[Pflege-Reader-Pressemitteilung]
Pflege-Qualität: Theorie und Praxis noch immer zu weit auseinander
Reader "Qualität in der Pflege" bündelt aktuelle Diskussion um den Stand der Pflege in Deutschland
Berichte über Missstände in einzelnen Pflegeeinrichtungen oder Schlagzeilen wie "Pflegenotstand in Deutschland" rücken die Qualität der Pflege älterer Menschen zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. An Konzepten für eine gute Qualität in der Altenpflege mangelt es zwar nicht. Auch die Instrumente zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung sind vorhanden. Warum jedoch die praktische Umsetzung so schwierig ist, beleuchten die Autoren des soeben erschienenen Readers "Qualität in der Pflege". In dem vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Kooperation mit Prof. Dr. jur. Gerhard Igl von der Universität Kiel und Prof. Dr. phil. Doris Schiemann von der Fachhochschule Osnabrück herausgegebenen Buch analysieren namhafte Autoren aus Wissenschaft und Praxis den Zustand der Pflege in Deutschland und weisen Wege aus der Krise. Das Buch bündelt den aktuellen Stand der Diskussion. Es richtet sich nicht nur an Fachleute aus Politik, Verbänden, Wissenschaft, Krankenkassen und Pflegeeinrichtungen, sondern auch an interessierte Laien.
Die 23 Beiträge des Readers beschäftigen sich mit allen Facetten der Diskussion über die Qualität der Pflege in Deutschland. Das betrifft neben allgemeinen Rechtsgrundlagen zum Beispiel Fragen der Qualifizierung des Pflegepersonals und der Professionalisierung der Pflege oder Verbesserungen bei der Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie zwischen der Laienpflege und professioneller Pflege. Der Reader beschäftigt sich zudem mit der Entwicklung von Expertenstandards, Ansätzen für Qualitäts- und Pflegemanagement und mit der Entwicklung eines leistungs- und qualitätsorientierten Betriebsvergleichs für Pflegeeinrichtungen.
"Die Politik hat mit dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz und dem Heimgesetz wichtige neue Voraussetzungen für Aktivitäten zur Qualitätssicherung geschaffen", sagt Joachim Klose vom WIdO und Mitherausgeber des Readers. "Gleichzeitig lassen sich auch theoriebasiert Methoden und Instrumente der Qualitätssicherung in der Pflege entwickeln. Dabei werden verschiedene Theorieansätze zumeist aus der Organisations- und der Pflegewissenschaft, aber auch aus der Ökonomie genutzt."
Die Übertragung der in der Theorie ziemlich fortgeschrittenen Konzepte in die Praxis ist eines der größten Probleme: "Die Forderung nach Qualitätssicherung wird teilweise mit Abwehr aufgegriffen, da sie bewährte Handlungsweisen in Frage stellt, neue Aufgabenverteilungen erwarten lässt und bewährte Routinen problematisiert. Es gibt aber auch Verbände, Träger sowie Qualitätssicherungsexperten, die die ‚Störung' produktiv aufgreifen und sich exemplarisch mit hohem Aufwand und hoher Motivation um Qualitätsmanagement und ?sicherung in ihren Betrieben, Professionen und Behörden bemühen" sagen Igl und Klie in ihrem Beitrag.
Anders als insbesondere im angloamerikanischen Bereich gehöre die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement in Deutschland jedoch noch nicht selbstverständlich zur Unternehmenskultur und zur professionellen Handlungsweise. In Deutschland seien Fragen danach üblich, wer denn die Kosten für die Qualitätssicherung trage. Dies zeige, dass Qualitätssicherung eben nicht als integraler Bestandteil von Unternehmenskonzeptionen und professionellen Handlungsstilen, sondern als gesondert zu finanzierende Ergänzung verstanden werde.
Veraltetes Bild von Alter und Pflege
Der vorliegende Pflege-Reader macht deutlich, dass in den Köpfen der Menschen immer noch ein Bild vom Alter und von Pflege vorherrscht, das den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Alter sollte eher als natürliche Lebensphase denn als Krankheit verstanden werden. Die eigene Angst vor dem Sterben und dem Tod erschwere es vielen, auch Pflegenden, angemessen mit pflegebedürftigen alten Menschen umzugehen. Auch die Vorstellung, die Produktion von Pflegequalität sei ein linearer Prozess, sei der Realität nicht angemessen. Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusse die Qualität, darunter zum Beispiel auch der "Faktor Mensch" im persönlichen Kontakt zwischen Pflegebedürftigen und Pflegenden. Das Einhalten starrer Vorgaben, etwa die Anzahl der Pflegefachkräfte in einem Heim, garantiere noch lange nicht eine hohe Qualität der Pflege. Deshalb müsse man zum Beispiel darüber nachdenken, ob die bisherigen Prüfkriterien des Medizinischen Dienstes zu sehr auf Strukturqualität hin ausgelegt seien.
