Verwahrloste Patientin

Trine

Stammgast
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05.08.2002
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Hallo zusammen!

Wir bekamen gestern eine Patientin mit gastrointestinaler Blutung zur Aufnahme. Nachdem die kleine, schmale, alte Frau im Bett lag, habe ich angefangen, sie auszuziehen. Bereits hier stieg mir ein beißender Geruch in die Nase. Die Pat. war von oben bis unten mit Dreck beschmiert. Hm, vielleicht ist sie bis gerade eben im Garten gewesen, hat dort unkontrollierten Stuhlgang gehabt (wie es eben bei Teerstuhl gerne sein kann) und sieht daher so aus. Die Patientin hatte Dreck bzw. ihre Exkremente in den Haaren, in den Augebrauen, in den Ohren, auf dem ganzen Körper unter den Fingernägeln und unter den Fußnägeln gehabt. Die Nägel sind an Füßen ca. 3 Zentimeter lang gewesen und kringelten sich schon. Nun gut, ich habe die Frau aus ihrer Kleidung geschält, ihr die verkrusteten Pantoffeln, Strümpfe, Kleid und Unterhemd (ehemals weiß, jetzt kaffeebraun) ausgezogen und angefangen, sie zu waschen.
Die Pat. lag auf der Seite, als ich angefangen habe, ihre Unterhose runterzuziehen. In der Unterhose befand sich Zeitungspapier und zusamengeknüllte Werbeblättchen.
Bei diesem Vorgang kamen mir die ersten Maden entgegen. Ich hab einen kurzen Stöhnlaut von mir gegeben und bin dann etwas entsetzt zum Dienstplatz gelaufen, um meine Kollegen und den Stationsarzt darüber zu informieren. Mit einer Kollegin habe ich mich dann in volle Verkleidungsmontur (Ganzköperkittel, Haube, Mundschutz, Handschuhe)
geworfen und wir mussten richtig nachschauen. Am Anus der Pat. befindet sich derzeit ein ca. kindskopfgroßer Tumor, an dem sich Maden angesiedelt haben. Die Maden hatten in den Pofalten scheinbar bereits Fistelgänge angelegt. Wenn man die Pobacken auseinander gehalten
hat, kamen sie in Scharen rausgelaufen. Uns ist so schlecht geworden, wie mussten bei der ganzen Aktion ständig würgen. Die eilig herbeizitierten Chirurgen waren auch etwas sprachlos.
Wir haben die Pat. nach einer Stunde auf die Innere Abteilung verlegt, damit dort die OP-Fähigkeit abgeklärt wird. Vitalwerte waren in Ordnung, Hb auf 8.7, Entzündungsparameter angestiegen, der Rest normal. Die Operateure wissen ja auch nicht genau, was sie im OP-Gebiet genau erwartet. Wie tief sitzt der Tumor, bis wohin gehen die Fistelgänge (Blase?,
Geschlechtsorgane?), gibt es weitere Tiere (Würmer?).
Puh, mir hat das wirklich gereicht und ich musste bis zum Einschlafen daran denken.
Die Pat. wohnt übrigens mit Sohn und Enkelsohn in einem Haus. Ich habe sie dann über die Umstände in ihrem Haus ausgefragt. Über ihren Sohn wollte sie kaum was sagen. Er würde ihr bei den Sachen helfen, die sie
selbst nicht mehr erledigen könne. ????????????????
Ich hab mir vor der Tür den Sohn und den Enkelsohn kurz angeschaut, hatte dann aber keine weiteren Fragen mehr. Auf die Frage, ob das denn am Popo weh getan hätte, antwortete sie, es habe sie gelegentlich etwas
gezwickt. Die Pat. hielt fast die ganze Zeit ihre Hände vor ihre Augen und wollte uns nicht ansehen. Ich habe dann zu ihr gesagt, sie müsse sich nicht schämen und auch keine Angst haben. Sie bekäme bei uns Essen
und Trinken, wir würden sie waschen und pflegen, saubere Sachen anziehen und Schmerzmittel geben. Daraufhin hat sie ganz heftig geweint.

Ich fand es ganz schlimm.
Wie kann ein Mensch so verwahrlosen, dass er quasi bei
lebendigem Leib von Maden aufgefressen wird?

Nachdenklichen Gruß von
Trine
 
Hallo Trine!

Also das was du da erlebt hast ist ja mehr als grauselig!
Ich kann mir gar nicht vorstellen, das man nicht merkt, wenn sich Maden in einem einnisten...puh...ganz schön eklige Vorstellung!
Das muß doch voll weh getan haben ... das der Sohn da nichts gemacht hat, ich meine man merkt doch wenn seine Mama mehr und mehr verwahrlost und ohne Hilfe nicht mehr klarkommt!

Hat er dazu nichts gesagt?Wo leben wir denn, wenn es schon so weit mit einem Menschen kommen kann?!
 
Also echt wo leben wir denn. Das es solche Menschen gibt die sich um einen kümmern wollen und dann doch nur das pflegegeld kassieren, das ist eine Frechheit. Das ist doch glatt ein fall für den seniorenschutzbund graue panther :?:
 
Hallo!
Die alte Frau ist mittlerweile palliativ operiert worden. Was man wegschneiden konnte, hat man weggeschnitten. Sie wird nun weiter palliativ behandelt, eine Versorgung in einer Pflegeeinrichtung wird durch unseren Sozialdienst forciert.
Übrigens hat sich herausgestellt, dass die Dame seit einigen Jahren "psychisch auffällig" sein soll (Angaben des Sohnes). Sie habe niemanden mehr an sich ranlassen wollen usw. Hm, trotzdem sollte es meiner Meinung nach nicht zu einem wie oben geschilderten Fall werden!
Aber was will/soll/kann man tun, wenn ein Mensch Hilfe verweigert (sofern man dem Sohn alles glauben kann)? Soll man diesen Zustand z.B. Demenz nennen und den Menschen entmündigen? Warum sollte man das tun? Weil ich als Krankenschwester/Ärztin/Angehörige/Nachbarin/Richterin besser weiß, was richtig ist?

Gruß,
Trine
 
Sowas kommt leider immer wieder mal vor. Warum das in der heutigen Zeit noch so ist läßt sich nur schwer nachvollziehen. Häufig stellen sich fragen wie " Wer trägt die Schuld" Der Pat. selbst?Die Angehörigen? Die wegschauenden Nachbarn?
Gute Frage. Hab schon so einiges an Gründen gehört. Unter anderem fällt mir ein Beispiel ein. Meine Oma. Sie war immer eine Frau die größten Wert auf ihr äußeres gelegt hat. Nach SHF konnte sich aber nicht mehr so wie sie wollte. Hife wollte sie aber auch nicht. Dazu war sie zu stolz. Hat immer gesagt " Ich habe es geschafft 4 Kinder großzuziehen während mein Mann im Krieg war, warum sollte ichjetzt hilfe benötigen". Und viele alte Leute können so störrisch sein. Andere wiederum haben vielleicht niemanden der sie versorgen könnte oder es gibt Leute deren Angehörigen sich nicht kümmern aber das liebe Geld kassieren.
Die Maden sind schon sehr heftig. Hab ich nur einmal gesehen ( 8O unter der Vorhaut eines alten Mannes). Aber wenn ich an die Bilder aus der "dritten Welt" denke, wo Kinder an Hausecken sitzen oder in ihren Betten liegen, und Fliegen den Körper besiedeln; da kann ich mir gut vorstellen wie schnell man sich Maden einfängt wenn man hilflos, verwahrlost in seinem eigenen " Dreck" liegt
 

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