Stillen bei Hepatitis

Rabenzahn

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Kassel
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Hallo,

wie sieht es eigentlich mit dem Stillen der Kinder aus, wenn die Mutter eine Hepatitis B und /oder C hat.

Gibt es da Verhaltensrichtlinien ??
 
Hi Rabenzahn!

Es gibt unterschiedliche Angaben in der Literatur.

HEP C:
In Studien wurden bisher keine Infektionen die durch das Stillen ausgelöst wurden nachgewiesen. Es können aber HCViren in der Muttermilch nachgewiesen werden. Trotzdem werden die Kinder scheinbar nicht infiziert, die Datenlage ist allerdings insgesamt dürftig.

Es gibt tw. Empfehlungen ganz normal zu stillen, tw. gibt es auch gar keine Empfehlungen. Es wird allerdings nirgendwo empfohlen NICHT zu stillen.
Die Infektionsrate für das Kind bei der Geburt liegt übrigens um 5% wenn ich mich richtig erinnere.

HEP B:
Das Infektionsrisiko bei der Geburt ist höher alc bei HCV, aber die Impfungen nach der Geburt reichen als Schutz aus.
Das Stillen wird hier empfohlen, auch falls die Brustwarzen blutig sind.

Vielleicht outet sich hier mal eine Gynschwester, die berichten kann wie es in der Praxis gehandhabt wird...!? :-)
+lg, david
 
Hallo David,

danke für die schnelle Antwort. Scheint wohl ein Männerthema zu sein.

Grüße aus Kassel
 
Stillen mit Hepatitis!

Stillen mit Hepatitis A:

Hepatitis A (Infektionshepatitis) ist eine vorübergehende/relative Kontraindikation von Seiten der Mutter! In der akuten Phase der Krankheit fühlt sich die Mutter eventuell zeitweise zu krank um ihr Kind zu stillen. Ev. muss das Stillen unterbrochen werden, bis die Symptome abgeklungen sind. Übertragungswege der Hepatitis A sind Fäkalien und infiziertes Blut.

Hepatitis A hat eine kurze Inkubationszeit – auch Infektionshepatitis genannt. Es ist eine Virushepatitis der Leber, die zu einer Schmerzempfindlichkeit und Schwellung der Leber führt. Dabei kommt es zu einer Kumulation von Bilirubin im Blutkreislauf – diese verursacht die Gelbsucht.

Es gibt eine Empfehlung des Komitees für Infektionskrankheiten der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte, unabhängig von den klinischen Symptomen der Mutter, jedem Neugeborenen, eine Dosis Standard-Gammaglobulin i.m zu verabreichen. Die in der Muttermilch gefundenen Antikörper können das Baby schützen, es gibt keinen Grund für die Mutter nicht zu stillen!

Stillen mit Hepatitis B:


Hepatitis B (Serumhepatitis) hat eine lange Inkubationszeit, ist eine virale Hepatitisform. Das Hepatitis B Virus wird durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Blut – ev. auch durch verseuchte Nahrung übertragen! Die häufigste Ansteckungsmöglichkeit ist jedoch der Geschlechtsverkehr.

Leidet eine Mutter an einer Hepatitis B, während der Schwangerschaft an Hepatitis B, kann es zu einer Infektion des Babys durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten während der Geburt kommen. Daher wird aufgrund einer Empfehlung des Komitees für Infektionskrankheiten der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte die Gabe von Hepatitis-B-Hyper-Immun-Gammaglobulin für das Baby innerhalb der ersten 12 Stunden nach der Geburt und eine anschließende Hepatitis B Impfung empfohlen. Das Baby kann weiter gestillt werden.

Stillen mit Hepatitis C, diese Antwort lässt sich nicht so leicht und schnell beantworten. Es ist nicht bekannt, wie hoch das Risiko einer Übertragung von HCV über das Stillen ist. Da gibt es unterschiedliche Literaturempfehlungen.

..... Fortsetzung folgt.


Literaturhinweis:

Breastfeeding Answer Book von Nancy Morbacher und Julie Stock – eine Literaturempfehlung für die Stillberatung der La Leche League International

Schicke euch liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Hallo,

schicke euch den versprochenen Beitrag zum -

Stillen mit Hepatitis C:

Es ist nicht bekannt, wie groß das Risiko einer Übertragung von HVC ist, es gibt von verschiedenen Quellen unterschiedliche Empfehlungen – die Frage des Stillens lässt sich auch nicht so einfach beantworten.

Laut einer Empfehlung der Uni. Klinik von Graz (Österreich) – ist HCV keine Indikation für einen Kaiserschnitt und kein Grund nicht zu stillen, da eine Übertragung auf diesem Weg unwahrscheinlich ist.

