News Positionspapier des DBfK zur Situation der Pflege

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[20.07.2004]

Positionspapier des Bundesvorstandes zur Situation der Pflegeberufe

Mit großer Sorge beobachtet der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) die Auswirkungen der Strukturveränderungen und insbesondere der Spardiskussion im Gesundheits- und Sozialwesen. Arbeitsplätze in der Pflege werden abgebaut bzw. nicht besetzt. Parallel dazu besteht regional ein quantitativer und institutionsbezogen auch ein qualitativer Mangel an Pflegepersonal. Im Rahmen der organisatorischen Umstrukturierungen in den Krankenhäusern wird zunehmend die pflegerische Fachkompetenz aus der Geschäftsleitung ausgeschlossen.

Die (regional vorhandenen) Dumpinglöhne für Pflegefachkräfte in der ambulanten Pflege sind ein Skandal. Zunehmend werden Flächentarifverträge in Gesundheitseinrichtungen außer Kraft gesetzt. Bisher tariflich garantierte Leistungen werden radikal abgebaut. Es werden Haustarifverträge abgeschlossen bzw. Einzelverträge verhandelt. Hinzu kommt die allgemeine Tendenz, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zu erhöhen.

Pflegende arbeiten heute unter immer größerem Leistungs- und Zeitdruck. Professionelles Arbeiten ist in vielen Einrichtungen kaum noch aufrecht zu erhalten. Die personellen Ressourcen im Gesundheits- und Sozialsystem werden unter dem Sparzwang nach dem Zufallsprinzip reduziert, wobei den Geschäftsführungen das Personalbudget der Pflege besonders einsparungsfähig erscheint.
Durch die Einführung der DRGs kommt es zu einer deutlichen Verkürzung der Verweildauer, längerfristig wird die Reduzierung von Klinikbetten um mindestens 30% erwartet. Dies führt zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung. Trotzdem werden Arbeitsplätze abgebaut. Die Verunsicherung der Pflegenden nimmt ständig zu und gerade ältere Pflegende werden bevorzugt „abgewickelt“.
Angesichts der Unklarheit der Krankenhausträger und der Träger von Pflegeeinrichtungen bezüglich der Finanzierung der Ausbildungskosten werden massiv Ausbildungsplätze abgebaut. Absolvent/innen der Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen werden zum größten Teil nicht in eine Anstellung übernommen. Die Ausbildungszahlen in der Altenpflege hängen überwiegend vom subventionierten Bildungsmarkt in der Altenpflege ab (zeitlich befristete Sonderregelung für Umschulung zur Altenpflegerin in SGB III).
Diese Situation ist auch deshalb besorgniserregend, weil in unmittelbarer Folge flächendeckend ein dramatischer Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal auftreten wird. Die Pflegefachkräfte, deren Stellen heute abgebaut werden, oder diejenigen, die nach der Ausbildung keine Arbeitsstelle erhalten, werden morgen mit Prämien zurück gelockt werden müssen. Andere Länder in der EU leben das heute schon vor. Den Preis zahlen die Pflegenden, die den Mangel kompensieren sollen, und letztendlich – durch Unter- und Fehlversorgung - die zu pflegenden Menschen.
Es fehlt eine differenzierte und aktuelle Pflegepersonalstatistik, welche eine systematische Pflegepersonalbedarfsanalyse für die nächsten 5, 10 oder 20 Jahre zulässt. Hier werden – gerade angesichts der demographischen Entwicklung – Chancen für wichtige und richtige Weichenstellungen vertan. Allen Verantwortlichen fehlt damit ein entscheidendes Instrument zur politischen Weichenstellung im Pflegesektor.

Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.V.
  • die Tarifvertragsparteien auf, für die Pflegeberufe eine den Qualifikationen und der gesellschaftlichen Relevanz des Berufes entsprechende Vergütungsstruktur zu entwickeln.
  • die Verantwortlichen in Politik, der Selbstverwaltung und den Verbänden auf, die Probleme der Pflegenden ernst zu nehmen, statt sie als „Nebeneffekt der Strukturreformen“ zu bagatellisieren.
  • von den Kostenträgern, in allen Bereichen der Pflege Vergütungsstrukturen zu schaffen, die qualifizierte Pflege leistbar machen.
  • alle Arbeitgeber auf, sich bewusst zu machen, welche große Bedeutung kompetentes, motiviertes und leistungsgerecht bezahltes Pflegepersonal für die Qualität der Versorgung und damit den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Einrichtung hat und verantwortlich mit dieser Ressource umzugehen.
  • den Aufbau einer systematischen Pflegepersonalstatistik und eine Diskussion um die dauerhafte Sicherung der pflegerischen Versorgung der Menschen in Deutschland.
  • die Berücksichtigung des pflegerischen Aufwands im Rahmen der DRG-Kalkulation.
  • die Erhaltung einer Klinik-Organisationsstruktur mit Pflegedirektionen, damit die Einbindung pflegerischer Kompetenz auf der Ebene der Unternehmensleitung gewährleistet ist.
Pflegende leisten einen gesellschaftlichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge, Krankheitsverhütung sowie Herstellung von Gesundheit, Unterstützung und Hilfeleistungen bei chronischen Erkrankungen, Gebrechlichkeit und im Sterbeprozess.

Pflege ist ein attraktiver Beruf mit Zukunft. Aber nur dann, wenn mit dieser Berufsgruppe und ihrem Wissen als unverzichtbare Ressource auch verantwortlich umgegangen wird!

Berlin, 18. Juni 2004
Gudrun Gille
1. Vorsitzende

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) Geisbergstrasse 39 10777 Berlin

Quelle: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) - URL: www.dbfk.de
 
Das hat sich Gudrun Gille aber fein ausgedacht!

Es erschrickt mich, wie spät dieser Verein sich zu dieser zum Himmel schreienden Situation zu Wort meldet!
Und es macht mich enorm traurig, was für armselige Forderungen hier aufgestellt werden!
Immer mehr frage ich mich, ob der DBfK ein Berufsverband sein will oder eine Gewerkschaft.
Langsam aber sicher wird es Zeit für Maßnahmen.
Laut brüllen kann jeder, Handeln ist gefragt!
Es wäre meiner Meinung nach besser, wenn eine Berufsorganisation sich als Überwachungsinstitut installieren würde.
Und dann sollte dieses Institut nur noch zur Pflege zulassen, wer, sagen wir, angemessene, vertretbare Arbeitsbedingungen (wie etwa ein Mindestgehalt!) erhält. Den Spieß umdrehen. Mindestens alle zwei, drei Jahre eine Fort- oder Weiterbildung fordern. Ausbildungsinhalte und -bedingungen kontrollieren und festlegen. Kompetenz und Leistung auf einem angemessenen Pegel halten. Gewerkschaften verdrängen. Den Beruf wieder wirklich attraktiv machen.
Dann, denke ich, kann es wirklich weitergehen mit der Pflege in Deutschland.
Hier werden – gerade angesichts der demographischen Entwicklung – Chancen für wichtige und richtige Weichenstellungen vertan.
Ich frage mich, wer da alles die Chancen vertan hat!
Und es wäre wirklich liebreizend von Gudrun, ließe sie uns mit ihrem Verein nicht noch weiter ins Chaos vordringen. Sie sollte mal zeigen, was sie wirklich drauf hat!
Daß sie den Vorsitz verdient hat!

Auf in den Kampf!:boxen:
Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, Andre

