Umgang mit Nikotin bei Menschen mit einer Behinderung?

Ovian

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Gesundheits- und Krankenpfleger
Hallo, ich bin GuKP und arbeite derzeit in einem Wohnheim für Menschen mit einer Behinderung. Wir haben seit zwei Wochen einen Bewohner, der darf am Tag nur 10 Zigaretten haben und möchte alle 45 Minuten eine Zigarette, aber dies ist nicht möglich.

Er wird immer zu aggressiv und bedrohnt andere Bewohner mit Gewalt. Sobald er seine Zigarette bekommt ist er wieder ein ganz anderer Mensch.

Durch diesen Zustand ist im Bereich immer zu Spannung, weil er jederzeit "explodieren" könnte.

Da ich erst selbst noch nicht lange auf der Wohngruppe bin halte ich mich raus und überlasse weiteres den erfahreneren Kollegen. Da ich ja nach meinem Examen zuerst auf einer Urologie tätig war fehlt mir hier natürlich auch die Erfahrung.

Habt ihr Tipps die ich vielleicht Vorschlagen könnte? Er hat erst gestern seine Schranktür demoliert... Ich dachte man schickt solche zuerst in die Psychiatrie und sobald sie nicht mehr süchtig sind dürfen sie zu uns...
 
Als bekennender Raucher, ja ich schäme mich ja auch dafür, würde ich sagen, das ist echt hart für den Patienten. Kenne die Situation auch noch von meiner Zeit auf einer geschlossenen Station.Damals war ich auch dafür einsichtig,solche Regeln einzuhalten. Mit zunehmenden Alter denke ich mir: was ist mir lieber: ein Patient der raucht und zufrieden damit ist, oder täglicher Terror, der Patient randaliert, wird deshalb mit Medikamenten ruhig gestellt( die oft schlimmere Nebenwirkungen haben, als der Nikotinabusus)oder den Patienten rauchen zu lassen.( Oft bestimmt das dafür aufzubringende Geld schon den Abusus) was kann der Pat.sich leisten?
 
Hallo Ovian,

du sprichst ein sehr schwieriges Thema an:gruebel:.
Obwohl ich Nichtraucher bin, hat eiermatz Recht, dass das Nikotin für den Patienten sicher weniger schädlich ist, als die Wirk/schadstoffe der Medikamente zum ruhig stellen.
ABER: braucht der Patient das Nikotin, oder ist es nur die reine Gewohnheit(Sucht), die den Patienten dazu bringt, alle 45min rauchen zu müssen:-?.

Dass die Situation für dich und alle auf deiner Wohngruppe ein Riesenproblem ist, kann ich mir gut vorstellen.
Leider kann ich auch keine Lösung anbieten. Es währe aber toll, wenn du uns über die weitere Entwicklung auf dem laufenden halten würdest. Vielleicht kann es anderen irgendwann helfen.


LG Einer
 
Was ist denn überhaupt der Grund, dass er nur 10 Zigaretten haben darf?
 
@JessesGirl- Zigaretten kosten Geld und in der Regel sind Heimbewohner nicht unbedingt vermögend.

@Ovian- wie handhaben das deine Kollegen? Wie wird der Zustand dokumentiert? Sind die zuständigen Instanzen informiert? Welche Anweisung kommt von da? Wie ist die Sicherheit von MA und Bew. gewährleistet? ... Wenn du etwas ändern willst, wirst net umhin können, auf Arbeit unbequeme Fragen zu stellen.

Elisabeth
 
@Jessesgirl:
Er arbeitet nur halbtags und möchte aus Bequemlichkeit nicht länger als von halb 8 bis halb 12 arbeiten, aus dem Grund hat der Betreuer ihm ausführlich erklärt dass er dann auch weniger Zigarettenschachteln kaufen darf und aus dem Grund auch weniger rauchen kann. Es ist lediglich ein Kostenfaktor und eine Konsequenz dafür, dass er nicht arbeiten möchte obwohl er es könnte. Außerdem hat der Bewohner schon gesundheitliche Probleme wegerm Rauchen.

Ich glaube der Patient braucht die Zigaretten.. er wird sehr zittrig wenn er nach kürzerer Zeit keine Zigarette hat.. ich weiß auch gar nicht ob es eine so gute Idee ist ihm nur 10 Zigaretten zu geben wenn er so süchtig ist.

@ Elisabeth Dinse:
Meine Kollegen kennen ihn ja auch noch nicht lange da er erst seit kurzem da ist. Was ich aber mitbekommen habe ist das man versucht ihn mit den Zigaretten zu belohnen.. z. B. er soll sich rasieren, duschen usw. und dann bekommt er eine Zigarette.

Puh zum Thema Sicherheit kann ich nicht viel sagen.. ich bin zurzeit noch in der Einarbeitung und habe schon ein Wenig ****** alleine mit ihm unterwegs zu sein wenn er aggressiv wird. Ich meine, er könnte einfach in die Küche gehen und mir ein Messer in den Rücken rammen._. Der hat auch im anderen Heim öfters mal einen Teller gegen die Wand geschmissen oder andere Bewohner bedroht -> darauf hin kam die Polizei..

Also ganz ohne ist er nicht und ich würde ihn am Liebsten in die Psychiatrie schicken (wäre ich Stationsleitung) ^^ aber gut, ich bin neu dort und kann noch nicht so meine Meinung offen sagen :D
 
Solche Pat. bemerken, wenn du unsicher bist. Keine gute Voraussetzung für eine gelingende Interaktion. Ich würde mir überlegen, ob ich da wirklich arbeiten wollte.