*(Defekter) Link entfernt*

Anders sieht es mit der Empfehlung des Robert-Koch-Institutes aus:

Dort wird das Risiko einer Übertragung des HCV von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft oder der Geburt geringer als bei HBV angesehen. (3-5 %). Es gibt Hinweise darauf, dass ähnlich wie bei der HIV-Infektion eine Kaiserschnittentbindung das Übertragungsrisiko reduzieren könnte, diese Hinweise können aber bislang nicht als gesichert gelten. Dass eine Virusübertragung über den Stillvorgang erfolgt, ist nach der derzeit vorhandenen begrenzten Datenlage unwahrscheinlich, aber auch nicht völlig auszuschließen. Solange noch keine weiteren Kenntnisse vorliegen, kann aufgrund des (geringen) Restrisikos der Infektionsübertragung derzeit eine allgemeine Stillempfehlung bei HCV-RNA-positiven Müttern nicht gegeben werden (Empfehlung "Hepatitis C und Stillen" der Nationalen Stillkommission.

Quelle: *(Defekter) Link entfernt*

Das Zentrum für Seuchenkontrolle der USA, gibt keine Empfehlungen bezüglich Stillen bei Hepatitis C, auf weitere Anfragen – antwortete ein Sprecher – das gegen ein Stillen unter normalen Umständen nichts einzuwenden sei! (z. B. blutende Brustwarzen der Mutter, keine offenen Stellen im Bereich des Mundes des Kindes). Der derzeitige Stand der Forschung bestätigt, dass das Risiko einer Infektion durch das Stillen minimal ist.

Es gibt verschiedenste Untersuchungen in den USA, wonach bei einigen Müttern HC- Viren in der Muttermilch nachgewiesen wurde – bei einigen anderen Versuchsreihen jedoch keine HC-Viren nachgewiesen werden konnten!

Lt. der neuesten medizinischen Literatur, treten HC-Infektionen, bei Kindern HC-infizierter Mütter gleich auf, unabhängig, ob die Babys gestillt wurden, oder mit künstlicher Säuglingsnahrung ernährt wurden.

Stellt eine HCV-positive Mutter Überlegungen zum Stillen an, muss sie das Risiko, dass ihr Baby beim Stillem mit HCV infiziert ist, mit den gesundheitlichen Risiken einer künstlichen Säuglingsnahrung vergleichen!

Lt. einer persönlichen Mitteilung von Dr. Lawrence M. Gartner von der Pädiatrie der Universität in Chigago,

Wenn das theoretische Risiko einer Hepatitis-C- Übertragung durch Muttermilch erörtert wird, muss man auch die ebenso wichtige theoretische Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der gestillter Säugling einer HCV-pos. Mutter tatsächlich vor der Entwicklung einer HC-Lebererkrankung geschützt sein kann ... Dazu gibt es eine Studie die vor Jahren in China durchgeführt wurde, über Hepatitis B. Die darauf hindeutet, dass bei gestillten Säuglingen von Hepatitis-B-pos. Mütter eine geringere Wahrscheinlichkeit besteht, dass die eine chronische Hepatitis entwickeln, als bei den mit künstlicher Säuglingsnahrung gefütterten Babys. Man glaubt, dass es bei den gestillten Säuglingen zu einer passiv-aktiven Immunisierung kommt. Es stimmt, wir haben keine definitiven Erkenntnisse dazu bei Hepatitis C, aber die Möglichkeit, dass dem so ist, ist ebenso groß wie die Möglichkeit, dass Stillen das Risiko erhöht. .... entnommen aus dem Handbuch für die Stillberatung der LLL-International!

Befindet sich die Mutter in einer Akutphase, muss unter Umständen das Stillen unterbrochen werden, bis die Symptome abklingen.

Die mit dem Virus betroffenen Mütter, müssen ihre Entscheidung zu stillen – alleine treffen! Verschiedener Literatur zufolge dürfte ein Restrisiko vorliegen, die Eltern müssen in dieser Richtung informiert werden!

Schicke euch liebe Grüße

Gaby
 
Hallo Gaby,
so eine ausführliche und informative Antwort auf meine Frage habe ich nicht erwartet und bin sehr positiv überrascht davon.
Aber wie verhält es sich z.B. bei Hep B/C positiven Frauen, wenn da noch eine HIV-Infektion dazu kommt. Es ist ja leider oft so, dass diese Kombination immer häufiger wird.

Stillen oder nicht ?
 
Hallo Rabenzahn!

HIV, AIDS und HTLV-I sind absolute Stillkontraindikationen seitens der Mutter!

