- Registriert
- 01.09.2005
- Beiträge
- 315
- Ort
- Neubiberg
- Beruf
- Fachkrankenpfleger für Nephrologie und A+I
- Akt. Einsatzbereich
- Fachkrankenpfleger für Nephrologie (DKG)
- Funktion
- Klinikdialyse
Hallo @ all!
Heute beschreibe ich mal eine Schicht auf einem Rettungswagen, die ich als Rettungsassistent gefahren bin.
Dieser ist im südlichen Landkreis Münchens stationiert. Die Einsatzzahlen schwanken zwischen null und 12 Einsätzen pro Schicht.(im Mittel 3 bis 4).
In unserem Einsatzgebiet befinden sich ca. 12 Altenheime, 6 Krankenhäuser unterschiedlicher Versorgungsstufen und 2 "soziale Brennpunkte" (hoher Anteil an sozial schwachen Bürgern sowie hohem Ausländeranteil).
Um das Anforderunsspektrum möglichst vollständig aufzuzeigen mixe ich hier Einsätze aus mehreren Schichten (die wirklich so stattgefunden haben) zusammen.
Los gehts!
Heute Nachmittag fährt eine "neue Dritte" bei uns mit.
Conny hat vor einer Woche Ihren Sanitätshelferlehrgang erfolgreich abgeschlossen und ist nun ganz gespannt darauf ihr Wissen und Training auch bei Echten Patienten einzusetzen.
Wir treffen uns eine Stunde früher, um noch einmal die Ausrüstung des Rettungswagens durchzugehen und dabei auch zu checken.
Kurz vor Dienstbeginn kommt auch Mike zu uns, der heute die Position des Fahrers innehat. Er ist Rettungsanitäter und ebenso wie ich seit über 10 Jahren "dabei". Außerdem ist er ausgebildeter Feuerwehrmann der freiwilligen Feuerwehr München. Somit sind wir für alle Eventualitäten gerüstet.
Er meldet uns über Funk einsatzbereit bei der Rettungsleitstelle an.
Kurz nach Dienstbeginn kommt auch schon unser erster Auftrag per Fax.
Ein bettlägriger Dialysepatientet soll vom Dialysezentrum nach Hause gefahren werden. Diese Fahrt geht über unseren Leitstellenbereich hinaus ins Umland.
Da ich diesen Patienten und die Fahrtroute bereits kenne, nutze ich die Fahrtzeit zum Dialysezentrum um mit Conny das Thema Dialyse zu besprechen.
Auf der Rückfahrt bekommen wir über Funk einen Notfalleinsatz.
Meldebild: Atemprobleme
Als wir dort nach ca. 5 Minuten eintreffen, öffnet uns der Sohn des Patienten die Tür und erzählt und auf dem Weg ins Wohnzimmer, das sein Vater von der Arbeit nach Hause gekommen ist und über plötzliche starke Müdigkeit klagte.
Als er ihn zum Abendessen holen wollte habe er nicht reagiert "und so komisch geatmet". Wir fanden den Patienten bewußtlos quer auf dem Sofa liegend mit einer typischen Ceyne-Stock`schen Atmung vor. Ein kurzer Blick in die Pupillen zeigte eine deutliche Größendifferenz zwischen rechter und linker Pupille.
Mike alarmierte mit dem Meldebild "cerebrale Blutung" den Notarzt nach und half anschließend uns bei der weiteren Versorgung des Patienten.(Lagerung,Sauerstoffgabe, Monitoring,i.v.-Zugang,Infusion)
Wir waren damit gerade fertig als der Notarzt eintraf und nach einer Übergabe durch mich intubieren wollte. Dies erwies sich nach mehreren Versuchen jedoch als unmöglich.
Glücklicherweise ließ sich der Patient gut mit der Maske beatmen.
Der Fahrer des NEF`s (Notarzteinsatzfahrzeug) erhielt den Auftrag,über die Leitstelle einen aufnahmebereiten Schockraum zu suchen zu lassen und eine endoskopische Intubation anzumelden.
Nach dem Umlagern auf unsere Transportliege (heißt übrigens nicht "Bahre"- da kommen nur Tote drauf) und dem Einladen teilt uns die Leitstelle als Transportziel den Schockraum einer Münchner Uniklinik zu, die ca. 15 Fahrminuten entfernt liegt. So bekommt unsere Praktikantin gleich in der ersten Schicht den Auftrag, den Patienten während der Fahrt unter Aufsicht des Notarztes und mir, mit der Maske zu beatmen.
