Sprachbarrieren

david

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22.05.2002
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149
Hallo...

Habt ihr in euren Einrichtungen öfters mit nicht-deutschsprachigen Patienten + Angehörigen zu tun?
Wenn ja - gibt es damit bei euch Probleme? Und Lösungsansätze?

:?: :?: :?:

+lg, david
 
Guten Morgen!

Wenn vom Personal der Station keiner diese Sprache spricht, wird zuerst versucht, Angehörige zu finden die Deutsch sprechen... Oft sind das die Kinder von türkischen oder russischen Familien, die hier aufgewachsen sind und auch sonst alles für die Eltern regeln! Wenn es diese nicht gibt sollte ein Dolmetscher eingeschaltet werden! Klingt schön und gut, aber ich habe so jemanden noch nie im Krankenhaus gesehen... Da wird dann eben erst mit Händen und Füßen erklärt, bevor der Sozialdienst eingeschaltet wird!

Ich habe es auch schon erlebt, daß jeder vom Personal (im gesamten Krankenhaus), der Fremdsprachen spricht, sich in einer Liste eintragen muß und im Bedarfsfall übersetzen muß! Da hat man eigentlich relativ gute Chancen jemanden zu finden!

Ich habe es auch schon erlebt, daß ein anderer Patient übersetzen sollte... Das Aufklärungsgespräch des Arztes! Fand ich persönlich überhaupt nicht korrekt, man denke an den Datenschutz! Es wurden zwar beide Patienten aufgeklärt, aber ich finde das schon ziemlich arm!
 
Hi!
Bei uns ist es eigentlich genau so!
Zuerst wird geschaut ob auf der Station jemand die Sprache spricht, wenn nicht werden Angehörige hinzugezogen oder Schwestern anderer Stationen geholt! Wir Schüler wissen meistens auf welcher Station man z.B. eine russische... Schwester findet!
Und dann, wenn das alles nicht möglich ist wird halt doch mit Händen und Füßen erklärt!
Noch nie erlebt habe ich, dass andere Pat. übersetzen mussten... kam aber sicher auch schon vor!!
Tisi
 
Hu hu !
Bei uns läuft es auch so, wie bei euch in anderen Häusern.
In meiner Ausbildung wurde mal angefangen, die häufigst gebrauchten Fragen und Informationen zu formulieren und Leute zu finden, die dies übersetzten. Leider ist das sehr schnell im Sande zerlaufen. Wäre bestimmt praktisch.
Gruß Suse
 
Hallo,
bei uns läuft es auch entweder über die Angehörigen oder über Mitarbeiter des Hauses. Zum Glück haben wir auch Aufklärungszettel in türkisch (z.B. für ´ne Gastro), aber oft ist es dann so, dass trotzdem jemand übersetzen muss, weil die betreffende Person (meistens ältere Frauen) nicht lesen können....naja, aber es findet sich immer eine Lösung. Also bisher jedenfalls :wink:

LG
urmel

PS: Allerdings haeb ich persönlich noch nicht erlebt, dass ein Mitpatient übersetzt hat.
 
Hallo,

zuerst versuchen wir herauszufinden ob wie jemanden kennen, der die Sprache des Pat. kann. Ärzte, Schwestern, Abteilungshelferin, Röntgenassistent ....

Wenn wir damit nicht durchkommen, dann rufen wir einen Dolmetsch. Für die verschiedenen Sprachen haben wir eine Liste an der Station wo wir anrufen können.

Oft organisieren sich die Angehörigen ihren eigenen Dolmetsch. Das funktioniert meist sehr gut.

Das ein anderer Patient für einen Patienten dolmetscht finde ich nicht in Ordnung. Da sollte der Datenschutz vorgehen!

Wir haben öfter ausländische Kinder an der Station. Oft helfen uns dann andere Eltern die zufällig die Sprache unseres kleinen Patienten können. Da geht es dann um banale Dinge wie z. B. was mag das Kind gerne essen, trinken ... jedoch nie über die Krankengeschichte.

Bei ausländischen Kindern haben wir schon oft eine Namensliste mit z. B. den Angehörigen ausgearbeitet. Mit diesen Wörtern und Händen und Füßen versuchen wir uns dann durchzuschlagen.

