Verunsichert wegen Behandlungspflege bei Kindern

Pedrillo

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Ambulante Pflege
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Altenpfleger
Hallo, ich arbeite als examinierter Altenpfleger in der Ambulanten Pflege. Ich soll einen neuen Patienten bekommen. Er ist sechs Jahre alt und Diabetiker. Meine Aufgabe soll es sein, nachdem BZ gemessen und gegessen wurde, den Bolus Faktor zu errechnen und anschließend die Insulinpumpe zu bedienen, um ihm die errechnete Menge Insulin zuzuführen. Sonst habe ich keine Informationen, über die Basalrate, über die Therapie des Jungen, über KBO bei Kindern überhaupt. Davon abgesehen, habe ich keine Ahnung von Kinder- und Jugendmedizin, ich weiß nur, daß es wohl außer bei Schnupfen eigentlich keine Vergleichsmöglichkeiten gibt zwischen Kindern und Erwachsenen.

Ich habe daher die pflegerische Verantwortung für den Jungen abgelehnt. Ich bin verunsichert. Bin ich rechtlich abgesichert im Schadenfall? Kann man von mir erwarten, daß ich jetzt noch eine Umfangreiche Pädiatrische Ausbildung zusätzlich absolviere? Meine PDL war nicht sehr begeistert. Ich hatte den Eindruck, ich bin dabei einen Pudding an die Wand zu nageln. Da meine PDL sonst in allen relevanten Themen belesen ist, habe ich den Verdacht, daß es hier keinen eindeutigen Regelungen gibt. Denn meine Recherchen bisher ergaben zu konkret diesem Thema fachübergreifende Pflege nichts.

Ich erhoffe mir hier Meinungen zu finden, die mir vielleicht etwas mehr aus der Verunsicherung helfen, und mich zu einer Richtung weisen, denn ich habe dazu leider gar keine.

Vielen Dank und schönen Gruß
 
in der regel ham die doch nen plan bei welchem bz wieviel einheiten insulin gegeben wird oder nicht, so wie ich es verstanden habe kriegt er die einheiten eben als bolus via pumpe und nicht über nen pen bzw. ne spritze. ob und wie die basalrate eingestellt ist lässt sich ja rausfinden. ich würd mir noch paar infos einholen aber seh da jetzt nicht die riesen nummer drin dass man sowas ablehnen sollte/könnte. korrigier mich wenn ich es falsch verstanden habe. aber sollte durchaus für dich machbar sein.. grüsse
 
ahja und da brauch man jetzt ja au nicht die mega päd ausbildung dafür also nur zu, sehs als chance deinen horizont zu erweitern.
 
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Das ist nicht mein Problem. Ich kann das Gerät bedienen :-) Und Horizont erweitern gehört durchaus zu meinen Eigenschaften. Aber ich komme mir ein wenig vor wie ein Affe, der den Computer bedient, ohne etwas über Diabetes bei Kindern zu wissen. Und zu einem Teil steht das ein wenig im Widerspruch zu meiner Auffassung von Berufsethos. Während meiner Ausbildung wurde mir eingetrichtert nichts zu tun, "weil ich es kann".

Und ich habe einfach nicht die Fähigkeit, die entwicklungs- und altersbedingten Bedürfnisse von Kindern wahrzunehmen. Ich hab selbst keine und eben keine entsprechende Qualifikation.

Genau das ist es nämlich was im Schadensfall entsprechend ausgelegt werden wird. Egal was mit dem Kind in meiner Anwesenheit passiert. Aber ich habe mich heute entschlossen, mich rechtlich beraten zu lassen, um eine schlüssige Entscheidung treffen zu können.
 
Davon abgesehen, habe ich keine Ahnung von Kinder- und Jugendmedizin, ich weiß nur, daß es wohl außer bei Schnupfen eigentlich keine Vergleichsmöglichkeiten gibt zwischen Kindern und Erwachsenen.
Ganz so dramatisch ist es nun auch wieder nicht. Eine umfangreiche pädiatrische Ausbildung ist im beschriebenen Fall sicherlich nicht notwendig. Typ-I-Diabetes solltest Du in der Ausbildung durchgenommen haben; verschüttete Kenntnisse wieder aufzufrischen ist machbar. Eine Einweisung in die Insulin-Pumpe sollte sich ebenfalls organisieren lassen. Die benötigte Dosis an Insulin ordnet der behandelnde Arzt an. Notfallmaßnahmen im Fall einer Unterzuckerung ebenso.

Hast Du die notwendigen Kenntnisse - und ich sehe nicht, welche Du zusätzlich zu den o.g. bräuchtest - so musst Du die Dir angewiesene Arbeit durchführen. Alles andere wäre Arbeitsverweigerung.
 
@ Claudia : Das sehe ich etwas anders. Arbeitsverweigerung ist ein Rechtsbegriff. Und der kann hier schon deswegen nicht greifen weil in meinem Arbeitsvertrag steht ich bin angestellt als Altenpfleger.

