Rechtliche u. pflegerische Anforderungen an die Dokumentation

Ute

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04.02.2002
Beiträge
1.736
Ort
Hannover
Beruf
Krankenschwester, Fachkraft für Leitungsaufgaben in der Pflege (FLP)
Akt. Einsatzbereich
Zur Zeit in der Elternzeit
Funktion
Study nurse
Hallo,

welche Anforderung habt Ihr an Eure Dokumentation? Was denkt Ihr, was muss dokumentiert werden? Reicht es, dass man schreibt: "Pflege nach Plan"?

Ich denke eine richtige Dokumentation ist auch ein Leistungsnachweis für meine Tätigkeit die ich ausführe, sie ist eine Urkunde und hat damit Beweiswert.
 
Wir benutzen das SOAP-Prinzip-
S - für Subjektiv. Der Patient sagt, was er möchte, das wir aufschreiben
O - für Objektiv. Wir schreiben auf, was passiert ist.
A - Aktion. Was als Folge von S oder/und O passieren muß.
P - Planung. Was zu einer Planzeit (z.B. zwei Stunden nach Bericht) getan werden muß.
Und nur, wenn alle Punkte benannt sind, gilt die Doku als vollständig.
Einträge wie KB Keine Besonderheiten sind da strikt verboten.
 
Man möge mir verzeihen, ich mag gard kein neues Thema eröffnen, da ich finde die Frage passt hier auch grad noch so rein.
Geht um folgendes:
Immer öfter lese ich zur Zeit den Satz (???) regelgerechte Behandlungspflege ... und das als einzige Dokumentation bei einem Patienten auf einer Chirurgie. Und das nicht nur einmal vom Frühdienst oder so, sondern bei manchen Leuten steht das schon seit Tagen/Nächten da. Immer die gleiche Formulierung, nie mehr als diese 2 Wörter.

Kennt ihr das auch? Oder habt ihr auch irgendwelche "Standartsätze" die geschrieben werden wenn ein Patient die Schicht über "unauffällig" war? Da solche Sätze wie "Pat. war unauffällig" oder "keine weiteren Vorkomnisse" bei uns im Haus nicht gerne gesehen werden bzw. "verboten" sind, aber ich kann mich einfach mit der "regelgerechten Behandlungspflege" nicht anfreunden .. da tu ich micht echt schwer mit.
Die Kollegen haben sich allesamt dran gewöhnt .. schreibfaul wie sie nunmal sind *schmunzel*
 
Hallo,

wenn alle wissen was sich hinter dem Begriff "regelgerechte Behandlungspflege" steht ist das schon ok. Das soll heißen, alle müssen etwas mit dem Begriff anfangen können. Wenn Du im Team jemand hast der nicht weiß was das zu bedeuten hat ist es schon mal schlecht, auch andere Kollegen z.B. Intensiv oder Op müssen wissen was es bedeutet. Wenn Ihr dafür einen Standard oder eine Pflegeleitlinie erstellt habt könnt Ihr es schreiben.

Bei uns wird oft geschrieben "Pflege nach Standard oder Leitlinien. Sie müssen aber auftauchen im Pflegeplan!

LG
ute
 
Bei uns wäre eine Dokumentation nach dem Motto ...war unauffällig... schon wegen des wichtigen und notwendigen Eigenanteils des Patienten nicht möglich. Wenn der Patient selbst nicht angeben kann, wie es ihm geht, fragen wir nächste Angehörige, wie sie den Tag des Patienten erlebt haben. Einzig die Kollegin der Nachtschicht schreibt, wenn der Patient zum Schluß ihres Dienstes nicht wach war, wie er nach ihrer Einschätzung geschlafen hat. Da sie aber immer auch Bezug nehmen muß auf den Vortag oder Vorabend, etwa Schmerzereignisse oder Fieber am Abend, wird sie kaum irgendwo einfach nur schreiben können:"Patient schlief." oder ähnlich.
Allerdings kommen Phrasen wie von Ute benannt schon regelmäßig vor, etwa: "Patient war zu ERCP [hier des Patienten Schmerzbelebung], wurde laut Protokoll versorgt." In solch einem Fall weiß aber jeder, was dieses Protokoll beinhaltet und ist das Protokoll in die Rapportage aufgenommen.
 