Deine Forderung nach einem Überwachungsinstitut erinnert sehr an die Pflegekammer, denn die könnte deine Forderungen gewähren. Es gibt noch keine Pflegekammer, aber die Möglichkeit der "freiwilligen Registrierung" (siehe http://www.freiwillige-registrierung.de). Und mit der Freiwilligkeit ist das ja so eine Sache: beim Bezahlen hört ja bei den meisten der Spaß auf (und die Bereitschaft, sich für irgendwas zu engagieren). Das gilt gleichermaßen für die Mitgliedschaft in Berufsverbänden. Tja, und da liegt doch der Hase im Pfeffer: ein Berufsverband ist immer nur so stark, wie die Berufsgruppe, die er vertreten soll. Und die Pflegenden heben sich nicht gerade durch ihre uneingeschränkte Bereitschaft zur Beteiligung an der Gestaltung ihres Berufsalltages hervor: soll heißen, Pflegende lassen sich immer noch zuviel vorschreiben. Und das kann man nun wirklich nicht dem Berufsverband anlasten. Sie dich doch mal um, wer sich ausser dem DBfk überhaupt noch nennenswert um die Pflegeberufe kümmert. Ausser jeder Menge Leute, die eigentlich überhaupt keine Ahnung davon haben (und so bemerkenswerte Einfälle haben, wie "Langzeitarbeitslose in die Pflege" zu fordern), sehe ich da niemanden. Also, nicht jammern, machen! Und Gudrun, die ist ja in einem demokratischen Prozess zur ersten Vorsitzenden gewählt, somit erste Sprecherin des Berufsverbandes, also Sprachrohr der Mitglieder und nicht alleine für das Wohl und Wehe der Berufsgruppe verantwortlich. Im Übrigen hat der DBfK in den letzten Jahren für die Pflegeberufe einiges erreicht. Der schreit nur hinterher nicht so laut rum, dass alle es mitkriegen. Da haben andere Organisationen sicherlich einen anderen Umgang mit. Aber nur, weil sie gehört werden, ist ihre Arbeit nicht besser.
 
Hallo Starbucks!

Du hast sicherlich Recht, wenn Du sagst, es liege sehr bei der mangelnden Handlungsbereitschaft der Berufsgruppe selbst. Und mit meinem Aufruf zum Handeln meinte ich auch eben nicht allein den DBfK, sondern sicherlich jeden, der diesen Beitrag liest.
Allerdings habe ich gerade wegen der schwachen Lobby das stakre Gefühl, daß der Ruf des DBfK in diesem Artikel von Gudrung Gille äußerst schwach ins Leere verhallt.
Bist Du registriert? Wer ist steckt denn da hinter der Unabhängigen Registrierungsstelle in Potsdam? Man sollte diese Registrierung zur Pflicht machen müssen. Den Ansatz zum Qualitätserhalt finde ich ganz gut. Da müßte nur noch eine deutlichere Position gegenüber der Arbeitgeberschaft bezogen werden.
Ich hätte auch sehr gern mehr Informationen über die aktuelle Zahl der registrierten Kolleginnen und Kollegen, sowie einen Überblick über die Aktivitäten der Registrierungsstelle. Einfach "nur" registrieren finde ich nicht ausreichend.
Den Herrschaften mit der Frage um Langzeitarbeitslose in die Pflege wünsche ich sehr und von ganzem Herzen, daß sie von einer ehemals langzeitarbeitslosen Dumping"schwester" aus einem der zur EU beigetretenen Entwicklungsländern ver"sorgt" werden!

Viele Grüße!
Andreas
 
Du hast ja recht, wer sich im Augenblick berufspolitisch engagiert, braucht schon einen langen Atem. Aber nur so geht es auch. Ich kann ja niemandem übel nehmen, der sagt "ach, es nutzt doch nix, wenn ich da mitmache". Wenn das aber jeder sagt, passiert erst recht nix, ganz im Gegenteil, mit uns wird gemacht. Und das würde ich nicht wollen. Ich wünsche mir, dass ich selber bei der Gestaltung menes Arbeitsalltages beteiligt bin und nicht nur gesagt bekommen, was jetzt meine Aufgaben sind und wie ich die zu machen habe. Es geht ja auch darum, ob von der Berufsgruppe "Pflegende" zu recht behauptet werden kann, sie sei unpolitisch. Ich glaube das nicht, aber Pflegende sind sehr schwer zu organisieren. Es werden eher solche Foren wie dieses gewählt, um sich zu beteiligen. Das freut mich ja schon mal, aber ist eben wenig organisiert. Wenn der DBfK keine Mitglieder hätte, wäre das ein Zeichen dafür, dass er keinen Auftrag mehr hat. Dann ist entweder alles gut...oder alles ist ganz schlecht, weil die Berufsgruppe endgültig den Glauben an sich verloren hat. Tja, so ist das mit dem langen Atem. Es gibt viel zu tun, packen wir's an.


Über die Registrierung selber kann ich dir nicht viel sagen, ausser, dass es andererorts verpflichtend ist (z.B. Engalnd). Vielleicht ist das der Weg, etwas zu bewegen. Wieviele schon registriert sind? keine Ahnung, das sollte die Registrierungsstelle beantworten können.