Untersuchungen zu folge, verstärkt eine bestehende HIV-Infektion die Symptome seitens der Hepatitis (egal ob B oder C oder D) Man spricht von einer Co-Infektion. Sowohl Hepatitis B, C und D-Viren als auch HIV wird über die gleiche Art übertragen.

HTLV-I (Human T-cell lymphotropic virus): ist ein humanes lymphotropes Retrovirus, in der gleichen Kategorie des Virus wie HIV. Die betroffenen erkranken als Erwachsene an einer Lymphatischen Leukämie, die fast immer tödlich verläuft! HTLV-ilST – besser bekannt als ATLL = Erwachsenen T-Zell- Leukämie.

Studien zufolge, weiß man das HTLV-I durch Stilen übertragen werden kann. Etwa 30 % der Babys von HTLV-I betroffenen Müttern, die ausschließlich gestillt wurden, sind infiziert worden. Die Stillempfehlungen der WHO und UNICEF beziehen sich auf Stillen mit HIV und HTVL I.
Etwa ein Drittel der Babys von HIV-positiven Frauen werden infiziert, unabhängig davon ob sie gestillt haben oder nicht! Bai Babys die HIV-pos. Waren, scheint das Stillen das Voranschreiten der Krankheit zu verlangsamen! In der Milch gesunder HIV-pos. Mütter wurden Antikörper gegen HIV gefunden.

Ob ein Baby an HIV erkrankt ist, oder nicht, lässt sich erst nach einiger Zeit mit Sicherheit sagen. Alle Babys HIV-pos. Mütter werden mit einem sehr hohen HIV-Antikörperwerten geboren! Die meisten Babys verlieren diese hohen Antikörperwerte und nach 15 – 18 Monaten findet sich schließlich ein negatives Ergebnis!

Laut einer Empfehlung der WHO und UNICEF:
In Gegenden, in denen die Haupttodesursache bei Kindern Infektionskrankheiten und Mangelernährung sind, besteht für nicht gestillte Säuglinge ein besonders hohes Risiko, daran zu sterben. Unter diesen Umständen sollte Stillen weiterhin als Standardempfehlung für schwangere Frauen gelten, auch wenn sie HIV-pos. Sind. Das Risiko einer HIV-Infektion durch die Muttermilch ist bei diesen Babys wahrscheinlich geringer einzuschätzen als an einer anderen Erkrankung zu sterben, weil sie nicht gestillt wurden. In Gesellschaften wo Infektionskrankheiten nicht die Haupttodesursache bei Kindern darstellen, sollten schwangere Frauen mit bekannter HIV-Infektion angewiesen werden, nicht zu stillen, sondern eine andere, sichere Ernährungsform wählen. (Erklärung der WHO 1992 entnommen aus dem Handbuch für die Stillberatung der LLL-Internatioal)

Die Empfehlung zum Stillen für HIV-pos. Frauen hängt davon ab, ob es sichere Alternativen zur Muttermilchernährung gibt. Dem Zentrum für Seuchenkontrolle in den USA, zufolge – HIV-infizierter Frauen sollten dazu anhalten werden, nicht zu stillen, um eine nachgeburtliche Infektion eines Kindes, das vielleicht noch nicht infiziert wurde zu vermeiden. Dies bezieht sich auf alle westlichen Ländern.

In Ländern mit schlechtem hygienischen Standard, ist es für die betroffenen Mutter unmöglich, sauberes Wasser zur Zubereitung von Muttermilchersatzprodukten zu verwenden – daher kann Stillen vielleicht das geringere Risiko sein!

..... noch Fragen Rabenzahn?

Schicke dir liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Ja Gaby, Rabenzahn hat noch eine Frage !!!

Empfiehlt man den Frauen bei dieser Erkrankung und eventuell zerbissener Brustwarze die Verwendung von Stillhütchen oder nicht ? :twisted: Zur Vermeidung von Blutkontakt / Kind

Danke für die wahrscheinlich informative Antwort.

Liebe Grüße aus dem grauen Kassel nach Wien
 
Hallo Rabenzahn,

Saughütchen sind weiche Latex, Silikon oder Gummisauger, die während des Stillens über die Brustwarze der Mutter gelegt werden!

Sie verursachen meist mehr Probleme, als sie verhindern sollten. Sie beugen wunden Brustwarzen nicht vor und beseitigen auch nicht deren Ursache. Ist eine Brustwarze bereits offen, sollte man versuchen die Ursache herauszufinden.

Durch das Saughütchen kommt natürlich auch, falls die Brustwarze blutet – Blut durch.

Es macht weder für die betroffenen Mütter, noch für die betroffenen Babys einen Sinn, die Infektion der Mutter als eine Indikation für ein Saughütchen zu nehmen.

Liebe Grüße, aus dem mittlerweile finsteren Wien nach Kassel!

Gaby
 

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