Pflegemodell nach Orem

spielemann

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Schleswig-Holstein
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Krankenpfleger
Hallo!
Wir wollen bei uns in der Klinik das Pflegemodell nach Dorothea Orem umsetzen. Zur Zeit pflegen wir mehr nach dem Modell von Nancy Rouper.
Wer kann mir zu dem Modell von Orem einiges erzählen und hat Erfahrungen aus dem Klinikalltag mit dem Selbstpflegeprinzip.
Wir sind ein Haus der Akutversorgung.
Gruß

Axel
 
Hallo Axel,

hier erst einmal eine Erläuterung:

Pflegetheorie nach Dorothea Orem
Dorothea Orem geht von einem Menschenbild aus, bei dem jeder eine starke Eigenmotivation hat für sich selbst zu sorgen. Das heißt, egal ob ein Mensch gesund oder krank ist, wird er mit seinen Handlungen dafür sorgen, seine Gesundheit zu erhalten, bzw. wieder herzustellen. Dieses Verhalten nennt Orem Selbstfürsorge.

Ist ein Mensch verletzt oder krank, so werden zusätzliche Anforderungen an ihn gestellt. Ist er in der Lage auch diesen Anforderungen gerecht zu werden (Ressourcen), bedarf es keiner professionellen Krankenpflege. Die Pflegeperson greift nur dann ein, wenn der Patient oder seine Angehörigen den vermehrten Anforderungen alleine nicht gerecht werden (Selbstfürsorgedefizit).

An der Ausführung des Pflegeplans sind beide, Pflegekraft und Patient aktiv beteiligt. Zusätzlich können Familienmitglieder oder andere Bezugspersonen des Kranken in die Pflege mit einbezogen werden.

Orem sieht die Pflege nicht als eine einseitige Handlung der Pflegeperson, sondern versteht sie als Interaktion zwischen Patient und Pflegekraft. Handelt die Pflegeperson z.B. für den Kranken, so muß dieser auch die Rolle des Hilfeempfängers akzeptieren können und wünschen, wieder selbständig zu werden.

Voraussetzung der professionellen Pflege ist das Pflegevermögen. Unter Pflegevermögen versteht man die Fähigkeit, mittels Pflegemaßnahmen zu helfen, um das Defizit zu kompensieren oder zu überwinden.

Dies kann durch unterschiedliche Pflegesysteme erreicht werden:

Das unterstützend- entwicklungsfördernde Pflegesystem:
Bedeutet den Einzelnen anleiten und unterstützen, ihm dabei zu helfen, die Selbstfürsorge besser auszuführen.

Das teilweise kompensatorische Pflegesystem:
Bedeutet dem Einzelnen bei der Selbstfürsorge zu helfen.

Das völlig kompensatorische Pflegesystem:
Bedeutet die Selbstpflegeleistung für den Einzelnen durchzuführen, wenn dies der Patient nicht kann oder strikte Bettruhe eingehalten werden muß. Die Pflegeperson muß hier die Unfähigkeit des Patient ausgleichen.

Dann ein Bild von Frau Orem

Orem.gif


Und eine Buchempfehlung Dorothee Orem aus dem Huber Verlag.

3456833008.03.MZZZZZZZ.jpg


als auch eine von Lambertus

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Cheers

Ingo :wink:
 
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Hallo,
ich habe Anfangs gar nichst mit der Pflegetheorie von Fr. Orem anfangen können, haben dies zwar schon in der Schule durchgesprochen (heute 6 Stunden) aber ganz verständlich war es mir nicht. Der Beitrag von Ingo hat mir gut geholfen den Sinn Ihrer Theorie zu verstehen. Danke hierfür :-)
Kann mir jemand den Unterschied zwischen dem "situativen Selbstpflegebedarf" und den "Selbstpflegeerfordernissen" nennen?
Ist es dasselbe? Denn es geht ja um Bedürfnisse die erfüllt werden müssen.

Danke im Vorraus und lieben Gruß
Nanami
 
Die Selbstpflegeerfordernisse sind unabhängig von Situation da, Sauberkeit, Hunger....
Situativen Selbstpflegebedarf kann man durch besondere Umstände besonderes gut erklären z.B. Schwangerschaft.
 