Elisabeth
 
Ich finde auch die Frage ob geistig oder körperlich behindert nicht unwichtig. Einem körperlich Behinderten kann ich erklären warum etwas wie ist, einem geistig Behinderten nur bis zu einem gewissen Grad...
Kann er denn überhaupt die Konsequenz von "ich arbeite weniger" erkennen?
Gibt es eine Möglichkeit ihn abzulenken?
Wenn ich lese, dass er im anderen Heim schon aggressiv war und bei euch neulich eine Türe zu Bruch ging - wie geht ihr damit um? Hat das irgendwelche Konsequenzen für den Bewohner? Wie gehen die anderen Bewohner damit um wenn er aggressiv wird oder sie bedroht? Wie geht die Leitung damit um?
Und schließlich: Es gibt auch psych. Fachpflegeheime...
 
Ich habe ein Praktikum auf einer geschlossenen Station gemacht und dort hatten wir einen geistig behinderten Mann aus einer Wohngruppe, der dort täglich 15 Zigaretten rauchen durfte.
Um das zu regeln hatte er 5 einlaminierte Kärtchen auf denen jeweils 3 Zigaretten abgebildet waren und eine Uhr, die die Uhrzeit anzeigt, zu welcher er die Karten einlösen kann. Er hat dann die Karte abgegeben und im Austausch 3 Zigaretten bekommen, die er sich selbst einteilen konnte. Hat er alle direkt weggeraucht, musste er warten, bis er die nächste Karte einlösen konnte.
Ich fand das eine sehr gute Idee und vielleicht hilft es dem Bewohner in deiner Wohngruppe ja auch, wenn er sich die Zigaretten zwar in einem gewissen Maße selbst einteilen kann, aber in einem festen Rahmen. Ich hoffe du verstehst wie ich das meine :)
 
Die Idee ist klasse, die werd ich mir merken! Vielleicht lässt sich das bei uns auch umsetzen.
Wir haben immer wieder Patienten die vom Betreuer aus rauchen dürfen aber eben nur eine bestimmte Anzahl Zigaretten am Tag weil das Geld nicht reicht. Und für uns Schwestern fällt dann die Kontrolle schwer da immer eine andere gefragt wird, oder der Frühdienst sich breitschlagen lassen hat und morgens mehr geraucht wurde und so für später nichts mehr übrig ist...:smoking:
 
Hallo, ich bin GuKP und arbeite derzeit in einem Wohnheim für Menschen mit einer Behinderung. Wir haben seit zwei Wochen einen Bewohner, der darf am Tag nur 10 Zigaretten haben und möchte alle 45 Minuten eine Zigarette, aber dies ist nicht möglich.
Habe ich das nun richtig zusammen gefasst, das er aus Kostengründen nur 10 Zigaretten am Tag zur Verfügung hat? Ok, das kenne ich von meinen ehemaligen Bewohner aus einer Krisenstation der Behindertenhilfe auch. ;)
Raucht der Patient denn "normale" Zigaretten oder kann auch auf "selbstgedrehte" Zigaretten oder billigere Marken zurückgegriffen werden?
Viele meiner Patienten kaufen auf Grund ihres wenigen Vermögen Tabak ein und drehen bzw. stopfen dies selbst. Wenn er auf Grund seiner Behinderung nicht zu stark Beeinträchtig ist, kann er dies doch evtl. auch machen. ( Natürlich bei diesem Patient unter permaneter 1:1 Betreuung) :D
Durch den billigen Tabak und das selbst Stopfen, was nicht so arg Kostenintensiv ist kann er evtl. auch mehr Zigaretten am Tag rauchen, da auch mehr aus einer Packung Tabak heraus geht. ( Hoffentlich versteht ihr was ich meine :D ^^ ) z.B kann man auch wenn es möglich ist 2 Zigaretten in der Stunde ausgeben etc.

Er hat erst gestern seine Schranktür demoliert... Ich dachte man schickt solche zuerst in die Psychiatrie und sobald sie nicht mehr süchtig sind dürfen sie zu uns..
Wenn er Fremdaggressiv gegenüber Gegenständen oder auch Personen wird, sollte man schon überlegen in wie fern er noch tragbar auf eurer Gruppe ist. Dies muss das Personal im Dienst entscheiden, denn ihr habt die Verantwortung in dieser Zeit! Ihr müsst ja auch eurer anderen Bewohner schützen.
Ggf. mal auch mit eurem Fachdienst zusammen setzten und die Probleme in einem Fallgespräch besprechen.
Eine Entzugmaßanhme für Nikotinabhänige Patienten wird keiner mitmachen ;-) Würden unsere Stationen ja überlaufen :D :D
 
Unsere rauchenden Infarktpatienten bekommen auf der Intensivstation Nikotinpflaster aufgeklebt.
Hilft sehr gut, die Entzugs Symptomatik zu bessern.
 
Unsere rauchenden Infarktpatienten bekommen auf der Intensivstation Nikotinpflaster aufgeklebt.
Hilft sehr gut, die Entzugs Symptomatik zu bessern.

Jedoch nicht zu Empfehlen wenn zeitgleich Zigaretten konsumiert werden. Hier gilt "entweder .., oder ..".
 

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