Im Schockraum werden wir bereits erwartet und nach der Intubation auf der Liege geht es auch gleich weiter ins CT. Dort zeigte sich eine massive Massenblutung in der rechten Hirnhälfte und der Patient wurde auf die Intensiv verlegt. Am nächsten Tag habe ich erfahren, das er dort 3 Stunden später gestorben ist.
Wieder auf dewr Rettungswache angekommen hatten wir gerade die Zeit unsere auf der Rückfahrt bestellte und abgeholte Pizza fertig zu essen, da kam schon der nächste Einsatz: Tachykardie im Altenheim.
Eine 84 Jährige Bewohnerin, bettlägerig mit PEG und BDK versorgt liegt
mit einer HF von 132 und einem für sie hohen RR von 190/90 in ihrem Bett.
Z.n. mehrfachen Apoplex, nicht kommunikationsfähig.
Beim der Untersuchung der Bewohnerin fällt mir auf, daß der Urinbeutel nur mit ca. 100 ml Urin gefüllt ist. Auf Nachfrage eim Pflegpersonal erfahre ich, das ser Beutel das letzte mal von der Nachtschicht geleert worden ist und sie 1,8 l Flüssigkeit über die PEG erhalten hat. So kam ich zu der Diagnose "verstopfter Blasenkatheter". Nachdem die Station über DK Sets und Katheter verfügte aber selbst diesen aus rechtlichen Gründen nicht wechseln darf, entschloß ich diesen Wechsel selbst durchzuführen, da ich neben meiner Qualifikation als Rettungsassistent auch Fachkrankenpfleger für Anästhäsie und Intensivmedizin bin.
Es entleeren sich über 1l Urin über den neu gelegten BDK und auch die erst schmerzverten Gesichtszüge der Bewohnerin entspannen sich zusehens. Blutdruck und Puls gehen auf Normalwerte zurück und nach Schreiben eines ausführlichen Notfallprotokolls und einem Gespräch mit dem zufällig anwesenden Hausarzt fahren wir wieder und freuen uns schon auf den bevorstehenden Grillabend in der Rettungswache. Soweit sollte es aber zunächst nicht kommen!
Unser nächster Einsatz führt uns mit dem Meldebild "bewußtlos"mit Blaulicht zu einem türkischen Mitbürger der unter Rückenschmerzen leidet und nur Schmerztabletten von uns haben wollte. Auf die Frage, warum er nicht den ärztlichen Notdienst sondern uns anrufe, sagte er nur: "Wenn ich sage Schmerzen dauert es 3 Sunden,wenn ich sage bewußtlos kommt ihr sofort!"
Nachdem wir ihm erklärt haben, das er trotzdem den Taxidoktor anrufen muß und Mike den parallel alarmierten Notarzt abbestelt hatte, fuhren wir wieder.
Eine Wohnungöffnung war der nächste Einsatz. Die Nachbarn hatten die Polizei benachrichtigt, weil sie den Mieter seit übereiner Woche nicht mehr gesehen hatten und es aus der Wohnung komisch roch.
Die Feuerwehrleute brauchten ca. 40 Minuten um die Tür aufzumachen, da der Herr vom sehr vorsichtigen Typ war und drei Sicherheitsschlösser an seiner Haustür hatte. Über die Drehleiter oder Nachbarwohnungen ließ es sich in dem Fall leider nicht in die Wohnung kommen.
Als die Tür geöffnet war, mußten wir uns den Weg über ca. einen halben Meter hoch in dem Einzimmerapartement herumliegenden leeren Bierdosen bahnen.
Der Patient lag nur mit seiner Unterhose bekleidet auf dem Sofa, hatte unter sich gelassen und eine Bierdose noch in der Hand. Deutliche Fäulnisszeichen deuteten darauf hin, das er bereits mehrere Tage tot war.
Der Rest war Aufgabe der ebenfalls anwesenden Polizeistreife.
"Mein Mann will entziehen" hörten wir als erstes an der nächsten Einsatzstelle.
47 Jahre alt, bereits zwei Entzüge hinter sich, jetzt 5 Wochen "trocken" gewesen. Trinkt seit 4 Tagen wieder regelmäßig seine Flasche Schnapps pro Tag. Gut, das ich die Telefonnummern von den beiden Münchner Entzugskliniken mittlerweile auswendig kenne. Glücklicherweise hat eine davon ein freies Bett und ist gewillt ihn aufzunehmen.
Da seine Frau ihn selbst mit dem Wagen hinfahren will und es fast schon Schichtende für uns ist, freuen
Mike,Conny und ich uns auf E I N Bier und das Barbecue auf der Wache!
