Hallo schokofee,
schlechte Erfahrungen - nunja. Ich bin seit 2001 Krankenpfleger und hatte bereits vor der Ausbildung (ab 1998) 6 Jahre lang auf einer Herzstation gejobbt. Die ganze Laufbahn lief an einer Uniklinik ab, erst seit 2 Jahren bin ich in einem privaten Dialysezentrum gelandet.
Ich kann nur sagen, daß Pfege ein Job ist, der martialisch ist. Es wird einem nichts geschenkt, man gibt mehr als man kriegt, es gibt keine Sicherheit, existenziell, es ist kurz gesagt die Hölle. Ich habe seit 2001 8 Verträge gehabt, der 8. läuft demnächst ohne Verlängerung aus. Man gibt sein Letztes, baut Leute auf, rettet Leuten den Hintern, begleitet Leute beim Sterben, macht ihnen Mut, bringt sie zum Lachen, tut, macht und rennt. Der Ar... ist man trotzdem. Es gibt keinen Job, der damit vergleichbar ist, ich halte ihn inzwischen für den härtesten, den es gibt. Intensiverfahrung habe ich, ich habe ich weiß nicht wie viele sterben, oder besser verecken, den die Todesarten waren wirklich schlimm und qualvoll, von bloßem Streben konnte dakeine Rede mehr sein, gelitten haben sowieso alle, und es wird von uns erwartet, daß wir damit fertig werden, von allein. Ich habe Kollegen psychisch erkranken sehen, habe gesehen, wie sie zu Säufern wurden, zerbrachen oder sich umbrachten. Ich habe erlebt, wie PDLs Existenzen auslöschten. Ich habe erlebt, wie Patienten alles am Pflegepersonal abließen - an den Ärtzen übrigens nicht. Ich habe seit 2001 Schlafstörungen, vor Frühdiensten schlafe ich manchmal gar nicht, wobei sich das gebessert hat, und ich weiß, daß ich kein Einzelfall bin, ganz im Gegenteil. Mein Leben planen kann ich schon lange nicht mehr, da ich mich nur noch von Vertrag zu Vertrag hangele und seit mindestens 2003 in latenter Existenzangst lebe. Ich ÜBERlebe, leben tue ich nicht! Was an Zynismus grenzt, ist, wenn mir jemand Außenstehendes, der wahrscheinlich in den übleren Situationen schreiend wegrennen und das alles gar nicht aushalten würde, sagt, daß es doch schön sei, Menschen zu helfen.
Ich rate jedem ab, der den Job machen will. Er ist die Hölle. Man kann das mal machen, für ein paar Jahre, aber länger auch nicht. Und da ist das Problem: die Gesellschaft läßt einen nicht mehr raus. Der Grund? Medizinische Soziologie: Als Patient ist der definiert, der leidet. Der Helfer leidet nicht, sonst wäre er ja kein Helfer. Und wenn es keine Helfer gibt, wird den Patienten nicht geholfen. Und dann sterben alle - das ist zumindest die Schranke, die runtergeht in den Köpfen. Du solltest mal erleben wie aggressiv Leute darauf reagieren, wenn man anbringt, daß einem das oft zu schaffen macht. Und wie es der Teufel will: deartiges wird höchstens von den Leuten als Aufhänger benutzt, um mal selber auszupacken, wie ****e es ihnen doch geht. Du kannst am Rande des Selbstmordes stehen, Du wirst dann niedergeredet, mit dem Anführen von irgendwelchen MickyMausProblemen, wo Du Dir denkst, mein Gott, weißt Du überhaupt, was es für schreckliche Sachen gibt? Mir geht es gerade ****e! Und Du kommst mir hier mit querliegenden Fürzen! Begreifst Du überhaupt? Und Du redest mich hier in Grund und Boden!! Ich soll mit meinen Problemen hinter Deinen vergleichweise harmlosen zurücktreten!? Da echauffieren sich Leute darüber, daß das Kind jetzt einen schlimmen Schnupfen hat, nachdem ich gesagt habe, daß mir neulich ein Patient erstickt ist, qualvoll. Ich habe noch nicht mal ein Kind, das Schnupfen haben KÖNNTE, ich habe noch nicht mal eine Partnerin - wie auch bei dem Lebensgefühl! Aber auch wenn es mir hundmiserabel geht, soll ich immer noch für andere da sein, weil ich ja Pfleger bin. Auf Deutsch: ich bin Dreck.
Als Pfleger hat man dann immer noch Müllemer zu sein für die Gesellschaft, denn das ist ja die Aufgabe. Ein Helfer ist kein Patient, kann es nicht sein, denn sonst würde das Gebilde zusammenbrechen. Und ein Pfleger, der nicht mehr kann, läßt alle im Stich - und ist damit ein Feind. Ein Todfeind! Ein Pfleger HAT zu können, eine Schwester auch. Eine Schwester kann immer noch schwanger werden, das ist "erlaubt" (oh, neues Leben, wie schön...), ei Pfleger nicht... Wie auch immer müssen Pflegepersonen immer erst an andere denken. Das ist die Rollenverteilung, ob es den Pflegenden nun paßt oder nicht.
Nie wieder würde ich, und wenn ich noch so gut bin oder je gewesen bin, Krankenpfleger werden! Nie!!