Liebe Grüße aus Wien

Gaby
 
Grüss euch!!

Interessante Antworten!

Bei uns ist die Handhabung gleich, die theoretische Dolmetschermöglichkeit findet praktisch nie Anwendung.

Was mich persönlich sehr belastet bei uns ist folgendes: Wir transplantieren auch Lungen (gar nicht wenige), und viele Patienten kommen aus Ungarn zu uns. Meist allein mit der Sanität, meist nachts; und ohne Deutschkenntnisse - und Lu-Transplant-Kandidaten sind von sich aus meistens nicht so die extrovertierten Menschen, reden wenig und haben extrem viel Angst vor dem Eingriff. Nicht selten wird dann die OP abgesagt und die Leute wieder heimgeschickt -> Leider bleibt das dann regelmässig an uns PP hängen das mitzuteilen. Das ist wirklich eine sehr schwere Situation das den Menschen zu vermitteln, dass sie wieder nach Hause müssen und wieder warten müssen auf ein Organ.
Es ist ja durchaus begründbar, aber eben nicht so dass sie es verstehen können. Sehr belastend für beide Seiten!

+lg, david aus Wien
 
Hallo David,

wir haben öfter Kinder aus Ungarn. Dann haben wir halt einen Dolmetsch angefordert und auch bekommen.

Liebe Grüße

Gaby
 
Hallo Gaby!

Aber grade bei Kindern, die unter Umständen ohne elterlichen Beistand aus Ungarn hier sind - die brauchen doch 24h am Tag Zuwendung; also einen Dauerdolmetsch rund um die Uhr; also zumindest über weite Tagesstrecken... :?:

+lg, david
 
Servus,

auch wir haben in unserer Klinik Dolmetscher, auf freiwilliger Basis, man kann sich in eine Liste eintagen mit der Telefonummer von dem Bereich in dem man tätig ist. Ich habe von dieser Liste immer provitieren können.

Liebe Grüße aus Hannover
ute
 
Hallo David,

die Kinder die nach Lungentransplantation bei uns an der Station gelegen haben, waren alle schon älter. (16 und älter). Die Eltern haben bei uns an der Station Besuchszeit von 10 -19 Uhr.

Kinder die eine Transplantation oder Herzoperation vor sich haben und die Sprache nicht kennen sind meistens sehr geduldige Patienten. Irgendwie habe ich das Gefühl, die Kinder wissen ganz genau worauf es ankommt. Wir haben einmal einen kleinen Buben aufgenommen, keine drei Jahre. Er kam aus Rumänien mit dem Zug. Auf dem Weg zu uns bekam er die Windpocken. Die Mutter kannte in Österreich einen Arzt, und ist so zu uns gekommen. Bei uns im Krankenhaus angekommen wurde er trotz seiner Windpocken am Herzen operiert. Die Operation ging gut, der Kleine hat sich sehr rasch erholt. Die Mutter war immer von 10 - 19 Uhr an der Station. Beide konnten kein Wort deutsch. Wir haben dann jemanden zum dolmetschen gefunden und eine Liste mit Wörtern erstellt die der Mutter, dem Kleinen und uns helfen sollte. An die beiden kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ohne vieler Worte haben wir uns ausgezeichnet verstanden und mit Händen und Füßen unterhalten. Es hat funktioniert. Die Mutter hat unheimlich schnell deutsch gelernt. Zumindest im Ansatz. Wenn die Mutter nicht an der Station war, war der Kleine immer tapfer. Tränen gab es fast nie. Die Mutter war unheimlich glücklich, da ihr Kind nach der Operation keine blauen Hände und Finger mehr hatte.

Die Pflege ausländischer Kinder kann sehr anstrengend sein, vor allem wenn auch die Eltern kein Wort deutsch können. Sehr oft erlebe ich das bei türkischen Familien, die schon lange in Österreich wohnen. Da kann zwar der Papa deutsch, untertags ist aber immer die Mama auf Besuch - und die kann leider kein deutsch. So müssen wir oft auf den Papa warten um ihre Fragen zu beantworten.

