedenen Phasen, teils sitzend teils liegend, rasselndes Atmen, Todesdreieck, Unruhe etc. Teilweise Stunden keine Reaktion, dann wieder kurze, wenige Worte. Das Schlimmste war, die Schmerzdosis schien nicht auszureichen, Extradosen brachten auch nichts, sie zog dauerhaft jämmerlich die Beine an vor Schmerzen. Die Wunden nässten unaufhörlich, die Diakonieschwester wickelte am Ende sogar Windeln drumherum. Am Sonntag waren sich alle sicher dass es nicht mehr lange dauern würde und wir konnten es für sie und für uns nur noch hoffen. Ich wusste nicht mehr was ich in den Armen hielt, meine Mama oder eher eine lebendige Leiche, ein Auge geöffnet eines verschlossen, Leichenflecke überall, die Fusszehen inzwischen schwarz verfärbt und sich teilweise lösend, die Glieder steif ihr Kiefer knackte bei jedem Atemzug. Mir fiel ehrlich gesagt dann nur noch der Pfarrer ein, ich dachte ok vielleicht fehlt das für sie. Nachdem er am Sonntag Abend weg war hatte ich gehofft dass sie jetzt gehen kann. Nichts gebracht. Die ganze Nacht dieser Zustand, der zunehmende Verwesungsgeruch, zum Schuss saßen wir mit Mundschutz da, es ging nur noch mit diversen Duftölen die wir vom Palliteam bekommen haben. Auch in dieser Nacht kam sie nach Stunden wieder zu sich, meinte selbst ich rieche es, wollte sich den Nasenschlauch entfernen....diesen Vorwurf mache ich mir genau das nicht getan zu haben. Ich dachte ständig dass sie genau deswegen nicht sterben kann, wegen der Sauerstoffversorgung auf Stufe 3. Ständig hielt ich Rücksprache mit dem P.team die mir versicherten dass das nicht am Sauerstoff liegt, es kommt eh nix mehr in der Lunge an. Das Ganze ging so weiter bis Montag früh endlich die Palliativschwester kam, ich weiß noch wie ich sie angefleht hab jetzt einfach hier zu bleiben nachdem ich gesehen habe dass meiner Mutter zur Krönung nun auch noch Magen- oder Darminhalt durch den Mund zu kommen scheint. Irgendwann meinte sie, ich mach jetzt trotzdem mal den Sauerstoff aus....Ja und dann gings innerhalb einer Minute.
So das war jetzt echt lang, aber vielleicht musste ich soweit ausholen dass vielleicht irgendeine Fachkraft in diesem Verlauf etwas erkennt was diese letzten 3 Tage erklärt. Seitdem trag ich das mit mir herum, frage mich kanns wirklich sein dass es letztlich die Sauerstoffversorgung war der den ganzen Prozess umgekehrt hat. Überall heissts, Sterben, Herz und Hirntod dann Organversagen danach Leichenstarre und Totenflecke sowie Verwesungsgeruch. Wie kann es sein dass ein Mensch so stirbt ? Ich hoffe so sehr Jemanden zu finden der dafür eine Erklärung hat damit ich das hoffentlich irgendwann mal verarbeiten kann.