Placebo

Suse

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26.03.2002
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137
Hi !
Was haltet ihr davon Pat. Placebo zu geben oder NaCl zu spritzen ?
Gruß Suse
 
Hi Suse!

Aus Patientensicht finde ich Placebos eigentlich reine Verarsche.
Wenn mir jemand bei Schmerzen irgendein gefärbtes Wasser geben würde,würde ich - wenn ich das rausbekäme - zum Tier werden.Das hieße für mich,man würde mich nicht ernstnehmen.
Aber aus pflegerischer oder ärztlicher Sicht finde ich die Placebo-Gabe gar nicht sooo schlimm.
Schließlich sind einige Patienten wirklich so auf ihr Abführmittelchen oder "die kleine weiße Tablette" fixiert,daß man mit einem Placebo den gewünschten Effekt erzielt.
Ich bin mir da also in meiner Meinung nicht wirklich sicher.Mir fällt nämlich gerade auf:ich spreche mit dem oben geschriebenen gerade meinen Patienten Rechte ab,die ich selber für mich einfordere.
Ich glaube,daß muß man echt individuell entscheiden.
In einem Fall bin ich mir aber ganz sicher:mir ist es lieber,der Patient schläft nach einem Placebo die ganze Nacht durch,als daß ich ihn mit einer Hammer-Schlaftablette auch noch für den halben Vormittag aus dem Verkehr ziehe!
Bei uns werden aber auch wirklich sehr selten Placebos verteilt!
Wie macht ihr das denn?

Liebe Grüsse,Silvana

PS.:Jetzt hast du mich echt zum Nachdenken geracht!Danke :!: :!: :!:
 
Hallo ihr beiden...

Ich habe auch jedesmal diesen Konflikt mit mir, aber defacto hilft man den Leuten eben oft damit, wenn man sie "überrumpelt". Das klingt mir jetzt aber eigentlich schon wieder zu verharmlosend... Der Zweck heiligt aber halt doch auch die Mittel manchmal.

Es ist tatsächlich glaub ich auch eine Frage der Präsentation und der Eindringlichkeit, mit der das Medikament/Placebo dem Pat. erklärt und verabreicht wird. Jeder Mensch ist eben anders und reagiert auf unterschiedliche Typen und "fällt" auf andere Schmähs "herein".

Ich tendiere auch eher dazu Analgetika zu verabreichen, auch wenn er/sie eigentlich schon keine Schmerzen mehr "haben kann" (wie ich mich oft ertappe zu denken). Bei der Schlafmedikation bin ich eher mit Placebos grosszügig, v.a. bei Leuten, die schon etwas einnehmen und noch irgendetwas dazu wollen. Da kann man oft erklären was man will, dass das nicht so toll ist Präparate zu kombinieren und man entweder morgen nachmittag aufwacht oder trotz alledem nicht einschläft; es einfach unabschätzbar ist. Die stehen dann alle 10min auf der Matte, bis ich ein Placebo (bei uns steht übrigens "540mg" drauf :-)) gebe. Dann schlafen sie zwar auch meistens nicht, aber sie sind sozusagen befriedigt und sehen in der Früh ein, dass es nichts bringt. Pflegen = Moral vermitteln - auch etwas überheblicher Ansatz!!

Und bei manchen ist es eben so, dass ihnen die ganzen 'klaren Infusionen nichts helfen, NUR das gelbe bringts'. Wenn dann jemand mit solchen Vorstellungen kommt und quasi nach der Verarschung selbst bittet, warum soll mans dann nicht machen.

naja, es ist halt nicht alles schwarz/weiss

+lg, david grauingrau
 
Hi,

schwieriges Thema!

Schmerz ist ja indivituell, und zu einem gewissen Grad auch "anerzogen". Das hört sich jetzt etwas dumm an, ist aber so.

Ich arbeite auf einer Kinderintensiv. Bei kleinen Kindern funktioniert eine Schmerztherapie meist sehr gut. Wenn die Kinder weinen, die Beine anziehen, unruhig sind, die Pulsfrequenz und Atemfr. steigt haben sie Schmerzen und durch Analgetikagabe bessert sich der Zustand der Pat.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen machen wir öfters die Erfahrung, daß sie Schmerzen oft als Druckmittel gegen die Eltern einsetzen oder auch Eltern ihnen Schmerzen einreden.
Wenn eine Mutter bei ihrem Kind sitzt und immer wieder fragt: Hast du Schmerzen, wo tut´s denn weh, sag wenn´s dir weh tut etc. bekommt man früher oder später Schmerzen. Da kann oft eine kleine NaClGabe vor allem bei den Eltern Wunder wirken.
 
Hallo!

Wir hatten mal einen Patienten, der von seiner Tramal- Dosis 3x täglich so abhängig war, daß er schon um halb drei geklingelt hat, daß man alles schon mal vorbereitet, damit er um drei sein Tramal dann auch in den Händen hält und einnehmen kann! Er hatte noch keine Schmerzen, aber Angst vor den Schmerzen! Alle Versuche, ihn den Scmerz etwas "aushalten" zu lassen schlugen fehl, und so bekam er nach Arztabsprache Placebo! Ihm wurde erklärt, es sei ein Kombinationspräperat (Tablettte sieht ja anders aus) und er hat es "geschluckt"! So konnte man ihn langsam von den Schmerzmiteln entwöhnen, es hatte bei ihm wirklich nur einen psychischen Effekt! So ist es wirklich häufig bei Patienten.... Total fixiert auf Mittelchen xy, denn nur das hilft!

Darf man als Pflegeperson denn einfach Placebo verabreichen? Braucht man nicht die Zustimmung des Arztes? In Euren Beiträgen klingt es so, als ob Ihr selbst entscheiden könnt! In unserem Krankenhaus dürfen wir das nicht, soweit ich weiß!
 
Hi Alexandra,

wir fragen unsere Ärzte schon, ob wir ein Placebo einsetzen dürfen. Da mann oft nicht weiß, ob der Pat. "echte" oder "eingebildete" Schmerzen hat, soll der Arzt die Entscheidung treffen.
 
Hi Pat!

Gegenfrage: Woher weiss denn der Arzt, dass der Patient Schmerzen hat?
Also ich weiss dass es nicht richtig ist, dass Pflegepersonen Vorschreibungen bei Medikamenten machen, aber die PP hat definitiv mehr Erfahrung und Anhaltspunkte aus dem kontiuierlichen Beobachten des Patienten als ein Arzt, der eben mal vorbeikommt und dann sowas entscheiden muss.

+lg, david
 
Hi David,

ich teile dem Arzt meine Beobachtungen natürlich mit. Die Ärzte gehen auch selbst zu den Pat. und machen sich ein Bild.
Die entgültige Entscheidung, ob ein Placebo verabreicht wird, trifft aber der Arzt.
 
Hi!

Bei uns sprechen wir die Placebo-Gabe mit den Ärzten ab,aber meist kommt der Vorschlag eher vom Pflegepersonal,die meiner Meinung nach die psychische Situation des Patienten auch besser beurteilen können.

Nach langem Nachdenken über das Für und Wider von Placebos stimme ich mit meiner Oma überein:

"Hauptsache es hilft,dann kann es auch Kuscheße sein!"

In diesem Sinne,
Silvana :)