Stationsfrust

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P

Piratte

Gast
Ich bin echt gefrustet zur Zeit auf unserer Station.
Unsere Ärzte haben alle miteinander keine Ahnung, machen den
Patienten Versprechungen, die sie nicht einhalten und dann sind wir
schuld. Ordnen Freitag nachmittag eine Untersuchung an und maunzen uns
Montag früh an, warum das noch nicht gelaufen ist. Ordnen unbedacht
irgendwelche Medikamente an und wir müssen dann hinterher rennen,
weil der Patient ne Allergie hat oder es irgednwelche Wechselwirkungen gibt.
DIe haben keine Ahnung von anderen Sachen als Hals,Nasen und Ohren.
Patienten werden wochenlang auf Station gehalten, weil die Termine z.b.
zum MRT eine ewige Warteliste sind.
Wir reden uns den Mund fusselig bei Blutzuckerproblemen oder
chaotischen Blutdrücken.
Eine Ärztin ist im 7. Monat schwanger und ist so dermaßen unerträglich.
SIe hat Freitag einem Patienten gesagt, er darf übers WOE nach Hause gehen,
wir haben ihn dann heimgelassen - und zwei Stunden später will sie was
von ihm und mach uns an, dass wir ihn heimgelassen haben und wir
unsere Kompetenzen überschreiten.
Dann ordnet Arzt 1 was an, wir führen aus, dann ordnet Arzt 2 was neues
an und streicht das alte wieder durch und dann zur Kurvenvisite wirds
wieder umgeschmissen und nach der Oberarztvorstellung schon wieder.
Die Kurven sind die ganze Zeit im Arztzimmer und wenn wir sie selbst
brauchen werden sie uns 10 Minuten später wieder aus der Hand gerissen.

Und dann die pflegeinternen Sachen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen,
ständig muss man irgendwas im Spät machen, was der Frühdienst halt
weggelassen hat. Jedesmal sind die Durchgehwägen nicht aufgefüllt,
die Handschuhe in den Zimmern sind alle, die Vernebler leer, die Absauger
voll.
Wichtige Sachen werden nicht übergeben, man kommt ins Zimmer und
findet Dinge, von denen nie jemand was erzählt hat.
Irgendwelche Neuerungen erfahren nur die, die sich für die Topps halten
und irgendwann kriegt man durch Zufall mit, dass etwas anders gemacht
wird als bisher. Stationsbesprechungen gibt es nicht und wenn, dann
ungefähr alle 3-4 Monate und auch ohne Ankündigung. Dann sind mal 5
Leute vom Früh und Spätdienst da und es wird möglichst schnell in 10 Minuten
abgehandelt. Stationsbesprechungen hab ich von meiner letzten Station
wesentlich ausführlicher und effektiver in Erinnerung. Da wurde reflektiert
und Probleme besprochen, Aufgaben verteilt und Misstände besprochen.
Und von Medizin haben einige auch keine Ahnung. Da wird halt einfach kein
BZ gemessen, damit man eben kein Problem mit eventuell überhöhten
Werten hat. Blutdruckmedikamente werden einfach nicht gegeben, weils
halt vergessen wird bzw. auch keiner Metoprolol kennt, wenns nicht grad
zufällig Beloc heißt.
Dann hab ich die ganzen Tage mit einem Kollegen zusammengearbeitet,
der von der zentralen Klingelanlage die Glocken immer ausschaltet, aber
nicht hingeht. Und dann knlingelts nochmal und ich bin dann der
Depp, der wieder hingeht. Er schaut stundenlang nicht in seine Zimmer rein
und ich werd ständig von seinen Patienten angesprochen und ich kann
ja schlecht sagen, dass ich dies das oder jenes nicht mache. Das hab ich
zwar auch schon gemacht, aber dann gabs jedes mal Ärger.
Was soll ich denn nur machen, wenn der Typ sich nicht aus der Küche
bewegt oder eben mal ne halbe Stunde nicht auffindbar ist.
Ich kann doch dann auch nicht ne halbe Stunde die Klingel ignorieren.
Zumal unsere HNO Patienten wirklich selten klingeln und dann meistens,
weils ums Absaugen und die Luft oder so geht.
UNd heut hat er sich pünktlich zu dem Zeitpunkt verzogen, als der Perfusor
bei einem seiner Patienten leer war. Und wer hats am Ende wieder neu
aufgezogen? Ich. Und er wusste ganz genau, dass es alle wird. Der hätt ja
wenigstens die Spritze schon aufziehen können.
Und beim Essenausteilen, wenn das nächste Tablett von einem Patienten
ist, wo man halt länger braucht, wegen Brot schmieren oder so - dann
wird sich wieder in ein Zimmer verzogen und an mit bleibts hängen.
Also ich will nicht sagen, dass ich perfekt bin. Ich vergess auch so
manches. Aber ich geh zumindest den Problemen nicht bewusst aus dem
Weg. Ich bin immer präsent, weil ich selten in der Küche sitze, die ist
nämlich für die Patienten nicht einsehbar, sondern immer irgendwo rumwusel
und dementsprechend für Ärzte, Besucher oder Patienten sofort greifbar
bin.
Unser Stationsassistent ist eigentlich zuständig für allen Papierkram aber
alle Anordnungen, die ab Mittags kommen irgnoriert er. Eigentlich sind
Laboranordnungen, Bildgebung uns sowas seins das anzumelden. Aber dann
kriegen wir es ab, warum dies und das noch nicht erledigt ist. Er hat dafür
zu sorgen, dass die Akten für die OPs am nächsten Tag vollständig sind.
Mittags kommen meistens die Anästhesisten und ordnen noch zusätzlich
Rö THX oder sowas an. Aber ausarbeiten tut der das nich und wir sehen
sowas immer dann, wenn das Röntgen schon zu hat und müssen uns dann
damit rumschlagen, mit den Röntgenassistentinnen zu diskutieren.
Statt das er eben standardmäßig ab einem bestimmten Alter EKG und THX
anmeldet wartet der darauf, dass es von den Anäs angeordnet wird
- um sich dann doch nicht mehr drum zu kümmern.
UNDUNDUND