Besonderes Augenmerk widmen die Herausgeber des Readers der Umsetzung von theoretischen Konzepten in die Praxis. Hier sei vieles noch verbesserungsfähig. Gute Führungskräfte und zufriedene Mitarbeiter werden ebenso als Voraussetzung guter Pflege betrachtet wie die Anwendung von Qualitätsmanagementsystemen: "Solange die Beschwerde eines Pflegebedürftigen nicht als Chance zu qualitativen Verbesserung, sondern als Störung in der täglichen Routine empfunden wird, und solange Änderungsvorschläge von Mitarbeitern nicht angehört oder diskutiert werden, muss zuallererst ein Umdenkprozess einsetzen."
Der Reader "Qualität in der Pflege" gliedert sich in drei Themenbereiche: Im ersten Teil finden sich Beiträge, die sich mit den Rahmenbedingungen in der Altenpflege unter besonderer Berücksichtigung der Qualitätsaspekte beschäftigen. Hier wird auch Bezug genommen auf die Qualitätsdiskussion der letzten Jahre. Im zweiten Block geht es um übergreifende Ansätze in der Qualitätsentwicklung. Er versteht sich als eher theoretisch ausgerichteter Teil des Buches, in dem Konzepte, Methoden und Instrumente beschrieben werden. Der dritte Block vereint Beiträge, die sich mit spezifischen Ansätzen in der Altenpflege und mit unterschiedlichen Fragen der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Pflege befassen; hier werden insbesondere Aspekte der Umsetzung und Praxiserfahrungen thematisiert. In einem empirischen Anhang findet der Leser umfangreiche Daten zur Pflegeversicherung und zum Pflegemarkt in Deutschland.
G.Igl, D. Schiemann, B. Gerste, J. Klose (Hrsg.): Qualität in der Pflege. Betreuung und Versorgung von pflegebedürftigen alten Menschen in der stationären und ambulanten Altenhilfe. Schattauer Verlag Stuttgart 2002. ISBN 3-7945-2178-1, 440 Seiten, Preis: 39,95 Euro.
Weitere Informationen:*(Defekter) Link entfernt*
Pflege-Qualität: Theorie und Praxis noch immer zu weit auseinander
Reader "Qualität in der Pflege" bündelt aktuelle Diskussion um den Stand der Pflege in Deutschland
Berichte über Missstände in einzelnen Pflegeeinrichtungen oder Schlagzeilen wie "Pflegenotstand in Deutschland" rücken die Qualität der Pflege älterer Menschen zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. An Konzepten für eine gute Qualität in der Altenpflege mangelt es zwar nicht. Auch die Instrumente zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung sind vorhanden. Warum jedoch die praktische Umsetzung so schwierig ist, beleuchten die Autoren des soeben erschienenen Readers "Qualität in der Pflege". In dem vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Kooperation mit Prof. Dr. jur. Gerhard Igl von der Universität Kiel und Prof. Dr. phil. Doris Schiemann von der Fachhochschule Osnabrück herausgegebenen Buch analysieren namhafte Autoren aus Wissenschaft und Praxis den Zustand der Pflege in Deutschland und weisen Wege aus der Krise. Das Buch bündelt den aktuellen Stand der Diskussion. Es richtet sich nicht nur an Fachleute aus Politik, Verbänden, Wissenschaft, Krankenkassen und Pflegeeinrichtungen, sondern auch an interessierte Laien.
Die 23 Beiträge des Readers beschäftigen sich mit allen Facetten der Diskussion über die Qualität der Pflege in Deutschland. Das betrifft neben allgemeinen Rechtsgrundlagen zum Beispiel Fragen der Qualifizierung des Pflegepersonals und der Professionalisierung der Pflege oder Verbesserungen bei der Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie zwischen der Laienpflege und professioneller Pflege. Der Reader beschäftigt sich zudem mit der Entwicklung von Expertenstandards, Ansätzen für Qualitäts- und Pflegemanagement und mit der Entwicklung eines leistungs- und qualitätsorientierten Betriebsvergleichs für Pflegeeinrichtungen.
"Die Politik hat mit dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz und dem Heimgesetz wichtige neue Voraussetzungen für Aktivitäten zur Qualitätssicherung geschaffen", sagt Joachim Klose vom WIdO und Mitherausgeber des Readers. "Gleichzeitig lassen sich auch theoriebasiert Methoden und Instrumente der Qualitätssicherung in der Pflege entwickeln. Dabei werden verschiedene Theorieansätze zumeist aus der Organisations- und der Pflegewissenschaft, aber auch aus der Ökonomie genutzt."