Hallo zusammen,
Ist schon interessant, daß die Doku scheinbar in allen Häusern "Probleme" macht. Ich persönlich bin ja jemand, der zugegebenermaßen auch schreibfaul ist. Wir haben Pflegestandards (wie vermutlich ihr alle) und in der Doku kann ich die entsprechenden Kürzel nutzen. Noch eine Beschreibung des AZs und der krankheitsentsprechenden Parameter (Atmung, Turgor - ihr wißt was ich meine) dazu und ich denke die Doku ist schon annehmbar.
Wenn ich mir die z.T. inhaltlosen Dokus diverser Kolleginnen anschaue, muß ich schmunzeln. Ich arbeite in der Kinderkrankenpflege und bei uns liest man sehr oft so "niedliche" Sätze wie "Kind hat lieb gegessen", etc. - wie informativ ist das bitte?
Bei uns wird es in bälde eine IBF zum Thema Doku geben (rechtl. Anspruch an Selbige, etc.) - bin ich sehr gespannt drauf.
Lg
 
hi quotenkerl,

stimmt, sie macht probs.

"hat lieb gegessen"..... darin drückt sich die persönliche einstellung (ein kind hat zu folgen, dann ist es lieb!) dieser krankenschwester gegenüber dem kind deutlich aus, hat mit professionellem doku natürlich nichts zu tun. in der erwachsenenpflege liest man gelegentlich sogar so was: "pat. ist störrisch" oder so ähnlich. ist genau das gleiche thema. :-)

in manchen abteilungen wird doku dazu benutzt um scharf druck auf das pp auszuüben. auch kolleginnen unter einander gehen in dieser hinsicht oft mit ellbogen miteinander um, einer will "besser" sein als der andere.

oder es wird auf teufel komm raus irgendwas hingeschrieben, hauptsache, es steht was da, weil "es sein muss". und entsprechend liest sich das. schmunzel.

formulierungen sind häufig dilettantisch oder schlichtweg banal, ist auch nachvollziehbar, wir machen nun mal auch sehr viel routine-zeug. ich habe mal kenntnis bekommen von der doku in einem altenheim, die hatten nichts anderes zu tun als täglich genau die stuhlbeschaffenheit der patienten zu beschreiben, und zwar in allen denkbaren variationen *grins*

eigentlich weiß keiner wirklich genau, wem die doku eigentlich dienen soll.

das gespenst von gerichtlichen auseinandersetzungen geht ständig um. mich würde mal interessieren, ob es tatsächlich zu verfahren kommt oder gekommen ist, wo es auf formulierungen in der doku ankommt.

oder es wird erzählt, es geht um den stellenschlüssel....

ich denke, es liegt vielfach am mangel einer fachgerechten fortbildung und an einer klaren zweck- und zielbestimmung. kein arbeitgeber gibt den mitarbeitern wirklich genug zeit, dies umfassend zu lernen und sich damit auseinanderzusetzen. die doku hat keine tradition in der krankenpflege. woher auch, krankenpflege ist von jeher praxisorientiert. alles neue wird zwischen tür und angel abgewickelt und handreichungen sind rar. oder ist es bei euch anders????? ein paar kolleginnen waren dann nicht da, andere haben nur teilzeit und sind dann wieder länger abwesend, dann wird wieder ein teil vergessen. dann wird es irgendwie gemacht. in der dienstzeit sind die abläufe oft gedrängt und es bleibt für das aneignen von neuem keine zeit. keiner macht es gern in seiner freizeit.

es stimmt auch, dass schriftliches formulieren nicht jedem so leicht von der hand geht.