Ich mag meinen Job wirklich, ich bin auch froh, wenn ich zu tun habe.
Zur Zeit betreue ich eigentlich unsere ganzen großen Tumor OPs auf meiner
Seite. Die andere Seite ist nur Pippifax. Und ich mach es echt gerne. Ich
arbeite lieber mit aufwendigen Patienten zusammen als mit denen,
die nur einmal am Tag zum Temperatur messen zu sind.

Aber ich bin echt momentan am Ende.
So wütend und fühle mich so ausgenutzt. Mit manchen Leuten
kann ich einfach nimmer zusammenarbeiten, weil es nur Frust
bedeutet.
Hoffentlich klappt das mit meinen Bewerbungen.
Also lange kann ich das nimmer mitmachen.
 
Hallo,
das klingt ja wirklich ziemlich heftig, was da bei Euch so abläuft.
Wieso sprichst Du mit Deinem Kollegen nicht einfach mal Klartext und machst ihm deutlich, dass Dich sein Verhalten stört und dass Du nicht seine Bedienstete bist, die die Arbeiten für ihn macht, auf die er keine Lust hat?

Das Problem mit den Ärzten haben wir leider auch. Aber irgendwie ist es doch auch nachzuvollziehen. Gerade die jungen Ärzte die frisch von der Uni kommen, haben halt noch Angst irgendwas zu übersehen und da wird halt erst mal wild angeordnet, bis sich mal ein erfahrener Arzt erbarmt nachzuschauen.
Bei uns kann es vorkommen, dass auf einer Station mit 42 Betten zwei Berufsanfänger sind und der Oberarzt mit gut Glück einmal am Tag, kurz vor Feierabend, mal schnell seinen Kopf reinsteckt und guckt was der Ass. da so fabriziert hat. Klar, dass es meist damit endet, dass um 16.00 Uhr kurzfristig eine Oberarztvisite einberufen wird und 80% von dem was im Frühdienst angeordnet wurde, wieder geändert oder abgesetzt ist. Dann noch schnell mal bei einem A3-Pat. der ohnehin schon nur schwer zum trinken zu bekommen ist, noch 'ne Colo für den nächsten Tag ansetzen, soll doch die Pflege sehen, wie die den noch "sauber" bekommen.
Das i-Tüpfelchen sind dann die ärztlichen Kollegen, die die Pflegekräfte Grundsätzlich ersteinmal für dämlich halten und keine Ratschläge annehmen oder darauf hören, was man über Pat. X erzählt. Das man als junger aufsterbender Arzt auch keine Pflegedoku liest ist ja auch klar, das interessiert einen das gekritzel von irgendeiner Schwester.
Nee es wird immer schlimmer mit den Ärzten und ich habe das Gefühl, dass durch den Steik die Stimmung noch schlechter geworden ist, zumal die Ärzte, zumindest bei uns, net die 100%-ige Unterstützung von Seiten der Pflege bekommen haben.
 
zumal die Ärzte, zumindest bei uns, net die 100%-ige Unterstützung von Seiten der Pflege bekommen haben.

Warum sollten sie auch?

Elisabeth
 
Hallo Piratte
Du hast sehr schön unseren Alltag beschrieben. Mir geht es manchmal so, meinen freunden und Kolegen geht´s nicht anders.