Außerdem sehe ich mich meinem Gewissen gegenüber meinen Patienten ebenso verpflichtet wie meinem Arbeitgeber.
 
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Die Berufsbezeichnung Altenpfleger beinhaltet nicht, dass Du ausschließlich bei alten Menschen eingesetzt werden kannst.

Dein Gewissen gegenüber Deinen Patienten ehrt Dich, aber ich wüsste nicht, inwieweit Du dem beschriebenen Kind gefährlich werden könntest. Die notwendigen Kenntnisse über das Krankheitsbild müsstest Du haben bzw. wieder erlangen können. Sofern das Kind keine weiteren Erkrankungen hat, die pflegerischen Versorgung notwendig machen, sehe ich keine Probleme und dadurch auch kein Recht Deinerseits, die Tätigkeit zu verweigern.
 
@ Claudia : Genau. Die Berufsbezeichnung schließt fachübergreifendes Arbeiten nicht aus. Aber es wird auch nicht ausdrücklich erlaubt. Damit befinden wir uns im worst case im Reich der Auslegung.

Und im Pflegeberufsrecht sind die drei Berufe getrennt. Wir reden hier von Recht. Da geht es eben nicht darum was ich mir zutraue und weiß, sondern um die Auslegung von Gesetztestexten.
 
Unsere Ausbildungen befähigen uns zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen. Krankenpflegekräfte und Altenpflegekräfte dürfen zu den Kindern, Kinderkrankenpfleger zu den Erwachsenen, beide ins Altenpflegeheim und Altenpfleger ins Krankenhaus. Gängiges bundesdeutsches Recht und nicht nur in der ambulanten Pflege Alltag.

Was in Deutschland nicht gesetzlich untersagt ist, ist erlaubt. Du kannst und musst eine Tätigkeit verweigern, bei der Dir die notwendigen Kenntnisse fehlen (z.B. dürfte die Insulinpumpe nicht ohne Einweisung bedient werden). Dagegen gilt die Begründung, das Kind sei erst sechs Jahre alt, nicht, da das Krankheitsbild und die pflegerische Tätigkeit ja offensichtlich beherrscht werden.
 
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Ich will mich nicht verweigern, ich will Rechtssicherheit in der Berufsausübung. Ich mag den Knirps. Ich hab ihn auch schon zweimal tatsächlich nach Einweisung in die Insulinpumpe - um die es in diesem Thread eigentlich überhaupt nicht geht - besucht.

Im Zweifel werde ich mich jedoch zuletzt auf die Gewissensfreiheit berufen, die ich wie oben begründe und die mir von Art. 4 unseres Grundgesetzes garantiert wird.

Und das nur solange, bis eine Fachanwältin, bei der ich morgen einen Termin habe, mich umfassend dahingehend beraten hat, ob im Schadenfall meine Tätigkeit - tatsächlich - rechtlich abgesichert war.

Vielleicht sollten wir dann weiter diskutieren, denn ich glaube Jedem von uns fehlt der nötige rechtliche Hintergrund aus der Rechtspraxis, um Faktenbasiert zu einem Ergebnis zu kommen. Wenn Interesse besteht, bringe ich diese Fakten gerne ab morgen hier mit ein.
 
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wenn du dir so sicher bist, warum frägst du dann hier nach rat??

ich seh dass absolut wie claudia. umgang mit insulin/diabetes ist inhalt der altenpflegeausbildung, dass musst/solltest du beherrschen. hier ist keine spezielle pädiatrische expertise erforderlich. hier gehts um bz messen und insulin spritzen..
 
@ Flora : Ich frage deshalb, um herauszufinden, ob das schon einmal Thema für einen anderen Kollegen aus der Pflege war, bevor ich auf eigene Kosten und Rechnung eine Beratung in Anspruch nehme. Ein Versuch, das Rad nicht teuer neu zu erfinden.

hier ist keine spezielle pädiatrische expertise erforderlich. hier gehts um bz messen und insulin spritzen..

Der erste Satz klingt absolut, ist aber leider nicht mit einer Rechtsgrundlage versehen. Der zweite Satz klingt für mich so ähnlich wie "Pflegen kann jeder".
 
Ganz ehrlich,ich verstehe nicht wo das Problem ist. Du hast dein Examen.Diabetes und der Umgang mit Insulin sind auch in der Altenpflege Bestandteil der Ausbildung.Du hast eine Unterweisung im Umgang mit der Insulinpumpe bekommen.Damit erfüllst Du Formal alle Voraussetzungen um bei dem Kind den BZ messen zu dürfen und auszurechnen was es an Bolus bekommen soll.Wie schon gesagt wurde: Da Bedarf es nun wirklich keiner pädiatrischen Ausbildung! Auch rechtlich sehe ich da nicht wirklich ein Problem.Du bist Fachkraft.Ginge es um Beatmungspflege,Umgang mit nem ZVK oder so, könnte ich die Bedenken ja verstehen...aber unter den von dir geschilderten Umständen läuft es schon Richtung Arbeitsverweigerung,da dir der Umgang mit Insulin ja bekannt ist und du eine Einweisung in das Gerät bekommen hast.Da darf deine Chefin von dir Verlangen dass du die dir aufgetragene Aufgabe auch erledigst.
 