So, das war ein kleiner Einblick in die Welt des Rettungsdienstes, bin auf Euere Anmerkungen und Fragen gespannt!
Viele Grüße
Werner
Heute beschreibe ich mal eine Schicht auf einem Rettungswagen, die ich als Rettungsassistent gefahren bin.
Dieser ist im südlichen Landkreis Münchens stationiert. Die Einsatzzahlen schwanken zwischen null und 12 Einsätzen pro Schicht.(im Mittel 3 bis 4).
In unserem Einsatzgebiet befinden sich ca. 12 Altenheime, 6 Krankenhäuser unterschiedlicher Versorgungsstufen und 2 "soziale Brennpunkte" (hoher Anteil an sozial schwachen Bürgern sowie hohem Ausländeranteil).
Um das Anforderunsspektrum möglichst vollständig aufzuzeigen mixe ich hier Einsätze aus mehreren Schichten (die wirklich so stattgefunden haben) zusammen.
Los gehts!
Heute Nachmittag fährt eine "neue Dritte" bei uns mit.
Conny hat vor einer Woche Ihren Sanitätshelferlehrgang erfolgreich abgeschlossen und ist nun ganz gespannt darauf ihr Wissen und Training auch bei Echten Patienten einzusetzen.
Wir treffen uns eine Stunde früher, um noch einmal die Ausrüstung des Rettungswagens durchzugehen und dabei auch zu checken.
Kurz vor Dienstbeginn kommt auch Mike zu uns, der heute die Position des Fahrers innehat. Er ist Rettungsanitäter und ebenso wie ich seit über 10 Jahren "dabei". Außerdem ist er ausgebildeter Feuerwehrmann der freiwilligen Feuerwehr München. Somit sind wir für alle Eventualitäten gerüstet.
Er meldet uns über Funk einsatzbereit bei der Rettungsleitstelle an.
Kurz nach Dienstbeginn kommt auch schon unser erster Auftrag per Fax.
Ein bettlägriger Dialysepatientet soll vom Dialysezentrum nach Hause gefahren werden. Diese Fahrt geht über unseren Leitstellenbereich hinaus ins Umland.
Da ich diesen Patienten und die Fahrtroute bereits kenne, nutze ich die Fahrtzeit zum Dialysezentrum um mit Conny das Thema Dialyse zu besprechen.
Auf der Rückfahrt bekommen wir über Funk einen Notfalleinsatz.
Meldebild: Atemprobleme
Als wir dort nach ca. 5 Minuten eintreffen, öffnet uns der Sohn des Patienten die Tür und erzählt und auf dem Weg ins Wohnzimmer, das sein Vater von der Arbeit nach Hause gekommen ist und über plötzliche starke Müdigkeit klagte.
Als er ihn zum Abendessen holen wollte habe er nicht reagiert "und so komisch geatmet". Wir fanden den Patienten bewußtlos quer auf dem Sofa liegend mit einer typischen Ceyne-Stock`schen Atmung vor. Ein kurzer Blick in die Pupillen zeigte eine deutliche Größendifferenz zwischen rechter und linker Pupille.
Mike alarmierte mit dem Meldebild "cerebrale Blutung" den Notarzt nach und half anschließend uns bei der weiteren Versorgung des Patienten.(Lagerung,Sauerstoffgabe, Monitoring,i.v.-Zugang,Infusion)
Wir waren damit gerade fertig als der Notarzt eintraf und nach einer Übergabe durch mich intubieren wollte. Dies erwies sich nach mehreren Versuchen jedoch als unmöglich.
Glücklicherweise ließ sich der Patient gut mit der Maske beatmen.
Der Fahrer des NEF`s (Notarzteinsatzfahrzeug) erhielt den Auftrag,über die Leitstelle einen aufnahmebereiten Schockraum zu suchen zu lassen und eine endoskopische Intubation anzumelden.
Nach dem Umlagern auf unsere Transportliege (heißt übrigens nicht "Bahre"- da kommen nur Tote drauf) und dem Einladen teilt uns die Leitstelle als Transportziel den Schockraum einer Münchner Uniklinik zu, die ca. 15 Fahrminuten entfernt liegt. So bekommt unsere Praktikantin gleich in der ersten Schicht den Auftrag, den Patienten während der Fahrt unter Aufsicht des Notarztes und mir, mit der Maske zu beatmen.
Im Schockraum werden wir bereits erwartet und nach der Intubation auf der Liege geht es auch gleich weiter ins CT. Dort zeigte sich eine massive Massenblutung in der rechten Hirnhälfte und der Patient wurde auf die Intensiv verlegt. Am nächsten Tag habe ich erfahren, das er dort 3 Stunden später gestorben ist.
