Hallo zusammen!
Bin neu im Forum und ein Vorfall mit der neuen Oberärztin bei uns in der Klinik hat mich nachdenklich gemacht.
Wir (Station Allg.Chirugie) haben vor einigen Wochen eine neue Oberärztin gekriegt. Sie ist im Umgang mit uns eigentlich sehr manierlich, es muss also keiner die Taschentücher hervorholen. Auch der Umgang mit den Patienten ist vollkommen in Ordnung.
Mehrere Kollegen/Kolleginnen erzählten mir, dass sie Angehörige oftmals nicht nett behandelt, z.B. hat sie neulich wohl die Tochter eines Patienten im Einzelzimmer innerhalb der allgemeinen Besuchszeiten nach Hause geschickt, mit dem Argument, sie müsse ihren Vater jetzt untersuchen und dabei könne sie keine neugierigen Zuschauer gebrauchen und überhaupt sei die Tochter schon viel zu lange (1 Stunde, ha, ha) da und solle sich jetzt mal nach Hause aufmachen.
Ich selbst hatte vor ein paar Tagen ein entsprechendes Erlebnis, als ein junges Ehepaar (Anfang 30) zu uns in die Notfallambulanz kam. Der Mann hatte eine Einweisung durch seinen Hausarzt, der bei ihm einen beidseitigen Leistenbruch diagnostiziert hatte. Der Patient sagte uns, er hätte ein wenig Angst, da er noch nie operiert worden sei und ob seine Frau in zur Untersuchung begleiten könne. Das haben wir ihm selbstverständlich erlaubt. Ich führte die beiden in den Raum und sagte dem Patienten, er solle sich auf die Untersuchungsliege setzen, die Ehefrau dürfe auf einem Hocker Platz nehmen.
Wenige Minuten später kam die Assistenzärztin und stellte sich dem Patienten vor. Sie ging durch den Raum auf die Ehefrau zu, die sofort aufstand, ihr die Hand entgegen streckte, sich als Ehefrau des Patienten vorstellte und fragte, ob sie den bei der Untersuchung dabei sein dürfe. Die Ärztin bejahte dies und die Frau wohnte der Untersuchung interessiert bei, ohne in irgendeinerweise zu stören oder sich einzumischen.
Die Assistenzärztin konnte den Befund des Hausarztes nicht bestätigen, da sie nur auf der linken Seite einen Bruch ertasten und im Ultraschall sehen konnte, nicht aber auf der rechten. Diesen Befund wollte sie durch einen Oberarzt bestätigen lassen und fand auf die Schnelle nur besagte neue Oberärztin.
Diese kam in den Behandlungsraum und statt zu grüßen, sah sie die in der Ecke auf dem Hocker sitzende Ehefrau des Patienten an und blaffte diese an: "Wer sind sie denn?" Die Frau sagte eingeschüchtert, wer sie sei, woraufhin die OA den Pat. im neutralen Tonfall fragte, ob ihm das überhaupt recht sei, was dieser bejahte.
Die OA betastete die Leistenregion und bestätigte den Befund der Assistenzärztin, dass nur ein einseitiger Leistenbruch vorliege.
Sie besprach mit dem Pat. das weitere Vorgehen und sagte ihm klar, dass sie die rechte Seite nicht operieren würde, da dort definitiv kein Bruch vorläge, zumal ja auch bei einer beidseitigen OP die Gefahr bestünde, beide Samenleiter zu durchtrennen.
Die OA bohrte diesbezüglich nach und fragte 3 mal nach, ob das Paar schon Kinder habe. Der Pat. antwortete, sie hätten einen kleinen Sohn und wünschten sich für ihn noch Geschwister. Diese Antwort ließ sie sich mehrmals bestätigen, so als könnten die beiden in dieser Hinsicht nicht klar denken.
Der Pat. fragte genauer nach und die OA meinte, dass es halt zu Verletzungen der Samenleiter kommen könnte und dies dann zu einer Verklebung führen könne. Nach dieser Aussage drehte sie sich völlig unvermutet zur Ehefrau um und sagte in rauem Ton: "Das ist genauso, wie wenn bei Frauen die Eileiter verkleben, das wissen Sie ja wohl."
Die Frau fühlte sich nun angesprochen und fing an, im normalen, vernünftigen Ton weitere Fragen speziell zu diesem Bereich zu stellen, offenbar war ihr das Thema wichtig. Die OA blaffte wieder zurück: "Es kann durch eine Trennung des Blutgefäße zu einem Absterben des Hodens kommen. Aber machen Sie sich mal keine Sorgen, die Potenz Ihres Mannes wird dadurch nicht beeinträchtigt, Spaß haben Sie also in jedem Fall."