Danke ich glaube das macht mir die sache verständlicher :-) Schönen Abend noch
 
...Situativen Selbstpflegebedarf kann man durch besondere Umstände besonderes gut erklären z.B. Schwangerschaft.
Das verstehe ich jetzt nicht. Was ändert sich da, dass die Schwangere Hilfe braucht. Oder meinst du einen pathologsichen Verlauf der Gravidität?

Elisabeth
 
Nein bei einer pathologischen Schwangerschaft wäre dann ein krankheitsbedingtes Selbstpflegedefizit. Ich meine, dass der situative Selbstpflegebedarf die Modalitäten beschreibt, wie die Selbstpflegeerfordernisse in unterschiedlichen Situationen erfüllt werden sollten. Etwa Ernährung, Intimpflege, Sexualität....
 
Ebenfalls kann man das mit An-/Auskleiden erklären. Das ist ein Selbstpflegeerfordernis, der situative Bedarf ändert sich witterungsbedingt, aktivitätsbedingt....
 
Hm- ich war mehrfach schwanger inklusive Zwillingsschwangerschaft. Aber ein Selbstpflegedefizit, dass Er- bzw. Aufklärungen durch Pflegekräfte nötig gemacht hätte, ist mir nicht erinnerlich. Ich kenne auch niemanden im Kollegenkreis oder in der Verwandschaft, der da so etwas gebraucht hätte. Wer sich vorher selbst versorgen konnte, konnte es, schwanger geworden, auch. In der Regel sind ja die Ressourcen vorhanden sich an eine Veränderung selbst anzupassen. Erst wenn dies net gelingt, ist GuK gefragt.

Was ich mir vorstellen kann, dass bereits vorhandene Defizite durch ein physiologische Gravidität verstärkt werden. Nur dann müsstest ja auch vorher schon aktiv geworden sein. Meinst du ev. diese Klientel?

Elisabeth
 
Da ist auch keine Rede von einem Defizit. Situativer Pflegebedarf beschreibt lediglich die Art und Weise, sowie die beeinflussenden Faktoren in Erfüllung der Selbstpflegeerfordernisse. Ein Defizit liegt erst dann vor, wenn Selbstpflegeerfordernisse größer als Selbstpflegekompetenz sind. Streiche die Schwangerschaft durch und nehm mein Beispiel mit Ankleiden. Und selbst dann ist GUK erstmal laut Orem nicht gefragt, sondern wenn diese Erfordernisse durch Depedenzpflegende ( Mutter, Schwiegermutter, Nachbarin, Freundin...) nicht abgedeckt werden können.
Übrigens unter Ressourcen nennt die Orem nur die materiellen Ressourcen.
 
Spannend. Ich war bisher nur an der Oberfläche gewandert. Vielleicht sollten wir einen eigenen Thread= Übungsthread mit praktischen Beispielen aufmachen. Geht bestimmt noch mehreren so wie mir.

Elisabeth
 
@Elisabeth: Ich finde die Begrifflichkeiten bisschen unglücklich übersetzt. Das amerikanische Original war für mich dann so was wie eine Erleuchtung.
 
*heulschnief* Mein englisch ist so schlecht, dass ich immer auf Google angewiesen bin. Und das überstetzt garantiert noch schlechter.

Elisabeth
 
Wenn ich mein Examen hinter mir habe werde ich mich im Übersetzen üben und einen kleinen Überblick hier stellen. Der Kopf ist jetzt dafür zu voll und ich keine Muttersprachlerin in Deutsch(das raubt Zeit)
 
Ich kann warten. Ich drück dir erst mal ganz feste die Daumen fürs Examen. Wann ist es soweit?