Wieder auf dewr Rettungswache angekommen hatten wir gerade die Zeit unsere auf der Rückfahrt bestellte und abgeholte Pizza fertig zu essen, da kam schon der nächste Einsatz: Tachykardie im Altenheim.
Eine 84 Jährige Bewohnerin, bettlägerig mit PEG und BDK versorgt liegt
mit einer HF von 132 und einem für sie hohen RR von 190/90 in ihrem Bett.
Z.n. mehrfachen Apoplex, nicht kommunikationsfähig.
Beim der Untersuchung der Bewohnerin fällt mir auf, daß der Urinbeutel nur mit ca. 100 ml Urin gefüllt ist. Auf Nachfrage eim Pflegpersonal erfahre ich, das ser Beutel das letzte mal von der Nachtschicht geleert worden ist und sie 1,8 l Flüssigkeit über die PEG erhalten hat. So kam ich zu der Diagnose "verstopfter Blasenkatheter". Nachdem die Station über DK Sets und Katheter verfügte aber selbst diesen aus rechtlichen Gründen nicht wechseln darf, entschloß ich diesen Wechsel selbst durchzuführen, da ich neben meiner Qualifikation als Rettungsassistent auch Fachkrankenpfleger für Anästhäsie und Intensivmedizin bin.
Es entleeren sich über 1l Urin über den neu gelegten BDK und auch die erst schmerzverten Gesichtszüge der Bewohnerin entspannen sich zusehens. Blutdruck und Puls gehen auf Normalwerte zurück und nach Schreiben eines ausführlichen Notfallprotokolls und einem Gespräch mit dem zufällig anwesenden Hausarzt fahren wir wieder und freuen uns schon auf den bevorstehenden Grillabend in der Rettungswache. Soweit sollte es aber zunächst nicht kommen!
Unser nächster Einsatz führt uns mit dem Meldebild "bewußtlos"mit Blaulicht zu einem türkischen Mitbürger der unter Rückenschmerzen leidet und nur Schmerztabletten von uns haben wollte. Auf die Frage, warum er nicht den ärztlichen Notdienst sondern uns anrufe, sagte er nur: "Wenn ich sage Schmerzen dauert es 3 Sunden,wenn ich sage bewußtlos kommt ihr sofort!"
Nachdem wir ihm erklärt haben, das er trotzdem den Taxidoktor anrufen muß und Mike den parallel alarmierten Notarzt abbestelt hatte, fuhren wir wieder.
Eine Wohnungöffnung war der nächste Einsatz. Die Nachbarn hatten die Polizei benachrichtigt, weil sie den Mieter seit übereiner Woche nicht mehr gesehen hatten und es aus der Wohnung komisch roch.
Die Feuerwehrleute brauchten ca. 40 Minuten um die Tür aufzumachen, da der Herr vom sehr vorsichtigen Typ war und drei Sicherheitsschlösser an seiner Haustür hatte. Über die Drehleiter oder Nachbarwohnungen ließ es sich in dem Fall leider nicht in die Wohnung kommen.
Als die Tür geöffnet war, mußten wir uns den Weg über ca. einen halben Meter hoch in dem Einzimmerapartement herumliegenden leeren Bierdosen bahnen.
Der Patient lag nur mit seiner Unterhose bekleidet auf dem Sofa, hatte unter sich gelassen und eine Bierdose noch in der Hand. Deutliche Fäulnisszeichen deuteten darauf hin, das er bereits mehrere Tage tot war.
Der Rest war Aufgabe der ebenfalls anwesenden Polizeistreife.
"Mein Mann will entziehen" hörten wir als erstes an der nächsten Einsatzstelle.
47 Jahre alt, bereits zwei Entzüge hinter sich, jetzt 5 Wochen "trocken" gewesen. Trinkt seit 4 Tagen wieder regelmäßig seine Flasche Schnapps pro Tag. Gut, das ich die Telefonnummern von den beiden Münchner Entzugskliniken mittlerweile auswendig kenne. Glücklicherweise hat eine davon ein freies Bett und ist gewillt ihn aufzunehmen.
Da seine Frau ihn selbst mit dem Wagen hinfahren will und es fast schon Schichtende für uns ist, freuen
Mike,Conny und ich uns auf E I N Bier und das Barbecue auf der Wache!
So, das war ein kleiner Einblick in die Welt des Rettungsdienstes, bin auf Euere Anmerkungen und Fragen gespannt!
Viele Grüße
Werner