Hallo,
ich habe in den letzten Jahren meiner Tätigkeit viel mit Suiziden, Sudzidversuchen und Suizidprävention zu tun gehabt. Gemeinsam mit zwei ärztlichen Kollegen habe ich einen interdiziplinären Standard zur Vermeidung von Suiziden entwickelt.
Dieser soll dabei helfen, den Umgang mit Suizidäusserungen und dem Erkenntnis über Impulsdurchbrüche die Suizide hervorrufen können besser handhabbar zu machen und letztlich Suizide zu verhindern.
Das wichtigste ist der interpersonelle Kontakt zwischen Pflege und Patienten im Rahmen der Bezugspflegeorganisationsform. Durch den intensiven Kontakt und den individuellen Kontakt werden Schwankungen und Äusserungen eher wahrgenommen. Die Verantwortlichkeit zur verbalen Ansprache von Pflegenden zu Patienten ist sehr viel besser möglich.
Ich habe in meiner Laufbahn auf der Station auf welcher ich seit Jahren arbeite von 1988 bis 1993 etwa 15 Suizide und Suzidversuche erlebt. 1993 haben wir die Bezugspflege eingeführt, seither hatten wir im stationären Umfeld 4 Suizidversuche und eine erfolgreichen Suizid. Dies macht deutlich, was individueller Kontakt ausmacht.
Hier noch einiges Interessantes zu Suizid:
Falsches und Richtiges über den Suizid
Falsch: Wer vom Suizid redet wird ihn nicht begehen.
Richtig: Auf jeden zehnten Suizidanten kommen acht, die unmißverständlich über ihre Absichten gesprochen haben.
Falsch: Suizid geschieht ohne Vorzeichen
Richtig: Viele Beobachtungen lehren, dass Menschen, die sich das Leben nehmen, die meist durch unmissverständliche Zeichen oder Handlungen ankündigen.
Falsch: Wer Suizid begeht, will sich nicht unbedingt das Leben nehmen.
Richtig: Die meisten Menschen, die an Selbsttötung denken, schwanken zwischen dem Wunsch zu leben und dem, zu sterben; sie "spielen mit dem Tod", und sie überlassen es den anderen, sie zu retten. Kaum einer nimmt sich das Leben ohne seine Gefühle anderen zu offenbaren.
Falsch: Wer zum Suizid neigt, wird es immer wieder tun.
Richtig: Lebensmüde haben nur während einer begrenzten Zeit ihres Lebens, den Wunsch sich zu töten.
Falsch: Besserung nach einer suizidalen Krise bedeutet das Aufhören des Risikos.
Richtig: Die meisten Suizide geschehen in den drei Monaten nach der beginnenden "Besserung", wenn der Patient mit neuer Energie selbstzerstörerische Entschlüsse fasst.
Falsch: Suizid gibt es eher bei den Reichen oder - umgekehrt - fast ausschliesslich bei den Armen.
Richtig: Suizid ist weder das Problem der Reichen, noch die Plage der Armen. Er ist sehr "demokratisch" und kommt in allen Bevölkerungsschichten vor.
Falsch: Suizid ist erblich oder ein "Familienübel"
Richtig: Er ist nicht erblich sondern eine individuelle Entscheidung.
Suizid ist auf jeden Fall etwas, was immer problematisiert werden muss - Patienten sind immer ernst zu nehmen und wenn man weiß, dass Patienten in eine exentzielle Krise gestürzt werden - Negative Diagnose etc. - muß man dies ansprechen, wer den Patienten in einer solchen Situation nicht begleitet, handelt m.E. höchst fahrlässig, sowohl pflegerisch als auch ärztlich.
Cheers
Ingo