Die OA besprach mit dem Pat. weiter den Eingriff und ging in neutralem, sachlichen Ton auf seine Fragen ein. Die OA sagte, es würde ein Blasenkatheter gelegt (obwohl das bei uns nicht unbedingt standardmäßig gemacht wird), der postop. bis zum nächsten Tag verbleiben müsse. Auch hier wies sie auf mögliche Komplikationen, wie z.B. eine Nebenhodenentzündung hin. Die Frau fragte daraufhin freundlich, ob sich dann nicht das Risiko der Sterilität erhöhe und man nicht auf den Katheter verzichten könne. Darauf hin schnauzte die OA zurück, was sie denn davon verstünde und wenn man eine solche Maßnahme ergreifen würde, dann sei der Nutzen wohl offenkundig größer als das Risiko.
Ich fand das Verhalten der OA gegenüber der Angehörigen als völlig unangemessen und bin erschüttert, weil es in der Situation absolut keine Notwendigkeit gab, so rumzublöken.
Daher ist meine Frage: Was kann und darf ich in so einem Fall für die Angehörigen tun? Die Frau tat mir einfach nur leid, sie war mit der ganzen Situation sowieso schon völlig überfordert und machte sich sichtbar Sorgen um ihren Mann.
Außerdem kam sie nach dem Gespräch zu mir und meinte eingeschüchtert, aber immer noch sehr freundlich, ob ich den Katheter nach der OP nicht entfernen könnte, sie wäre auch bereit, mit ihrem Mann aufs Klo zu gehen, damit wir als Pflegepersonal nicht so viel zu tun hätten und sie würde auch in der Apotheke Einlagen und wasserfeste Unterlagen für die Nacht mitbringen, da sie uns verstehen würde, dass wir keine Lust hätten, dauernd die Wäsche zu wechseln.
Ich wusste nicht so recht, was ich darauf sagen sollte, sie tat mir einfach leid. Ich merkte auch, dass es keinen Sinn hatte, ihr zu erklären, dass es mit dem Katheter nicht so schlimm ist. Ich habe mich auch nicht getraut, ihr zu sagen, dass sie sich vielleicht noch mal einen anderen Arzt wenden könnte.
Ich weiß einfach generell nicht, wie ich mich in solchen Situationen verhalten soll bzw. was ich darüber hinaus machen kann, damit sich auch die Angehörigen, die ja immerhin die Patienten in unsere Obhut geben, sicher fühlen und uns vertrauen können.
Vielleicht wisst ihr einen Rat.
Viele herzliche Grüße und vielen Dank!
Bin neu im Forum und ein Vorfall mit der neuen Oberärztin bei uns in der Klinik hat mich nachdenklich gemacht.
Wir (Station Allg.Chirugie) haben vor einigen Wochen eine neue Oberärztin gekriegt. Sie ist im Umgang mit uns eigentlich sehr manierlich, es muss also keiner die Taschentücher hervorholen. Auch der Umgang mit den Patienten ist vollkommen in Ordnung.
Mehrere Kollegen/Kolleginnen erzählten mir, dass sie Angehörige oftmals nicht nett behandelt, z.B. hat sie neulich wohl die Tochter eines Patienten im Einzelzimmer innerhalb der allgemeinen Besuchszeiten nach Hause geschickt, mit dem Argument, sie müsse ihren Vater jetzt untersuchen und dabei könne sie keine neugierigen Zuschauer gebrauchen und überhaupt sei die Tochter schon viel zu lange (1 Stunde, ha, ha) da und solle sich jetzt mal nach Hause aufmachen.
Ich selbst hatte vor ein paar Tagen ein entsprechendes Erlebnis, als ein junges Ehepaar (Anfang 30) zu uns in die Notfallambulanz kam. Der Mann hatte eine Einweisung durch seinen Hausarzt, der bei ihm einen beidseitigen Leistenbruch diagnostiziert hatte. Der Patient sagte uns, er hätte ein wenig Angst, da er noch nie operiert worden sei und ob seine Frau in zur Untersuchung begleiten könne. Das haben wir ihm selbstverständlich erlaubt. Ich führte die beiden in den Raum und sagte dem Patienten, er solle sich auf die Untersuchungsliege setzen, die Ehefrau dürfe auf einem Hocker Platz nehmen.
Wenige Minuten später kam die Assistenzärztin und stellte sich dem Patienten vor. Sie ging durch den Raum auf die Ehefrau zu, die sofort aufstand, ihr die Hand entgegen streckte, sich als Ehefrau des Patienten vorstellte und fragte, ob sie den bei der Untersuchung dabei sein dürfe. Die Ärztin bejahte dies und die Frau wohnte der Untersuchung interessiert bei, ohne in irgendeinerweise zu stören oder sich einzumischen.
Die Assistenzärztin konnte den Befund des Hausarztes nicht bestätigen, da sie nur auf der linken Seite einen Bruch ertasten und im Ultraschall sehen konnte, nicht aber auf der rechten. Diesen Befund wollte sie durch einen Oberarzt bestätigen lassen und fand auf die Schnelle nur besagte neue Oberärztin.