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die rechtsgrundlage ist deine abgeschlossene berufsausbildung.

Genau solche Sätze - von Rechtslaien wie auch ich einer bin - kann man so nicht stehen lassen. Eine Ausbildung ist keine Rechtsgrundlage.

Ich sehe im Thema "fachübergreifendes Arbeiten" eben rechtliches Konfliktpotiential. Und zwar erst dann - wie in unserem Beruf so üblich egal welche Sparte - Wenn ein Schaden entstanden ist und alles auseinandergedröselt wird. Genau an dem Punkt sehe ich eine mangelnde Rechtssicherheit.

Ich versuche es nochmal klarzumachen: Wenn ich einem geriatrischen Patienten schade, so wird das auch arbeits- und sicher auch zivilrechtliche Folgen haben.
Wenn ich jedoch als Pfleger mit geriatrischer Ausbildung einem pädiatrischen Patienten schade, so ist - bis zum besseren Wissen - meine Befürchtung daß die vorgenannten Folgen erstens größer sind, und zusätzlich der Begriff "Fahrlässigkeit" in einer seiner Steigerungsformen auftritt. Und dann sind wir recht schnell im Strafrecht.

Für mich stellt das eine Unsicherheit dar. Ich widerhole es nochmal: JA, ich kann Bolusfaktoren ausrechnen und Insulinpumpen bedienen.
Aber die Welt funktioniert nun einmal nur so, solange kein Schaden entsteht.
 
Grundsätzlich : positiv, dass Du eine Fachanwaltliche Beratung in Anspruch nimmst.
Damit wird Deine Frage sicher konkret und für den Einzelfall beantwortet werden.
Allgemein : Haftbar ist in erster Linie der Vertragspartner, sprich Dein Arbeitgeber.
Fehler, die aufgrund "Unsicherheit" beim Arbeitnehmer passieren, sind in erster Linie einem Organisationsverschulden gleichzusetzen (§ 280 BGB.)
Der Vertragspartner des Patienten (Arbeitgeber) hat dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend ausgebiltetes Personal zum Einsatz kommt, dieses geschult ist usw.
Ein Übernahmeverschulden würde Dich dann treffen, wenn Du z.B. nicht delegationsfähige Aufgaben übernimmst, die im wesentlichen Berufsfremd sind. Dies ist jedoch hier nicht der Fall.
 
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@ Dirkk : Ein sehr interessanter Ansatz. Ich bin allerings nicht sicher, ob wir hier mit dem BGB alleine auskommen. Aber ich bin froh, daß die Diskussion nun in eine Richtung geht, die ich mir auch vorgestellt hatte.

Und dann wäre da noch die Ausführungsverantwortung, von der mich ja bekanntermaßen niemand entbinden kann, die sehe ich durch § 280 nicht abgedeckt.
 
Dies wäre im Strafrecht relevant, wenn ein Delikt vorliegt. Das setzt voraus, dass Du entweder mit Vorsatz handelst oder Fahrlässig, und das es zu einer Schädigung kommt.
Bei der Fahrlässigkeit kommt es immer auf den "Grad" an, und im Grunde ist der Arbeitgeber primär haftbar.

In erster Linie ist das Vertragsrecht jedoch anwendbar, und da haftet der Vertragspartner auch für die Fehler seiner Mitarbeiter.
 
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So, ich komme gerade von meinem Beratungsgespräch zurück. Sämtliche Haftungsfragen werden von der Anwältin während der nächsten Tage geprüft und im Laufe der nächsten Woche für mich verschriftlicht.

Das gibt mir Zeit auch noch die beiden Termine bei hiesigen Kinderärzten wahrzunehmen, um auch noch die fachlichen Fragen auszuräumen. Beide fanden bei meiner Anfrage zu meiner Überraschung das Thema neu und hochinteressant. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, es würde sich niemand Zeit nehmen.

Ich werde mich bis dahin etwas zurückhalten, und dann einfach wie bereits angeboten, hier die geballte Information einbringen.

Weil ich nach wie vor der Meinung bin, das Thema "fachübergreifendes Arbeiten" wird für alle traditionell ausgebildeten, professionell Pflegenden spätestens mit der endgültigen etablierung der/des sog. "Pflegefachfrau/-manns" - also der eierlegenden Wollmilchsau der Pflege - rechtlich sehr viel relevanter werden in Zukunft.

Sorry für dieses Satzgebirge.
 
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