Manche Kolegen lassen den Arzt vollekanne Auflaufen , indem sie die ärztliche Anordung Buchstabentreu ausarbeiten. Mit allen Konsequenzen und mit voller Absicht wollen sie es dem Arzt zeigen wo es lang geht. zB die von dir erwähnte Hypertonie und Hyperglykämie. Kaum ein Anästesist würde ohne ein Einwad zur einer OP bei entgleisten Werten raten, oder? Damit würden die Ärzte wieder zur Verantwortung gezogen. Weil keine OP stattfindet.
Die Schadenfreude ist riesig, wenn der Arzt merkt was für ein Stuss er zu verantworten hat. So ein Denkzettel ist nicht mein Ding, ich finde es Verantwortungslos. Ist aber eine Bewältigungsstrattegie. Und man brauch eine dicke Haut dafür. Es gibt noch andere Möglichkeiten mit den Ärzten umzugehen. musst halt eine finden die dir zuspricht.

Ich bevorzuge eine Rücksprache mit dem OA, da ich zu oft Eskalationen gesehen habe, wenn man eigebildete Ärzte walten lässt. Der OA kann nämlich, bei gut begründeteten Gegebenheiten (Pat in den Vordergrund stellen) zu einen spitzen Verbündeten werden. Das A-O ist beharrlich alles zu dokumentieren. Dann kannst du nebenbei erwähnen das EKG und Rö-Th zum Aufnahmestandart gehören.

piratte schrieb:
Dann hab ich die ganzen Tage mit einem Kollegen zusammengearbeitet,
der von der zentralen Klingelanlage die Glocken immer ausschaltet, aber
nicht hingeht. Und dann knlingelts nochmal und ich bin dann der
Depp, der wieder hingeht. Er schaut stundenlang nicht in seine Zimmer rein
und ich werd ständig von seinen Patienten angesprochen und ich kann
ja schlecht sagen, dass ich dies das oder jenes nicht mache. Das hab ich
zwar auch schon gemacht, aber dann gabs jedes mal Ärger.
Was soll ich denn nur machen, wenn der Typ sich nicht aus der Küche
bewegt oder eben mal ne halbe Stunde nicht auffindbar ist.
Ich kann doch dann auch nicht ne halbe Stunde die Klingel ignorieren.
Zumal unsere HNO Patienten wirklich selten klingeln und dann meistens,
weils ums Absaugen und die Luft oder so geht.
Das ist viel komplizierter, Arbeitskolegen die sehr viel Erfahrung/Jahre auf ihren Buckel haben, entwickeln Eigenarten. Diese Eigenarten entstehen aus jahrelanger Erfahrungssammlung inder Praxis, und sind somit gut begründet. Wehe du zweifelst diese Eigenarten an oder sprichst mit disen Personen darüber. Staub ist alles was sie von dir übrig lassen.
Wenn Du weißt wie das zu handhaben ist dann sag es mir bitte.

grizzi Herion
 
Das letzte Zitat hier ist das Einzige was ich von meiner Station auch so kenne. Aber das sind nur einige Wenige...

Ansonsten die ständigen Anordnungen von verschiedenen Docs kenn ich von anderen Stationen.

Alles sehr heftig was du da schreibst, da liegt einiges im Argen. Man wundert sich beim Lesen geradezu das du noch nicht gewechselt hast...
 
Warum sollten sie auch?

Elisabeth

Mein reden! Nur leider waren/sind unsere Ärzte halt der Meinung, dass sie im Recht sind und alle die sie nicht unterstützen im Unrecht. Da gab es einige böse Diskussionen. Aber wenn jemand halt blind einem Menschen die Dr. Montgomery folgt, muss man sich auch net wundern, wenn solche Reaktionen, wie die unserer Docs kommen. Denn eins ist ja, aus Sicht der Ärzte klar, Verdi ist böse!
 
Ich habe aber auch wirklich das Gefühl, dass die Zusammenarbeit
mit den Ärzten seit dem Streik deutlich unbefriedigender ist.
Schon damals war es so, dass die Patienten, die zur OP einbestellt waren
dann kamen und natülich am nächsten Tag nicht operiert wurden, weil
eben die Ärzte getreikt haben. Und wir wurden angemacht, dass
wir die Leute nicht wieder abbestellt haben.

Und es kamen so Sachen wie, dass unser Streik ja ach so schlecht
organisiert wäre und dass der Ärztestreik ja wenigstens perfekt organisiert
ist und wir halt machen würden, was wir wollten.

Also die gegenseitige Akzeptanz hat erheblich gelitten.

Naja, aber um den Streik soll es in diesem Thread nicht geben.
Aber seitdem ich den Text geschrieben hab, gehts mir etwas besser ;)