Diese kam in den Behandlungsraum und statt zu grüßen, sah sie die in der Ecke auf dem Hocker sitzende Ehefrau des Patienten an und blaffte diese an: "Wer sind sie denn?" Die Frau sagte eingeschüchtert, wer sie sei, woraufhin die OA den Pat. im neutralen Tonfall fragte, ob ihm das überhaupt recht sei, was dieser bejahte.
Die OA betastete die Leistenregion und bestätigte den Befund der Assistenzärztin, dass nur ein einseitiger Leistenbruch vorliege.
Sie besprach mit dem Pat. das weitere Vorgehen und sagte ihm klar, dass sie die rechte Seite nicht operieren würde, da dort definitiv kein Bruch vorläge, zumal ja auch bei einer beidseitigen OP die Gefahr bestünde, beide Samenleiter zu durchtrennen.
Die OA bohrte diesbezüglich nach und fragte 3 mal nach, ob das Paar schon Kinder habe. Der Pat. antwortete, sie hätten einen kleinen Sohn und wünschten sich für ihn noch Geschwister. Diese Antwort ließ sie sich mehrmals bestätigen, so als könnten die beiden in dieser Hinsicht nicht klar denken.
Der Pat. fragte genauer nach und die OA meinte, dass es halt zu Verletzungen der Samenleiter kommen könnte und dies dann zu einer Verklebung führen könne. Nach dieser Aussage drehte sie sich völlig unvermutet zur Ehefrau um und sagte in rauem Ton: "Das ist genauso, wie wenn bei Frauen die Eileiter verkleben, das wissen Sie ja wohl."
Die Frau fühlte sich nun angesprochen und fing an, im normalen, vernünftigen Ton weitere Fragen speziell zu diesem Bereich zu stellen, offenbar war ihr das Thema wichtig. Die OA blaffte wieder zurück: "Es kann durch eine Trennung des Blutgefäße zu einem Absterben des Hodens kommen. Aber machen Sie sich mal keine Sorgen, die Potenz Ihres Mannes wird dadurch nicht beeinträchtigt, Spaß haben Sie also in jedem Fall."
Die OA besprach mit dem Pat. weiter den Eingriff und ging in neutralem, sachlichen Ton auf seine Fragen ein. Die OA sagte, es würde ein Blasenkatheter gelegt (obwohl das bei uns nicht unbedingt standardmäßig gemacht wird), der postop. bis zum nächsten Tag verbleiben müsse. Auch hier wies sie auf mögliche Komplikationen, wie z.B. eine Nebenhodenentzündung hin. Die Frau fragte daraufhin freundlich, ob sich dann nicht das Risiko der Sterilität erhöhe und man nicht auf den Katheter verzichten könne. Darauf hin schnauzte die OA zurück, was sie denn davon verstünde und wenn man eine solche Maßnahme ergreifen würde, dann sei der Nutzen wohl offenkundig größer als das Risiko.
Ich fand das Verhalten der OA gegenüber der Angehörigen als völlig unangemessen und bin erschüttert, weil es in der Situation absolut keine Notwendigkeit gab, so rumzublöken.
Daher ist meine Frage: Was kann und darf ich in so einem Fall für die Angehörigen tun? Die Frau tat mir einfach nur leid, sie war mit der ganzen Situation sowieso schon völlig überfordert und machte sich sichtbar Sorgen um ihren Mann.
Außerdem kam sie nach dem Gespräch zu mir und meinte eingeschüchtert, aber immer noch sehr freundlich, ob ich den Katheter nach der OP nicht entfernen könnte, sie wäre auch bereit, mit ihrem Mann aufs Klo zu gehen, damit wir als Pflegepersonal nicht so viel zu tun hätten und sie würde auch in der Apotheke Einlagen und wasserfeste Unterlagen für die Nacht mitbringen, da sie uns verstehen würde, dass wir keine Lust hätten, dauernd die Wäsche zu wechseln.
Ich wusste nicht so recht, was ich darauf sagen sollte, sie tat mir einfach leid. Ich merkte auch, dass es keinen Sinn hatte, ihr zu erklären, dass es mit dem Katheter nicht so schlimm ist. Ich habe mich auch nicht getraut, ihr zu sagen, dass sie sich vielleicht noch mal einen anderen Arzt wenden könnte.
Ich weiß einfach generell nicht, wie ich mich in solchen Situationen verhalten soll bzw. was ich darüber hinaus machen kann, damit sich auch die Angehörigen, die ja immerhin die Patienten in unsere Obhut geben, sicher fühlen und uns vertrauen können.
Vielleicht wisst ihr einen Rat.
Viele herzliche Grüße und vielen Dank!