Vor einiger Zeit hatten wir ein Kind aus Albanien. Es gibt die sogenannten Friedensdörfer. www.friedensdorf.at Von dort werden oft Kinder aus ihrem Heimatland ausgeflogen und dann z. B. in Österreich operiert. Das ganze ist eine Kostenfrage. Die Eltern zusätzl. auszufliegen und auch ihnen in Österreich einen Aufenthalt zu ermöglichen würde einem anderen Kind die Therapie kosten. So sind die Kinder dann alleine. Man stelle sich dabei bitte die psychische Situation auf beiden Seiten vor. Die Kinder sowie die Eltern wissen nicht was auf sie zu kommt und ob auch wirklich alles gut geht. Dennoch für diese Kinder ist das die einzige Change.

Wenn wir einen Dolmetsch bekommen oder jemanden zum dolmetschen finden, dannn nur für einen kurzen Zeitraum. (etwa eine halbe Stunde/Stunde). Dann sind wir auf uns alleine gestellt.

Zu deiner Frage bezüglich der Zuwendung. Wir versuchen die Eltern soweit als mögl. in die Pflege einzubinden. Na ja, wir tun halt unser bestes!

Liebe Grüße

Gaby
 
Hallo,

wir haben im Haus eine Liste mit ca. 60 Personen die eine Fremdsprache sprechen und ihre Dienste als Dolmetscher anbieten. Das geschieht auf freiwilliger Basis. Ansonsten haben wir auch Zugriff auf richtige Dolmetscher oder nutzen eben auch Angehörige zur Übersetzung.
Bisher klappt es wirklich sehr gut.
 
Hallo,

ich arbeite auf einer gynäkologischen Poliklinik. Wir haben hier sehr häufig MigrantInnen, mit unterschiedlichem Sprachvermögen. Momentan "lösen" wir auch das Problem meist mit Angehörigen oder Kolleginnen, die die Sprache sprechen. Wobei es mir immer den Magen herumdreht, wenn Kinder oder die männlichen Angehörigen als Übersetzer eingesetzt werden. Zum Einen ist die Gynäkologie ein auch für uns westliche Frauen sehr intimes und heikles Gebiet. Für MigrantInnen, die in einer für sie völlig fremden Umgebung und geprägt von anderen lebensweltlichen Hintergründen leben ist es zum Teil (nicht für alle!!!) noch viel heikler.
Bei sehr diffizilen Problemen (z.B. unerwünschte SS, bösartige Erkr.) sind Kinder und Angehörige selbst völlig überfordert. Zum Einen, weil sie die Tragweite der Diagnose selbst nicht erfassen können und zum andern weil das medizinische Verständnis fehlt um eine adäquate Übersetzung zu gewährleisten. Zudem sind sie selbst befangen und wir können nicht nachvollziehen, ob wirklich alles, auch sinngerecht, übersetzt wird.
Oft stecken auch private, sehr intime Probleme dahinter und es bestehen Hemmungen seitens der PatientInnen diese im Beisein der Angehörigen und Kindern zu artikulieren, weil sie z.B. ein Tabu darstellen.
Bei Mitarbeitern ist oft das Problem, dass sie nicht verfügbar sind, vom Dienstplan her oder auch vom Arbeitsaufwand der entsprechenden Station.
Daher fände ich es sehr wichtig, dass von den Krankenhausleitungen dieses Problem thematisiert wird und professionelle Dolmetscher ganz offiziell und regulär eingesetzt, respektive institutionalisiert werden.
 
Hallo Leute,

es ist vorstellbar, dass dieses Problem in jeder Klinik präsent ist.
Wir haben keinen Dolmetscher in der Klinik, doch die Telefonzentrale verfügt über eine Liste von ausländischen Mitarbeitern verschiedentlichster Sprachkenntnisse. Und Eine oder Einen bekommt man da immer zu fassen zum Übersetzen.
Meine Wenigkeit hat schon tierisch Probleme überhaupt in englisch zu kommunizieren, weil ich als Schülerin nie Englisch hatte. Dafür mußte ich 5 Jahre lang bis zum Abwinken Russisch lernen, was mir jetzt aber manchmal Vorteile bringt in der Verständigungsmöglichkeit mit vielen Patienten.


Viele Grüße

Carmen