Elisabeth
 
Schriftlich habe ich hinter mir, praktisch in 10 Tagen(keine leiseste Vorahnung welche Patienten kommen könnten, bin auf Thoraxchirurgie) und dann am 13. September mündlich. Ich habe auch schon eine Stelle (leider im Zivilbereich, auf Bund muss ich noch warten)
 
oh Dankeschön!!!!. :cheerlead:
Hallo Axel,

hier erst einmal eine Erläuterung:

Pflegetheorie nach Dorothea Orem
Dorothea Orem geht von einem Menschenbild aus, bei dem jeder eine starke Eigenmotivation hat für sich selbst zu sorgen. Das heißt, egal ob ein Mensch gesund oder krank ist, wird er mit seinen Handlungen dafür sorgen, seine Gesundheit zu erhalten, bzw. wieder herzustellen. Dieses Verhalten nennt Orem Selbstfürsorge.

Ist ein Mensch verletzt oder krank, so werden zusätzliche Anforderungen an ihn gestellt. Ist er in der Lage auch diesen Anforderungen gerecht zu werden (Ressourcen), bedarf es keiner professionellen Krankenpflege. Die Pflegeperson greift nur dann ein, wenn der Patient oder seine Angehörigen den vermehrten Anforderungen alleine nicht gerecht werden (Selbstfürsorgedefizit).

An der Ausführung des Pflegeplans sind beide, Pflegekraft und Patient aktiv beteiligt. Zusätzlich können Familienmitglieder oder andere Bezugspersonen des Kranken in die Pflege mit einbezogen werden.

Orem sieht die Pflege nicht als eine einseitige Handlung der Pflegeperson, sondern versteht sie als Interaktion zwischen Patient und Pflegekraft. Handelt die Pflegeperson z.B. für den Kranken, so muß dieser auch die Rolle des Hilfeempfängers akzeptieren können und wünschen, wieder selbständig zu werden.

Voraussetzung der professionellen Pflege ist das Pflegevermögen. Unter Pflegevermögen versteht man die Fähigkeit, mittels Pflegemaßnahmen zu helfen, um das Defizit zu kompensieren oder zu überwinden.

Dies kann durch unterschiedliche Pflegesysteme erreicht werden:

Das unterstützend- entwicklungsfördernde Pflegesystem:
Bedeutet den Einzelnen anleiten und unterstützen, ihm dabei zu helfen, die Selbstfürsorge besser auszuführen.

Das teilweise kompensatorische Pflegesystem:
Bedeutet dem Einzelnen bei der Selbstfürsorge zu helfen.

Das völlig kompensatorische Pflegesystem:
Bedeutet die Selbstpflegeleistung für den Einzelnen durchzuführen, wenn dies der Patient nicht kann oder strikte Bettruhe eingehalten werden muß. Die Pflegeperson muß hier die Unfähigkeit des Patient ausgleichen.

Dann ein Bild von Frau Orem

Orem.gif


Und eine Buchempfehlung Dorothee Orem aus dem Huber Verlag.

3456833008.03.MZZZZZZZ.jpg


als auch eine von Lambertus

3784109209.03.MZZZZZZZ.gif


Cheers

Ingo :wink:
 
Hm- ich war mehrfach schwanger inklusive Zwillingsschwangerschaft. Aber ein Selbstpflegedefizit, dass Er- bzw. Aufklärungen durch Pflegekräfte nötig gemacht hätte, ist mir nicht erinnerlich. Ich kenne auch niemanden im Kollegenkreis oder in der Verwandschaft, der da so etwas gebraucht hätte. Wer sich vorher selbst versorgen konnte, konnte es, schwanger geworden, auch. In der Regel sind ja die Ressourcen vorhanden sich an eine Veränderung selbst anzupassen. Erst wenn dies net gelingt, ist GuK gefragt.

Was ich mir vorstellen kann, dass bereits vorhandene Defizite durch ein physiologische Gravidität verstärkt werden. Nur dann müsstest ja auch vorher schon aktiv geworden sein. Meinst du ev. diese Klientel?

Elisabeth

Wir hatten mal Schwangere die nach der Lungenreifungstherapie ein Lungenoedem entwickelt haben oder Schwangere, die eine Influenza hatten. Klar, die standen sonst auch im Leben und haben sich selbst versorgt, danach auch wieder und bis auf eine haben alle ihr Kind lebend zur Welt gebracht.

Wie geht Frau Orem mit dem Thema Demenz um?
 

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