Die Übertragung der in der Theorie ziemlich fortgeschrittenen Konzepte in die Praxis ist eines der größten Probleme: "Die Forderung nach Qualitätssicherung wird teilweise mit Abwehr aufgegriffen, da sie bewährte Handlungsweisen in Frage stellt, neue Aufgabenverteilungen erwarten lässt und bewährte Routinen problematisiert. Es gibt aber auch Verbände, Träger sowie Qualitätssicherungsexperten, die die ‚Störung' produktiv aufgreifen und sich exemplarisch mit hohem Aufwand und hoher Motivation um Qualitätsmanagement und ?sicherung in ihren Betrieben, Professionen und Behörden bemühen" sagen Igl und Klie in ihrem Beitrag.
Anders als insbesondere im angloamerikanischen Bereich gehöre die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement in Deutschland jedoch noch nicht selbstverständlich zur Unternehmenskultur und zur professionellen Handlungsweise. In Deutschland seien Fragen danach üblich, wer denn die Kosten für die Qualitätssicherung trage. Dies zeige, dass Qualitätssicherung eben nicht als integraler Bestandteil von Unternehmenskonzeptionen und professionellen Handlungsstilen, sondern als gesondert zu finanzierende Ergänzung verstanden werde.
Veraltetes Bild von Alter und Pflege
Der vorliegende Pflege-Reader macht deutlich, dass in den Köpfen der Menschen immer noch ein Bild vom Alter und von Pflege vorherrscht, das den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Alter sollte eher als natürliche Lebensphase denn als Krankheit verstanden werden. Die eigene Angst vor dem Sterben und dem Tod erschwere es vielen, auch Pflegenden, angemessen mit pflegebedürftigen alten Menschen umzugehen. Auch die Vorstellung, die Produktion von Pflegequalität sei ein linearer Prozess, sei der Realität nicht angemessen. Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusse die Qualität, darunter zum Beispiel auch der "Faktor Mensch" im persönlichen Kontakt zwischen Pflegebedürftigen und Pflegenden. Das Einhalten starrer Vorgaben, etwa die Anzahl der Pflegefachkräfte in einem Heim, garantiere noch lange nicht eine hohe Qualität der Pflege. Deshalb müsse man zum Beispiel darüber nachdenken, ob die bisherigen Prüfkriterien des Medizinischen Dienstes zu sehr auf Strukturqualität hin ausgelegt seien.
Besonderes Augenmerk widmen die Herausgeber des Readers der Umsetzung von theoretischen Konzepten in die Praxis. Hier sei vieles noch verbesserungsfähig. Gute Führungskräfte und zufriedene Mitarbeiter werden ebenso als Voraussetzung guter Pflege betrachtet wie die Anwendung von Qualitätsmanagementsystemen: "Solange die Beschwerde eines Pflegebedürftigen nicht als Chance zu qualitativen Verbesserung, sondern als Störung in der täglichen Routine empfunden wird, und solange Änderungsvorschläge von Mitarbeitern nicht angehört oder diskutiert werden, muss zuallererst ein Umdenkprozess einsetzen."
Der Reader "Qualität in der Pflege" gliedert sich in drei Themenbereiche: Im ersten Teil finden sich Beiträge, die sich mit den Rahmenbedingungen in der Altenpflege unter besonderer Berücksichtigung der Qualitätsaspekte beschäftigen. Hier wird auch Bezug genommen auf die Qualitätsdiskussion der letzten Jahre. Im zweiten Block geht es um übergreifende Ansätze in der Qualitätsentwicklung. Er versteht sich als eher theoretisch ausgerichteter Teil des Buches, in dem Konzepte, Methoden und Instrumente beschrieben werden. Der dritte Block vereint Beiträge, die sich mit spezifischen Ansätzen in der Altenpflege und mit unterschiedlichen Fragen der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Pflege befassen; hier werden insbesondere Aspekte der Umsetzung und Praxiserfahrungen thematisiert. In einem empirischen Anhang findet der Leser umfangreiche Daten zur Pflegeversicherung und zum Pflegemarkt in Deutschland.
G.Igl, D. Schiemann, B. Gerste, J. Klose (Hrsg.): Qualität in der Pflege. Betreuung und Versorgung von pflegebedürftigen alten Menschen in der stationären und ambulanten Altenhilfe. Schattauer Verlag Stuttgart 2002. ISBN 3-7945-2178-1, 440 Seiten, Preis: 39,95 Euro.
Weitere Informationen:*(Defekter) Link entfernt*