mfg
 
Hallo myfairlady,
ich halte die sachgerechte Doku für sehr wichtig. Die Tatsache das wohl wirklich viele nicht wissen wem die Doku nutzen soll wundert mich ziemlich.
Liegt doch auf der Hand: UNS soll sie nutzen. Ich ärgere mich beispielsweise immer wieder schwarz, wenn in der Übergabe Informationen nicht weitergegeben worden sind und ich keine Möglichkeit habe, nachzulesen was gelaufen ist, weil nicht oder schlecht dokumentiert worden ist. Stehe dann oft genug auf dem Schlauch.
Die Doku ist ganz "nebenbei" tatsächlich auch gesetzlich gefordert. Als PP sind wir (bzw. ist die Institution) in der Beweisumkehrlast. Im gerichtlichen Streitfall liegt die Beweispflicht bei uns - da können wir viel erzählen "Wir haben alle notwendigen Maßnahmen durchgeführt". Das Geschriebene zählt vor Gericht mehr als das Gesagte.
Ob es auf die reine Formulierung ankommt, kann ich nicht beurteilen.
Bin zum Glück bis dato in keine gerichtlichen Auseinandersetzungen involviert gewesen.
Die katastrophal schlechte Informationsweitergabe stations-/klinikintern steht auf einem ganz anderen Blatt. Ist leider wirklich oft genug so, daß wenn man seine Ohren nicht ganztags auf Station liegen läßt, man wenig bis gar nichts mitkriegt. Das Meiste muß erfragt werden, selten wird man einfach informiert. Ist für mich als Vollzeitkraft vielleicht noch erträglich aber für viele unserer TZs die "Hölle barfuß".
Naja, viele Dinge in der Klinik, die sich im Lauf der Jahre eigendynamisch entwickelt haben (und dabei leider nicht immer in die "richtige Richtung") können schon recht frustrierend sein.
Zum Glück läuft es sich - langfristig betrachtet - aufrecht noch am gesündesten ergo: Kopf nicht hängen lassen :)
P.S. deine Anekdote mit dem Altersheim hat mich sehr amüsiert. Auch in der Krankenbeobachtung muß man ganz klar Prioritäten setzen - auch wenn diese sch... sind :lol:
 
Hallo

Diese Diskussion um Sinn und Zweck einer Pflegeplanung bzw. warum wir Pflegende eine Pflegedokumentation führen sollen habe ich auf Station als Krankenpfleger geführt und führe sie jetzt als Lehrer an einer Krankenpflegeschule.

Mir fällt jedenfalls immer wieder auf, dass das eigentliche Problem nicht das Erstellen einer Pflegeplanung ist, sondern die Pflegeplanung das persönliche berufliche Selbstverständnis bzw. die Einstellung der Pflegekraft zum Patienten widerspiegelt. Vielleicht sollte man danach fragen, mit welcher Motivation man jeden Tag auf Station zu Patienten geht.

Entweder ich betrachte das Erstellen einer Pflegeplanung als zusätzliche Schreibarbeit, weil es die Sozialgesetzgebung einfordert - dann ist die Pflegeplanung zum Scheitern verurteilt. Es kann auch sein, dass ich die Pflegeplanung als Lösung aller Probleme betrachte, also nur den Pflegeprozess sehe und dabei auch den Patienten aus den Augen verliere.
Meiner Ansicht nach ist ein realistischer Mittelweg angebracht:
Wer sich die Frage nach dem Sinn und Zweck einer Pflegeplanung stellt, wird schnell erkennen welche Vorteile die Erstellung hat
Zum Beispiel wird dadurch erst eine individuelle Pflege möglich, denn es werden nur die Pflegemaßnahmen ergriffen, die dem Patienten helfen seine Probleme zu lösen und mit seiner konkreten Situation zurecht zu kommen. Dadurch kann auch Zeit eingespart werden, die anderen Patienten zu Gute kommt.
Unsere Pflegearbeit wird nachweisbar und überprüfbar. Das kann sich positiv auswirken, wenn z. B. das DRG-System voll durchschlägt.
Wir Pflegende müssen erkennen, dass die Pflegeplanung uns hilft gemeinsam mit dem Patienten seine Probleme zu lösen, seine Situation zu bewältigen und letztendlich eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Pflegeplanung muss praxisnäher werden. Das ist unbestreitbar. Deshalb versuche ich Auszubildende dabei zu unterstützen eine Pflegeplanung auf Station für und mit einem Patienten zu schreiben. Dort werden die Vorzüge einer geplanten Pflege dann direkt erfahrbar.

Vielleicht noch etwas zum Schluss. Es wurde erwähnt, dass Maßnahmen im Pflegebericht dokumentiert werden. Meiner Ansicht nach entfaltet hier die Erstellung einer Pflegeplanung ihre Wirkung. Wenn Maßnahmen in der Pflegeplanung extra stehen, dann muss im Pflegebericht nur noch erwähnt werden, aus welchen Gründen die Pflegeplanung abgeändert wurde und wie Patienten die Pflege bzw. den Krankenhausaufenthalt erleben.

Grüße
Martin
 

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